Entscheidungsstichwort (Thema)
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung; tatrichterliche Würdigung der beruflichen Veranlassung einer Reise
Leitsatz (NV)
1. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ist eine Entscheidung des BFH entweder dann erforderlich, wenn im Falle der sog. Divergenz das FG in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH, oder wenn das Urteil des FG auf einem so schwerwiegenden Fehler beruht, dass sich die Entscheidung als objektiv willkürlich darstellt oder greifbar gesetzwidrig ist.
2. Ob einer Reise ein unmittelbar beruflicher Anlass zugrunde liegt und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt der Reise bildet, oder ob die berufliche Veranlassung bei weitem überwiegt und die Befriedigung privater Interessen wie z.B. Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises nicht ins Gewicht fällt und nur von untergeordneter Bedeutung ist, ist in erster Linie eine Frage der tatrichterlichen Würdigung durch das FG.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2; EStG § 9 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Der geltend gemachte Zulassungsgrund --Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung --FGO--)-- liegt im Streitfall nicht vor.
Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert. In diesem Sinne ist eine Entscheidung des BFH entweder dann erforderlich, wenn im Falle der sog. Divergenz das Finanzgericht (FG) bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH oder, wenn das Urteil des FG auf einem so schwerwiegenden Fehler beruht, dass sein Fortbestand das Vertrauen in die Rechtsprechung beschädigen könnte, weil sich die Entscheidung als objektiv willkürlich darstellt oder greifbar gesetzwidrig ist, mithin unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist und sich deshalb der Schluss aufdrängt, dass es auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. November 2005 V B 9/04, BFH/NV 2006, 248; vom 4. November 2004 I B 43/04, BFH/NV 2005, 707, jeweils m.w.N.; siehe auch Lange, Steuer und Wirtschaft 2006, 366 ff., 369).
Eine von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) gerügte Divergenz setzt voraus, dass das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 27. April 1999 III B 43/98, BFH/NV 1999, 1477; vom 4. Mai 2000 I B 121/99, BFH/NV 2000, 1477; vom 8. Mai 2000 VIII B 78/99, BFH/NV 2000, 1201). Dagegen genügt eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen nicht (vgl. BFH-Beschluss vom 4. August 1993 II B 175/92, BFH/NV 1994, 718).
a) Im Streitfall hat das FG in der entscheidungserheblichen Rechtsfrage der beruflichen Veranlassung von Reiseaufwendungen keinen mit der Rechtsprechung des BFH nicht übereinstimmenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt.
Nach der Rechtsprechung des BFH können Aufwendungen für Reisen Werbungskosten sein, sofern sie beruflich veranlasst sind. Der vollständige Abzug dieser Reisekosten setzt voraus, dass die Reise ausschließlich oder nahezu ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzuordnen ist. Das ist dann der Fall, wenn der Reise ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt der Reise bildet. Gleiches gilt, wenn die berufliche Veranlassung bei weitem überwiegt und die Befriedigung privater Interessen wie z.B. Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises nicht ins Gewicht fällt und nur von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 22. Juni 2006 VI R 61/02, BStBl II 2006, 782, m.w.N.). Dabei obliegt die Frage, ob Aufwendungen beruflich veranlasst sind, in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG (vgl. BFH-Urteil vom 26. Januar 2005 VI R 71/03, BFHE 208, 572, BStBl II 2005, 349, und BFH-Beschluss vom 8. Juni 2004 VI B 158/03, BFH/NV 2004, 1406).
b) Das FG hat zur Begründung und unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH im Einzelnen dargelegt, dass im konkreten Streitfall die Befriedigung allgemeintouristischer Interessen nach der tatsächlichen Durchführung der Reise nicht nur von untergeordneter Bedeutung gewesen sei. Damit weicht das mit der Nichtzulassungsbeschwerde angegriffene Urteil auch nicht von den seitens der Kläger angeführten Entscheidungen des BFH (BFH-Urteile vom 13. Juni 2002 VI R 168/00, BFHE 199, 347, BStBl II 2003, 765; vom 31. Juli 1980 IV R 153/79, BFHE 131, 361, BStBl II 1980, 746) ab.
Denn insoweit rügen die Kläger im Ergebnis lediglich eine Divergenz in der tatsächlichen Würdigung und nicht in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage. Eine andere Würdigung der tatsächlichen Umstände des Streitfalls durch das FG begründet indessen keine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO (vgl. BFH-Beschluss vom 30. August 2005 VI B 2/05, BFH/NV 2005, 2209). Allein dadurch, dass die Kläger dieser Würdigung des FG ihre eigene entgegenstellen und sich damit gegen die sachliche Richtigkeit des Urteils wenden, können sie die Zulassung der Revision nicht erreichen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. September 2001 V B 77/00, BFH/NV 2002, 359; vom 4. Juli 2002 IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476).
Fundstellen
Haufe-Index 1707910 |
BFH/NV 2007, 941 |