Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Beschwerde wegen Nichtanberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung
Leitsatz (NV)
- Hat der Kläger keinen Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gestellt und das FG infolgedessen einen solchen auch nicht abgelehnt, so ist die Beschwerde wegen Nichtanberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung nicht zulässig.
- Die Statthaftigkeit einer außerordentlichen Beschwerde kann allenfalls für Ausnahmefälle greifbarer Gesetzeswidrigkeit in Erwägung gezogen werden. Dies sind Fälle, in denen die gerichtliche Entscheidung jeglicher Grundlage entbehrt und damit eine nicht hinnehmbare Gesetzeswidrigkeit zur Folge hat.
Normenkette
FGO § 128 Abs. 1-2
Tatbestand
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) begehren mit ihrer am 16. Februar 1998 erhobenen Klage gegen ihren Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1996 eine weitere Anerkennung von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen. Am 2. Oktober 2000 haben sie Beschwerde gegen die Nichtanberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung eingelegt. Ein darauf gerichteter Antrag liegt nicht vor.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Den Beteiligten steht gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts (FG), des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, die Beschwerde an den Bundesfinanzhof (BFH) zu (§ 128 Abs. 1 FGO). Anfechtbar nach dieser Vorschrift sind nur Entscheidungen, die bereits ergangen sind. Hieran mangelt es. Das FG hat keinen Antrag der Kläger auf Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung abgelehnt. Die Kläger haben einen derartigen Antrag auch nicht gestellt. Eine Untätigkeit des FG allein führt nicht zur Statthaftigkeit der Beschwerde (vgl. BFH-Beschluss vom 13. September 1988 VII B 64/88, BFHE 154, 209, BStBl II 1989, 45).
2. Einer Zulässigkeit der Beschwerde steht im Übrigen § 128 Abs. 2 FGO entgegen. Nach § 128 Abs. 2 FGO können u.a. prozessleitende Verfügungen nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Prozessleitende Verfügungen sind Entscheidungen des Gerichts oder seines Vorsitzenden, die eine Förderung des Verfahrens, mithin den Verlauf des gerichtlichen Verfahrens selbst betreffen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 2. Dezember 1982 IV B 35/82, BFHE 137, 393, BStBl II 1983, 332, und vom 2. Dezember 1987 IX B 138 und 139/87, BFH/NV 1988, 382). Zu den prozessleitenden Verfügungen gehört auch die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung durch den Vorsitzenden (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1988, 382, und vom 28. Oktober 1992 X B 68/92, BFH/NV 1993, 372). Zwar wenden sich die Kläger im vorliegenden Fall nicht gegen die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, sondern legten Beschwerde ein, weil die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung unterblieben ist. Insoweit kann jedoch nichts anderes gelten, da der Gesetzgeber den gesamten Bereich der prozessleitenden Verfügungen als unselbständige Teile des Verfahrens, die allenfalls zusammen mit dem Urteil im Rahmen der Revision angegriffen werden können (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 128 Anm. 3), von der selbständigen Anfechtbarkeit mit der Beschwerde ausnehmen wollte.
3. Auch das Rechtsmittel einer außerordentlichen Beschwerde ist im Streitfall nicht gegeben. Die Statthaftigkeit eines solchen, in der FGO nicht vorgesehenen "Ausnahme-Rechtsmittels" wurde in der Rechtsprechung bislang allenfalls für Sonderfälle greifbarer Gesetzwidrigkeit in Erwägung gezogen. Dies sind Fälle, in denen die gerichtliche Entscheidung jeglicher Grundlage entbehrt und damit eine nicht hinnehmbare Gesetzeswidrigkeit zur Folge hat. Der BFH hat eine derartige Gesetzeswidrigkeit angenommen, wenn die Entscheidung unter schwerwiegender Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist oder auf einer Gesetzesauslegung beruht, die offensichtlich dem Wortlaut und dem Zweck des Gesetzes widerspricht und daher eine Gesetzesanwendung zur Folge hat, die durch das Gesetz ersichtlich ausgeschlossen werden sollte (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. Juli 1999 VI B 20/99, BFH/NV 2000, 60, und vom 24. Februar 2000 III B 1/00, BFH/NV 2000, 1111). Das Vorliegen derartig schwerwiegender Gründe haben die Kläger schon nicht hinreichend substantiiert vorgetragen.
Fundstellen
Haufe-Index 592964 |
BFH/NV 2001, 1036 |