Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückweisung einer im Ausland niedergelassenen Steuerberatungsgesellschaft wegen nicht nur vorübergehender Hilfeleistung in Steuersachen im Inland
Leitsatz (NV)
Eine in Großbritannien als Ltd. registrierte und in den Niederlanden und Belgien niedergelassene Steuerberatungsgesellschaft ist in Deutschland als Prozessbevollmächtigte zurückzuweisen, wenn sie hier mehr als nur vorübergehende Hilfe in Steuersachen leistet.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 2 S. 2; StBerG § 3 Nr. 4, § 3a Abs. 1 Sätze 1, 5; EGV Art. 49-50
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 07.01.2008; Aktenzeichen 5 V 2481/07) |
Tatbestand
I. Die Beschwerdeführerin ist eine in Großbritannien registrierte Steuerberatungsgesellschaft mit Niederlassungen in den Niederlanden und Belgien. In Deutschland ist sie nicht als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt.
In dem Verfahren der (hier) sonstigen Beteiligten wegen vorläufigen Rechtsschutzes hat das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz die Beschwerdeführerin durch Beschluss als Bevollmächtigte unter Hinweis auf den in Sachen der Beschwerdeführerin ergangenen Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Juli 2007 I B 70/07 (BFH/NV 2007, 2357) zurückgewiesen. Die Beschwerdeführerin sei --wie hinlänglich bekannt-- nicht gemäß § 3 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) i.V.m. Art. 50 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EGV) zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen im Inland befugt, da sie nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft, regelmäßig wiederkehrend und kontinuierlich im Inland steuerberatend tätig sei. Da sie sich von ihren Niederlassungen aus ständig an (potentielle) Leistungsempfänger im Inland wende, nehme sie über ihre zahlreichen Mandanten kontinuierlich und in verfestigter Weise am Wirtschaftsleben im Inland teil. Somit falle sie unter die europarechtlichen Vorschriften über das Niederlassungsrecht und nicht unter die des Kapitels (des EGV) über die Dienstleistungen, weshalb sie nach § 3 Nr. 4 StBerG nicht zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen befugt sei.
Mit ihrer Beschwerde trägt die Beschwerdeführerin vor, dass die Begründung des Beschlusses nicht mehr der gegebenen Rechtslage entspreche. Das uneingeschränkte Berufsausübungsrecht der Beschwerdeführerin gründe sich in Art. 49 EGV, auch in seiner Ausgestaltung durch die Richtlinien 2005/36/EG und 2006/123/EG.
Nach Art. 6, a) i.V.m. Art. 5 Abs. 1 b) der Richtlinie 2005/36/EG sei die Beschwerdeführerin zur grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung befugt, ohne dass die Bundesrepublik dies von einer Zulassung oder Mitgliedschaft in einer Berufsorganisation abhängig machen dürfe, selbst wenn diese Voraussetzungen von den in Deutschland Niedergelassenen verlangt würden. Eine richtlinienkonforme Auslegung der Grundfreiheit aus Art. 49 EGV lasse eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit nicht zu.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das FG die Beschwerdeführerin als Prozessbevollmächtigte nach § 62 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückgewiesen, weil sie nicht zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen im Inland befugt ist.
Die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen steht auch Personen und Vereinigungen zu, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Deutschland beruflich niedergelassen sind und dort befugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach dem Recht des Niederlassungsstaates leisten, soweit sie mit der Hilfeleistung eine Dienstleistung nach Art. 50 EGV erbringen (s. BFH-Beschlüsse vom 11. Februar 2003 VII B 330/02, VII S 41/02, BFHE 201, 483, BStBl II 2003, 422; in BFH/NV 2007, 2357, m.w.N.). Dies folgt aus § 3 Nr. 4 Satz 1 StBerG alter, im Zeitpunkt des Ergehens des angefochtenen Beschlusses noch geltenden Fassung und ergibt sich nun aus § 3a Abs. 1 Satz 1 StBerG des Achten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes (BGBl I 2008, 666), gültig seit dem 12. April 2008. Dieses Gesetz dient nach dem amtlichen Hinweis der Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, geändert durch die Richtlinie 2006/100/EG des Rates vom 20. November 2006.
Eine zu Gunsten der Beschwerdeführerin durchgreifende Rechtsänderung ist in der Neuregelung nicht zu erkennen. In der schon vom FG herangezogenen Entscheidung des BFH in BFH/NV 2007, 2357 wie auch in dem ebenfalls die Beschwerdeführerin betreffenden Beschluss des BFH vom 22. Dezember 2006 VII B 165-167/06 (BFH/NV 2007, 785) wird zutreffend ausgeführt, dass der maßgebende Begriff der Dienstleistung i.S. des Art. 50 EG nur grenzüberschreitende vorübergehende Hilfeleistung in Steuersachen erfasse (s. jetzt auch ausdrücklich § 3a Abs. 1 Satz 1 StBerG). Ob eine grenzüberschreitende Dienstleistung einen nur vorübergehenden Charakter habe, beurteile sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nicht nur unter Berücksichtigung der Dauer der Leistung, sondern auch ihrer Häufigkeit, regelmäßigen Wiederkehr oder Kontinuität. Diese somit schon nach alter Gesetzesfassung maßgeblichen Merkmale sind nunmehr in das Gesetz aufgenommen (s. § 3a Abs. 1 Satz 5 StBerG). Dass die Beschwerdeführerin nach diesen Kriterien nicht nur vorübergehend im Inland tätig ist, wird von ihr nicht bestritten.
Fundstellen