Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung; Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung; zulagenrechtliche Zuordnung von Mischbetrieben
Leitsatz (NV)
- Die Rechtsfrage, nach welchen Abgrenzungsmerkmalen sog. Mischbetriebe zulagenrechtlich zuzuordnen sind und ob danach der Zulagenausschluss nach § 3 Satz 2 InvZulG 1993 eingreift, ist in der Rechtsprechung geklärt. Danach kommt es in erster Linie darauf an, welche Einzeltätigkeit nach den jeweils darauf entfallenden Wertschöpfungsanteilen überwiegt. Hilfsweise können aber weitere Kriterien, wie Umsatz, investiertes Kapital oder Arbeitslöhne, ggf. auch in Kombination, herangezogen werden.
- Die Frage, nach welchen Abgrenzungsmerkmalen das Überwiegen eines Betriebsbereichs bei gemischten Betrieben zu beurteilen ist, kann im Übrigen nicht noch weitergehend allgemein, sondern nur anhand des einzelnen Falles beantwortet werden, weil derartige Mischbetriebe zu uneinheitliche Strukturen aufweisen und die jedem Gewerbezweig anhaftenden Besonderheiten zu groß sind. Es obliegt den Finanzgerichten als Tatsacheninstanz, den richtigen Aufteilungsmaßstab entsprechend den Besonderheiten des jeweiligen Betriebes zu ermitteln.
Normenkette
FGO § 96 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2; InvZulG 1993 § 3 S. 2
Gründe
Von einer Darstellung des Sachverhalts sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie ist durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).
Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 2. Alternative FGO sind nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt worden.
1. a) Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargetan. Dies verlangt einen substantiierten Vortrag, dass eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage klärungsbedürftig und im konkreten Fall auch voraussichtlich klärbar ist. Dazu ist auszuführen, dass die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängt. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander setzen. Hat der BFH über die Rechtsfrage bereits entschieden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinander gesetzt hat. Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217).
b) Der BFH hat in der vom Finanzgericht (FG) in Bezug genommenen Rechtsprechung geklärt, nach welchen Abgrenzungsmerkmalen bei Mischbetrieben zu ermitteln ist, welche Tätigkeit überwiegt (im Streitfall Handel oder Dienstleistung bei einem Brandschutzservice). In erster Linie kommt es auf die Wertschöpfungsanteile an, die auf die einzelnen Tätigkeiten entfallen. Die im Urteil vom 23. Juli 1976 III R 166/73 (BFHE 119, 549, BStBl II 1976, 705) genannten Kriterien (Umsatz, investiertes Kapital, Arbeitslöhne) können zum Teil hilfsweise herangezogen werden (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 1999 III R 33/97, BFHE 190, 266, BStBl II 2000, 208, unter II. A. 3. a aa, m.w.N.; ebenso die Vorbemerkungen zur Klassifikation 1993).
Der Senat hat in seiner im ersten Rechtsgang ergangenen und vom FG im angefochtenen Urteil zugrunde gelegten Entscheidung vom 19. Oktober 2000 III R 100/96 (BFH/NV 2001, 487) diese Grundsätze nochmals ausdrücklich bestätigt. Darüber hinaus hat er hervorgehoben, dass die Frage, nach welchen Abgrenzungsmerkmalen das Überwiegen eines Betriebsbereichs bei gemischten Betrieben zu beurteilen sei, nicht allgemein, sondern nur anhand des einzelnen Falles beantwortet werden könne, weil derartige Mischbetriebe zu uneinheitliche Strukturen hätten und die jedem Gewerbezweig anhaftenden Besonderheiten zu groß seien. Als Abgrenzungsmaßstäbe könnten die Umsätze, das investierte Kapital oder die Arbeitslöhne in Betracht kommen. Auch eine Kombination dieser Merkmale sei denkbar. Um den richtigen Aufteilungsmaßstab zu finden, müssten die Besonderheiten des jeweiligen Betriebes herausgefunden und berücksichtigt werden. Dies habe das FG als Tatsacheninstanz anhand der Verhältnisse und unter Würdigung aller Umstände zu ermitteln (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO).
c) Die Klägerin hält die Gewichtung dieser einzelnen Kriterien und die Anerkennung eines angeblich vom FG zusätzlich aufgestellten Kriteriums der erkennbaren künftigen Entwicklung der Wertschöpfungsanteile für eine grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfrage.
Die Klägerin setzt sich indes weder mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung inhaltlich auseinander noch legt sie dar, in welcher Weise die entwickelten abstrakten Grundsätze überhaupt einer weiteren Konkretisierung in allgemeiner Form zugänglich sein könnten (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 1. Dezember 1998 III B 78/97, BFH/NV 1999, 741, unter 1. c der Gründe, m.w.N.).
Das FG hat im Streitfall entsprechend dieser Rechtsprechung die Wertschöpfungsanteile in den Betriebsstätten der Klägerin untersucht und sodann geprüft, ob die lediglich hilfsweise vom BFH zugelassenen Abgrenzungskriterien so bedeutsam seien, dass sie zu einer Korrektur der Zuordnung nach den Wertschöpfungsanteilen Anlass geben könnten. Letzteres hat das FG verneint. Es hat das Verhältnis der Wertschöpfungsanteile im Hinblick auf weitere in Betracht zu ziehende Umstände geprüft wie z.B. lediglich einmalig erhöhte Handelsumsätze im Streitjahr, mögliche pauschale, nicht aufteilbare Paketpreise für Verkauf und Wartung oder eine strukturelle Entwicklung, die zeitnah zu einem Wertschöpfungsanteil führen könnte, der den von der Zulagenförderung nach § 3 Satz 2 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1993 ausgeschlossenen Handel übertrifft.
Mit der Würdigung der Entwicklung der Wertschöpfungsanteile in den einzelnen Sparten des klägerischen Betriebs hat das FG ersichtlich kein abstraktes neues Abgrenzungskriterium angenommen, sondern lediglich Gesichtspunkte für die Bewertung des zahlenmäßigen Vergleichs der Wertschöpfungsanteile aufgezeigt.
Einwände, die sich allein gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils wenden, sind indes grundsätzlich nicht geeignet, das für das Zulassungsverfahren erforderliche Allgemeininteresse zu indizieren (vgl. BFH-Beschluss vom 28. August 2001 X B 60/01, BFH/NV 2002, 347, m.w.N.).
2. Die Klägerin hat ebenso wenig hinreichend dargetan, weshalb die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO eine erneute Entscheidung des BFH erfordern könnte.
a) Die Klägerin legt keine Divergenz im engeren Sinne zu einer anderen gerichtlichen Entscheidung dar; denn sie meint selbst, dass der BFH noch nicht hinreichend klar die Gewichtung der einzelnen Abgrenzungskriterien vorgenommen habe.
b) Die Klägerin ist der Auffassung, die Würdigung des FG stehe "diametral" zu der differenzierten Betrachtungsweise des BFH, der jedoch den Einsatz der Kriterien nicht konkretisiert habe, so dass das FG die Gewichtung selbst nicht habe vornehmen können. Mit diesen Ausführungen wendet sie sich allein gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Dies trifft ebenso für den weiteren Einwand zu, dass sich entgegen der Wertung des FG in erheblichem Umfang Verschiebungen zugunsten des Dienstleistungsbereiches ergeben hätten.
Mit diesem Vortrag ist indes nicht schlüssig dargetan, dass das FG schwerwiegende Fehler aufgrund einer willkürlichen, jeder gesetzlichen Grundlage entbehrenden Würdigung begangen hätte, die zumindest geeignet sein könnten, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Februar 2002 VII B 141/01, BFH/NV 2002, 798, 799, m.w.N.).
Es trifft zwar zu, dass sich der Umsatz aus den Prüfungen von Feuerlöschgeräten zwischen 1991 bis 1995 stetig gesteigert hat, indes ist ebenso ersichtlich, dass die Verkaufsumsätze im Zeitraum von 1992 bis 1995 wertmäßig die Prüfungsumsätze unverändert deutlich übertroffen haben und sich auf einem relativ stabilen Niveau bewegen.
Wenn das FG die auch vom BFH als primäres Abgrenzungsmerkmal herausgestellte Wertschöpfung im Streitfall unter Würdigung sowohl der weiteren Hilfskriterien als auch der Besonderheiten des klägerischen Betriebes nicht in Frage gestellt gesehen hat, so würde allein die Möglichkeit einer u.U. auch anderen Gewichtung jedenfalls keinen qualifizierten Fehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO darstellen. Insbesondere hat das FG eingehend begründet, warum es die weiteren Abgrenzungskriterien im Verhältnis zu den Wertschöpfungsanteilen auch im Streitfall als nachrangig bewertet, weil es nämlich in vertretbarer Weise davon ausgegangen ist, dass der Dienstleistungsbereich eine für den Handel lediglich dienende Funktion im Sinne einer Anbahnung von Verkaufsgeschäften besitzt.
Fundstellen
Haufe-Index 905245 |
BFH/NV 2003, 510 |