Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung des Verfahrens bei Tod des amtlichen Betreuers
Leitsatz (NV)
Umfasste der Aufgabenkreis des verstorbenen amtlich bestellten Betreuers auch die Vermögenssorge des Steuerpflichtigen, ist auf Antrag des Prozessbevollmächtigten ein im Namen des Betreuten angestrengtes Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auszusetzen.
Normenkette
FGO § 155; ZPO § 246 Abs. 1; BGB §§ 1896, 1902
Verfahrensgang
FG Nürnberg (Urteil vom 26.05.2004; Aktenzeichen VII 19/2001) |
Tatbestand
Mit Schriftsatz vom 27. Juli 2004 --beim Bundesfinanzhof (BFH) u.a. als Telefax eingegangen-- erhob der Kläger und Beschwerde-führer (Kläger) durch seinen Prozessbevollmächtigten Nichtzulassungsbeschwerde gegen das am 2. Juli 2004 zugestellte Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 26. Mai 2004, mit dem dieses die Klage wegen Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag 1997 als unbegründet abgewiesen hatte. Die angekündigte Begründung ging bisher nicht ein.
Am 9. August 2004 starb der amtlich bestellte Betreuer des Klägers, Rechtsanwalt X. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragte darauf am 2. September 2004, das Verfahren gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 246 der Zivilprozessordnung (ZPO) auszusetzen und die Beschwerdebegründungsfrist um einen Monat zu verlängern.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens ist begründet.
Das Verfahren ist gemäß § 155 FGO i.V.m. § 246 Abs. 1, 2. Halbsatz ZPO auszusetzen. Zwar tritt beim Tod des gesetzlichen Vertreters eines Beteiligten nach § 246 Abs. 1, 1. Halbsatz ZPO eine Unterbrechung i.S. von § 241 ZPO nicht ein, wenn der Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist. Aber das Prozessgericht hat in diesem Fall auf Antrag des Bevollmächtigten das Verfahren auszusetzen.
Da im Streitfall der Aufgabenkreis des verstorbenen Betreuers auch die Vermögenssorge umfasste, vertrat er den Kläger gerichtlich und außergerichtlich (§ 1902 des Bürgerlichen Gesetzbuches; vgl. auch BFH-Beschluss vom 5. August 2002 VII B 56/00, BFH/NV 2002, 1492). Insoweit hatte er die Stellung eines gesetzlichen Vertreters (Palandt/Diederichsen, Bürgerliches Gesetzbuch, 63. Aufl., § 1902 Rn. 1 a), so dass dem Antrag stattzugeben war.
Wegen der späteren Entscheidung über den Aussetzungsantrag kommt hinsichtlich der Beschwerdebegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO in Betracht.
Fundstellen
BFH/NV 2005, 574 |
AnwBl 2005, 21 |