Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichterhebung von Kosten
Leitsatz (NV)
Inwieweit Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG auch bei Fehlern des FA im vorangegangenen behördlichen Verfahren nicht zu erheben sind, kann offen bleiben, wenn eine offensichtlich unzutreffende Rechtsauskunft des FA, die zu unverschuldeter Fristversäumnis des Kostenschuldners für die Anfechtung des FG-Urteils ursächlich hätte sein können, ausscheidet.
Normenkette
GKG § 5 Abs. 1, § 8 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) hatte die Klagen des Kostenschuldners und Erinnerungsführers (Kostenschuldner) in Sachen Einkommensteuer und Umsatzsteuer für 1989 bis 1992 sowie Feststellung des gewerblichen Verlustes für 1990 bis 1992 durch Urteil vom 7. April 1998 abgewiesen. Das Urteil wurde dem Kostenschuldner am 29. April 1998 zugestellt. Ferner hatte das FG mit Beschluß vom 7. September 1998 den Streitwert festgesetzt. Mit Schreiben vom 24. September 1998 an das FG (dort per Telefax am 25. September 1998 eingegangen) trug der Kostenschuldner Einwendungen gegen den Beschluß vom 7. September 1998 vor. Weiter führte er aus: "Deshalb lege ich hiermit vorsorglich gegen das Urteil Widerspruch ein und beantrage die Aussetzung der Vollziehung dieses Urteils, ferner möchte ich von Ihnen erfahren, ob sich der Widerspruch lediglich auf einen Teilbereich, nämlich die möglicherweise zuviel gezahlte Umsatzsteuer von ca. DM 7.770,― einschränken läßt."
Das FG teilte dem Kläger mit, das Verfahren sei mit dem Urteil vom 7. April 1998 abgeschlossen. Es verwies den Kläger wegen seiner Rechtsauskünfte an die Rechts- und Steuerberatung und legte die Akten dem Bundesfinanzhof (BFH) vor.
Mit Telefax vom 12. November 1998 bat der Kläger um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, um anschließend mit einer Rechtsvertretung das Revisionsverfahren führen zu können. Als Wiedereinsetzungsgründe machte er u.a. falsche Hinweise des Finanzamts (FA) vom 14. August 1998 hinsichtlich des Rechtswegs gegen das FG-Urteil und Nichtinformation durch das FG-Schreiben vom 30. September 1998 über den Fristablauf geltend.
Mit Beschluß vom 28. Dezember 1998 V B 144/98 behandelte der Senat das vom Kläger geltend gemachte "Rechtsmittel" bzw. den "Widerspruch" zwar als statthafte Nichtzulassungsbeschwerde, weil nur eine solche ―mangels Revisionszulassung durch das FG― als statthaftes Rechtsmittel gegen das Urteil des FG in Betracht kam, verwarf die Beschwerde aber (kostenpflichtig) als unzulässig. Der Senat verwies zur Begründung darauf, daß der Kläger aufgrund der Hinweise in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils "nicht ohne Verschulden verhindert" gewesen sei, die Beschwerdevoraussetzungen einzuhalten.
Durch Kostenrechnung vom 29. Januar 1999 setzte die Kostenstelle des BFH die vom Kostenschuldner aufgrund des Beschlusses vom 28. Dezember 1998 zu zahlenden Gerichtskosten mit 175 DM an. Mit Schreiben vom 10. Februar 1999 machte der Kostenschuldner geltend, die Kosten seien durch das FA verursacht worden. Dieses habe ihn über die Anfechtungsfrist falsch informiert. Das FA hätte nicht schreiben dürfen: "Sollten Sie mit diesem Urteil nicht einverstanden sein, so ist es nicht Aufgabe des Finanzamtes, das Urteil des Finanzgerichts zu korrigieren. Es obliegt Ihnen selbst, den weiteren Weg zu beschreiten", sondern schreiben müssen: "Sofern Sie mit diesem Urteil nicht einverstanden waren, oblag es Ihnen selbst, den weiteren Rechtsweg zu beschreiten."
Der Kostenschuldner beantragt, die Kostenrechnung zu stornieren und die Akte "in diesem Fall der augenscheinlichen Verwirrung zu schließen". Nach Hinweis der Kostenstelle, daß Einwendungen gegen den rechtskräftigen Beschluß des Senats im Kostenansatzverfahren nicht gehört werden könnten, wiederholte der Kostenschuldner mit Schreiben vom 21. Februar 1999 seinen Stornierungsantrag. Der Vertreter der Staatskasse beurteilte dieses Schreiben als Erinnerung gegen die Kostenrechnung und beantragte, die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen; unrichtige Sachbehandlung i.S. des § 8 des Gerichtskostengesetzes (GKG) sei nicht erkennbar.
Entscheidungsgründe
II. Die Erinnerung ist unbegründet. Mit der Erinnerung nach § 5 Abs. 1 GKG "gegen den Kostenansatz" können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst richten, also gegen den Ansatz einzelner Kosten oder deren Höhe, ggf. auch gegen den zugrundeliegenden Streitwert. Solche Einwendungen hat der Kostenschuldner nicht erhoben.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Der Kostenschuldner macht unrichtige Auskünfte des FA geltend. Der Senat kann offenlassen, inwieweit die Regelung auch bei Fehlern des FA im vorangegangenen behördlichen Verfahren gilt (dafür z.B. BFH, Beschluß vom 31. Januar 1996 I R 120/95, BFH/NV 1996, 496; Hartmann, Kostengesetze, 24. Aufl. 1991, § 8 GKG Anm. 2. B. a, unter Berufung auf Schall, Betriebs-Berater 1988, 380; hingegen fallen nach BFH, Beschluß vom 21. Januar 1998 I E 3/97, nicht veröffentlicht, Fehler des FA beim Erlaß von Steuerbescheiden jedenfalls nicht darunter). Entgegen der Behauptung des Kostenschuldners kann von einer "falschen Information" des Beamten des FA nicht gesprochen werden. Die Äußerung des FA, die der Kostenschuldner wiedergibt, enthält keine "verspätete", konkrete Rechtsmittelbelehrung für den Streitfall. Sie ist auch ersichtlich als solche nicht gegeben worden. Es wäre Sache des Kostenschuldners gewesen, die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen FG-Urteils zu lesen und danach vorzugehen. Eine offensichtlich unzutreffende Rechtsauskunft des FA, die zu unverschuldeter Fristversäumnis des Kostenschuldners für die Anfechtung des FG-Urteils ursächlich hätte sein können, scheidet hier aus.
Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 5 Abs. 6 GKG).
Fundstellen
Haufe-Index 302428 |
BFH/NV 1999, 1350 |