Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Zulassung wegen Divergenz bei schon lange ausgelaufenem Recht
Leitsatz (NV)
Grundsätzlich ist bei einer Divergenz davon auszugehen, dass die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert. Eine Ausnahme kommt jedoch dann in Betracht, wenn die entschiedene Rechtsfrage nur noch für sehr wenige Fälle von Bedeutung ist, weil sie ausgelaufenes Recht betrifft.
Normenkette
AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2-3, 5 Nr. 2, § 182 Abs. 1 Sätze 1-2; EStG § 30 Abs. 2 Nr. 3 S. 4; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
FG Köln (Urteil vom 30.08.2005; Aktenzeichen 5 K 5311/01) |
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) einen vom Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. April 2005 GrS 2/02 (BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679) abweichenden Rechtssatz enthält. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, ist die Revision nicht zuzulassen, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH nicht erfordert.
1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert. Hiervon ist zwar bei einer vorliegenden Divergenz regelmäßig auszugehen; ein Allgemeininteresse an einer Entscheidung des Revisionsgerichts wird aber nicht kraft Gesetzes unwiderlegbar vermutet. Eine Ausnahme kommt in Betracht, wenn die entschiedene Rechtsfrage nur noch für sehr wenige Fälle von Bedeutung ist, weil sie ausgelaufenes Recht betrifft (Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz. 65).
2. Das ist hier der Fall. Streitig ist die Rechtslage vor Einführung des § 180 Abs. 5 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) i.d.F. des Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2310, BStBl I 1994, 50), der mit Wirkung für Feststellungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 1994 beginnen, in die Abgabenordnung eingefügt wurde. Nach dieser Vorschrift sind § 180 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und 3 AO 1977 entsprechend anzuwenden, soweit Körperschaftsteuer auf die festgesetzte Steuer anzurechnen ist. Aus dieser Regelung folgt, dass im Feststellungsbescheid für den Folgebescheid bindend (§ 182 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO 1977) bestimmt wird, ob und in welcher Höhe Körperschaftsteuer bei der Einkommensteuerveranlagung anzurechnen ist.
Bereits für die Rechtslage davor war nach Auffassung des Senats die gesonderte Feststellung der Körperschaftsteuerguthaben nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 zulässig und bindend (Senatsurteil vom 27. Juni 2001 I R 65/00, BFH/NV 2001, 1528, m.w.N.). Hieraus hat das FG abgeleitet, dass die Anrechnung der im Bescheid zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte als anrechenbar ausgewiesenen Körperschaftsteuer im Abrechnungsbescheid zur Einkommensteuer auch nicht unter Berufung auf § 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 Buchst. e des Einkommensteuergesetzes 1987 versagt werden kann. Ob diese Auffassung insoweit dem Beschluss des Großen Senats in BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679 widerspricht, als sich danach die verfahrensrechtliche Reichweite der Feststellungswirkung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 stets nur auf die gemeinschaftlich verwirklichten Tatbestandsmerkmale bezieht, nicht aber auf solche außerhalb der Beteiligung im Bereich der persönlichen Einkünfteerzielung, bedarf im Hinblick auf die seit 1995 geltende gesetzliche Neuregelung keiner höchstrichterlichen Entscheidung mehr, da diese allenfalls für sehr wenige Fälle noch von Bedeutung wäre.
Fundstellen