Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitteilung über die Unzulässigkeit der Verwendung von steuerbegünstigtem Mineralöl als Feststellungsbescheid
Leitsatz (NV)
1. Die Mitteilung, die Verwendung von steuerbegünstigtem Heizöl in einem Stromaggregat sei unzulässig, ist als Bescheid über die gesonderte Feststellung einer Besteuerungsgrundlage anzusehen und als aussetzungsfähiger Verwaltungsakt zu behandeln.
2. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob eine solche Feststellung getroffen werden darf.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 3; AO 1977 § 118 Abs. 1, § 179 Abs. 1; MinöStG § 8 Abs. 2; MinöStDV § 17 Abs. 5
Tatbestand
Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Beschwerdegegnerin) meldete beim Antragsgegner und Beschwerdeführer (Hauptzollamt - HZA -) die steuerbegünstigte Verwendung von Mineralöl (Heizöl) in ortsfesten Verbrennungsmotoren zur Erzeugung von Strom an (§ 45 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes - MinöStDV -). Das HZA teilte der Beschwerdegegnerin daraufhin durch Bescheide vom Oktober 1987 und Juni 1988 mit, die Verwendung von steuerbegünstigtem Heizöl in dem Stromaggregat sei unzulässig. Nachdem die Beschwerdegegnerin entsprechend der vom HZA erteilten Rechtsbehelfsbelehrung dagegen Einspruch eingelegt hatte und der Einspruch gegen den Bescheid vom Oktober 1987 zurückgewiesen worden war, stellte die Beschwerdegegnerin beim Finanzgericht (FG) den Antrag, die Vollziehung der Bescheide auszusetzen. Das FG setzte - durch zwei Beschlüsse - die Vollziehung beider Bescheide bis einen Monat nach Zustellung des Urteils in der Hauptsache, längstens bis zur Bestandskraft der Bescheide, aus. Gegen diese Entscheidungen ließ das FG die Beschwerde zu.
Das HZA begründet seine Beschwerden gegen die Beschlüsse des FG im wesentlichen damit, die Voraussetzungen zur Verwendung von steuerbegünstigtem Mineralöl in der Stromerzeugungsanlage der Beschwerdegegnerin seien nicht gegeben. Diese Anlage sei nicht ortsfest im Sinne des § 8 Abs. 2 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) i. V. m. § 17 Abs. 5 MinöStDV.
Das HZA beantragt, die Beschlüsse des FG aufzuheben und die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung abzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerden als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerden sind nicht begründet. Das FG hat im Ergebnis zu Recht die Vollziehung der streitbefangenen Bescheide ausgesetzt.
Es hat diese Bescheide zutreffend als aussetzungsfähige Verwaltungsakte behandelt. Die Bescheide stellen sich nach Inhalt und Form als auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Entscheidungen zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts dar (§ 118 Satz 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Ihrem Inhalt nach haben die Bescheide rechtsfeststellenden Charakter dahin, die Voraussetzungen für eine Verwendung von steuerbegünstigtem Mineralöl zum Betrieb des Stromaggregats seien nicht gegeben. Für eine Ausrichtung der Bescheide auf eine unmittelbare und verbindliche Rechtswirkung nach außen spricht vor allem die Erteilung der Rechtsbehelfsbelehrungen.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint es gerechtfertigt, die Bescheide als Verwaltungsakte zu behandeln, durch die für die Beschwerdegegnerin verbindlich festgestellt werden soll, daß bei Verwendung von steuerbegünstigtem Mineralöl zum Betrieb des Stromaggregats die Voraussetzungen zur Besteuerung des Mineralöls nach dem Regelsteuersatz gegeben sind. Erlangen diese Bescheide Bestandskraft, so muß die Beschwerdegegnerin zumindest damit rechnen, daß sie schon deshalb für steuerbegünstigtes Mineralöl, das in ihren Besitz gelangt und zum Betrieb des Stromaggregats verwendet worden ist, Mineralölsteuer nach dem Regelsteuersatz zu zahlen hat. Entsprechendes gilt für die Zeit bis zum Eintritt der Bestandskraft, sofern der Beschwerdegegnerin nicht vorläufiger Rechtsschutz gewährt wird.
Wegen dieser Wirkung der Bescheide kommt eine Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in Betracht.
Da die Bescheide ihrem Inhalt nach als Feststellungsbescheide behandelt werden müssen, ist die Aussetzung der Vollziehung bereits deshalb gerechtfertigt, weil schon ernstlich zweifelhaft ist, ob die Feststellung überhaupt hätte getroffen werden dürfen und ob sie nicht schon in Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage für die Feststellung aufzuheben ist. Die Zweifel ergeben sich daraus, daß die Feststellung sich als Vorentscheidung der Frage darstellt, ob die Voraussetzungen für eine steuerbegünstigte Verwendung von Mineralöl und damit auch für eine Besteuerung von Mineralöl nach dem Regelsteuersatz bei einer bestimmten Verwendung gegeben sind. Das spricht dafür, die Entscheidung in den Bescheiden als gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (vgl. dazu § 199 Abs. 1 AO 1977) anzusehen, so daß sich aufgrund der Regelung in § 179 Abs. 1 AO 1977 die Frage ergibt, nach welcher gesetzlichen Bestimmung das HZA dazu befugt war. Eine ausdrückliche Regelung, die die Feststellung rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich. Schon wegen der sich daraus ergebenden Unsicherheit, ob eine die Feststellung rechtfertigende Rechtsgrundlage vorhanden ist, muß damit gerechnet werden, daß die Bescheide keinen Bestand haben werden.
Fundstellen
Haufe-Index 416294 |
BFH/NV 1989, 676 |