Entscheidungsstichwort (Thema)
Divergenz; Pensionszusage an „Arbeitnehmer-Sohn“
Leitsatz (NV)
- Wendet das FG die vom BFH aufgestellten Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall an, so liegt keine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO vor. Dies gilt auch, wenn die Anwendung in der Sache fehlerhaft ist.
- Liegen unterschiedliche Sachverhalte vor, so kann das FG auch nicht von einer Entscheidung des BFH i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO abweichen.
- Prüft das FG aufgrund der Entscheidung des BFH vom 27. Oktober 1993 (XI R 2/93, BFHE 172, 382, BStBl II 1994, 111), ob die "Arbeitgeber-Mutter" mit der Inanspruchnahme aus einer dem Sohn gegebenen Pensionszusage rechnen muss, weicht es nicht von der Entscheidung des BFH vom 15. Oktober 1997 (I R 42/97, BFH/NV 1998, 927) ab. In der bezeichneten Entscheidung hat der I. Senat es nur für unzulässig gehalten, bei einer GmbH die Einstellung des Betriebes und damit die Nichterfüllung einer dem Geschäftsführer erteilten Pensionszusage zu unterstellen, wenn der Geschäftsführer in den Ruhestand tritt.
- Die Rechtsfrage, dass Verträge zwischen Angehörigen aufgrund der Vermutung gleichgerichteter Interessen einer strengen Überprüfung zu unterziehen sind und dies verfassungsrechtlich unbedenklich ist, ist geklärt.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2; EStG §§ 4-5
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde kann keinen Erfolg haben.
1. Das Finanzgericht (FG) ist nicht von den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. Mai 1984 VIII R 177/78 (BFHE 141, 272, BStBl II 1984, 661) und vom 27. Oktober 1993 XI R 2/93 (BFHE 172, 382, BStBl II 1994, 111) abgewichen. Eine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH (nur) vor, wenn das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der von einem vom BFH aufgestellten Rechtssatz abweicht (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rdnr. 17, m.w.N.). Keine Divergenz liegt daher vor, wenn das FG sich die vom BFH aufgestellten Rechtsgrundsätze zu eigen macht und auf den Streitfall anwendet. Selbst wenn diese Anwendung fehlerhaft sein sollte, so läge keine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO, sondern ein nicht zur Revisionszulassung führender Subsumtionsfehler vor.
Im Streitfall hat sich das FG ausdrücklich auf die von der Klägerin genannten Entscheidungen des BFH gestützt und sie unter Beachtung des streitgegenständlichen Sachverhalts angewendet. Aus der Tatsache, dass der Betrieb der Klägerin im Falle ihres Todes veräußert werden sollte, während im Fall des BFH in BFHE 172, 382, BStBl II 1994, 111 der Sohn als Erbe das Unternehmen fortsetzen konnte, kann eine Divergenz nicht abgeleitet werden. Unterschiedliche Sachverhalte schließen im Grundsatz sogar eine Divergenz aus (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr. 17, m.w.N.). Im Übrigen war der Sohn der Klägerin auch im Streitfall nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des FG Erbe der Klägerin.
Die Vorentscheidung weicht auch nicht vom BFH-Urteil vom 15. Oktober 1997 I R 42/97 (BFH/NV 1998, 927) ab. Nach der Rechtsprechung des I. Senats des BFH ist es unzulässig, bei einer GmbH die Einstellung des Betriebes und damit die Nichterfüllung der dem Geschäftsführer erteilten Pensionszusage zu unterstellen, wenn der Geschäftsführer in den Ruhestand tritt. Einen hiervon abweichenden Rechtssatz hat das FG nicht aufgestellt. Es hat lediglich im Rahmen der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BFHE 172, 382, BStBl II 1994, 111) geprüft, ob die Klägerin als "Arbeitgeber-Mutter" trotz des großen Altersunterschieds mit ihrer Inanspruchnahme aus der Pensionszusage rechnen musste. Die danach gebotene Wahrscheinlichkeitsprüfung kann der vom I. Senat des BFH gerügten unzulässigen Sachverhaltsunterstellung nicht gleichgestellt werden.
2. Soweit die Klägerin die Frage aufwirft, ob die Nichtanerkennung der Pensionszusage gegen Art. 6 des Grundgesetzes (GG) verstößt, weil die einem fremden Dritten gewährte Pensionszusage ohne weiteres anzuerkennen gewesen wäre, hat die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht dargetan. Hierzu hätte sie u.a. darauf eingehen müssen, inwieweit die bezeichnete Rechtsfrage nicht nur für sie persönlich, sondern auch für die Allgemeinheit von Bedeutung ist (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr. 61, m.w.N.). Eingehender Erläuterungen hierzu hätte es insbesondere deswegen bedurft, weil der BFH in ständiger Rechtsprechung Verträge zwischen Angehörigen aufgrund der Vermutung gleichgerichteter Interessen einer strengen Prüfung unterzieht und diese Rechtsprechung vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gebilligt wird (vgl. z.B. Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 18. Aufl., § 4 Rdnr. 520, Stichwort: Angehörige/Angehörigenverträge, m.w.N.; Beschluss der 1. Kammer des 2. Senats des BVerfG vom 7. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34, m.w.N.).
Im Übrigen ergeht dieser Beschluss gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 426281 |
BFH/NV 2000, 1201 |