Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbeverlust und Unternehmeridentität
Leitsatz (NV)
Dem Großen Senat wird gemäß § 11 Abs. 2, 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
Kann bei einer Personengesellschaft der Verlustabzug gemäß § 10 a Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes i. d. F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 über die Fälle des § 2 Abs. 5 des Gewerbesteuergesetzes hinaus beim Wechsel oder Ausscheiden von Gesellschaftern wegen Fehlens der sog. Unternehmeridentität eingeschränkt werden?
Normenkette
GewStG §§ 10a, 2 Abs. 5
Verfahrensgang
Tatbestand
Im Jahre 1975 gehörten der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) die K-GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin sowie als Kommanditisten Frau X, Frau Y und Herr Z an. Die Kommanditeinlagen wurden zu je 45 v. H. von den beiden Kommanditistinnen und zu 10 v. H. von Z gehalten. Zum Jahresende 1975 schieden die K-GmbH und die beiden Kommanditistinnen aus der Klägerin aus. Neue persönlich haftende Gesellschafterin wurde die Z-GmbH. Sämtliche Kommanditeinlagen übernahm der verbleibende Kommanditist Z. Gleichzeitig erwarb Herr H eine Unterbeteiligung am Kommanditanteil des Z in Höhe von 42 v. H.
Gegenstand des Betriebs der Klägerin war vor und nach 1975 die Herstellung von . . . sowie . . .
Die Klägerin hatte 1975 einen Gewerbeverlust von 158 064 DM erwirtschaftet. In den Folgejahren ermittelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) den Gewerbeertrag zunächst wie folgt:
1976 1977 1978 1979
DM DM DM DM
35 873 74 715 10 624 76 079.
Das FA kürzte alsdann die Gewerbeerträge gemäß § 10 a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) im (GewStG) im Jahre 1976 um 35 873 DM, im Jahre 1977 um 74 715 DM und im Jahre 1979 um 36 852 DM. Die Veranlagungen ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung erhöhte das FA später die Gewerbeerträge 1977 auf 87 714 DM und 1979 auf 159 655 DM. Den Gewerbeertrag des Jahres 1976 kürzte das FA nur noch um einen Teilbetrag in Höhe von 15 806 DM. Es hielt nunmehr nur 10 v. H. des 1975 erwirtschafteten Verlustes für vortragsfähig, weil nur insoweit seit 1975 Unternehmeridentität bestanden habe.
Nach vergeblichem Einspruch erhob die Klägerin Klage, die das Finanzgericht (FG) unter Hinweis auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Januar 1978 IV R 26/73 (BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348) und vom 13. November 1984 VIII R 312/82 (BFHE 143, 135, BStBl II 1985, 334) wegen mangelnder Unternehmeridentität zurückwies. § 10 a Satz 1 GewStG gewähre den Abzug des Verlustes nur den ,,Gewerbetreibenden", die den Gewerbeverlust erlitten hätten. Das sei im Streitfall nur Z.
Mit der vom vorlegenden Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts:
Steuersubjekt der Gewerbesteuer sei die Personenhandelsgesellschaft; aus der Verweisung auf das Einkommensteuerrecht ergebe sich, was ein Gewerbebetrieb sei, nicht jedoch, wer ihn betreibe. Die Zusammensetzung der Gesellschafter sei nicht entscheidend, das ergebe sich auch aus § 11 Abs. 1 GewStG, der den Freibetrag nicht mit der Zahl der Gesellschafter multipliziere. Die Summe der Beteiligungsrechte aller Gesellschafter könne das Gesamtvermögen der Gesellschaft übersteigen; sie könne aber auch unter diesem Wert liegen.
Ein Fall des § 2 Abs. 5 GewStG liege nicht vor; nur dann dürfe aber ein Unternehmerwechsel angenommen werden. § 5 Abs. 2 GewStG knüpfe die Steuerschuldnerschaft ebenfalls an den Unternehmer, bei einer Personengesellschaft an diese. § 5 Abs. 2 und § 10 a Satz 2 GewStG ergänzten sich.
Entscheidungsgründe
II. Stellungnahme des Senats zu der vorgelegten Rechtsfrage
Entscheidungsvorschlag
1. Nach Ansicht des vorlegenden Senats ist das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und der Klage stattzugeben, d. h., der Gewerbeertrag 1976 ist um 35 873 DM, 1977 um 87 714 DM und 1979 um 23 853 DM zu kürzen. Dabei berücksichtigt der Senat, daß 1977 ein Fehlbetrag von 87 714 DM statt ursprünglich 74 715 DM abzuziehen war, weil der Gewerbeertrag 1977 durch den Änderungsbescheid vom 3. Dezember 1984 von 74 715 DM auf 87 714 DM erhöht worden ist. Dabei ist weiter berücksichtigt, daß 1978 ein Gewerbeertrag von 10 624 DM erwirtschaftet wurde; unter Berücksichtigung des Freibetrags gemäß § 11 Abs. 1 GewStG ergab sich zwar kein Meßbetrag nach dem Gewerbeertrag. Der Gewerbeertrag war jedoch bei der Berechnung des 1979 anzusetzenden (restlichen) Fehlbetrags zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 9. Januar 1958 IV 250/57 U, BFHE 66, 351, BStBl III 1958, 134).
Allgemeine Tatbestandsmerkmale des § 10 a Satz 1 GewStG
2. Gemäß § 10 a Satz 1 GewStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung des Art. 10 Nr. 7 des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 (StBereinG 1986) vom 19. Dezember 1985 (BGBl I 1985, 2436, BStBl I 1985, 735, 750; zur Rückwirkung bis einschließlich Erhebungszeitraum 1975 vgl. § 36 Abs. 3 GewStG i. d. F. des StBereinG 1986, und das BFH-Urteil vom 14. Dezember 1989 IV R 117/88, BFHE 159, 528, BStBl II 1990, 436) ist der maßgebende Gewerbeertrag um die Fehlbeträge zu kürzen, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die fünf vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vier vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Gemäß § 10 Abs. 1 GewStG ist maßgebend der Gewerbeertrag, der in dem Erhebungszeitraum bezogen worden ist, für den der einheitliche Steuermeßbetrag (§ 14 GewStG) festgesetzt wird. Der Verlustvortrag gemäß § 10 a GewStG durchbricht damit das Prinzip der abschnittsweisen Erfassung des Gewerbeertrags (BFH-Urteil vom 31. Juli 1990 I R 62/86, BFHE 161, 570, BStBl II 1990, 1083).
Hinsichtlich der Höhe der für die Streitjahre ermittelten maßgeblichen Gewerbeerträge geht der vorlegende Senat von den Beträgen aus, die das FA ermittelt hat. Sie sind nicht streitig, Rechtsfehler sind insoweit nicht erkennbar.
Der Fehlbetrag, um den gemäß § 10 a Satz 1 GewStG die maßgeblichen Gewerbeerträge der Streitjahre zu kürzen sind, beträgt 158 064 DM. Es ist der Betrag, der sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für das Jahr 1975 nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG ergeben hat. Für die Jahre vor 1975 sind keine Fehlbeträge festgestellt worden. Auch dieser Betrag ist zwischen den Beteiligten unstreitig; Rechtsfehler sind insoweit nicht erkennbar.
Dieser Fehlbetrag ist in den einzelnen Streitjahren vom jeweilig ermittelten maßgeblichen Gewerbeertrag abzuziehen, soweit der Fehlbetrag nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vier vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt wurde. Das hat hier zur Folge, daß der Gewerbeertrag im Streitjahr 1979 antragsgemäß nur noch um einen Fehlbetrag in Höhe von 23 853 DM zu kürzen ist, weil er im übrigen (d. h. in Höhe von 158 064 DM ./. 23 853 DM = 134 211 DM) bereits in den vorherigen Jahren 1976 bis 1978 berücksichtigt worden ist.
Unternehmensidentität
3. Nach Ansicht der Verwaltung (Abschn. 68 Abs. 5 f. der Gewerbesteuer-Richtlinien 1990 - GewStR 1990 -); Oberfinanzdirektion (OFD) Karlsruhe vom 13. März 1987 - G 1427 A - St 232, Betriebs-Berater - BB - 1987, 668) sowie nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs - RFH - (Urteil vom 26. August 1942 VI 236/42, RStBl 1942, 1024) und des BFH (z. B. Urteile vom 19. Dezember 1957 IV 666/55 U, BFHE 66, 548, BStBl III 1958, 210; vom 12. Januar 1978 IV R 26/73, BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348; für die Rechtslage ab 1975 BFH-Urteil vom 14. Dezember 1989 IV R 117/88, BFHE 159, 528, BStBl II 1990, 436) ist Voraussetzung der Kürzung des Gewerbeertrags gemäß § 10 a GewStG die sog. Unternehmer- und Unternehmensidentität oder -gleichheit.
Unternehmensidentität bedeutet, daß der im Anrechnungsjahr bestehende Gewerbebetrieb identisch ist mit dem Gewerbebetrieb, der im Jahr der Entstehung des Verlustes bestanden hat (vgl. BFH-Urteile in BFHE 66, 548, BStBl III 1958, 210; vom 28. April 1977 IV R 165/76, BFHE 122, 307, BStBl II 1977, 666; vom 12. Januar 1983 IV R 177/80, BFHE 138, 90, BStBl II 1983, 425; vom 19. Dezember 1984 I R 165/80, BFHE 143, 276, BStBl II 1985, 403; in BFHE 159, 528, BStBl II 1990, 436, und vom 5. September 1990 X R 20/89, BFHE 162, 135, BStBl II 1991, 25). Das Merkmal ergibt sich nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes. Seit jeher wird es aus dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer hergeleitet (vgl. BFH-Urteile in BFHE 66, 548, BStBl III 1958, 210; in BFHE 122, 307, BStBl II 1977, 666; in BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348; vom 15. Juli 1986 VIII R 269/81, BFH / NV 1986, 696; in BFHE 162, 135, BStBl II 1991, 25; in BFHE 143, 276, BStBl II 1985, 403). Danach erfaßt die Gewerbesteuer nicht den auf ein bestimmtes Steuersubjekt bezogenen Gewinn oder Gewinnanteil, sondern den Ertrag, den der vom jeweiligen Rechtsträger losgelöste Gewerbebetrieb an sich abwirft (BFH-Urteil in BFHE 162, 135 zu 1., BStBl II 1991, 25; Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 13. Mai 1969 1 BvR 25/65, BStBl II 1969, 424, 426). Der Gewerbebetrieb als solcher und nicht der Gewerbetreibende unterliegt der Gewerbesteuer (BFH-Urteil vom 14. Januar 1965 IV 173/64 S, BFHE 81, 318, BStBl III 1965, 115). Betreibt z. B. ein einzelner Steuerpflichtiger mehrere sachlich selbständige Gewerbebetriebe, so unterliegt jeder Betrieb für sich der Gewerbesteuer (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 1. Dezember 1960 IV 353/60 U, BFHE 72, 173, BStBl III 1961, 65; vom 19. November 1985 VIII R 310/83, BStBl II 1986, 719).
Aufgrund der Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) kann die Unternehmenseinheit für die Jahre 1975 bis 1979 bejaht werden (zu den Voraussetzungen im einzelnen vgl. BFH-Urteil in BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348, zu 1. a). Der Gegenstand des Betriebs der Klägerin hat sich nach Art und Umfang nach 1975 während der Streitjahre nicht geändert. Insoweit wird das finanzgerichtliche Urteil auch nicht angegriffen.
Unternehmeridentität
4. a) Die Voraussetzung der Unternehmeridentität - die sich ebenfalls nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergibt - geht davon aus, daß die Kürzung des Gewerbeertrags um Fehlbeträge gemäß § 10 a GewStG an die Person des Gewerbetreibenden (Unternehmers) gebunden ist, der den Verlust erlitten hat (BFH-Urteile vom 8. Januar 1963 I 237/61 U, BFHE 76, 513, BStBl III 1963, 188; in BFHE 159, 528, zu 3., BStBl II 1990, 436). Unternehmeridentität bedeutet, daß nur der Unternehmer bzw. Mitunternehmer des Jahres, in dem der Verlust (Fehlbetrag) erwirtschaftet worden ist, später den Verlustabzug in Anspruch nehmen kann (vgl. bereits RFH in RStBl 1942, 1024; BFH-Urteile in BFHE 66, 548, BStBl III 1958, 210; in BFHE 159, 528, BStBl II 1990, 436). Beim Wechsel von Gesellschaftern (Mitunternehmern) einer Personengesellschaft ist auf die Person jedes einzelnen Gesellschafters abzustellen (BFH-Urteil in BFHE 76, 513, BStBl III 1963, 188). Ein Fehlbetrag früherer Jahre kann den Gewerbeertrag nur mindern, soweit noch Gesellschafter der früheren Verlustjahre vorhanden sind. Dabei richtet sich der Umfang des Verlustabzugs nach ihrer Beteiligung am Verlust im Verlustjahr (vgl. BFH-Urteile in BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348, zu 2.1. b, bb, und 2.3.; in BFHE 159, 528, BStBl II 1990, 436, zu 6. b; in BFHE 66, 548, BStBl III 1958, 210, 212; in BFHE 138, 94, BStBl II 1983, 427).
Begründung der Unternehmeridentität
aa) Begründet wurde diese Voraussetzung des Verlustabzugs einmal mit dem früheren Wortlaut des § 10 a Satz 1 GewStG und seines Vorläufers, § 19 der 3. Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) vom 31. Januar 1940 (RGBl 1940, 284, RStBl 1940, 185). Seit dem Gewerbesteuer-Änderungsgesetz (GewStÄndG) vom 27. Dezember 1951 (BGBl I 1951, 996, BStBl I 1952, 2) bis zur Änderung durch das StBereinG 1986 hatte § 10 a Satz 1 GewStG folgenden Wortlaut:
,,Der maßgebliche Gewerbeertrag wird bei Gewerbetreibenden, die den Gewinn nach § 5 des Einkommensteuergesetzes ermitteln, um die Fehlbeträge gekürzt . . .".
In der Bezugnahme auf den ,,Gewerbetreibenden" komme zum Ausdruck, daß das Recht auf Geltendmachung des Gewerbeverlusts ein Recht sei, das an die Person des Gewerbetreibenden geknüpft sei (RFH-Urteil in RStBl 1942, 1024; BFH-Urteile in BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348, vor 1.; vom 1. Dezember 1960 IV 353/60 U, BFHE 72, 173, BStBl III 1961, 65).
bb) Begründet wurde die Voraussetzung der Unternehmeridentität ferner durch das Interesse an einer möglichst gleichmäßigen Heranziehung des Gewinns aus Gewerbebetrieb zur Einkommensteuer und Gewerbesteuer. Solange nicht das Unterschiedliche beider Steuerarten eine unterschiedliche Behandlung bedinge, sei von den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts auszugehen (RFH-Urteil in RStBl 1942, 1024; BFH-Urteil in BFHE 66, 548, BStBl III 1958, 210).
cc) Zur Begründung wird schließlich auf § 10 a Satz 2 GewStG - eingefügt durch das Steueränderungsgesetz (StÄndG) vom 13. Juli 1961 (BGBl I 1961, 981, BStBl I 1961, 444) - verwiesen. Danach kann im Falle des § 2 Abs. 5 der andere Unternehmer den maßgeblichen Gewerbeertrag nicht um die Fehlbeträge kürzen, die sich bei der Ermittlung des maßgeblichen Gewerbeertrags des übergegangenen Unternehmens ergeben haben (BFH-Urteile in BFHE 81, 318, BStBl III 1965, 115; in BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348; in BFHE 159, 528, BStBl II 1990, 436; BFH-Beschluß vom 24. Juni 1981 I S 3/81, BFHE 133, 564, BStBl II 1981, 748). Nach § 2 Abs. 5 GewStG gilt der Gewerbebetrieb als durch den bisherigen Unternehmer eingestellt, wenn er im ganzen auf einen anderen Unternehmer eingestellt, wenn er im ganzen auf einen anderen Unternehmer übergeht. Das BFH-Urteil in BFHE 159, 528, zu 3. und 4., BStBl II 1990, 436 schließt daraus, daß ,,danach weiterhin erforderlich (sei), daß der Unternehmer, der den Abzug vornehmen will, auch den Verlust erlitten hat".
Auffassungen der Verwaltung und Literatur
b) Die Auffassung der Verwaltung und die Rechtsprechung zur Unternehmeridentität ist - insbesondere nach der Änderung des § 10 a Satz 1 GewStG im Jahre 1985 - vom FG Baden-Württemberg (Beschluß vom 22. September 1986 I-V 14/85 - rkr. -, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1987, 133); vom FG Hamburg (Urteil vom 12. August 1988 VII 68/85, EFG 1989, 70, aufgehoben durch das BFH-Urteil in BFHE 159, 528, BStBl II 1990, 436) und in der Literatur kritisiert worden (vgl. Mutze, Finanz-Rundschau - FR - 1968, 26; Weingart, Der Betrieb - DB - 1976, 1081; Curtius / Hartung, Steuerberater-Jahrbuch - StbJb - 1985/1986, 9; Braun, BB 1985, 1593; Knobbe-Keuk, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1978, 267; dieselbe, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 7. Aufl., 624 f.; dieselbe, StbJb 1990/1991, 159, 170; Kraushaar, Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ - 1987, 255; Lenski / Steinberg, Gewerbesteuergesetz, 8. Aufl., § 10 a Rdnr. 1 d und 13; Finkbeiner, DStZ 1990, 529; Herzig, StbJb 1989/1990, 317, 325; Feldhausen, Deutscher Steuerberatertag 1989, 251, 254; Gaßner, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht - JBFSt - 1987/1988, 392; Güroff in Glanegger / Güroff, Gewerbesteuergesetz, 2. Aufl., § 10 a Anm. 12; Korn, Kölner Steuerdialog - KÖSDI - 1988, 7314; Meyer-Scharenberg / Popp / Woring, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, § 10 a Rdnr. 16; Meyer-Scharenberg, Neue Wirtschafts-Briefe - NWB - Fach 5, 1159; Tipke / Lang, Steuerrecht, 13. Aufl., 516; Orth, FR 1986, 81; Felix, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Anmerkungen, Gewerbesteuergesetz 1978, § 10 a, Rechtsspruch 1; Feddersen, BB 1987, 1782, zu I.; Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 14. Aufl.; von Twickel, § 10 a GewStG Rdnr. 81; Märkle, StbJb 1989/1990, 317, 323; Niemann, Zur Anerkennung von Gewerbeverlusten beim Wechsel von Gesellschaftern einer Personengesellschaft, Institut ,,Finanzen und Steuern", Nr. 279; Schützeberg, DB 1991, 619; Sturm, Wertpapier-Mitteilungen / Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht - WM - 1986, Sonderbeilage 7, 19; Söffing, Steuerberater-Kongreß-Report 1989, 145, 184; ders., FR 1990, 342; Autenrieth, DStZ 1987, 412; Weßling, DB 1986, 1894; ders., DB 1987, 1321; ders., BB 1988, 1641; Wihtol / Bittner, Gewerbesteuergesetz, § 10 a Anm. 3 b; Zitzelsberger, Grundlagen der Gewerbesteuer, 1990, 285 f., 288).
Dagegen halten die Unternehmeridentität nach wie vor für erforderlich z. B. FG München (Urteil vom 8. Januar 1985 I 254/82 G - rkr. -, EFG 1985, 306); Heinicke (FR 1985, 651); Pauka (DB 1987, 655 und 1322); Bethmann (StuW 1979, 332, 340); Bordewin (NWB, Fach 18, 3139); ders. (Rechts- und Wirtschaftspraxis - RWP - 1990, 1195 S. G. 1.3. 3331); Herden (Lexikon des Steuer- und Wirtschaftsrechts - LSW - Gr. 4, 131, S. 4); Glanegger (FR 1990, 469, 475 zu 8. d); Glanegger in Glanegger / Güroff (a. a. O., § 2 Anm. 223); Müthling / Fock (Gewerbesteuergesetz, § 10 a Anm. 16); Petzold (Gewerbesteuergesetz, 3. Aufl., S. 261 aber: ,,eine systemwidrige Voraussetzung . . ."); L. Schmidt (FR 1978, 353, 366); Sarrazin (Deutscher Steuerberatertag 1989, 251, 256); Uelner (JBFSt 1987/1988, 395); Unvericht (Deutsches Steuerrecht - DStR - 1987, 413, 415).
Auffassung des vorlegenden Senats
c) Der vorlegende Senat ist der Ansicht, daß die Unternehmeridentität nach Wortlaut und Sinn des § 10 a GewStG grundsätzlich nicht Voraussetzung des Verlustabzugs ist.
Dabei geht er davon aus, daß die Einräumung einer Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil - sei es in Form einer typischen oder atypischen stillen Beteiligung - schon nach der Rechtsprechung zur alten Fassung des § 10 a GewStG nicht als Mitunternehmerwechsel zu werten ist. Das ergibt sich daraus, daß der Unterbeteiligte nicht Gesellschafter der Personengesellschaft (vgl. BGH-Urteil vom 16. Februar 1959 II ZR 194/57, WM 1959, 595; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, 1981, S. 109 f.; Paulick / Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, 4. Aufl., S. 558 f.) und auch im Falle der atypischen stillen Unterbeteiligung nicht unmittelbar Mitunternehmer der Personengesellschaft ist (BFH-Beschluß vom 5. November 1973 GrS 3/72, BFHE 112, 1, BStBl II 1974, 414). Ist der Unterbeteiligte nicht Mitunternehmer, kann die Einräumung einer Unterbeteiligung sich auf die Unternehmeridentität im Rahmen des § 10 a GewStG nicht auswirken (vgl. auch BFH-Urteil vom 24. April 1958 IV 4/57, StRK, Gewerbesteuergesetz a. F., § 10 a Rechtsspruch 10, betr. typische stille Gesellschaft).
Änderung des Gesetzeswortlauts
aa) Nachdem das StBereinG 1986 in § 10 a Satz 1 GewStG u. a. die Worte ,,bei Gewerbetreibenden" gestrichen hat, enthält der Wortlaut des § 10 a GewStG keinen Anhaltspunkt mehr dafür, daß die Unternehmeridentität ein Tatbestandsmerkmal dieser Vorschrift ist. Bisher wurde die Unternehmeridentität insbesondere unter Berufung auf den Wortlaut des § 10 a Satz 1 GewStG für erforderlich gehalten (vgl. BFH-Urteile in BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348; in BFHE 143, 135, BStBl II 1985, 334; in BFHE 138, 90, BStBl II 1983, 425; vom 13. November1984 VIII R 312/82, BFHE 143, 135, BStBl II 1985, 334; vom 19. Dezember 1984 I R 165/80, BFHE 143, 276, BStBl II 1985, 403, und vom 27. Juni 1990 I R 183/85, BFHE 161, 157, BStBl II 1990, 916; vgl. ferner bereits RFH-Urteil in RStBl 1942, 1024; ebenso Abschn. 68 Abs. 5 Satz 4 der Gewerbesteuer-Richtlinien 1974 - GewStR 1974 -).
Der Einwand, der Gesetzgeber habe eine Änderung des Gesetzesinhalts insoweit nicht beabsichtigt (Uelner, JBFSt 1987/1988, 395; Unvericht, DStR 1987, 413, 415), läßt sich auf die Gesetzesbegründung nicht stützen (vgl. BTDrucks. 10/1636, S. 69). Er kann auch nicht dazu führen, über die Änderung des Gesetzeswortlauts hinwegzugehen. Das GewStG ist zudem seit 1985 wiederholt geändert worden - u. a. auch § 10 a -, ohne daß der Gesetzgeber das Merkmal ,,bei Gewerbetreibenden" wieder eingeführt hätte (vgl. auch Zitzelsberger, a. a. O., S. 288 f.).
Unterschiedlicher Charakter der
Einkommensteuer und Gewerbesteuer
bb) Entgegen der Ansicht des RFH (Urteil in RStBl 1942, 1042) gebietet gerade ,,das unterschiedliche Wesen der beiden Steuerarten" - Gewerbesteuer- und Einkommensteuer - eine unterschiedliche Behandlung des Verlustabzugs.
Gegenüber dem gewerbesteuerrechtlichen Objektsteuerprinzip tritt die persönliche Leistungsfähigkeit, auf die das Einkommensteuerrecht - wie in § 10 d EStG - abstellt, zurück (BFH-Urteil vom 31. Juli 1990 I R 62/86, BFHE 161, 570, 572, BStBl II 1990, 1083). Der Gewerbebetrieb als solcher, nicht der Gewinnanteil des Unternehmers, ist Gegenstand (vgl. Überschrift zu § 2 GewStG) der Gewerbesteuer. Folglich ist auch der Verlustabzug grundsätzlich dem Gewerbebetrieb als solchem und nicht dem dahinterstehenden Unternehmer zuzuordnen. Während im EStG die Personenbezogenheit des Verlustabzugs schon dadurch betont wird, daß § 10 d EStG den Sonderausgaben zugeordnet ist, ergibt sich für den Verlustabzug im Rahmen des GewStG durch die Zuordnung des § 10 a GewStG zu den Vorschriften über den Gewerbeertrag (Abschn. II des Gesetzes) gerade das Gegenteil. Der Verlustabzug ist danach grundsätzlich unabhängig vom Unternehmer des Gewerbebetriebs vorzunehmen. Folgerichtig stellt § 10 a Satz 2 GewStG, der davon eine Ausnahme zu machen scheint, nicht unmittelbar auf den Unternehmerwechsel, sondern über § 2 Abs. 5 GewStG auf das (fingierte) Ende des Gewerbebetriebs ab (vgl. Weßling, DB 1986, 1894).
Der Wortsinn des § 10 a Satz 2 GewStG
cc) Aus § 10 a Satz 2 GewStG (§ 10 a Satz 3 nach Art. 3 Nr. 4 des Steuerreformgesetzes 1990 - StRG - vom 25. Juli 1988, BGBl I 1988, 1093, BStBl I 1988, 224, 246) kann die Unternehmeridentität als generelle Voraussetzung des Verlustabzugs gemäß § 10 a Satz 1 GewStG ebenfalls nicht hergeleitet werden. Das läßt zunächst der Wortlaut und seine Auslegung nicht zu.
§ 10 a Satz 2 GewStG wurde durch das StÄndG 1961 vom 13. Juli 1961 (BGBl I 1961, 981, BStBl I 1961, 444, 449) zusammen mit § 2 Abs. 5 und § 5 Abs. 2 GewStG eingefügt. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs (BTDrucks. 3/2573, S. 25 f.) soll Satz 2 ,,die Folgerungen, die aus der . . . Vorschrift über die Einstellung und Neugründung bei Übergang des Betriebs im ganzen in § 2 GewStG zu ziehen sind, für den Fall der Anrechnung des Gewerbeverlustes deutlich machen". Das heißt, die Begrenzung des Verlustabzugs durch § 10 a Satz 2 GewStG basiert auf § 2 Abs. 5 GewStG (vgl. BTDrucks. 3/2573, S. 25, zu Art. 5 Ziff. 1, zu a, a. E.).
Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 GewStG gilt der Gewerbebetrieb als durch den bisherigen Unternehmer eingestellt, wenn er im ganzen auf einen anderen Unternehmer übergeht. Scheiden bei einer Personengesellschaft einzelne Gesellschafter aus, gilt der Gewerbebetrieb so lange nicht als i. S. des § 2 Abs. 5 GewStG eingestellt, als noch einer der bisherigen Gesellschafter in der Gesellschaft verblieben ist (BFH-Urteile vom 18. Mai 1972 I R 153/70, BFHE 106, 225, BStBl II 1972, 775; vom 19. Februar 1987 IV R 72/83, BFHE 149, 188, BStBl II 1987, 570; in BFHE 143, 276, BStBl II 1985, 403; vgl. auch Abschn. 22 a Abs. 2 GewStR; Obermeier in Blümich, a. a. O., § 2 GewStG Rdnr. 832; Glanegger / Güroff, a. a. O., § 2 Rdnr. 226, § 10 a Rdnr. 12 m. N. der Literatur).
Ohne § 2 Abs. 5 GewStG würde ein Wechsel der Gesellschafter die Gewerbesteuerpflicht bei einer Personengesellschaft grundsätzlich nicht berühren (vgl. BFH-Urteil in BFHE 106, 225, BStBl II 1972, 775; vgl. auch Glanegger / Güroff, a. a. O., § 2 Rdnr. 223). Das entspräche an sich dem Charakter der Gewerbesteuer, die den Betrieb als solchen und nicht den dahinterstehenden Unternehmer erfaßt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 162, 135, zu 1, BStBl II 1991, 25; s. auch oben zu 3).
§ 2 Abs. 5 GewStG macht davon zwar eine Ausnahme. Sie ist jedoch bei der Personengesellschaft auf die Fälle des Ausscheidens sämtlicher Gesellschafter beschränkt (BFH-Urteil in BFHE 106, 225, BStBl II 1972, 775; w. N. vgl. oben). Aber selbst in diesem Fall bringt das Gesetz zum Ausdruck, daß nicht der bloße Wechsel des Unternehmers bereits das Ende der Gewerbesteuerpflicht des Betriebs zur Folge hat, sondern die Einstellung des Gewerbebetriebs, die für diesen Fall fingiert wird (,,gilt . . . eingestellt"). Nicht der Gesellschafterwechsel, sondern letztlich nur das Ende (,,Einstellung") des Gewerbebetriebs selbst kann das Ende der sachlichen Steuerpflicht zur Folge haben (vgl. Weßling, DB 1986, 1894; Curtius / Hartung, StbJb 1985/1986, S. 9; Schützeberg, DB 1991, 619; Güroff in Glanegger / Güroff, a. a. O., § 10 a Rdnr. 12; Finkbeiner, DStZ 1990, 529).
Folglich wird durch das Ausscheiden der zwei Kommanditistinnen und die Übernahme ihrer Anteile durch Z die Steuerpflicht der Klägerin im Streitfall nicht berührt; der Gewerbebetrieb gilt nicht als eingestellt. Wird aber die Gewerbesteuerpflicht durch den Unternehmerwechsel nicht berührt, kann er sich nach dem Wortlaut des § 10 a Satz 2 GewStG auch nicht auf den Verlustabzug auswirken.
§ 10 a Satz 2 GewStG knüpft ohne Einschränkung oder Erweiterung an § 2 Abs. 5 GewStG an und ist in seiner Aussage eindeutig. Danach kann der ,,andere Unternehmer" (vgl. § 2 Abs. 5 Satz 1 GewStG) den Gewerbeertrag nicht um Fehlbeträge kürzen, die sich im übergegangenen Unternehmen ergeben haben, d. h. die sein Vorgänger, von dem er den Gewerbebetrieb ,,im ganzen" (§ 2 Abs. 5 Satz 1 GewStG) übernommen hat, erwirtschaftete.
Der Verlustabzug gemäß § 10 a Satz 1 GewStG wäre demnach gemäß Satz 2 nur dann ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 GewStG gegeben sind. Das ist im Streitfall nicht der Fall, weil S Gesellschafter (Kommanditist) der Klägerin geblieben ist.
Aus der Anknüpfung an § 2 Abs. 5 GewStG ergibt sich auch, daß der Verlustabzug nicht nur anteilig zu gewähren ist. Wie § 2 Abs. 5 GewStG beim Wechsel von Gesellschaftern keine teilweise Beendigung der Steuerpflicht annimmt, so muß auch, sofern die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 GewStG nicht gegeben sind, der Verlustabzug gemäß § 10 a Satz 1 GewStG in vollem Umfang vorgenommen werden.
Analoge Anwendung des § 10 a Satz 2 i. V. m. § 2 Abs. 5 GewStG?
dd) Der Wortsinn des § 10 a Satz 2 i. V. m. § 2 Abs. 5 GewStG erlaubt im Streitfall keine Einschränkung des Verlustabzugs. Der Verlustabzug kann aber auch nicht auf eine analoge Anwendung des § 10 a Satz 2 i. V. m. § 2 Abs. 5 GewStG gestützt werden.
Das BFH-Urteil in BFHE 159, 528, zu 3, BStBl II 1990, 436 begründet das Merkmal der Unternehmeridentität mit dem ,,Hinweis" des § 10 a Satz 2 auf § 2 Abs. 5 Satz 1 GewStG: ,,Geht die Abzugsfähigkeit nämlich verloren, wenn das Unternehmen im ganzen auf einen anderen Unternehmer übergeht, so ist danach weiterhin erforderlich, daß der Unternehmer, der den Abzug vornehmen will, auch den Verlust erlitten hat." Der IV. Senat zieht offenbar den Schluß, daß, wenn die Abzugsfähigkeit beim vollständigen Wechsel der Unternehmer gänzlich verloren geht, sie bei teilweisem Wechsel der Unternehmer anteilig verloren gehen muß.
Damit wird die Grenze der Auslegung des möglichen Wortsinnes der Vorschrift überschritten; ihr Regelungsinhalt wird im Wege der teleologischen Extension über ihren Wortlaut hinaus erweitert.
Die Erweiterung der Abzugseinschränkung über den Wortlaut des § 10 a GewStG hinaus läßt sich nicht etwa dadurch rechtfertigen, daß es sich bei § 10 a Satz 2 GewStG lediglich um eine deklaratorische Regelung handele (vgl. aber zu § 5 Abs. 2 GewStG BFH-Urteil vom 17. Februar 1989 III R 36/85, BFHE 156, 502, 506, BStBl II 1989, 664). Die Regelung des § 10 a Satz 2 GewStG ist konstitutiv; ohne sie hätte ein Unternehmerwechsel keinen Einfluß auf den Verlustabzug (vgl. BFH-Urteil in BFHE 66, 548, BStBl III 1958, 210, zum damaligen § 5 Abs. 2 GewStG).
Da es sich mithin um eine (steuerverschärfende) Analogie handelt, ist bereits fraglich, ob sie grundsätzlich zulässig ist (vgl. dazu Tipke - Herausgeber -, Grenzen der Rechtsfortbildung durch Rechtsprechung und Verwaltungsvorschriften im Steuerrecht, 1982, darin Woerner S. 23, 35 ff.; Friauf S. 53, 60 ff.; Kruse S. 71 ff). Auch wenn man dies bejaht, ist sie an bestimmte Voraussetzungen gebunden (dazu Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., 370 ff., 401 ff.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Die Regelung des § 10 a Satz 2 i. V. m. § 2 Abs. 5 GewStG müßte lückenhaft im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit und Ergänzungsbedürftigkeit sein (vgl. BFH-Beschluß vom 5. März 1979 GrS 4/78, BFHE 127, 147, 154, BStBl II 1979, 375). Dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Die gesetzliche Regelung ist nicht planwidrig unvollständig, es handelt sich vielmehr um eine Ausnahmeregelung, die der Analogie nicht zugänglich ist (vgl. auch Güroff in Glanegger / Güroff, a. a. O., § 10 a Rdnr. 12).
Der Verlustabzug sollte nur deshalb beim Wechsel aller Mitunternehmer ausgeschlossen sein, weil nur in diesem Fall von einer Einstellung des Gewerbebetriebs auszugehen ist (§ 2 Abs. 5 GewStG). Wie sich aus der Begründung des Gesetzes ergibt (BT-Drucks. 3/2573, S. 25), sollte der Ausschluß des Verlustabzugs eine Folge der ,,Einstellung und Neugründung" des Betriebs sein. Wenn aber nicht der Unternehmerwechsel als solcher, sondern nur die im Extremfall damit verbundene Betriebseinstellung den Verlustabzug ausschließen sollte, folgt daraus, daß der Unternehmerwechsel, der nicht zur Betriebseinstellung führt, auf den Verlustabzug auch keinen Einfluß haben sollte.
Auch nach der ratio legis muß der Ausschluß des Verlustabzugs auf die Fälle der Beendigung (Einstellung) des Gewerbebetriebs i. S. des § 5 Abs. 2 GewStG beschränkt bleiben. Der Ausschluß des Verlustabzugs in diesen Fällen ist eine Ausnahmeregelung, die dem Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer widerspricht und daher einer Ausweitung nicht zugänglich ist.
Wie bereits oben (zu 3.) ausgeführt, erfaßt die Gewerbesteuer den Ertrag des vom jeweiligen Rechtsträger (Unternehmer) losgelösten Gewerbebetriebs. Dem würde es entsprechen, bei der Ermittlung des Gewerbeertrags den Unternehmer außer Betracht zu lassen. Es muß genügen, daß der Gewerbebetrieb im Verlustjahr identisch ist mit dem Gewerbebetrieb des Abzugsjahres (Unternehmensidentität, vgl. oben zu 3.). Wenn nun § 10 a Satz 2 GewStG den Verlustabzug - trotz bestehender Unternehmensidentität - über die fingierte Betriebseinstellung vom vollständigen Wechsel der Mitunternehmer abhängig macht, dann ist das ebenso ein ,,Einbruch in den Realsteuercharakter der Gewerbesteuer" (BFH-Urteil in BFHE 66, 548, BStBl III 1958, 210 zu § 5 Abs. 2 GewStG a. F.), wie es die Fiktion der Betriebseinstellung infolge Unternehmerwechsels gemäß § 2 Abs. 5 GewStG ist. Nur über die Brücke (Fiktion) der Betriebseinstellung und Neueröffnung ist sowohl die Regelung des § 2 Abs. 5 GewStG als auch die des § 10 a Satz 2 GewStG wenigstens formal mit dem Charakter der Gewerbesteuer vereinbar. Die vom IV. Senat darüber hinaus geforderte Personenbezogenheit des Verlustabzugs hat in der Systematik der Gewerbesteuer keine Grundlage.
Eine derartige Anwendung des § 10 a Satz 2 GewStG würde sich zudem, entgegen der Ansicht des BFH-Urteils in BFHE 159, 528, BStBl II 1990, 436, zu 6. ausschließlich steuerverschärfend auswirken. Aus dem Lösungsansatz des vorlegenden Senats ergibt sich nicht ohne weiteres eine Einschränkung des Verlustabzugs, wenn ein Gesellschafter seinen Einzelbetrieb in eine Personengesellschaft einbringt oder wenn der Gewerbebetrieb einer Personengesellschaft auf den letzten verbleibenden Gesellschafter übergeht. Das könnte nur dann der Fall sein, wenn man als Unternehmer die Personengesellschaft als solche ansieht (vgl. dazu unten). Ob Unternehmer die Personengesellschaft als solche ist oder ob es die Gesellschafter als Mitunternehmer sind, kann hier offenbleiben. Das ist eine Frage, die zunächst im Rahmen des § 2 Abs. 5 GewStG zu beantworten ist, auf die § 10 a Satz 2 GewStG Bezug nimmt. Verneint man in den beiden genannten Fällen eine Einstellung des Gewerbebetriebs gemäß § 2 Abs. 5 GewStG - und das wäre nach der bisherigen Rechtsprechung der Fall (BFH-Urteile in BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348, zu 2. 2. b; ferner in BFHE 106, 225, BStBl II 1972, 775) -, dann besteht auch keine Veranlassung, in diesen Fällen den Verlustabzug gemäß § 10 a GewStG zu versagen oder einzuschränken. Der vorlegende Senat beabsichtigt grundsätzlich nicht, die bisherige Rechtsprechung zu § 2 Abs. 5 GewStG in Frage zu stellen.
Sonderbetriebsvermögen
ee) Aus der Tatsache, daß auch das Ergebnis im Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu berücksichtigen ist, ergibt sich das Erfordernis der Unternehmeridentität für den Verlustabzug gemäß § 10 a GewStG ebenfalls nicht (vgl. aber BFH-Urteil in BFHE 159, 528, BStBl II 1990, 436 zu 5.).
Das Sonderbetriebsvermögen I dient dem Betrieb der Gesellschaft und erhöht deren Ertragskraft (vgl. BFH-Urteil vom 6. November 1980 IV R 182/77, BFHE 132, 93, 96, BStBl II 1981, 220) und dies unmittelbar (vgl. Schmidt, a. a. O., § 15 Anm. 79). Dies allein rechtfertigt es, das Ergebnis des Sonderbetriebsvermögens I in den Gewerbeertrag einzubeziehen. Eine Personenbezogenheit der Gewerbesteuer ergibt sich daraus nicht.
Die nicht unproblematische Einbeziehung der im Zusammenhang mit dem Sonderbetriebsvermögen II stehenden Erträge und Aufwendungen (vgl. dazu Knobbe-Keuk, a. a. O., S. 619 f.) kann formal durch den Wortlaut des § 7 GewStG sowie das Fehlen einer Vorschrift gerechtfertigt werden, die insoweit Hinzurechnungen und Kürzungen anordnet (vgl. BFH-Urteil vom 9. April 1981 IV R 178/80, BFHE 133, 293, BStBl II 1981, 621). Eine Personenbezogenheit der Gewerbesteuer läßt sich daraus nicht herleiten. Es fehlt im Gegensatz zum Einkommensteuerrecht die Auswirkung der persönlichen Erträge und Aufwendungen bei dem Gesellschafter, dem sie zuzurechnen sind. Im Rahmen der Gewerbesteuerveranlagung wirken sich diese Komponenten des Gewerbeertrags bei allen Gesellschaftern in gleicher Weise aus, denn sie erhöhen oder verringern die Gewerbesteuerlast insgesamt (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 159, 528, BStBl II 1990, 436), während sie im Rahmen der Gewinnfeststellung und Einkommensteuerveranlagung sich nur auf den Gewinnanteil des Gesellschafters und seine persönliche Steuerlast auswirken.
Daß Personenbezogenheit des Verlustabzugs und Einbindung des Sonderbetriebsvermögens nicht notwendig verbunden sind, ergibt sich auch daraus, daß der RFH, der vom Erfordernis der Unternehmeridentität ausging (in RStBl 1942, 1024), gleichwohl ablehnte, bei der Ermittlung des Gewerbeertrags Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben zu berücksichtigen, die einen Gesellschafter betreffen (RFH-Urteile vom 10. Januar 1940 VI 704/39, RStBl 1940, 134; vom 6. August 1941 VI 251/41, StuW 1941, Nr. 452).
Inkonsequenzen bei der bisherigen Regelung
ff) Die im Erfordernis der Unternehmeridentität zum Ausdruck kommende Personenbezogenheit des Verlustabzugs erscheint dem vorlegenden Senat auch deshalb problematisch, weil sie nur dazu dient, den Verlustabzug einzuschränken: Der verbleibende Verlustabzug ist dagegen keinesfalls personenbezogen, er wirkt sich nicht nur bei dem Gesellschafter aus, der den Verlust erlitten hat. Er mindert vielmehr den Gewerbeertrag im Abzugsjahr und damit die Gewerbesteuerbelastung dieses Jahres insgesamt. Die Minderung der Steuer wirkt sich also nicht nur bei dem Gesellschafter aus, der den Verlust erlitten hat, sondern bei allen im Abzugsjahr vorhandenen neu eingetretenen Gesellschaftern, die am Verlust nicht beteiligt waren. Entsprechendes gilt für die Berücksichtigung der so geminderten Gewerbesteuer bei der Ermittlung des Gewinns der Gesellschaft und des Gewinnanteils der Gesellschafter. Der Gewinnanteil aller Gesellschafter wird anteilig um die geminderte Gewerbesteuer gekürzt.
Dabei ist zu betonen, daß diese Auswirkungen nur unter der Voraussetzung zu beanstanden sind, daß der Verlustabzug zunächst im Hinblick auf den Mitunternehmer, der den Verlust nicht getragen habe, beschränkt wurde. Abgesehen davon erscheint es nicht unsachgemäß, wenn der Verlustabzug auch den Gesellschaftern zugute kommt, die Anteile von anderen übernommen haben. Sie haben ebenfalls die Folgen des Verlusts zu tragen, indem sie den Verlust des Kapitals wieder ausgleichen müssen (vgl. auch Knobbe-Keuk, StuW 1978, 267; Zitzelsberger, a. a. O., S. 288). Wie weit ein Gesellschafter im Verlustjahr den Verlust nicht nur miterwirtschaftet, sondern auch ,,erlitten" hat, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. So wird z. B. bei Gesellschafterwechsel infolge Todes im wesentlichen der Rechtsnachfolger die Folgen des Verlustes zu tragen haben. Ob der Erwerber den Gesellschaftsanteil - wie das FG meint - wegen des Verlustes billiger erworben hat, wird man nicht allgemein sagen können. Der Preis ist ein Ergebnis der Bewertung des Anteils, bei der auch steuerliche, u. a. gewerbesteuerliche, Gesichtspunkte eine Rolle spielen können.
Unternehmer i. S. des GewStG
d) Der vorlegende Senat stützt seine Argumentation auf das Verbot einer analogen Anwendung des § 10 a Satz 2 GewStG. Er gelangt zu seinem Ergebnis nicht etwa deshalb, weil er mit dem IV. Senat das Erfordernis der Unternehmeridentität zwar bejaht, jedoch lediglich dessen Voraussetzungen im Streitfall als nicht gegeben ansieht. Das könnte der Fall sein, wenn man als Unternehmer des Gewerbebetriebs die Personengesellschaft als solche und nicht ihre Gesellschafter (als Mitunternehmer) ansieht; die Identität der Personengesellschaft selbst wäre durch das Ausscheiden von Kommanditisten nicht berührt. Der vorlegende Senat läßt diese Frage jedoch offen, sie ist bei dem hier gewählten Lösungsansatz nicht entscheidend. Deshalb erübrigt sich auch eine eingehende Auseinandersetzung mit den Ausführungen zu 4. in dem Urteil in BFHE 159, 528, BStBl II 1990, 436. Nur vorsorglich wird dazu folgendes bemerkt:
Das BFH-Urteil in BFHE 159, 528, zu 4. und 5., BStBl II 1990, 436 hat zur Begründung des Erfordernisses der Unternehmeridentität an den Unternehmerbegriff des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG angeknüpft. Unternehmer im Sinne des Einkommensteuerrechts seien jeweils die Gesellschafter in eigener Person. Damit geht das Urteil über den Wortlaut des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG hinaus, wonach die Gesellschafter lediglich als Mitunternehmer anzusehen sind. Dem vorlegenden Senat erscheint es zweifelhaft, ob diese Begründung mit den Grundsätzen des BFH-Beschlusses vom 25. Februar 1991 GrS 7/89 (BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691) noch vereinbar ist. Der Große Senat betont in seiner Entscheidung die Eigenständigkeit der Personengesellschaft; er sieht sie als von den Gesellschaftern zu unterscheidende Einheit (zu C. II. und C. III. 2.), als Subjekt der Gewinnerzielung und Gewinnermittlung (zu C. III. 2.), das eine eigene ,,Rechtszuständigkeit" besitzt (zu C. III. 2.). Während das zitierte Urteil insoweit die Eigenständigkeit des EStG gegenüber dem Zivilrecht betont (zu 5. der Gründe), knüpft der Große Senat ausdrücklich an das Zivilrecht an (zu C. III. 1. und 3.).
Das Urteil in BFHE 159, 528, BStBl II 1990, 436, zu 5. geht davon aus, daß die Personengesellschaft (also nicht deren Gesellschafter) zwar das Gewerbe betreibt, daß Unternehmer aber die Gesellschafter seien. Diese Differenzierung erscheint insofern bedenklich, als gerade das Betreiben des Gewerbebetriebs eine wesentliche Seite der Tätigkeit des Unternehmers ist (Ausnahme z. B. Treuhandschaft).
Schließlich gibt auch § 5 GewStG, insbesondere § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG, für die hier zu erörternde Frage nichts her. § 5 GewStG behandelt die Steuerschuldnerschaft. Steuerschuldner der Gewerbesteuer ist danach der Unternehmer. Ob dies die Personengesellschaft ohnehin oder erst auf Grund des § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist, hat für die Frage des Verlustabzugs gemäß § 10 a GewStG keine Bedeutung. Darauf kommt es nach dem gewählten Lösungsansatz nicht an. Im übrigen sind die Regelungsbereiche der §§ 5 und 10 a GewStG völlig unterschiedlich. Während § 5 GewStG die Steuerschuldnerschaft behandelt, gehört § 10 a GewStG zu den Vorschriften, die den Gewerbeertrag betreffen und damit die Besteuerungsgrundlagen der Gewerbesteuer (vgl. § 6 GewStG).
Folgen der vorgeschlagenen Lösung
5. a) Die hier vertretene Auffassung entspricht allein der Systematik des GewStG. Dies und der Umstand, daß neuerdings der einzige Anhaltspunkt für die Annahme der Unternehmeridentität im Wortlaut des § 10 a GewStG weggefallen ist, rechtfertigt nach Ansicht des vorlegenden Senats eine Änderung der bisherigen Praxis. Dadurch würde auch die Behandlung der häufigen Fälle des Verlustabzugs nach dem Wechsel von Gesellschaftern vereinfacht, insbesondere bei Kommanditgesellschaften mit vielen Kommanditisten, ferner beim Ausscheiden eines Gesellschafters, z. B. infolge Todes. Für diese Fälle käme es weder darauf an, ob die Zusammensetzung der Gesellschafter sich verändert hat noch evtl. zusätzlich, in welchem Jahr der Verlust entstanden ist.
b) Die Einbringung des Betriebs des Einzelgewerbetreibenden in eine Gesellschaft und umgekehrt die Übertragung des Gewerbebetriebs auf den letzten verbleibenden Gesellschafter würde den Verlustabzug gemäß § 10 a GewStG nicht ausschließen (vgl. oben zu 4. c. cc. und dd. a. E.). Anders wäre es nur, wenn man nicht nur im Rahmen des § 10 a GewStG von der Voraussetzung der Unternehmeridentität ausgeht, sondern die Gesellschaft selbst als Unternehmer ansieht. Dann wäre allerdings in den genannten Fällen ein Unternehmerwechsel i. S. des § 2 Abs. 5 GewStG anzunehmen und ein Verlustabzug gemäß § 10 a Satz 2 GewStG folglich abzulehnen.
c) § 10 a Satz 4 GewStG 1984 i. V. m. § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1984, jeweils eingefügt durch das Steuerreformgesetz 1990 vom 25. Juli 1988 (BGBl I 1988, 1093, BStBl I 1988, 224, 245 f.), d. h. der Verlustabzug bei Kapitalgesellschaften, werden durch die hier vorgeschlagene Lösung nicht berührt. Die beiden Vorschriften sollen den sog. Mantelkauf verhindern (vgl. BTDrucks. 11/2157, S. 170 f., 176) und sind eine Reaktion auf die BFH-Urteile vom 29. Oktober 1986 I R 202/82 (BFHE 148, 153, BStBl II 1987, 308; I R 318-319/83, BFHE 148, 158, BStBl II 1987, 310; I R 271/83, BFH / NV 1987, 266). Danach war für den Verlustabzug gemäß § 10 a GewStG bei Kapitalgesellschaften weder die Unternehmens- noch eine Gesellschafteridentität erforderlich. Nunmehr ist der Verlustabzug gemäß § 10 a GewStG von der wirtschaftlichen Identität der Kapitalgesellschaft im Verlust- und Abzugsjahr abhängig.
Die wirtschaftliche Identität i. S. des § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG ist nicht identisch mit der Unternehmens- oder Unternehmeridentität. Es ist ein eigener Begriff, der aber Elemente der Unternehmens- und Unternehmeridentität enthält. Insgesamt wird durch dieses Merkmal der Verlustabzug gemäß § 10 a Satz 4 GewStG i. V. m. § 8 Abs. 4 KStG bei Körperschaften weniger eingeschränkt als bei Personengesellschaften. So hindert auch eine Übertragung von mehr als 1/4 der Anteile den Verlustabzug nicht, sofern überhaupt der Geschäftsbetrieb - sei es auch eine völlig neue Tätigkeit - wieder aufgenommen und das evtl. neu zugeführte Betriebsvermögen das noch vorhandene nicht übersteigt (BMF-Schreiben vom 11. Juni 1990 IV B 7 - S 2745 - 7/90, BStBl I 1990, 252; Dieterlein in Lademann, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz, § 8 Rn. 346, 348; Hörger / Kemper, DStR 1990, 539; Frotscher in Frotscher / Maas, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz, § 8 Rn. 188; Thiel, GmbHR 1990, 223). Demgegenüber ist - auch nach der hier vertretenen Auffassung - die Unternehmensidentität bei Personengesellschaften immer Voraussetzung des Verlustabzugs. An die damit verbundenen wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Zusammenhänge der zu vergleichenden gewerblichen Betätigungen werden strenge Anforderungen gestellt (vgl. BFH-Urteile vom 19. Dezember 1984 I R 165/80, BFHE 143, 276, BStBl II 1985, 403; in BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348).
d) Der vorlegende Senat sieht auch keine zusätzlichen Schwierigkeiten für den Verlustabzug bei Beendigung einer gewerbesteuerrechtlichen Organschaft hinsichtlich der Verteilung der während der Organschaft entstandenen und noch nicht verbrauchten Gewerbeverluste (Schreiben des Vorsitzenden des I. Senats vom 24. Juli 1991 Bl. 4). Für den Verlustabzug würden nach wie vor die im BFH-Urteil vom 27. Juni 1990 I R 183/85 (BFHE 161, 157, zu 3. ff., BStBl II 1990, 916) genannten Grundsätze gelten. Wie der BFH dort zu 6. ausgeführt hat, scheitert eine Aufteilung des nicht ausgeglichenen Verlustes vor allem an der speziellen Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG und der darin aufgestellten Fiktion, wonach die Organgesellschaft eine Betriebsstätte des Organträgers ist. Damit stellt sich die Frage nach der Unternehmereigenschaft der Organgesellschaft und damit der Unternehmeridentität hier nicht.
e) Schließlich ergeben sich auch keine neuen Schwierigkeiten bei der Veräußerung oder sonstigen Ablösung von Teilbetrieben aus dem gewerblichen Unternehmen. Für den Verlustabzug ist dies vor allem eine Frage nach der Unternehmensidentität (vgl. BFH-Urteile vom 5. September 1990 X R 20/89, BFHE 162, 135, BStBl II 1991, 25; vom 14. November 1968 I R 16/66, BFHE 94, 342, BStBl II 1969, 169). Im übrigen führt die Übertragung eines Teilbetriebs gemäß § 2 Abs. 5 GewStG nicht zur Einstellung des Betriebs und damit auch nicht zur Einschränkung des Verlustabzugs gemäß § 10 a Satz 2 i. V. m. § 2 Abs. 5 GewStG (vgl. auch Glanegger / Güroff, a. a. O., § 2 Rdnr. 224; Wihtol / Bittner, a. a. O., § 2 Anm. 16 A).
III. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage
Die Beantwortung der Vorlagefrage ist für die Entscheidung des VIII. Senats erheblich.
Wird die Vorlagefrage bejaht, ist die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
FA und FG hätten den Verlustabzug zu Recht auf 10 v. H. des 1975 erwirtschafteten Verlustes beschränkt, weil nur in Höhe von 10 v. H. die Anteile an der Klägerin sowohl 1975 (Verlustjahr) als auch 1976 (Abzugsjahr) von derselben Person (Z) gehalten wurden.
Wird die Vorlagefrage verneint, dann ist der Revision stattzugeben, das Urteil des FG sowie die Einspruchsentscheidung sind aufzuheben und die Gewerbesteuermeßbescheide der Streitjahre 1976, 1977 und 1979 sind zu ändern. Der Gewerbeverlust des Jahres 1975 kann in vollem Umfang von dem maßgebenden Gewerbeertrag der Folgejahre abgezogen werden. Alle Voraussetzungen des § 10 a Satz 1 GewStG sind erfüllt, insbesondere auch das von Rechtsprechung und Verwaltung geforderte Tatbestandsmerkmal der Unternehmensidentität. § 10 a Satz 2 GewStG stünde nicht entgegen, weil der Tatbestand des § 2 Abs. 5 GewStG nicht erfüllt ist. Das Ausscheiden von Gesellschaftern aus einer Personengesellschaft führt nicht zur Einstellung des Gewerbebetriebs i. S. des § 2 Abs. 5 GewStG, solange wenigstens noch ein Gesellschafter in der Gesellschaft verblieben ist. Im Streitfall war S sowohl im Verlustjahr als auch in den Streitjahren der Gesellschafter der Klägerin.
IV. Rechtsgrundlage der Vorlage
Der vorlegende Senat stützt seine Anrufung des Großen Senats auf § 11 Abs. 2, 3 und 4 FGO i. d. F. des Rechtspflege-Vereinfachungsgesetzes vom 17. Dezember 1990 (BGBl I 1990, 2847, BStBl I 1991, 3, 5).
1. Der vorlegende Senat weicht mit der von ihm vertretenen Auffassung vom Urteil des IV. Senats vom 14. Dezember 1989 IV R 117/88 (BFHE 159, 528, BStBl II 1990, 436) ab.
Aufgrund des in der Senatssitzung vom 26. März 1991 getroffenen Beschlusses hat der Vorsitzende des anfragenden Senats mit Schreiben vom 16. Mai 1991 beim IV. Senat angefragt, ob er der Abweichung von seiner Rechtsprechung zustimme. Der Vorsitzende des IV. Senats hat darauf mit Schreiben vom 11. Juli 1991 erklärt, daß der IV. Senat beschlossen habe, der beabsichtigten Abweichung nicht zuzustimmen.
2. a) Der VIII. Senat verneint eine Abweichung vom Urteil des I. Senats vom 19. Dezember 1984 I R 165/80 (BFHE 143, 276, BStBl II 1985, 403).
Da der vorlegende Senat seine Auffassung nicht darauf stützt, daß Unternehmer des Gewerbebetriebs die Personengesellschaft ist, käme er auf der Grundlage der hier vertretenen Auffassung zum selben Ergebnis wie der I. Senat in der genannten Entscheidung. Ausschlaggebend ist, daß gemäß § 2 Abs. 5 GewStG auch beim Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters der Gewerbebetrieb nicht als eingestellt gilt.
b) Der vorlegende Senat verneint auch eine Abweichung vom BFH-Urteil vom 2. März 1983 I R 85/79 (BFHE 138, 94, BStBl II 1983, 427).
In dieser Entscheidung ging es um einen Verlustabzug im Jahre 1970. Es war also § 10 a Satz 1 GewStG 1968 (i. d. F. vom 20. Oktober 1969, BGBl I 1969, 2021, BStBl I 1969, 654) anzuwenden, der noch das Merkmal ,,bei Gewerbetreibenden, die den Gewinn nach § 5 des Einkommensteuergesetzes aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung ermitteln," enthielt.
Im vorliegenden Streitfall gilt eine geänderte Fassung des § 10 a Satz 1 GewStG. Der vorlegende Senat stützt seine Entscheidung auch auf diese Gesetzesänderung. Er läßt offen, ob er mit Rücksicht auf weitere Bedenken gegen die bisherige Rechtsprechung auch bei unverändertem Wortlaut des § 10 a Satz 1 GewStG zu dem hier vertretenen Ergebnis gekommen wäre.
c) Der vorlegende Senat verneint schließlich eine Abweichung vom BFH-Urteil vom 27. Juni 1990 I R 183/85 (BFHE 161, 157, BStBl II 1990, 916; vgl. Schreiben des Vorsitzenden des I. Senats vom 24. Juli 1991).
Die zu beurteilenden Sachverhalte sind wesentlich verschieden. Im Fall des I. Senats begehrt eine Organgesellschaft nach Beendigung der Organschaft den Abzug eines Verlustes gemäß § 10 a GewStG, der während der Dauer einer gewerbesteuerlichen Organschaft entstanden ist. Der I. Senat lehnt dies nach Auffassung des vorlegenden Senats zu Recht unter Hinweis auf § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG 1974 mit der Begründung ab, daß die Organgesellschaft als (fingierte) Betriebsstätte des Organträgers nicht selbst Gewerbetreibender sein könne; Gewerbetreibender sei allein der Organträger. Dieses Problem der (Mit-)Unternehmerschaft einer Organgesellschaft steht hier nicht zur Diskussion.
Soweit der I. Senat seine Entscheidung zusätzlich auf den Wortlaut (,,Gewerbetreibende") des § 10 a Satz 1 GewStG 1974 (BGBl I 1974, 1971, BStBl I 1974, 658) stützt, gilt das zuvor unter 2. b) Gesagte.
3. Vorlage wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage (§ 11 Abs. 4 FGO).
Der vorgelegten Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, sie stellt sich in einer Vielzahl von Fällen. Die Vorlage ist nach Auffassung des Senats auch zur Fortbildung des Rechts erforderlich, weil nicht nur die Auswirkungen der Änderung des Wortlauts des § 10 a Satz 1 GewStG durch das StBereinG 1986 zu klären sind, sondern auch die Zulässigkeit einer weiten Auslegung des § 10 a Satz 2 GewStG zu Lasten der Steuerpflichtigen. Im Hinblick auf die unterschiedliche Auffassung des IV. Senats geht es schließlich auch um die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
Fundstellen
Haufe-Index 418118 |
BFH/NV 1992, 45 |
BFH/NV 1992, 545 |
BFHE 1992, 576 |
BB 1992, 1127 |