Entscheidungsstichwort (Thema)
Mangelnde Vertretung bei der Rechtsmitteleinlegung und PKH-Antrag
Leitsatz (NV)
1. Der Antrag auf Prozeßkostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde ist wegen mangelnder Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung abzulehnen, wenn der Antragsteller bei der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht ordnungsgemäß vertreten war, die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Mittellosigkeit schon deshalb ausscheidet, weil der PKH-Antrag vorwerfbar nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt worden ist.
2. Unter den genannten Umständen (1.) hat auch ein PKH-Antrag für einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids, über den der BFH als Gericht der Hauptsache nach Verweisung durch das FG zu entscheiden hat, keinen Erfolg.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 3, § 142; ZPO §§ 114, 117 Abs. 2; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1
Gründe
Der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 der Finanzgerichtsordnung -- FGO -- i. V. m. § 114 Satz 1 letzter Halbsatz der Zivilprozeßordnung -- ZPO --).
1. An der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung hinsichtlich der Anfechtung des finanzgerichtlichen Urteils fehlt es bereits deshalb, weil der Antragsteller sich bei der Einlegung des als Nichtzulassungsbeschwerde zu wertenden Rechtsmittels nicht entsprechend der Rechtsmittelbelehrung des Finanzgerichts (FG) durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten hat vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs) und die Beschwerde deshalb unzulässig ist. Verfügt ein Beteiligter nicht über ausreichende Mittel für die Beiziehung eines solchen Bevollmächtigten bei der Einlegung eines Rechtsmittels in einem finanzgerichtlichen Verfahren, so besteht zwar, nachdem ihm PKH bewilligt und eine der genannten Personen beigeordnet worden ist, die Möglichkeit zu einer wirksamen formgerechten Einlegung des Rechtsmittels auch noch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist. Voraussetzung dafür ist jedoch, daß dem Rechtsmittelführer wegen seiner Mittellosigkeit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
Hierzu muß der Rechtsmittelführer beim Rechtsmittelgericht innerhalb der Rechtsmittelfrist den Antrag auf PKH stellen und die Erkärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 ZPO vorlegen. Geschieht dies nicht, so kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich nicht gewährt werden (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 25. März 1986 III R 134/80, BFH/NV 1986, 631 mit Hinweisen auf die einhellige Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe, und Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juni 1983 I BvR 277/83, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Finanzgerichtsordnung, § 142, Rechtsspruch 33).
Im Streitfall ist der Antrag nicht rechtzeitig gestellt worden. Er ist erst, zusammen mit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, im Schriftsatz der späteren Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers vom ... 1994, enthalten. Die Rechtsmittelfrist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde ist aber bereits am ... 1993 abgelaufen.
Gründe, aus denen sich ergibt, daß der Antragsteller ohne sein Verschulden gehindert war, den Antrag auf Bewilligung von PKH und die vorgeschriebene Erklärung innerhalb der bezeichneten Rechtsmittelfrist vorzulegen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, daß dem Antragsteller die Möglichkeit, einen Antrag auf PKH zu stellen, spätestens durch das Schreiben der Geschäftsstelle des Senats vom ... 1993 bekannt sein konnte. Jedenfalls deshalb, weil er hierauf nicht unverzüglich die erforderlichen Schritte zur Wahrung seiner Rechte unternommen, vielmehr erst ... 1994 den PKH-Antrag durch seine zwischenzeitlich bestellte Prozeßbevollmächtigte gestellt hat, muß sich der Antragsteller die nachteiligen Folgen seines Verhaltens selbst zurechnen lassen. Unter diesen Umständen ist es gerechtfertigt, bei der Entscheidung über die PKH unter Beachtung der oben angeführten Rechtsprechung davon auszugehen, daß dem Antragsteller auch auf die von seiner Prozeßbevollmächtigten mit Schriftsatz vom ... 1994 eingelegte und insoweit formgerechte Beschwerde hin keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann.
2. Auch soweit der Antragsteller PKH für die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Nachsteuerbescheids begehrt, hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg. Dabei kann hier offenbleiben, ob die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen gemäß § 69 Abs. 4 FGO für diesen beim FG gestellten Antrag, über den der Senat jetzt als Gericht der Hauptsache nach Verweisung durch das FG zu entscheiden hat (vgl. BFH-Beschluß vom 17. November 1986 VII S 26/86, BFH/NV 1987, 452), überhaupt erfüllt sind. Es bestehen nämlich nach der gebotenen summarischen Prüfung weder ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts, noch ist dargelegt, daß die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das ergibt sich bereits daraus, daß für das eingelegte Rechtsmittel im Hauptsacheverfahren, die Nichtzulassungsbeschwerde, aus den oben angeführten Gründen keine Aussicht auf Erfolg besteht, was hier bei der Abwägung der maßgeblichen Gesichtspunkte entscheidend ins Gewicht fällt (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl. 1993, § 69 Anm. 77 und 97 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung offensichtlich keinen Erfolg, kommt eine Aussetzung der Vollziehung des angegriffenen Nachsteuerbescheids nicht in Betracht, so daß hierfür auch keine PKH gewährt werden darf.
Fundstellen
Haufe-Index 419961 |
BFH/NV 1995, 150 |