Entscheidungsstichwort (Thema)
Art und Weise der Gewährung von Akteneinsicht; Grenzen der Pflicht zur Verlegung eines gerichtlichen Termins wegen Verhinderung des Prozeßbevollmächtigten; keine Aussetzung des Verfahrens wegen Musterprozeß vor BFH
Leitsatz (NV)
1. Beantragt ein Prozeßbevollmächtigter im Klageverfahren Akteneinsicht beim nächstgelegenen Amtsgericht, so handelt das FG nicht ermessensfehlerhaft, wenn es die Versendung der Akten ablehnt, weil bei bevorstehender mündlicher Verhandlung eine rechtzeitige Rücksendung der Akten nicht mehr gewährleistet ist.
2. Wird die Akteneinsicht beim FG unter zeitlichen Umständen gewährt, die eine Akteneinsicht durch den Prozeßbevollmächtigten vor der mündlichen Verhandlung praktisch nicht mehr erlauben, so liegt darin keine Verletzung des rechtlichen Gehörs, wenn der Prozeßbevollmächtigte die zeitlichen Umstände zu vertreten hat.
3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung ist wegen dienstlicher Verhinderung des Prozeßbevollmächtigten des Klägers nur dann zu verlegen, wenn nach den jeweiligen Verhältnissen des Einzelfalls die Verlegung des anderen Termins oder eine Vertretung durch einen anderen Prozeßbevollmächtigten nicht zumutbar ist.
4. Ein Klageververfahren ist nicht wegen eines beim BFH anhängigen Musterverfahrens auszusetzen.
Normenkette
FGO §§ 74, 78, 155; ZPO § 227
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erhob Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr (1989) vom 10. August 1990. Der unter dem Datum des 21. August 1990 eingelegte Einspruch wurde u.a. damit begründet, daß der Grundfreibetrag zu niedrig sei.
Der Kläger bat in der Einspruchsschrift um die umgehende Übersendung einer klagefähigen Entscheidung. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden.
Mit Schriftsatz vom 24. Juni 1991 erhob der Kläger Untätigkeitsklage gemäß § 46 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das Finanzgericht (FG) lud zur mündlichen Verhandlung auf den 2. Oktober 1991. Die Ladung wurde dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 4. September 1991 zugestellt.
In einem Schreiben vom 6.September 1991, das am 23. September 1991 beim FG einging, beantragte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers Akteneinsicht beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA -) oder beim Amtsgericht. . . für die Zeit nach dem 26.September 1991. Der Senatsvorsitzende des FG teilte dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers daraufhin mit Schreiben vom 24. September 1991 mit, daß eine Versendung der Akten wegen des bevorstehenden Termins zur mündlichen Verhandlung nicht erfolgen könne. Er stellte dem Prozeßbevollmächtigten anheim, die gewünschte Akteneinsicht am 27. September 1991 in der Geschäftsstelle des FG vorzunehmen. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers nahm die Möglichkeit der Akteneinsicht nicht wahr. Er behauptete, das Schreiben über die Gewährung der Akteneinsicht erst am 28. September 1991 erhalten zu haben.
Mit dem Antrag auf Akteneinsicht hatte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers zugleich den Antrag verbunden, den Termin zur mündlichen Verhandlung am 2. Oktober 1991 aufzuheben, weil die beantragte Akteneinsicht zwischen seinem Urlaubsende am 26.September 1991 und dem 2. Oktober 1991 aus organisatorischen Gründen kaum möglich sei. Diesen Antrag lehnte der Senatsvorsitzende des FG mit Entscheidung vom 24. September 1991 mit der Begründung ab, dem Prozeßbevollmächtigten sei bereits mit Schreiben vom 30. Juli 1991 vor Antritt seines Jahresurlaubs mitgeteilt worden, daß am 2. Oktober 1991 mündliche Verhandlungen über mehrere der von ihm eingereichten zahlreichen Untätigkeitsklagen vorgesehen seien. Wenn er trotzdem keine organisatorischen Vorbereitungen getroffen habe, um die Akten in den dann später tatsächlich auf den 2. Oktober 1991 anberaumten Sachen rechtzeitig einsehen zu können, so sei dies von ihm zu vertreten.
Mit einem weiteren Schreiben vom 4. September 1991, das am 25. September 1991 beim FG einging, beantragte der Prozeßbevollmächtigte erneut Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung. Diesmal begründete er den Antrag damit, daß er am 2. Oktober 1991 dienstlich verhindert sei. Wie er dem FG bereits mit Schreiben vom 1. August 1991 mitgeteilt habe, führe er am 2. Oktober 1991 in der Zeit von 12.00 bis 19.00 Uhr öffentliche Beratungen für einen Verband durch. Die Terminvereinbarung sei bereits Ende 1990 erfolgt. Diesen Antrag wies der Vorsitzende des FG mit Entscheidung vom 1. Oktober 1991 zurück. Er wies darauf hin, daß er auf das Schreiben des Prozeßbevollmächtigen vom 1. August 1991 mit Schreiben vom 14. August 1991 angeregt habe, einen Fachkollegen mit der Terminsvertretung zu beauftragen, falls eine fachliche Vertretung der Mandanten in der mündlichen Verhandlung für erforderlich gehalten werde. Ein Prozeßbevollmächtigter, der innerhalb von wenigen Wochen mehr als 1000 Untätigkeitsklagen erhebe, müsse sich auf gerichtliche Termine einstellen. Gerichtstermine seien gegenüber anderen Terminen vorrangig.
Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers wiederholte seinen Antrag auf Terminsaufhebung wegen dienstlicher Verhinderung nochmals in einem Schriftsatz, der kurz vor der mündlichen Verhandlung am 2. Oktober 1991 beim FG einging. Zugleich beantragte er, das Verfahren gemäß § 74 FGO bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) über die dort anhängigen Musterverfahren betreffend die Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrags auszusetzen. Das Gericht lehnte in der mündlichen Verhandlung sowohl den nochmaligen Antrag auf Terminsaufhebung als auch den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens ab. Der Kläger war in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten.
Auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 2. Oktober 1991 wies das FG die Untätigkeitsklage des Klägers als unzulässig ab. Es vertrat die Auffassung, die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 46 FGO für eine Untätigkeitsklage seien nicht gegeben. Es liege nämlich ein ausreichender Grund dafür vor, daß das FA über den Einspruch noch nicht entschieden habe. Dieser ausreichende Grund liege darin, daß vor dem BVerfG wegen der Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrages auch für das Streitjahr Verfahren anhängig seien, von deren Ausgang die Entscheidung des Streitfalles abhänge.
Das FG ließ die Revision nicht zu. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers. Er stützt die Beschwerde u.a. auf Verfahrensmängel.
Verfahrensmängel sieht der Kläger darin, daß die beantragte Akteneinsicht nur auf der Geschäftsstelle des FG ermöglicht worden ist. Außerdem sei die Akteneinsicht unter zeitlichen Umständen gewährt worden, die ihrer Verweigerung gleichkomme. Um eine ordnungsgemäße Akteneinsicht zu gewährleisten, hätte das FG den Termin zur mündlichen Verhandlung am 2. Oktober 1991 aufheben müssen. Diese Verpflichtung zur Terminsaufhebung habe auch wegen der dienstlichen Verhinderung des Prozeßbevollmächtigten bestanden. Das Gericht müsse auf die beruflichen Belange eines Prozeßbevollmächtigten soweit wie möglich Rücksicht nehmen. Durch die Nichtgewährung der Akteneinsicht und die Nichtaufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung sei sein - des Klägers -- Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden.
Zumindest sei ein Verfahrensfehler deshalb gegeben, weil das FG das Verfahren nicht gemäß § 74 FGO ausgesetzt habe. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH (Hinweis auf BFH-Beschluß in BFHE 164, 194, BStBl II 1991, 641) seien die FG nämlich bei anhängigen Musterverfahren vor dem BFH zur Verfahrensaussetzung verpflichtet. Ein solches Musterverfahren sei das beim erkennenden Senat anhängig gewesene Verfahren. . ., dessen Ausgang das FG habe abwarten müssen. In diesem Verfahren sei es wie im Streitfall um die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage in bezug auf die Verfassungswidrigkeit des Grundfreibetrages gegangen.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.
Der Kläger beruft sich zu Unrecht auf Verfahrensfehler des FG.
a) Das FG hat nicht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör durch Verweigerung von Akteneinsicht verletzt.
aa) Das FG hat dem Kläger bzw. seinem Prozeßbevollmächtigten die Akteneinsicht nicht verweigert. Vielmehr ist sie unstreitig am 27. September 1991 in der Geschäftsstelle des FG ermöglicht worden. Damit ist das FG seiner Pflicht zur Gewährung der Akteneinsicht nachgekommen.
Die Gewährung der Akteneinsicht erfolgt grundsätzlich auf der Geschäftsstelle des mit der Streitsache befaßten Gerichts. Die Übersendung der Akten an das FA oder an ein anderes Gericht am Geschäftsort des Prozeßbevollmächtigten steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 78 Rdnr.10, m.w.N.). Das Gericht handelt dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn es die Versendung der Akten ablehnt, weil die Akten bei Gericht benötigt werden oder bei bevorstehender mündlicher Verhandlung eine rechtzeitige Rücksendung der Akten nicht mehr gewährleistet ist. Das FG durfte daher im Streitfall die Versendung der Akten an das FA oder an das Amtsgericht. . . ablehnen.
bb) Eine Verweigerung der Akteneinsicht kann nicht darin gesehen werden, daß die Akteneinsicht unter zeitlichen Umständen ermöglicht worden ist, die nach den Behauptungen des Klägers die Einsichtnahme durch seinen Prozeßbevollmächtigten praktisch unmöglich machten. Denn der Prozeßbevollmächtigte hat diese zeitlichen Umstände zu vertreten. Er hat es sich selbst zuzuschreiben, daß das FG die Akteneinsicht erst am 24. September 1991 und nur unter kurzfristiger, ihn möglicherweise erst verspätet erreichender Benachrichtigung ermöglichen konnte.
Der Prozeßbevollmächtigte wußte bereits vor seinem Urlaub auf Grund des Schreibens des Vorsitzenden des FG vom 30. Juli 1991, daß am 2. Oktober 1991 wegen mehrerer Untätigkeitsklagen von ihm vertretener Kläger mündliche Verhandlungen stattfinden sollten.
Es mußte ihm daher klar sein, daß zwischen seinem Urlaubsende am 26.September 1991 und dem vorgesehenen Termin der mündlichen Verhandlungen nur wenig Zeit für eine Akteneinsicht blieb. Er hätte daher schon vor seinem Urlaub dafür sorgen müssen, daß ihm das FG in den Verfahren, die auf den 2. Oktober 1991 anberaumt werden sollten, unmittelbar nach seinem Urlaub Akteneinsicht gewährt.
Zumindest hätte der Prozeßbevollmächtigte organisatorische Vorkehrungen treffen müssen, daß der Antrag auf Gewährung der Akteneinsicht auch während seines Urlaubs alsbald nach Erhalt der Ladung hätte gestellt werden können. Der Kläger hat in dem beim erkennenden Senat anhängig gewesenen Beschwerdeverfahren wegen der Ablehnung der Richter des FG selbst vorgetragen, daß sein Prozeßbevollmächtigter in der Zeit vom 27. August bis zum 6.September 1991 stunden- bzw. tageweise in seinem Büro anwesend war. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung ist dem Prozeßbevollmächtigten am 4. September 1991 zugestellt worden. Er hatte also bis zum 6.September 1991 noch ausreichend Zeit, den Antrag auf Akteneinsicht zu stellen und dafür Sorge zu tragen, daß er frühzeitig vor der mündlichen Verhandlung an das FG abgesandt wurde. Außerdem trägt der Kläger vor, daß sich sein Prozeßbevollmächtigter bis zu dessen Urlaubsende am 26.September 1991 in . . . aufgehalten habe. Auch dort war er also für sein Büro nicht unerreichbar. Der Prozeßbevollmächtigte hätte daher verhindern können und müssen, daß sein Antrag vom 6.September 1991 auf Gewährung der Akteneinsicht erst so spät beim FG einging, daß die Akteneinsicht - wie in dem Antrag selbst ausgeführt worden ist - praktisch vor der mündlichen Verhandlung kaum noch möglich war.
b) Das FG hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör auch nicht dadurch verletzt, daß es die Anträge auf Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung abgelehnt hat.
Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 der Zivilprozeßordnung (ZPO) kann ein gerichtlicher Termin nur aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt werden. Liegen erhebliche Gründe i.S. von § 227 ZPO vor, verdichtet sich die in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensfreiheit zu einer Rechtspflicht, d.h. der Termin muß in diesen Fällen zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs aufgehoben werden, selbst wenn dadurch die Erledigung des Rechtsstreits verzögert wird (BFH-Urteil vom 14. Oktober 1975 VII R 150/71, BFHE 117, 19, BStBl II 1976, 48; Urteil des erkennenden Senats vom 26.April 1991 III R 87/89, BFH/NV 1991, 830). Im Streitfall waren jedoch keine erheblichen Gründe für eine Aufhebung oder Verlegung des Termins der mündlichen Verhandlung gegeben.
aa) Die Tatsache, daß nach Eingang des Antrags des Klägers auf Gewährung von Akteneinsicht kaum noch Zeit für die tatsächliche Wahrnehmung der Akteneinsicht blieb, konnte kein Grund für eine Aufhebung oder Verlegung des Termins der mündlichen Verhandlung sein. Diese Tatsache hatte der Prozeßbevollmächtigte nach obigen Ausführungen selbst zu vertreten. Es kann nicht in der Hand des Prozeßbevollmächtigten liegen, durch eine zu späte Stellung des Antrags auf Akteneinsicht eine Terminsaufhebung oder -verlegung zu erzwingen.
bb) Das FG war auch nicht zur Aufhebung oder Verlegung des Termins verpflichtet, weil der Prozeßbevollmächtigte des Klägers behauptet hatte, am Termin der mündlichen Verhandlung einen schon lange vorher vereinbarten öffentlichen Beratungstermin bei einem Verband wahrnehmen zu müssen.
Der BFH hat zwar wiederholt entschieden, daß andere dienstliche Termine eines Bevollmächtigten die Pflicht zur Verlegung eines gerichtlichen Termins begründen können (vgl. Urteil des erkennenden Senats in BFH/NV 1991, 830; vgl. auch die in Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Rdnr.7744/2 zitierten unveröffentlichten Entscheidungen des BFH). In den entschiedenen Fällen ging es aber jeweils um die Verhinderung durch andere gerichtliche Termine (zur Verhinderung eines Klägers selbst durch andere gerichtliche Termine vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 117, 19, BStBl II 1976, 48, und BFH-Urteil vom 5. Dezember 1979 II R 56/76, BFHE 129, 297, BStBl II 1980, 208). Daß auch andere als gerichtliche Termine eines Prozeßbevollmächtigten ein Gericht zur Terminsaufhebung oder -verlegung zwingen können, ist, soweit ersichtlich, bisher höchstrichterlich nicht entschieden worden.
Der Senat kann offenlassen, ob er der Auffassung des FG folgen kann, daß solche anderen dienstlichen Termine stets Nachrang gegenüber gerichtlichen Terminen haben. Denn auch in den Fällen, in denen ein Kläger oder sein Prozeßbevollmächtigter wegen anderer gerichtlicher Termine verhindert ist, hat der BFH nicht ohne weiteres eine Pflicht zur Terminsaufhebung oder -verlegung bejaht. Er hat insofern stets eine Prüfung für erforderlich gehalten, ob nicht eine Verlegung dieses anderen Termins oder eine Vertretung durch einen anderen Prozeßbevollmächtigten zumutbar ist. Dabei kommt es immer auf die jeweiligen Verhältnisse des Einzelfalles an.
Nach diesen Maßstäben war unter den besonderen Umständen des Streitfalles keine Aufhebung oder Verlegung des Termins der mündlichen Verhandlung wegen der Verhinderung des Prozeßbevollmächtigten geboten. Die Besonderheiten des Streitfalls liegen darin, daß der Prozeßbevollmächtigte des Klägers nach den in der Entscheidung des Vorsitzenden des FG vom 1. Oktober 1991 getroffenen Feststellungen beim FG innerhalb von wenigen Wochen weit mehr als 1000 Untätigkeitsklagen für von ihm vertretene Mandanten eingereicht hatte. Trotz dieser von ihm eingereichten zahlreichen Klagen hatte der Prozeßbevollmächtigte dem FG eine verhältnismäßig lange urlaubsbedingte Abwesenheit für die Zeit von Anfang August bis zum 26.September 1991 angekündigt. Der Vorsitzende des FG hat hierauf Rücksicht genommen, dem Prozeßbevollmächtigten aber bereits vor dem Urlaub mitgeteilt, daß nach Urlaubsende eine Reihe von Verhandlungstagen für einen Teil der zahlreichen Untätigkeitsklagen vorgesehen sei, u.a. auch am 2. Oktober 1991. Unter diesen Umständen war es dem Prozeßbevollmächtigten zuzumuten, sich rechtzeitig um einen Vertreter für die Wahrnehmung des Termins am 2. Oktober 1991 zu bemühen, wenn er seinen Beratungstermin beim Verband nicht verlegen konnte. Dies gilt umso mehr, als es um einen raschen Rechtsschutz ging, den das FA angeblich verweigert hatte.
Außerdem ist für den erkennenden Senat nicht ohne weiteres ersichtlich, daß der Beratungstermin bei dem Verband nicht verlegbar war. Selbst wenn dieser Termin lange vorher festgelegt und in Rundschreiben mitgeteilt worden war, konnte eine Verlegung nicht ausgeschlossen sein. Sie hätte z.B. auch im Falle einer Erkrankung des Prozeßbevollmächtigten erfolgen müssen.
c) Das FG mußte das Verfahren nicht wegen eines beim BFH anhängigen Musterprozesses nach § 74 FGO aussetzen. Zwar ging es bei dem beim erkennenden Senat anhängig gewesenen Verfahren. . ., das durch Zurücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde erledigt worden ist, um einen vergleichbaren Fall einer Untätigkeitsklage. Eine Aussetzung des Verfahrens im Streitfall kam nach der Entscheidung des erkennenden Senats vom 8. Juni 1990 IIIR41/90 (BFHE 161, 1, BStBl II1990, 944) aber nicht schon deshalb in Betracht, weil in derselben Rechtsfrage beim BFH ein Musterprozeß anhängig war. Der BFH-Beschluß in BFHE 164, 194, BStBl II 1991, 641, aus dem der Kläger seine gegenteilige Auffassung herleitet, betrifft nur Musterverfahren vor dem BVerfG und nicht vor dem BFH.
Fundstellen
Haufe-Index 418451 |
BFH/NV 1992, 52 |
BFH/NV 1993, 106 |
BFHE 1992, 303 |
BB 1992, 1415 |