Leitsatz (amtlich)
Der schriftliche Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist muß von einer nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 (BGBl I, 1861, BStBl I, 932) i. d. F. des Gesetzes vom 4. August 1980 (BGBl I, 1147, BStBl I, 462) vertretungsberechtigten Person (Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) unterzeichnet sein.
Normenkette
BFH-EntlG Art. 1 Nr. 1; FGO § 120
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hat gegen das am 5. Februar 1982 zugestellte, die Klage zum Teil abweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) am 4. März 1982 Revision einlegen lassen. Der Briefkopf der Revisionsschrift trägt die Namen "Steuerbevollmächtigter A" und "Steuerbevollmächtigter B". Im Text der Revisionsschrift ist als Prozeßbevollmächtigter "Steuerberater A" genannt. Unter dem Datum vom 1. April 1982, beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen am 6. April 1982, wurde Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 30. April 1982 beantragt. Das Schreiben ist unterzeichnet "durch: B". Mit Schreiben vom 8. April 1982, dem Prozeßbevollmächtigten A am 13, April 1982 durch Postzustellungsurkunde zugestellt, hat der Vorsitzende des erkennenden Senats mitgeteilt, daß die Frist zur Begründung der Revision am 5. April 1982 abgelaufen und der Antrag auf Fristverlängerung vom 6. April 1982 mithin verspätet sei. Auf § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wurde hingewiesen. Mit Schreiben vom 26. April 1982 erwiderte der Prozeßbevollmächtigte A, er beantrage Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begründe dies damit, daß das den Antrag auf Fristverlängerung enthaltende Schreiben am 2. April 1982 -- einem Freitag -- zur Post gegeben worden sei. Selbst bei größter Verzögerung hätte dieses Schreiben am Montag, dem 5. April 1982, beim BFH eingehen müssen. Gleichzeitig wurde die Revision begründet.
Mit weiterem Schreiben des Vorsitzenden des erkennenden Senats vom 28. April 1982 wurde um Mitteilung gebeten, welche Berufsbezeichung die beiden Mitglieder der Sozietät A und B führten. Die Angaben in der Revisionsschrift vom 4. März 1982 seien widersprüchlich. In seiner Erwiderung vom 10. Mai 1982 teilte der Prozeßbevollmächtigte A mit, daß er den Beruf eines Steuerberaters ausübe. Bei dem dem BFH vermutlich vorliegenden Briefkopf handle es sich um einen versehentlich verwandten älteren Datums. Mit Verfügung vom 17. Mai 1982 wies der Senatsvorsitzende darauf hin, daß nach dem Schriftsatz des Klägers vom 10. Mai 1982 davon auszugehen sei, Herr B, der den Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist unterzeichnet habe, sei Steuerbevollmächtigter und nicht Steuerberater. Gehe man davon aus, daß Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFH-EntlG) vom 8. Juli 1975 (BGBl I, 1861, BStBl I, 932) i. d. F. des Gesetzes vom 4. August 1980 (BGBl I, 1147, BStBl II, 462) auch für Anträge i. S. des § 120 Abs. 1 Satz 2 FGO gelte, müsse der Revisionskläger mit der Möglichkeit rechnen, daß die Revision deshalb als unzulässig verworfen werden müsse, weil der Fristverlängerungsantrag nicht von einem Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer gestellt worden sei. Dagegen machte der Prozeßbevollmächtigte geltend, der Antrag auf Fristverlängerung sei seiner Ansicht nach eine Prozeßhandlung, die nicht unter diejenigen falle, für die der BFH Vertretungszwang fordere.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) hält die Revision für unzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht zulässig.
Die Revision ist beim FG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen. Die Frist für die Revisionsbegründung kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag durch den Vorsitzenden des zuständigen Senats des BFH verlängert werden (§ 120 Abs. 1 FGO). Dazu bestimmt Art. 1 Nr. 1 BFH-EntlG ergänzend, daß sich vor dem BFH jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen muß. Dies gilt auch für die Einlegung der Revision. Schon die Wortfassung, daß der Vertretungszwang auch für die Einlegung der Revision gelte, bringt zum Ausdruck, daß der Vertretungszwang nicht allein auf die Einlegung der Revision beschränkt sein soll. Er erstreckt sich auf jede Prozeßhandlung im Revisionsverfahren. Hierzu gehört auch der Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist. Sinn der Vorschrift ist es, durch die Einschaltung von Personen mit besonderer beruflicher Qualität ein ordnungsmäßiges Verfahren zu erreichen und dadurch den BFH zu entlasten. Der Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist ist -- wie in § 120 FGO ausdrücklich geregelt -- von der Einhaltung bestimmter Fristen abhängig. Auf diese Prozeßhandlung trifft nicht nur der Wortlaut, sondern der Sinn des Art. 1 Nr. 1 BFH-EntlG uneingeschränkt zu. Es genügt nicht, wenn -- wie im Streitfall -- ein nicht unter die Berufsgruppe der vertretungsberechtigten Personen fallender Steuerbevollmächtigter den Antrag auf Fristverlängerung stellt. Eine solche Prozeßhandlung kann nicht anders gewertet werden, als wäre sie vom Revisionskläger selbst vorgenommen worden.
Danach kommt es auf die Frage, ob wegen einer Verzögerung in der Postbeförderung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann (§ 56 FGO), nicht an. Die Verzögerung in der Postbeförderung ist für die Fristversäumnis nicht ursächlich. Selbst wenn den Prozeßbevollmächtigten insoweit kein Verschulden träfe, müßte die Zulässigkeit der Revision daran scheitern, daß eine nicht prozeßhandlungsfähige Person die Fristverlängerung beantragt hat.
Fundstellen
Haufe-Index 74410 |
BStBl II 1982, 134 |
BFHE 1983, 575 |