Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung des Verfahrens betr. die Aussetzung der Vollziehung bei Änderung des auszusetzenden Bescheides
Leitsatz (NV)
Wird der auszusetzende Bescheid während des Verfahrens betreffend die Vollziehungsaussetzung geändert und vom Antragsteller nur mit dem Einspruch angefochten, ist das Aussetzungsverfahren entsprechend § 74 FGO auszusetzen.
Normenkette
FGO §§ 68, 69 Abs. 3 S. 1, § 73 Abs. 1 S. 2, § 74
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Vermietung eines Wohnmobils einen Gewerbebetrieb darstellte, ob die Anmietung des Wohnmobils für eine Steuerberatungspraxis betrieblich veranlaßt war und ob für eine Eigentumswohnung, an der für die Klägerin und Antragstellerin ein Nießbrauch bestellt war, Absetzung für Abnutzung (AfA) geltend gemacht werden konnte.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Antragsteller als unbegründet abgewiesen; die Revision ließ es nicht zu.
Dagegen haben die Antragsteller Nichtzulassungsbeschwerde erhoben und außerdem beantragt, die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 1984 bis 1988 auszusetzen. Zur Begründung tragen sie vor, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.
Während des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte und Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1986 vom 25. Februar 1992 durch Bescheid vom 4. Mai 1993 geändert, weil der Gewinn des Antragstellers aus der Steuerberaterpraxis entgegen der Einspruchsentscheidung und entgegen dem Urteil des FG nicht um die Mietzahlungen an die Antragstellerin gekürzt worden sei. Dagegen haben die Antragsteller Einspruch eingelegt. Da die Antragsteller den ändernden Bescheid ausdrücklich nicht zum Gegenstand des Verfahrens (§ 68 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) gemacht haben, hat der erkennende Senat durch Beschluß vom heutigen Tag die Sache insoweit abgetrennt (§ 73 Abs. 1 Satz 2 FGO) und entsprechend § 74 FGO das Zulassungsverfahren betreffend die Einkommensteuer 1986 bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens über den ändernden Einkommensteuerbescheid vom 4. Mai 1993 ausgesetzt. Eine Prozeßerklärung zu dem hier anhängigen Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung haben die Antragsteller jedoch nicht abgegeben.
Entscheidungsgründe
Auch das Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1986 ist abzutrennen (§ 73 Abs. 1 Satz 2 FGO) und entsprechend § 74 FGO auszusetzen. Nach der Rechtsprechung ist eine Aussetzung des Verfahrens betr. die Vollziehungsaussetzung geboten, wenn während des Aussetzungsverfahrens der ursprüngliche Bescheid geändert und - ohne daß ein Antrag nach § 68 FGO gestellt wird - mit dem Einspruch angefochten wird. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) wiederholt für das Verfahren über die Beschwerde gegen die Ablehnung der beantragten Vollziehungsaussetzung durch das FG entschieden (z.B. BFH-Beschlüsse vom 7. Juni 1973 VI B 40/72, BFHE 109, 305, BSTBl II 1973, 666; vom 29. September 1988 X B 166/87, BFH/NV 1989, 380, und vom 9. November 1992 X B 137/92 nicht veröffentlicht). Das gilt jedoch auch, wenn - wie im Streitfall - die Steuerpflichtigen Nichtzulassungsbeschwerde einlegen und gleichzeitig beim BFH gemäß § 69 Abs. 3 FGO die Aussetzung der Vollziehung beantragen. Allerdings ist der BFH nicht mehr das Gericht der Hauptsache i.S. des § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO, wenn der auszusetzende Steuerbescheid während des Aussetzungsverfahrens geändert und vom Antragsteller nur mit dem Einspruch angefochten wird. So verhält es sich auch hier, da die Antragsteller den ändernden Bescheid vom 4. Mai 1993 nicht zum Gegenstand des Verfahrens erklärt (§ 68 FGO), sondern nur mit dem Einspruch angefochten haben. Denn durch den während des Verfahrens über die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ergangenen ändernden Bescheid vom 4. Mai 1993 ist der ursprünglich angefochtene Einkommensteuerbescheid 1986 vom 25. Februar 1992 suspendiert und damit auch dem Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung die Grundlage entzogen worden (BFH-Beschlüsse vom 25. Oktober 1972 GrS 1/72, BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231; in BFHE 109, 305, BStBl II 1973, 666, und in BFH/NV 1989, 380). Doch ist das rechtliche Schicksal des ursprünglich angefochtenen Bescheides vom 25. Febraur 1992, um dessen Aussetzung der Vollziehung es hier geht, solange ungewiß, bis geklärt ist, ob der ändernde Bescheid vom 4. Mai 1993 Bestand hat. Daher kann dieses Verfahren noch nicht abgeschlossen werden, sondern ist auszusetzen.
Im übrigen ist der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht begründet. Die für die Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsaktes vorausgesetzten ernstlichen Zweifel (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO) an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1984, 1985, 1987 und 1988 bestehen nicht. Da der erkennende Senat insoweit die Beschwerde der Antragsteller wegen Nichtzulassung der Revision mit Beschluß vom heutigen Tage als unbegründet abgewiesen hat, können ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Einkommensteuerbescheide 1984, 1985, 1987 und 1988 nicht mehr bestehen; denn insoweit ist das Urteil des FG, durch das die Klage abgewiesen wurde, rechtskräftig (vgl. BFH-Beschlüsse vom 29. März 1974 III B 43/73, BFHE 112, 239, BStBl II 1974, 463, und vom 12. August 1991 III S 7/91, BFH/NV 1992, 124).
Fundstellen
Haufe-Index 419440 |
BFH/NV 1994, 386 |