Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde; Anforderungen an die Rügen, das FG hätte das Klageverfahren aussetzen müssen und es habe - jedenfalls - seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt
Leitsatz (NV)
1. Die Rüge der Verletzung des § 74 FGO (wegen Nichtaussetzung des Klageverfahrens) kann nicht darauf gestützt werden, das FG habe eine Vorschrift zu Unrecht für verfassungsgemäß gehalten und es hätte statt dessen die Verfassungswidrigkeit annehmen und nach Art. 100 Abs. 1 GG das BVerfG anrufen müssen.
2. Die Rüge, das FG habe seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt (Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), ist nur dann ordnungsgemäß erhoben, wenn unter genauer Angabe der betreffenden Schriftsätze (Angabe der Seitenzahl) dargelegt wird, welches substantiiertes Vorbringen - tatsächlicher Art - vor dem FG im angefochtenen Urteil unberücksichtigt geblieben sei.
§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO bezieht sich nicht auf die rechtlichen Erwägungen der Urteilsfindung, sondern allein auf deren tatsächliche Grundlagen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3, §§ 74, 96 Abs. 1 S. 1
Gründe
Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist unzulässig.
1. Die Rüge, das Finanzgericht (FG) habe den Sachverhalt (unter Verletzung von § 76 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) nicht hinreichend aufgeklärt, entspricht nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Der Kläger hat weder vorgetragen, daß das FG irgendwelche Beweisangebote übergangen habe, noch hat er Tatsachen bezeichnet, denen das FG von sich aus hätte nachgehen müssen (s. hierzu z.B. Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 Anm.65 i.V.m. § 120 Anm.40, mit zahlreichen Rechtsprechungshinweisen).
2. Auch die Rüge, das FG habe das Vorbringen in der Klagebegründungsschrift vom 7. Februar 1986 übergangen, entspricht nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 Satz 3 FGO.
Der Kläger macht insoweit (wohl) geltend, das FG habe seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt (Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Eine derartige Verfahrensrüge ist aber nur dann ordnungsgemäß erhoben, wenn unter genauer Angabe der betreffenden Schriftsätze (Angabe der Seitenzahl) dargelegt wird, welches substantiierte Vorbringen - tatsächlicher Art - vor dem FG im angefochtenen Urteil unberücksichtigt geblieben sei (s. z.B. Klein/Ruban, Der Zugang zum Bundesfinanzhof, Nichtzulassungsbeschwerde und Revision, Rdnr.168, mit Rechtsprechungshinweisen).
Diese Voraussetzungen erfüllen die hier einschlägigen Ausführungen des Klägers nicht. Der Kläger hat insoweit lediglich pauschal auf seine (immerhin 12 Seiten lange) Klagebegründung vom 7. Februar 1986 verwiesen. Er hat nicht angegeben, auf welcher Seite genau die seiner Auffassung nach maßgebenden Umstände wiedergegeben sind. Er hat aber insbesondere keine Umstände genannt, die das FG gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO in seine Überzeugungsbildung hätte einbeziehen müssen. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO bezieht sich nämlich nicht auf die rechtlichen Erwägungen der Urteilsfindung, sondern allein auf deren tatsächliche Grundlagen (s. hierzu z.B. von Groll in Gräber, a.a.O., § 96 Anm.7 und 8). Der Kläger hingegen hat (lediglich) gerügt, das FG habe seine rechtlichen Hinweise (zur Benachteiligung des barunterhaltsverpflichteten Elternteils im Vergleich zum naturalunterhaltsleistenden durch § 32 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG - und zur realitätsfernen Begrenzung des Abzugsbetrags in § 33a Abs. 1a EStG) nicht hinreichend gewürdigt.
3. In der schließlich noch gerügten Verletzung des § 74 FGO (wegen Nichtaussetzung des Verfahrens) kann zwar grundsätzlich ebenfalls ein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr.3 FGO liegen (s. hierzu z.B. den Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. März 1992 III B 547/90, BFHE 168, 17, BStBl II 1992, 842, Nr.2d der Entscheidungsgründe). Doch hat der Kläger einen derartigen Fehler nicht schlüssig dargetan. Er hat vielmehr geltend gemacht, das FG habe die Regelungen in § 32 Abs. 3 EStG und in § 33a Abs. 1a EStG zu Unrecht für verfassungsgemäß gehalten; es hätte statt dessen die Verfassungswidrigkeit annehmen und nach Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes das Bundesverfassungsgericht anrufen müssen. Damit rügt der Kläger aber letztlich die Verletzung materiellen Rechts, was die Zulassung einer Revision nicht zu begründen vermag.
Zu den Voraussetzungen, unter denen die Aussetzung eines Klageverfahrens wegen verfassungsrechtlicher Streitfragen geboten sein kann, hat der erkennende Senat vor allem in seinem Beschluß vom 7. Februar 1992 III B 24, 25/91 (BFHE 166, 418, BStBl II 1992, 408) Stellung genommen. Das Vorbringen des Klägers geht aber nicht annähernd in diese Richtung.
4. Im übrigen ergeht die Entscheidung nach Art. 1 Nr.6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Angabe von Gründen.
Fundstellen
Haufe-Index 419079 |
BFH/NV 1993, 675 |