Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbegründetheit eines PKH-Antrages; Unzulässigkeit der vom Kläger selbst eingelegten Revision
Leitsatz (NV)
1. Der Vertretungszwang beim BFH entfällt für Prozeßhandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, insbesondere für den Antrag auf PKH.
2. Für die Zulässigkeit eines PKH-Antrages, betr. das Revisionsverfahren, ist es unerheblich, daß der Antrag beim FG und nicht beim BFH angebracht wurde.
3. Zu den Voraussetzungen, unter denen die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; FGO § 115 Abs. 2-3, § 116 Abs. 1, §§ 124, 126 Abs. 1, § 142; ZPO § 114 ff.
Tatbestand
Gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG), von dem die Revision nicht zugelassen worden ist, hat der Antragsteller, Kläger und Revisionskläger (Kläger) selbst Revision eingelegt und hat beantragt, ihm Prozeßkostenhilfe (PKH) zu gewähren sowie ihm einen zum Auftreten vor dem Bundesfinanzhof (BFH) befugten Prozeßbevollmächtigten beizuordnen. Eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat der Kläger nicht eingereicht.
Entscheidungsgründe
I. Der Senat hat es für zweckmäßig erachtet, die Verfahren V S 5/96 und V R 8/96 zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden (§§ 121, 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
II. Der Antrag auf PKH ist zulässig.
1. Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht entgegen, daß der Kläger sich nicht durch eine der in Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) genannten Personen hat vertreten lassen. Der Vertretungszwang entfällt für alle Prozeßhandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, also auch für den Antrag auf PKH (BFH-Beschluß vom 23. Januar 1991 II S 17/90, BFH/NV 1991, 338, m. w. N.).
2. Es ist für die Frage der Zulässigkeit unerheblich, daß der Kläger den Antrag auf PKH bei dem für die Einlegung des Rechtsmittels zuständigen FG angebracht hat, obwohl Prozeßgericht für das Rechtsmittelverfahren i. S. des § 117 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) der BFH ist. Denn was für die Einlegung der Revision (§ 120 Abs. 1 FGO) bzw. der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 115 Abs. 3 Satz 2 FGO) gilt, muß auch für das sich auf eines dieser Rechtsmittel beziehende PKH-Gesuch zulässig sein -- (vgl. BFH-Beschlüsse vom 7. Juli 1994 VIII S 1/94, BFH/NV 1995, 92; vom 13. Juli 1995 VII S 1/95, BFH/NV 1996, 10, unter 3. a) --.
III. Der Antrag auf PKH ist jedoch unbegründet.
Gemäß § 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 114 ZPO wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund von dessen Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält, in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist und wenn deshalb bei summarischer Prüfung für den Eintritt des angestrebten Erfolges eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (BFH-Beschluß vom 16. Dezember 1986 VIII B 115/86, BFHE 148, 215, BStBl II 1987, 217). Diese Voraussetzungen sind bei der gebotenen summarischen Betrachtung vorliegend nicht gegeben. Die beantragte PKH kann deshalb nicht bewilligt werden.
1. An der Erfolgsaussicht fehlt es allerdings nicht schon deshalb, weil die vom Kläger selbst eingelegte Revision wegen Nichtbeachtung der Pflicht, sich vertreten zu lassen (Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG), unzulässig ist und weil die Fristen für die Einlegung von Revision bzw. Nichtzulassungsbeschwerde abgelaufen sind.
Ein mittelloser Beteiligter wird in der Regel bis zur Entscheidung über seinen PKH-Antrag als eine solche Person angesehen, die ohne ihr Verschulden an der wirksamen Einlegung des Rechtsmittels verhindert ist (vgl. BFH-Beschluß vom 20. April 1988 X S 13/87, BFH/NV 1988, 728, m. w. N.). Dementsprechend könnte dem Beteiligten unter bestimmten Voraussetzungen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (vgl. BFH-Beschluß in BFH/NV 1995, 92, m. w. N.). Es bestünde dann die Möglichkeit, das Rechtsmittel auch noch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist wirksam einzulegen.
Die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt allerdings voraus, daß der Antragsteller innerhalb der maßgeblichen Rechtsmittelfrist den Antrag auf Bewilligung der PKH stellt und die erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemäß § 117 Abs. 2 und 4 ZPO unter Beifügung der entsprechenden Belege vorlegt (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Beschluß in BFH/NV 1996, 10, m. w. N.). Eine Bezugnahme auf eine im vorhergehenden Verfahren abgegebene Erklärung (i. S. des § 117 Abs. 2 und 4 ZPO) reicht aus, wenn der Antragsteller innerhalb der Rechtsmittelfrist unter Hinweis auf diese Erklärung versichert, daß die Verhältnisse unverändert sind (BFH-Beschluß vom 5. November 1986 IV S 7/86, IV B 49/86, BFHE 148, 13, BStBl II 1987, 62).
Ob der Kläger im vorliegenden Verfahren diesen Voraussetzungen hinreichend nachgekommen ist, läßt der Senat unentschieden, denn der Antrag auf Gewährung von PKH ist jedenfalls deshalb abzulehnen, weil für keines der in Betracht kommenden Rechtsmittel Erfolgsaussichten bestehen.
2. Der gemäß § 118 ZPO vom Prozeßgericht vorzunehmenden Prüfung der Erfolgsaussichten ist in der Rechtsmittelinstanz das Rechtsmittel zugrunde zu legen, das geeignet ist, zu der vom Antragsteller erkennbar erstrebten revisionsrechtlichen Überprüfung des FG-Urteils zu führen. Das sind, weil das FG die Revision nicht zugelassen hat, im vorliegenden Fall die zulassungsfreie Verfahrensrevision gemäß § 116 Abs. 1 FGO sowie die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 FGO (Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG).
3. Für den Fall, daß in der Revisionsinstanz ein PKH-Antrag für ein Rechtsmittelverfahren von einem nicht postulationsfähigen Antragsteller selbst eingereicht wird, werden unterschiedliche Meinungen zu der Frage vertreten, welches Maß an Begründung dieser Antrag enthalten muß, d. h. ob der Antragsteller zumindest in laienhafter Weise das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darstellen muß (so BFH-Beschlüsse vom 8. April 1987 X S 3/87, BFH/NV 1988, 179; vom 13. Oktober 1989 V S 3/89, BFH/NV 1990, 450; vom 4. April 1995 X S 2/95, BFH/NV 1995, 1009; vom 8. Juni 1995 IX B 168/94, BFH/NV 1996, 64) oder ob an den nicht vertretenen mittellosen Antragsteller solche Begründungsanforderungen nicht gestellt werden dürfen und die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels von Amts wegen anhand der Vorentscheidung und ggf. des Protokolls über die mündliche Verhandlung zu überprüfen sind (so BFH-Beschlüsse vom 23. Januar 1991 II S 15/90, BFHE 163, 123, BStBl II 1991, 366, und in BFH/NV 1991, 338; vom 5. April 1994 IV S 7/93, BFH/NV 1995, 31). Dies bedarf vorliegend keiner Klärung, weil sich hinreichende Gründe für den Erfolg eines Rechtsmittels weder aus dem Vorbringen des Klägers noch aus dem Akteninhalt ergeben.
4. Eine zulassungsfreie Revision gemäß § 116 Abs. 1 FGO bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil sich bei summarischer Prüfung nicht ergibt, daß wesentliche Mängel des Verfahrens im Sinne der zitierten Vorschrift schlüssig gerügt werden können.
5. Die Rechtsverfolgung durch eine Nichtzulassungsbeschwerde ist ebenfalls nicht erfolgversprechend. Als Zulassungsgrund i. S. des § 115 Abs. 2 FGO kommen nach dem Vorbringen des Klägers sowie nach dem Akteninhalt nur Verfahrensmängel im Sinne der Nummer 3 dieser Vorschrift in Betracht. Ein solcher Verfahrensmangel ist bei summarischer Prüfung jedoch nicht erkennbar.
6. Die Entscheidung über den Antrag auf PKH ergeht gerichtsgebührenfrei.
IV. Die Revision ist unzulässig.
Gemäß Art. 1 Nr. 1 Sätze 1 und 2 BFHEntlG hätte sich der Kläger bei der Einlegung der Revision zum BFH durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten lassen müssen. Darauf wurde der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils hingewiesen. Die ohne eine solche Vertretung eingelegte Revision ist unzulässig. Sie war mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 2 FGO zu verwerfen.
Fundstellen