Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Bei der Zerlegung von Gewerbesteuermeßbeträgen nach dem Maßstab der Arbeitslöhne ist die Frage der Zugehörigkeit von Arbeitnehmern zu dem Gewerbebetrieb nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden.
Normenkette
GewStG § 29 Abs. 1 Ziff. 2
Tatbestand
Die Firma X. in A., die den Großhandel mit festen Brennstoffen betreibt, hatte im Kalenderjahr 1951 Betriebstätten in A., B., C. und D. Der einheitliche Gewerbesteuermeßbetrag wurde auf diese Gemeinden nach den Arbeitslöhnen zerlegt, wobei auf die Stadt C. Arbeitslöhne in Höhe von ... DM und ein Zerlegungsanteil in Höhe von ... DM entfielen.
Gegen den Zerlegungsbescheid legte die Stadt C. Beschwerde ein mit der Begründung, daß auch die Beträge, die die Steuerpflichtige an den Gesamthafenbetrieb (GHB) in C. für die Gestellung von Arbeitskräften gezahlt habe, als von ihr gezahlte Arbeitslöhne im Sinne des § 29 Abs. 1 Ziff. 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) anzusehen seien.
Die Oberfinanzdirektion wies die Beschwerde als unbegründet zurück. In der Begründung führte sie aus, der GHB sei ein Zusammenschluß mehrerer Unternehmen, zu denen auch die Steuerpflichtige gehöre. Es erübrige sich, die Rechtsnatur dieses Betriebs zu untersuchen. Seine Aufgabe sei es, den beteiligten Unternehmen Arbeitskräfte für deren eigene Zwecke zur Verfügung zu stellen. Die Einstellung der Arbeitskräfte erfolge täglich durch einen Vertreter des GHB in Anwesenheit von Vorarbeitern der beteiligten Unternehmen. Die gestellten Arbeiter würden vom GHB entlohnt. Zur Abrechnung zwischen dem GHB und den Unternehmern würden die jährlichen Gesamtunkosten ermittelt. Sie bestünden aus den Bruttolöhnen und den sonstigen Kosten (Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, sonstige soziale Aufwendungen, Raum- und Verwaltungskosten, Lohnsteuer, Lohnsummensteuer, Umsatzsteuer). Jeder der beteiligten Firmen würden die auf sie entfallenden Bruttolöhne und ein nach dem Verhältnis dieser Bruttolöhne zu den gesamten Bruttolöhnen berechneter Anteil an den sonstigen Kosten (im Jahre 1950 etwa 18 v. H. der Bruttolöhne) in Rechnung gestellt. Nach dem Gesamtbild dieser Verhältnisse sei der GHB als selbständiger Betrieb und die gestellten Arbeitskräfte als seine Arbeitnehmer im Sinn des Gewerbesteuerzerlegungsrechts zu betrachten.
In der weiteren Beschwerde trägt die Stadt C. vor, die Nichtberücksichtigung der Löhne der gestellten Arbeitskräfte bei der Zerlegung könnte nur dann auf § 29 Abs. 1 Ziff. 2 GewStG und Abschn. 104 der Gewerbesteuer-Richtlinien (GewStR) 1951 gestützt werden, wenn der GHB ein selbständiges Steuersubjekt im Sinn des Gewerbesteuerrechts wäre. Das sei aber nicht der Fall; er habe auch keine eigene Rechtsfähigkeit, sondern stelle nur einen losen Zusammenhang mehrerer Unternehmen ausschließlich für die Beschaffung von Arbeitskräften für die betriebseigenen Zwecke dieser Unternehmen dar. Er werde deshalb nicht der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer (Mindeststeuer) unterworfen und sei nur irrtümlich zur Lohnsummensteuer herangezogen worden. Der GHB beschäftige keine Dauerarbeitskräfte, die Mittel zur Lohnzahlung würden ihm von den Unternehmen im voraus zur Verfügung gestellt, die Arbeitskräfte seien durch die einzelnen Unternehmen bei den zuständigen Berufsgenossenschaften versichert. Infolge der Deckung der Verwaltungskosten durch die Unternehmen erziele der GHB keine Gewinne, der Erfolg des Arbeitseinsatzes finde seinen Niederschlag im Gewinn der Unternehmen. Umsatzsteuer zahle der GHB nur von den Verwaltungskosten, nicht von den durchlaufenden Löhnen. Die Nichtberücksichtigung der Löhne der gestellten Arbeiter verstoße auch gegen das äquivalenzprinzip, weil die Zerlegung nicht der Gemeinde zugute komme, die die durch den Betrieb verursachten Lasten zu tragen habe.
Entscheidungsgründe
Die weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Zerlegungsmaßstab ist in den Fällen des § 29 Abs. 1 Ziff. 2 GewStG - ein solcher liegt hier vor - das Verhältnis, in dem die Summe der Arbeitslöhne, die an die bei allen inländischen Betriebstätten beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind, zu den Arbeitslöhnen steht, die an die bei den Betriebstätten der einzelnen Gemeinden beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind. Nach der Rechtsprechung (des Preußischen Oberverwaltungsgerichts) kommen nur solche Lohnausgaben in Betracht, die an das eigene Personal des steuerpflichtigen Gewerbebetriebs geleistet worden sind; es scheiden Vergütungen aus, die an fremde Unternehmen für die Gestellung des Betriebspersonals dieser Unternehmen gezahlt worden sind.
Nach dem Akteninhalt hat sich folgender unstreitiger Sachverhalt ergeben: Der GHB in C. ist von der Steuerpflichtigen und drei weiteren Firmen als Annahme- und Lohnzahlungsstelle für die von diesen beschäftigten und tageweise entlohnten unständigen Hafenarbeiter errichtet worden. In der Annahme dieser Arbeiter, die in dem Büro des GHB täglich durch dessen Angestellten im Beisein der Vorarbeiter der einzelnen angeschlossenen Firmen erfolgt, und in der Entlohnung dieser Arbeiter mit Geldern, die auf Grund der von den Firmen übermittelten Unterlagen von diesen im voraus zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt werden, erschöpft sich die Tätigkeit des GHB. Die auf die Firmen verteilten Hafenarbeiter befinden sich nicht in einem Daueranstellungsverhältnis zu dem GHB. Dieser stellt danach nicht seine Arbeitskräfte den beteiligten Firmen zur Verfügung, sondern wird jedenfalls bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Erfüllungsgehilfe der angeschlossenen Firmen bei der Annahme und Entlohnung der für sie tageweise unständig beschäftigten Arbeiter tätig. Die für die Steuerpflichtige angenommenen Arbeiter sind wirtschaftlich betrachtet deren Arbeitnehmer, nicht die des GHB. Wie die Stadt C. zutreffend hervorhebt, wird auch nur diese Beurteilung dem Zweck der Zerlegung nach § 29 Abs. 1 Ziff. 2 GewStG gerecht. Der Stadt C. erwachsen durch die für die Pflichtige tätigen und im Bereich der Stadt wohnhaften Hafenarbeiter Lasten, für die die Stadt keinen Ausgleich finden würde, wenn bei der Verteilung des Gewerbesteuermeßbetrags die Löhne dieser Arbeiter unberücksichtigt blieben, deren Einsatz in der dortigen Betriebstätte zur Erzielung des Gewerbeertrags der Steuerpflichtigen beigetragen hat. Die von den Vorinstanzen über die Eigenschaft des GHB als Steuerobjekt für die Gewerbesteuer angestellten Erörterungen liegen neben der Sache.
Die Vorentscheidungen waren daher wegen unrichtiger Beurteilung des Sachverhalts aufzuheben und die Sache an das Finanzamt zurückzuverweisen, damit dieses die Zerlegung des Gewerbesteuermeßbetrags unter Berücksichtigung der an die zuständigen Hafenarbeiter in C. gezahlten Löhne erneut vornimmt.
Fundstellen
Haufe-Index 409012 |
BStBl III 1958, 182 |
BFHE 1958, 469 |
BFHE 66, 469 |