Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung, einer Abweichung und der Verletzung der Sachaufklärungspflicht
Leitsatz (NV)
- Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung ist auch nach neuem Revisionszulassungsrecht (FGO i.d.F. des 2. FGOÄndG) erforderlich, dass der Beschwerdeführer eine bestimmte ‐abstrakte ‐ Rechtsfrage herausarbeitet, deren Beantwortung nach seiner Auffassung eine grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Ferner muss er substantiiert darauf eingehen, inwieweit die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig, d.h. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist.
- Zur schlüssigen Rüge einer Divergenz (Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur "Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung"; § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO n.F.) muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus der (mutmaßlichen) Divergenzentscheidung des BFH andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen.
- Die Rüge, das FG habe durch die Nichterhebung der vom Beschwerdeführer angetretenen Beweise gegen die Pflicht zur Sachaufklärung verstoßen, setzt u.a. folgende Angaben des Beschwerdeführers voraus:
- genaue Bezeichnung des Sitzungsprotokolls oder des Schriftsatzes mit Datum und Seitenzahl, in dem die Beweise angetreten wurden, die das FG nicht erhoben hat;
- Darlegung, inwiefern die Entscheidung des FG ‐ ausgehend von der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts ‐ auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann und was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre;
- Vortrag, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt wurde, oder ‐ wenn dies nicht geschehen sein sollte ‐ weshalb die Rüge dem Beschwerdeführer nicht möglich war. Das gilt jedenfalls dann, wenn ‐ wie im vorliegenden Streitfall ‐ der Beteiligte bereits im finanzgerichtlichen Verfahren sachkundig vertreten war.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, § 116 Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) ―im Folgenden: FGO n.F.― entspricht.
1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht schlüssig dargelegt.
a) Hierzu wäre ―auch unter der Geltung des neuen Revisionszulassungsrechts nach dem 2.FGOÄndG― erforderlich gewesen, dass der Kläger eine bestimmte ―abstrakte― Rechtsfrage herausgearbeitet hätte, deren Beantwortung nach seiner Auffassung eine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Ferner hätte er substantiiert darauf eingehen müssen, inwieweit die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig, d.h. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten sei (vgl. zum alten Recht z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 11. Dezember 1986 V B 61/86, BFH/NV 1987, 309; zum neuen Recht z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 32).
b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung des Klägers nicht. Der Kläger hat es bereits unterlassen, eine bestimmte, für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche und das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührende Rechtsfrage herauszustellen. Die Ausführungen in der Beschwerdeschrift erschöpfen sich ―im Stile einer Revisionsbegründung― in Erwägungen darüber, dass und warum das Finanzgericht (FG) unter den gegebenen konkreten Umständen des Einzelfalles zu Unrecht ein grobes Verschulden des Klägers i.S. von § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) angenommen habe.
Streitigkeiten, deren Entscheidung maßgebend von der Beurteilung der tatsächlichen Besonderheiten des konkreten Sachverhalts abhängt, sowie Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen indessen für sich gesehen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 24, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
2. Die Ausführungen des Klägers genügen des Weiteren auch nicht den Anforderungen an die schlüssige Darlegung des Zulassungsgrundes i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO n.F. Dieser Zulassungsgrund (Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur "Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung") erfasst zwar u.a. auch die vom Kläger behauptete Abweichung der angefochtenen Vorentscheidung von Entscheidungen des BFH (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 40 und § 115 Rz. 49). Zur schlüssigen Rüge einer solchen Abweichung hätte der Kläger indessen tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den (mutmaßlichen) Divergenzentscheidungen des BFH andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen müssen, um so eine Abweichung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO n.F. zu verdeutlichen.
Daran fehlt es im Streitfall. Die Ausführungen in der Beschwerdeschrift beschränken sich dieserhalb auf die pauschalen und unsubstantiierten Bemerkungen, "das Urteil des Finanzgerichts … (verstoße) gegen die ständige Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteile …)" und "die Entscheidung des Finanzgerichts … (laufe) der BFH-Rechtsprechung zuwider …".
3. Schließlich hat der Kläger auch nicht schlüssig dargelegt, dass das FG durch die Nichterhebung der von ihm (Kläger) angetretenen Beweise gegen die Pflicht zur Sachaufklärung (§ 76 FGO) verstoßen hat.
Hierzu hätte der Kläger u.a. ―was nicht geschehen ist― die folgenden Angaben machen müssen:
- genaue Bezeichnung des Sitzungsprotokolls oder des Schriftsatzes mit Datum und Seitenzahl, in dem die Beweise angetreten wurden, die das FG nicht erhoben hat;
- Darlegung, inwiefern die Entscheidung des FG ―ausgehend von der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts― auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann und was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre;
- Vortrag, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder ―wenn dies nicht geschehen sein sollte― weshalb die Rüge dem Beschwerdeführer nicht möglich war. Das gilt jedenfalls dann, wenn ―wie im vorliegenden Streitfall― der Beteiligte bereits im finanzgerichtlichen Verfahren sachkundig vertreten war (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 69 i.V.m. § 116 Rz. 50, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO n.F. abgesehen.
Fundstellen