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BFH Beschluss vom 01.10.1998 - VII B 145/98 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Rücknahme der in eine vorläufige Bestellung als Steuerbevollmächtigter umgewandelten Zulassung als Helfer in Steuersachen

Leitsatz (NV)

1. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache.

2. Die Bestellung (Zulassung) als Helfer in Steuersachen, die noch unter Geltung von §107 a AO DDR beantragt, aber erst nach Außerkrafttreten dieser Vorschriften beschieden wurde, ist nicht nichtig, sondern rechtswidrig, wenn die Voraussetzungen für die Zulassung nicht erfüllt worden sind.

3. Die Voraussetzung "Staatsbürgerschaft der DDR" für die Bestellung als Helfer in Steuersachen wird nicht durch die bloße Stellung des Antrags auf Verleihung der Staatsbürgerschaft erfüllt.

4. Eine Verletzung des §96 FGO kann nicht mit der Rüge der Verwendung falscher Beweiswürdigungsregeln geltend gemacht werden.

Normenkette

AO-DDR 1970 § 107a; FGO § 96; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; FGO § 115 Abs. 3 S. 3; StBerG § 40a Abs. 1; StBerG § 46 Abs. 1 S. 2

Gründe

Die Beschwerde, mit der sich der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Finanzgericht (FG) wendet und mit der er die grundsätzliche Bedeutung der Sache (§115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) sowie Verfahrensmängel (§115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend macht, hat keinen Erfolg, weil die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen jedenfalls keine grundsätzliche Bedeutung haben und die Verfahrensfehler nicht ausreichend bezeichnet worden sind.

1. Für von grundsätzlicher Bedeutung hält der Kläger folgende Fragen:

a) Wie ist die Bestellung als Steuerbevollmächtigter zu beurteilen, wenn der Antrag vor dem Inkrafttreten der Steuerberatungsordnung (StBerO) vom 27. Juni 1990 (Gesetzblatt der DDR -- GBl DDR -- Sonderdruck Nr. 1455) gestellt wurde?

b) Hat der nachhinkende Erwerb der DDR- Staatsbürgerschaft (bzw. der Antrag hierauf) den etwaigen Mangel (der fehlenden Staatsbürgerschaft der DDR) im Zeitpunkt der Bestellung schließlich geheilt? Diese Frage stelle sich im Zusammenhang damit, daß das FG dem Kläger vorgeworfen habe, er habe im Hinblick auf die fehlende Staatsbürgerschaft der DDR die Rechtswidrigkeit seiner Bestellung aufgrund des Verhaltens der Behörde erkennen müssen.

c) Welche Schlüsse hat der Kläger aus dem Behördenverhalten gezogen oder welche Schlüsse hätte er daraus ziehen müssen?

Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung gehört, daß der Kläger eine konkrete Rechtsfrage benennt und auf ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -- BFH --, vgl. z. B. Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Rechtsfrage handeln (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 23. Januar 1992 II B 64/91, BFH/NV 1992, 676). Daß die angestrebte Revisionsentscheidung Auswirkungen auf eine Vielzahl von Fällen hätte, begründet eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache allein noch nicht (BFH-Beschluß vom 3. Mai 1994 VII B 22/94, BFH/NV 1995, 79). Ferner sind zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache Angaben dazu erforderlich, inwiefern die richtige Antwort auf die in dem angestrebten Revisionsverfahren zu klärende Rechtsfrage zweifelhaft ist, in welchem Umfang und aus welchen Gründen sie umstritten ist und welche unterschiedlichen Auffassungen zu ihr in der Rechtsprechung oder im Schrifttum vertreten werden (Klärungsbedürftigkeit, vgl. BFH-Beschluß vom 21. August 1986 V B 46/86, BFH/NV 1987, 171). Da der BFH im Revisionsverfahren gemäß §118 Abs. 2 FGO an die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils gebunden ist, erfordert die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache schließlich Ausführungen darüber, inwiefern sich die angebliche Grundsatzfrage in dem künftigen Revisionsverfahren auf der Grundlage der in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen stellen würde und folglich die Grundsatzfrage in dem Revisionsverfahren voraussichtlich geklärt werden könnte (Klärungserwartung, vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 18. Januar 1995 VIII B 41/94, BFH/NV 1995, 807).

Bezüglich der Frage a) kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerde des Klägers insoweit die Anforderungen, die §115 Abs. 3 Satz 3 FGO an eine ausreichende Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung stellt, erfüllt. Jedenfalls ist die grundsätzliche Bedeutung dieser Rechtsfrage nicht mehr gegeben, weil sie durch die Rechtsprechung des Senats geklärt ist.

Aus der Rechtsprechung des Senats zu Fällen, in denen der Antrag auf Bestellung als Helfer in Steuersachen -- wie im Streitfall -- noch unter Geltung des §107 a der Abgabenordnung der Deutschen Demokratischen Republik (AO DDR) 1970 und der Anordnung über die Zulassung zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit als Helfer in Steuersachen und die Registrierung von Stundenbuchhaltern (MdF-AnO) vom 7. Februar 1990 (GBl DDR I Nr. 12 S. 92) gestellt worden ist, aber erst nach Außerkrafttreten dieser Vorschriften beschieden wurde (Senatsurteile vom 25. Februar 1997 VII R 94/96, BFH/NV 1997, 532; vom 26. März 1996 VII R 40/95, BFH/NV 1996, 853, und vom 7. März 1996 VII R 61, 62/95, BFHE 179, 539, BStBl II 1996, 334), folgt nämlich, daß die Bestellung nicht nichtig, sondern rechtswidrig ist, wenn die Voraussetzungen der MdF-AnO nicht erfüllt worden sind, nämlich der Bestellte insbesondere nicht Bürger der DDR war und keine praktischen Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR hatte. Die in diesen Fällen später nach §19 Abs. 1 StBerO kraft Gesetzes erfolgte Umwandlung der Bestellung als Helfer in Steuersachen in einen vorläufige Bestellung als Steuerbevollmächtigter (§40 a Abs. 1 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes -- StBerG --) kann nur nach §46 Abs. 1 Satz 2 StBerG zurückgenommen werden. Das muß auch gelten, wenn der Kläger, der -- wie hier -- unter Geltung des §107 a AO DDR 1970 einen Antrag auf Bestellung als Helfer in Steuersachen gestellt hat, noch vor Inkrafttreten der StBerO (dazu Senatsurteil in BFHE 179, 539, BStBl II 1996, 334, 336) wohl im Vorgriff auf die in §19 Abs. 1 StBerO enthaltene Regelung gleich als Steuerbevollmächtigter bestellt worden ist.

Der Senat hat für diese Fälle auch entschieden, daß der rechtswidrig als Steuerbevollmächtigter bestellte Bürger aus der ihm erkennbaren Regelung in §1 MdF-AnO nicht folgern mußte, daß die Zulassung nur für Bürger der DDR in Betracht kam (Senatsurteil in BFHE 179, 539, BStBl II 1996, 334, und in BFH/NV 1997, 532). Ob die Entscheidung des FG der Rechtsprechung des BFH entspricht, ist für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache ohne Bedeutung.

Die in der Frage b) zuerst genannte Alternative (nachhinkender Erwerb der Staatsbürgerschaft) ist in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, weil nach den bindenden Feststellungen des FG (§118 Abs. 2 FGO) feststeht, daß der Kläger die Staatsbürgerschaft der DDR nie erlangt hat. Die als zweite Alternative gestellte Frage (nachhinkende Antragstellung) kann nur -- wie das FG es getan hat -- dahin beantwortet werden, daß allein die Stellung des Antrags auf Einbürgerung nicht ausreichen kann, wenn -- wie dies nach §1 MdF- AnO und §14 Abs. 1 StBerO der Fall ist -- die Staatsbürgerschaft der DDR als Voraussetzung für die Bestellung des Klägers gefordert wird (vgl. Senatsurteil vom 11. Mai 1993 VII R 98/92, BFH/NV 1994, 194). Diese Frage ist daher nicht grundsätzlich klärungsbedürftig.

Die Frage unter c) bezieht sich allein auf die Vorgänge des Einzelfalls, in dem das FG aus der Tatsache, daß der Kläger nach Aktenlage bereits am 17. Juli 1990 einen Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft der DDR gestellt hat, und aus der dem Kläger auf Nachfrage erteilten Auskunft der Behörde bezüglich des Erfordernisses der Staatsbürgerschaft darauf geschlossen hat, daß der Kläger nach allem nahezu sicher sein mußte, daß die Bestellung rechtswidrig war, wenn er die Staatsbürgerschaft der DDR nicht erhielt. Über den Einzelfall hinaus kommt der Bewertung dieser Umstände aber keine grundsätzliche Bedeutung zu.

2. Soweit der Kläger als Verfahrensfehler die Verletzung des §96 FGO rügt, ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig, weil der Kläger diesen Verfahrensfehler nicht ausreichend bezeichnet hat (§115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Eine Verletzung des §96 FGO liegt nur vor, wenn das FG entweder das Recht auf Gehör verletzt oder seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis der Verhandlung zugrunde gelegt hat. Dazu fehlen jegliche Ausführungen. Statt dessen rügt der Kläger die angebliche Verwendung falscher Beweiswürdigungsregeln. Darin würde aber kein Verfahrensfehler, sondern gegebenenfalls eine Verletzung materiellen Rechts liegen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §115 Anm. 28, m. w. N.), die im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nur beachtlich wäre, wenn im Zusammenhang damit Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen worden wären.

Im übrigen ergeht der Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.

Fundstellen

  • Haufe-Index 154311
  • BFH/NV 1999, 376
  • ZAP-Ost 1999, 202

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