Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Revision
Leitsatz (NV)
1. In Streitfällen über die Rechtmäßigkeit einer Betriebsprüfungsanordnung ist der Streitwert regelmäßig mit 50% der mutmaßlich zu erwartenden Mehrsteuern anzusetzen.
2. Zu den Anforderungen an die Begründung einer zulassungsfreien Revision.
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 5; FGO § 115 Abs. 1, § 116 Abs. 1 Nr. 5, § 120 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ordnete bei der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) eine Außenprüfung an. Die dagegen eingelegte Beschwerde blieb erfolglos.
Mit der Klage machte die Klägerin geltend, daß die unterschiedliche Handhabung in den einzelnen Bundesländern bei der Übersendung von Betriebsprüfungsberichten an die Strafverfolgungsbehörden gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße und verfassungswidrig sei. Die Betriebsprüfungsanordnung enthalte außerdem keinen Hinweis darauf, daß der Steuerpflichtige das Recht habe, die Prüfung seiner Bücher und Unterlagen an Amts Stelle zu verlangen.
Die Klägerin hielt es außerdem für erforderlich, den Bundesminister der Finanzen (BMF) aufzufordern, die statistischen Zahlen über die Prüfungshäufigkeit in den einzelnen Bundesländern für 1980 und 1981 zur Verfügung zu stellen. Der BMF habe ihrem Bevollmächtigten auf Anfrage mitgeteilt, diese länderbezogenen Daten seien nicht zur Veröffentlichung durch den Bund freigegeben.
Mit der Klage beantragte die Klägerin die Aufhebung der Prüfungsanordnung und den BMF zum Verfahren beizuziehen, falls das Gericht statistische Zahlen für 1980 und 1981 benötige.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Mit der Revision weist die Klägerin darauf hin, daß sie bereits im Klagebegründungsschreiben nachgewiesen habe, daß in Nordrhein-Westfalen sowohl das Verhältnis der geprüften Betriebe zu den zu prüfenden Betrieben als auch das Verhältnis der vorhandenen Prüfer zu den zu prüfenden Betrieben, jeweils bezogen auf 1979 bzw. den 31. Dezember 1979, im Durchschnitt wesentlich höher liege als im Durchschnitt des Bundesgebietes. Daraus habe sie geschlossen, daß das Gefälle der Prüfungshäufigkeit zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und einem anderen Land mindestens 62%-Punkte betrage. Da dieses Gefälle zwischen den einzelnen Bundesländern in bezug auf Nordrhein-Westfalen vor ca. 4 bis 6 Jahren noch nicht festzustellen gewesen sei, liege in dem kürzeren Prüfungsturnus der Außenprüfung in Nordrhein-Westfalen eine folgenschwere Ermessensentscheidung. Eine Ermessensabweichung verletze dann den Gleichheitsgrundsatz, wenn die Behörde von einer einheitlich geübten Ermessenspraxis ausgehe. Hierauf sei das FG nicht eingegangen.
In ihrem Begründungsschriftsatz (die Klägerin spricht vom ,,o. g. Begründungsschriftsatz") habe sie vorgetragen, daß die angegriffene Anordnung der Außenprüfung nicht begründet gewesen sei. Da das FG sich mit ihrer Begründung nicht auseinandergesetzt habe, liege gleichzeitig ein absoluter Revisionsgrund nach § 119 Nr. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vor.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig (§ 124 FGO).
Sie ist als Streitwertrevision nicht statthaft, weil der Wert des Streitgegenstandes 10 000 DM nicht übersteigt (§ 115 Abs. 1 FGO i. V. m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG - vom 8. Juli 1975, BGBl I, 1861 i. d. F. des Gesetzes vom 4. Juli 1985, BGBl I, 1274, BStBl I, 496). Der Wert des Streitgegenstandes beträgt 4 000 DM. Nach § 155 FGO i. V. m. § 3 der Zivilprozeßordnung (ZPO) ist der Wert des Streitgegenstandes nach freiem Ermessen zu bestimmen. In Streitfällen über die Rechtmäßigkeit einer Betriebsprüfungsanordnung ist der Streitwert regelmäßig mit 50 v. H. der mutmaßlich zu erwartenden Mehrsteuern anzusetzen, die im Einzelfall geschätzt werden müssen (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. September 1974 VII B 122/73, BFHE 113, 411, BStBl II 1975, 197). Fehlen geeignete Schätzungsgrundlagen und bietet der bisherige Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte dafür, welche Bedeutung die Sache nach dem gestellten Antrag hat, so ist der Streitwert in Anlehnung an § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auf 4 000 DM zu bestimmen.
Im Streitfall sind brauchbare Anhaltspunkte für eine Schätzung der voraussichtlichen Mehrsteuern nicht vorhanden.
Das FG hat die Revision auch nicht zugelassen. Die gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Zulassungsbeschwerde hat der erkennende Senat im Beschluß vom 29. Februar 1984 (I B 25/83) als unzulässig verworfen.
Als zulassungsfreie Revision (§ 116 Abs. 1 FGO) ist die Revision unzulässig, weil sie nicht in der gesetzlichen Form begründet worden ist. Hinsichtlich des gerügten Verfahrensmangels, daß die Entscheidung nicht mit Gründen versehen sei (§ 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO), hat die Klägerin nicht die Tatsachen bezeichnet, die den Mangel ergeben sollen (§ 120 Abs. 2 FGO). Soweit die Klägerin geltend macht, daß in den Entscheidungsgründen des finanzgerichtlichen Urteils ein gesetzlicher Anspruch oder ein geeignetes selbständiges Angriffs- und Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen worden sei, hat die Klägerin das Angriffs- bzw. das Verteidigungsmittel nicht hinreichend bezeichnet. Hierzu hätte es der Angabe der Seite des Schriftsatzes bedurft, auf der sie vorgetragen hat, daß die angegriffene Anordnung der Außenprüfung nicht begründet war, so daß sie nicht erkennen konnte, wie die Finanzbehörde zu ihrer Entscheidung gelangt ist. In dem Schriftsatz vom 18. Februar 1983, mit dem sie die Revision einlegte, weist sie auf Seite 5 unten lediglich darauf hin, daß sie dies in dem ,,o. g. Begründungsschriftsatz" vorgetragen habe. Zudem finden sich in der ,,Klagebegründung vom 25. 9. 1981", die am Beginn des Schriftsatzes vom 18. Februar 1983 erwähnt ist, keine Ausführungen zur Begründung der Prüfungsanordnung.
Der Senat muß unter diesen Umständen nicht darauf eingehen, ob die Revision nicht auch deshalb unzulässig ist, weil sie keinen bestimmten Antrag enthält (§ 120 Abs. 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 414179 |
BFH/NV 1987, 46 |