Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensmangel bei Verzicht auf mündliche Verhandlung; gewerblicher Grundstückshandel bei Grundstücken im Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter
Leitsatz (NV)
1. Ein Hinweis des Finanzgerichts auf einen Wechsel in der Zuständigkeit des Senats nach einer mündlichen Verhandlung ist nur ausnahmsweise erforderlich.
2. Die Rechtsfrage, ob auch der An- und Verkauf von Grundstücken im Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters einen gewerblichen Grundstückshandel begründen kann, hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nrn. 1-2; GewStG § 2 Abs. 1 S. 2
Gründe
Der Senat läßt offen, ob die Gegenvorstellung im Streitfall statthaft ist (zu den Voraussetzungen vgl. Beschluß des Bundes finanzhofs -- BFH -- vom 22. Februar 1994 V B 168/93, BFH/NV 1995, 916; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 55. Aufl., Übersicht vor § 567 Rdnr. 5, m. w. N.; zu den Bedenken Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., Vor § 115 Rdnr. 26 f.); sie ist jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen. Der Beschluß des Senats vom 31. Januar 1996, mit dem die Revisionen und Nichtzulassungsbeschwerden der Klägerinnen, Revisionsklägerinnen, Beschwerdeführerinnen und Antragstellerinnen (Klägerinnen) wegen Gewinnfeststellung 1980 bis 1983 und Gewerbesteuer-Meßbeträgen 1980 bis 1983 als unzulässig verworfen wurden, kann nicht abgeändert werden. Die Begründung dieses Beschlusses ist zwar insoweit unzutreffend, als der Briefumschlag, aus dem sich das Datum der Aufgabe der Schriftstücke zur Post ergab, offenbar übersehen wurde. Am Ergebnis der Entscheidung ändert dies jedoch nichts.
a) Hinsichtlich der eingelegten Revisionen ergibt sich dies bereits aus der zusätzlichen Begründung des Beschlusses, in der der Senat darauf hingewiesen hat, daß die Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Revision nicht vorliegen.
b) Die Beschwerden waren nicht begründet.
aa) Ein Verfahrensmangel i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) lag nicht vor.
Der Senat hat bereits in seinem Beschluß vom 31. Januar 1996 darauf hingewiesen, daß ein Wechsel in der Zuständigkeit eines Spruchkörpers nach Erklärung des Verzichts auf mündliche Verhandlung die Wirksamkeit der Verzichtserklärung grundsätzlich unberührt läßt (Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Februar 1980 VII B 27.80, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 310, § 101 VwGO Nr. 10; Gräber/Koch, a.a.O., § 90 Rdnr. 16; Tipke/Kruse, Abgabenordnung -- Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 90 FGO Tz. 3 a; zur Abgrenzung vgl. etwa BFH-Urteil vom 5. Juli 1995 X R 39/93, BFHE 178, 301, BStBl II 1995, 842). Die Beteiligten haben allerdings das Recht, ihre Verzichtserklärung zu widerrufen, wenn sich die Prozeßlage wesentlich ändert (vgl. BFH-Urteil vom 6. April 1990 III R 62/89, BFHE 160, 405, BStBl II 1990, 744, m. w. N.; Gräber/Koch, a.a.O., § 90 Rdnr. 14; Tipke/Kruse, a.a.O., § 90 FGO Tz. 3 b); je nach den Umständen des Einzelfalles kann deshalb ein Hinweis des Gerichts auf diese Änderung geboten sein (§ 76 Abs. 2 FGO). Bei einem Wechsel in der Zuständigkeit des Senats ist dies aber nicht stets erforderlich. Dies gilt auch dann, wenn -- wie im Streitfall -- vor dem Wechsel eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat. Eine Entscheidung durch denselben Senat ist nur in Ausnahmefällen nötig, wie etwa dann, wenn bei der Entscheidung die persönlichen Eindrücke der an einer Beweisaufnahme teilnehmenden Richter zu berücksichtigen sind. Solche Umstände lagen hier nicht vor. Der Hinweis der Klägerinnen darauf, daß der nunmehr zuständige Senat des Finanzgerichts bei einer nochmaligen mündlichen Verhandlung möglicherweise zu einer anderen Wertung des Sachverhalts gekommen wäre, "zumal bei der Urteilsfindung subjektive Wertungen im Vordergrund standen", reicht zur Begründung einer wesentlich veränderten Verfahrenslage nicht aus.
bb) Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung.
Der BFH hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, daß es für die Beurteilung der Tätigkeit einer Gesellschaft als Grundstückshandel ohne Bedeutung ist, ob die einzelnen Objekte dieser Tätigkeit zum Vermögen der Gesellschaft oder zum Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter gehören (vgl. BFH-Urteile vom 23. Februar 1977 I R 28/75, BFHE 122, 135, BStBl II 1977, 552; vom 10. November 1992 VIII R 100/90, BFH/NV 1993, 539, unter 4. und 5. der Gründe). Es durften deshalb schon nach dieser Rechtsprechung nur solche Tätigkeiten nicht berücksichtigt werden, die die Gesellschafter im Rahmen einer mit anderen Personen bestehenden Gesellschaft oder als Einzelpersonen verwirklichen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 25. April 1991 IV R 111/90, BFHE 165, 188, BStBl II 1992, 283). Der Große Senat des BFH hat diese Rechtsprechung bestätigt (Beschluß vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, unter C IV. 2. b cc der Gründe); sie beruht auf der Wertung des Einkommensteuergesetzes, daß es bei einer Personengesellschaft aus ertragssteuerrechtlicher Sicht keinen Unterschied machen kann, ob die objektiv dem Betrieb dienenden Wirtschaftsgüter in das Gesellschaftsvermögen eingebracht werden und so Gesamthandsvermögen gebildet wird oder ob die Gesellschafter der Gesellschaft Wirtschaftsgüter zur betrieblichen Nutzung überlassen, sei es aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Beitragspflicht, sei es aufgrund eines Miet- oder Pachtvertrages oder sonstigen Nutzungsüberlassungsvertrages, oder ob in anderer Weise als durch Nutzungsüberlassung das Wirtschaftsgut dem Betrieb der Gesellschaft gewidmet wird (BFH-Beschluß vom 3. Mai 1993 GrS 3/92, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C III. 6. a bb der Gründe).
Fundstellen
Haufe-Index 421959 |
BFH/NV 1997, 292 |