Entscheidungsstichwort (Thema)
Verweisung des FG auf Einspruchsentscheidung
Leitsatz (NV)
Die Verweisung auf die Einspruchsentscheidung nach § 105 Abs. 5 FGO setzt voraus, dass das Gericht auf wesentliches neues Vorbringen des Rechtsschutzsuchenden im Klageverfahren eingeht und dass die Einspruchsentscheidung eine aussagekräftige Begründung zu den wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen, die aus der Sicht des FG für die getroffene Entscheidung maßgeblich waren, enthält.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; FGO § 105 Abs. 5, § 119 Nr. 6, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Urteil vom 26.07.2007; Aktenzeichen 1 K 296/06) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Danach müssen in der Beschwerdebegründung die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden.
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben das Vorliegen des von ihnen geltend gemachten Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), nämlich dass die Vorentscheidung nicht mit Gründen versehen sei (§ 119 Nr. 6 FGO), nicht schlüssig dargelegt.
a) Die Abweisung der Klage der Klägerin hinsichtlich der Vermögensteuerfestsetzung auf den 1. Januar 1996 hat das Finanzgericht (FG) damit begründet, dass die Klage insoweit mangels Beschwer der Klägerin und wegen des Fehlens eines Vorverfahrens unzulässig sei. Darauf sind die Kläger in der Beschwerdebegründung nicht eingegangen.
b) Das FG hat in den Entscheidungsgründen seines Urteils im Übrigen ausgeführt, der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) habe in den zu den angefochtenen Vermögensteuerfestsetzungen auf den 1. Januar der Jahre 1993, 1995 und 1996 ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 27. Juli 2006 die Rechtslage zutreffend wiedergegeben. Das Gericht folge diesen beiden Einspruchsentscheidungen ohne Einschränkung und sehe zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 105 Abs. 5 FGO ab.
aa) Das FG hat damit von den ihm durch § 105 Abs. 5 FGO eingeräumten Möglichkeiten Gebrauch gemacht. Nach dieser Vorschrift ist es verfahrensrechtlich zulässig, dass das Gericht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absieht, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt. Diese Regelung dient der Entlastung der Gerichte von der Formulierungs- und Schreibarbeit bei der Urteilsbegründung, wenn deren Zweck, den Beteiligten Kenntnis davon zu vermitteln, auf welchen Feststellungen, Verhältnissen oder rechtlichen Erwägungen die Entscheidung beruht, ohne Nachteil für den Rechtsschutz des Klägers auch durch Bezugnahme auf bereits vorliegende Verwaltungsentscheidungen erreicht werden kann (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. November 2006 XI B 147/05, BFH/NV 2007, 267, m.w.N.). Das Gericht kann dabei die eigene Begründung vollständig durch eine Bezugnahme auf die Gründe der Einspruchsentscheidung ersetzen. Eine über die Feststellung, dass das FG der Verwaltungsentscheidung folgt, hinausgehende Urteilsbegründung ist dann nicht erforderlich (BFH-Beschluss vom 20. November 2003 III B 88/02, BFH/NV 2004, 517).
Die gebotene verfassungskonforme Anwendung des § 105 Abs. 5 FGO setzt allerdings zum einen voraus, dass das Gericht wegen des Anspruchs des Rechtsschutzsuchenden auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) auf dessen wesentliches neues Vorbringen im Klageverfahren eingeht, und zum anderen, dass der Verwaltungsakt oder die Einspruchsentscheidung selbst eine aussagekräftige Begründung zu den wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen, die aus der Sicht des Gerichts für die getroffene Entscheidung maßgeblich waren, enthält (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 20. Mai 1994 VI R 10/94, BFHE 174, 391, BStBl II 1994, 707, und vom 23. April 1998 IV R 30/97, BFHE 186, 120, BStBl II 1998, 626; BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 267, m.w.N.). Die Begründungserleichterung des § 105 Abs. 5 FGO darf nicht dazu führen, dass geringere Anforderungen an die Auseinandersetzung des Gerichts mit entscheidungserheblichem Vorbringen des Rechtsschutzsuchenden, d.h. mit den vom ihm vorgetragenen selbständigen Angriffs- und Verteidigungsmitteln, gestellt werden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 267).
bb) Die Kläger haben nicht schlüssig dargelegt, aus welchen Gründen das FG nach diesen Grundsätzen zu weitergehenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen verpflichtet gewesen sein soll. Sie tragen nicht vor, dass sie im Klageverfahren neue Gesichtspunkte vorgebracht hätten, mit denen sich das FG hätte auseinandersetzen müssen. Sie verweisen vielmehr auf ein Schreiben vom 20. November 2004, das noch aus der Zeit vor Erlass der angefochtenen Steuerbescheide stammt. Sie führen auch nicht aus, inwiefern die vom FG in Bezug genommenen Einspruchsentscheidungen keine aussagekräftige Begründung zu den wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen enthalten sollen. Stattdessen wiederholen sie lediglich auf unsubstantiierte Art und Weise ihr tatsächliches Vorbringen zum Bestehen eines Treuhandverhältnisses zwischen dem Kläger und seinem Bruder. Einen Grund für die Zulassung der Revision machen sie damit nicht geltend (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2004, 517, und in BFH/NV 2007, 267).
Fundstellen