Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 FGO gestützten NZB
Leitsatz (NV)
1. Zur Begründung des Allgemeininteresses im Rahmen der Darlegung grundsätzlicher Bedeutung muß regelmäßig vorgebracht werden, daß, in welchem Umfang und aus welchen Gründen die mit der NZB herausgestellte Rechtsfrage umstritten ist; dies erfordert, widerstreitende Meinungen in Rechtsprechung und Literatur im einzelnen darzustellen.
2. Mit dem Vorbringen, ein näher bezeichneter Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem FG sei ausweislich der Urteilsbegründung nicht ausreichend gewürdigt worden, wird nicht der Verfahrensmangel einer Verletzung rechtlichen Gehörs bezeichnet.
Normenkette
AO 1977 § 12; UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, Abs. 2 Sätze 1-2, § 3a Abs. 1 Sätze 1-2; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 S. 3
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betreibt ein Motorsportunternehmen. In den Streitjahren (1985 und 1986) stellte sie im Außengebiet (§ 1 Abs. 2 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes -- UStG -- 1980) Autorennfahrern gegen Entgelt Rennsportfahrzeuge mit komplettem Rennservice zur Bestreitung von Autorennen zur Verfügung.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) sah diese -- von der Klägerin nicht der Besteuerung unterworfenen -- Umsätze nach einer Betriebsprüfung als im Erhebungsgebiet (§ 1 Abs. 2 Satz 1 UStG 1980) ausgeführt (§ 3 a Abs. 1 Satz 1 UStG 1980) und damit als steuerbar (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980) an.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) ging in der Urteilsbegründung unter Hinweis auf das Urteil des erkennenden Senats vom 26. März 1992 V R 16/88 (BFHE 168, 458, BStBl II 1992, 929) davon aus, die Klägerin habe eine einheitliche sonstige Leistung im Erhebungsgebiet ausgeführt. Sodann legte das FG u. a. dar, entgegen der Ansicht der Klägerin sei die jeweilige Rennstrecke nicht als Betriebsstätte i. S. des § 3 a Abs. 1 Satz 2 UStG 1980 anzusehen.
Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, die sie auf grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) und auf den Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) der Verletzung rechtlichen Gehörs stützt.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.
Sie genügt nicht den Begründungsanforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO.
1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die grundsätzliche Bedeutung ist in der Beschwerdeschrift darzulegen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muß in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 13. September 1989 II B 77/89, BFH/NV 1990, 513). Zur Begründung des Allgemeininteresses reicht der Vortrag, daß die Rechtsfrage vom BFH noch nicht entschieden ist, nicht aus. Vielmehr muß regelmäßig dargelegt werden, daß, in welchem Umfang und aus welchen Gründen die mit der Beschwerde herausgestellte Rechtsfrage umstritten ist. Dies erfordert, widerstreitende Meinungen in Rechtsprechung und Literatur im einzelnen darzulegen (vgl. Senatsbeschluß vom 24. November 1993 V B 146/93, nicht veröffentlicht -- NV --; Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, Rz. 152 und 153).
b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin führt im wesentlichen aus, der Begriff der Betriebsstätte werde in § 12 der Abgabenordnung (AO 1977) definiert, "für Ertragssteuerzwecke" werde "in der Regel eine gewisse Nachhaltigkeit verlangt", es stelle sich jedoch "die Frage, wie dies für Verkehrsteuerzwecke zu beurteilen" sei. Es fehlt jedoch die Darlegung, daß die "für Ertragsteuerzwecke" übliche Bestimmung der Betriebsstätte ernsthaft bedenklich ist oder "für Verkehrsteuerzwecke" eine abweichende Bestimmung in Betracht kommt.
2. Die Klägerin hat ferner ausdrücklich als Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt. Mit ihrem Vorbringen, ihr Sachvortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem FG, daß sie an der jeweiligen Rennstrecke eine Betriebsstätte i. S. des § 3 a Abs. 1 Satz 2 UStG 1980 unterhalte, sei ausweislich der Urteilsbegründung "nicht ausreichend gewürdigt worden", macht die Klägerin nicht Verletzung rechtlichen Gehörs, sondern eine fehlerhafte Würdigung des FG geltend. Eine Nichtbeachtung oder fehlerhafte Anwendung von Verfahrensvorschriften ist damit nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen bezeichnet.
3. Von der Bekanntgabe einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat ab (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen