Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde wegen Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter; Form der Stattgabe eines Befangenheitsantrags; unzutreffende Rechtsmittelbelehrung
Leitsatz (NV)
- Eine Beschwerde gegen einen Beschluss, durch den das FG den Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen hat, ist grundsätzlich nicht statthaft. Eine greifbare Gesetzwidrigkeit dieses Beschlusses liegt nicht deshalb vor, weil die Stattgabe eines Befangenheitsantrags in den Gründen dieses Beschlusses erfolgt, obwohl sie grundsätzlich im Tenor des Beschlusses der Stattgabe zum Ausdruck kommen muss.
- Gerichtskosten für ein nicht statthaftes Rechtsmittel sind nicht zu erheben, wenn eine gegenteilige Rechtsmittelbelehrung erteilt wurde.
Normenkette
FGO § 6 Abs. 4 S. 1; ZPO § 46; GKG § 8 Abs. 1 S. 1
Gründe
Die Beschwerde ist nicht statthaft und war deshalb zu verwerfen.
1. Nach der verfassungsgemäßen Vorschrift des § 6 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO― (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 5. Mai 1999 XI R 133/96, BFH/NV 1999, 1366, und vom 31. März 1999 XI R 100/96, BFH/NV 1999, 1242) kann unter bestimmten Voraussetzungen der Senat des Finanzgerichts (FG) ―durch Beschluss― den Rechtsstreit auf einen seiner Mitglieder als Einzelrichter übertragen. Ein solcher Beschluss ist unanfechtbar (§ 6 Abs. 4 Satz 1 FGO), eine dagegen erhobene Beschwerde also grundsätzlich nicht statthaft (§ 128 Abs. 1 a.E. FGO; vgl. dazu BFH-Beschluss vom 3. Dezember 1998 I B 124/98, BFH/NV 1999, 793 zu 1.).
Die Annahme des FG, dass die Rechtssache, die einen Antrag auf Erlass von Säumniszuschlägen betrifft, weder grundsätzliche Bedeutung habe noch besondere Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art aufweise, ist zumindest vertretbar.
2. Im Übrigen ist der angegriffene Beschluss auch vom gesetzlichen Richter gefasst worden.
Die Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) haben zwar den Richter am FG X wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt (§ 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 42 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung ―ZPO―). Diesem Ablehnungsgesuch hat das FG aber in einer Besetzung, bei der der abgelehnte Richter durch seine geschäftsplanmäßige Vertreterin ersetzt wurde, entsprochen (vgl. BFH-Beschluss vom 24. Mai 1993 V B 120/92, BFH/NV 1994, 379).
Zwar ist aus Gründen der Klarheit grundsätzlich zu fordern, dass die Stattgabe eines Befangenheitsantrags im Tenor des Beschlusses erfolgt (vgl. BFH-Beschluss vom 26. Mai 1988 VIII R 9/88, BFH/NV 1990, 381, und Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ―BVerfG― vom 9. August 1978 2 BvR 831/76, BVerfGE 49, 148, 164). Der Beschluss ist jedoch nicht deswegen "greifbar gesetzwidrig" (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Juni 1999 VI B 109/99, BFH/NV 1999, 1504), wenn dies lediglich in den Gründen geschieht (vgl. auch BFH-Urteil vom 12. Februar 1965 VI 96/64, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1965, 557, sowie BFH-Beschluss vom 23. November 1994 X B 170/93, BFH/NV 1995, 793). So verhält es sich im Streitfall, was sich im Einzelnen eindeutig aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses ergibt.
3. Von der Erhebung der Gerichtskosten war nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes abzusehen, da der Beschluss des FG mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen ist, nach der den Beteiligten gegen diesen Beschluss die Beschwerde an den BFH zusteht. Diese Belehrung war unzutreffend, da eine Beschwerde weder gegen den Beschluss auf Übertragung der Entscheidung auf den Einzelrichter statthaft ist noch gegen den Beschluss, durch den das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt wird (§ 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 46 Abs. 2 ZPO).
Fundstellen