Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablaufhemmung nach Fahndungsprüfung; Keine Verfahrensrüge wegen Verletzung rechtlichen Gehörs durch das FA
Leitsatz (NV)
- Die Ablaufhemmung nach Beginn einer Steuerfahndungsprüfung endet nicht mit der Einstellung des Strafverfahrens.
- Die Verletzung rechtlichen Gehörs durch die Finanzbehörden kann nicht mit einer Verfahrensrüge gegen das Urteil des FG geltend gemacht werden.
Normenkette
AO 1977 § 171 Abs. 5; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Gründe
Von einer Darstellung des Tatbestands wird abgesehen (§ 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO― i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze ―2.FGOÄndG― vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757).
Die Beschwerde ist zumindest unbegründet und war daher zurückzuweisen.
1. Gemäß Art. 4 2.FGOÄndG richtet sich die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen eine gerichtliche Entscheidung nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften, wenn die Entscheidung vor dem 1. Januar 2001 verkündet oder von Amts wegen anstelle einer Verkündung zugestellt worden ist. Das ist hier der Fall.
2. Es bestehen bereits erhebliche Bedenken, ob die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die geltend gemachten Zulassungsgründe in einer den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. entsprechenden Weise dargelegt haben, worauf der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) zutreffend hinweist. Letztlich braucht der Senat auf die Zulässigkeit der Beschwerde aber nicht weiter einzugehen, da sie zumindest unbegründet ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 11. Februar 1987 II B 140/86, BFHE 148, 494, BStBl II 1987, 344).
3. Die von den Klägern kaum ordnungsgemäß bezeichneten Rechtsfragen führen jedenfalls nicht zu einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache.
a) Die Kläger halten wohl die Frage für klärungsbedürftig, ob die Ablaufhemmung der Feststellungsfrist gemäß § 171 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO 1977) bei Einstellung des Strafverfahrens nach Beginn einer Steuerfahndungsprüfung entfällt und nur durch Anordnung einer Außenprüfung gemäß § 171 Abs. 4 AO 1977 aufrecht erhalten werden kann. Ein Bedürfnis zur Klärung dieser Frage besteht jedoch nicht, weil sich die Antwort unmittelbar aus § 171 Abs. 5 AO 1977 ergibt. Die Vorschrift regelt, dass die Festsetzungsfrist bzw. Feststellungsfrist nicht abläuft, bevor die aufgrund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide nicht unanfechtbar geworden sind. Unbeschadet der Frage, inwieweit eine Frist zur Auswertung der Prüfungsfeststellungen nach Abschluss der Fahndungsprüfung existiert, hat die Dauer des im Zusammenhang mit der Fahndungsprüfung eingeleiteten Strafverfahrens für den Ablauf der steuerlichen Festsetzungsverjährung keine Bedeutung. Die Einstellung des Strafverfahrens bildet deshalb keine Zäsur, von der an die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 AO 1977 entfallen könnte.
b) Eine Verletzung des Art. 6 des Grundgesetzes (GG) durch Annahme einer zwischen Ehegatten bestehenden gewerblich tätigen GbR liegt offensichtlich nicht vor. Denn die gemeinsame Betrachtung der Ehegatten beruht im Streitfall nicht auf familienrechtlicher, sondern auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage. Demgemäß fehlt es an einer grundsätzlichen Bedeutung auch im Hinblick auf die von den Klägern bezeichnete Verfassungsfrage.
4. a) Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ist unzulässig, soweit sie sich auf Verstöße der Finanzbehörden bezieht. Verfahrensmängel im Sinne des Revisions- und Revisionszulassungsrechts sind nur Fehler des (erstinstanzlichen) Gerichts, denn mit der Verfahrensrüge soll lediglich sichergestellt werden, dass die Prozessbeteiligten eine Entscheidung aufgrund eines fehlerfreien Gerichtsverfahrens erhalten (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 20. Juni 1968 V 134/65, BFHE 93, 209, BStBl II 1968, 755, und BFH-Beschluss vom 22. Oktober 1994 V B 40/94, BFH/NV 1995, 610). Soweit ein Gericht die Bedeutung eines Fehlers der Finanzbehörden im außergerichtlichen Verfahren verkennt, kann darin nur ein materieller Rechtsfehler liegen, der ―bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen― allein mit den Revisionsrügen nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO geltend gemacht werden kann.
b) Soweit die Kläger geltend machen, auch das Finanzgericht (FG) habe das rechtliche Gehör nicht gewährt, ist die Rüge nicht in zulässiger Weise erhoben worden. Zur schlüssigen Rüge einer Verletzung des Rechts auf Gehör muss der Beschwerdeführer darlegen, inwiefern ihm das FG das rechtliche Gehör versagt habe, zu welchen dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegten Tatsachen er sich nicht habe äußern können, was er bei ausreichender Gewährung des Rechts auf Gehör noch vorgetragen hätte, dass er keine Möglichkeit besessen habe, die Gehörsversagung schon beim FG zu beanstanden, bzw. dass er den Verfahrensverstoß vor dem FG gerügt habe und inwiefern durch sein ―lediglich infolge des Verfahrensfehlers― unterbliebenes Vorbringen die Entscheidung des FG auf der Grundlage dessen materiell-rechtlicher Auffassung anders hätte ausfallen können (BFH-Beschluss vom 25. August 1997 VIII B 81/96, BFH/NV 1998, 196). Weder tragen die Kläger vor, zu welcher Tatsache sie sich nicht haben äußern können, noch geben sie an, was sie noch hätten vortragen wollen.
5. a) Die Rüge mangelnder Sachaufklärung ist unzulässig, soweit sie den Gewinn aus den Objekten 2 bis 4 betrifft, denn die Einkünfte daraus sind nicht Gegenstand der vorliegend streitigen Gewinnfeststellungsbescheide und Gewerbesteuer-Messbescheide 1985, 1987 und 1988. Die Gewinne sind dem Veranlagungszeitraum 1986 zugeordnet worden.
b) Gleiches gilt für die Sachaufklärungsrüge in Bezug auf den Gewinn aus der Veräußerung einer Doppelhaushälfte des Objekts 1 an die Eheleute K. Diesen Gewinn hat das FG dem Jahr 1984 zugeordnet und dementsprechend die festgestellten Einkünfte 1985 gemindert.
Die Ablehnung der Beweisanträge zur Ermittlung nicht belegmäßig nachgewiesener Herstellungskosten für das Objekt 1 ―soweit es um die zweite Doppelhaushälfte geht― stellt keinen Verfahrensfehler dar. Denn nach der ―insoweit maßgeblichen― Rechtsauffassung des FG stand einer Berücksichtigung solcher Kosten die fehlende Empfängerbezeichnung gemäß § 160 AO 1977 entgegen. Selbst wenn eine Beweisaufnahme erwiesen hätte, dass höhere Herstellungskosten angefallen waren, hätte das FG sie nach seiner ausdrücklich geäußerten Rechtsmeinung nicht berücksichtigt.
Konkrete Aufklärungsrügen in Bezug auf die übrigen in diesem Verfahren noch streitigen Objekte 5 und 6 haben die Kläger nicht erhoben.
6. Die Rüge eines Verstoßes gegen den klaren Inhalt der Akten kann, worauf das FA zutreffend hinweist, als Rüge der Verletzung von § 96 Abs. 1 FGO verstanden werden. Indessen fehlen schlüssige Angaben darüber, welcher Teil der Akten übergangen worden sein soll. Soweit die Kläger möglicherweise auf die Akten des Landgerichts betreffend den gerichtlichen Vergleich mit den Eheleuten K Bezug nehmen wollen, liegt ein im vorliegenden Verfahren zu beachtender Verfahrensfehler schon deshalb nicht vor, weil der Gewinn, wie ausgeführt, dem Jahr 1984 zugeordnet worden ist.
Fundstellen
Haufe-Index 664378 |
BFH/NV 2002, 159 |