Leitsatz (amtlich)
1. Die Übernahme von Stammeinlagen auf das Stammkapital einer Unterstützungskasse in der Rechtsform der GmbH ist keine Zuwendung im Sinne des Gesetzes über die Behandlung von Zuwendungen an betriebliche Pensionskassen und Unterstützungskassen bei den Steuern vom Einkommen und Ertrag vom 26. März 1952 - ZuwG - (BGBl I 1952, 206, BStBl I 1952, 227).
2. Eine Abschreibung der Beteiligung auf den niedrigeren Teilwert kann alsbald nach Übernahme der Stammeinlagen auf das Stammkapital einer Unterstützungskasse in der Rechtsform der GmbH nicht vorgenommen werden.
Normenkette
ZuwG § 2; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
1. Anrufungsbeschluß des I. Senats
Der I. Senat des BFH hat dem Großen Senat des BFH mit Beschluß I R 185/67 vom 20. Oktober 1971 (BFH 103 146, BStBl II 1972, 16) folgende Rechtsfragen zur Entscheidung gemäß § 11 Abs. 3 FGO vorgelegt:
1. Kann alsbald nach Übernahme der Stammeinlagen auf das Stammkapital einer rechtsfähigen Unterstützungskasse in der Rechtsform der GmbH eine Abschreibung der Beteiligung auf den niedrigeren Teilwert vorgenommen werden?
2. Ist die Übernahme von Stammeinlagen auf das Stammkapital einer rechtsfähigen Unterstützungskasse in der Rechtsform der GmbH eine Zuwendung im Sinne des Zuwendungsgesetzes?
II. Sachverhalt
Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Anschlußrevisionsklägerin (Steuerpflichtige) gründete mit Vertrag vom 1. Juni 1956 eine rechtsfähige Unterstützungskasse in Form einer GmbH ohne Rechtsanspruch der Leistungsempfänger. Das Stammkapital wurde auf 50 000 DM bemessen und zu 99 v. H. von der Steuerpflichtigen, zu 1 v. H. von einem ihrer Gesellschafter übernommen. Die Steuerpflichtige aktivierte die Leistung auf die Stammeinlage und schrieb sie zugleich auf 1 DM zu Lasten des Betriebsergebnisses ab.
Der Beklagte, Revisionskläger und Anschlußrevisionsbeklagte (FA), der diese Vorgänge ansläßlich einer Betriebsprüfung überprüfte, war der Auffassung, daß die Zuweisung an die Unterstützungskasse - bzw. die Abschreibung auf die Stammeinlage - die Grenze dessen übersteige, was nach § 2 Abs. 2 ZuwG als Betriebsausgabe abzugsfähig sei. Er bildete zum 31. Dezember 1956 in der Bilanz einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe der Stammeinlage von 49 500 DM.
Nach erfolglosem Einspruch hob das FG auf die Klage der Steuerpflichtigen den endgültigen Körperschaftsteuerbescheid auf. Es entsprach dem Klagebegehren der Steuerpflichtigen jedoch nur hinsichtlich eines Teilbetrags von 19 999 DM. Dabei ging es davon aus, daß die Abschreibung auf das übernommene Mindeststammkapital keine Zuwendung im Sinne des ZuwG sei. Den übersteigenden Betrag von 29 500 DM beurteilte es zwar auch als Betriebsausgabe, war aber der Auffassung, daß diese nicht abzugsfähig sei, weil der Betrag die Grenze des ZuwG übersteige. Der Betrag sei einem aktiven Rechnungsabgrenzungsposten zuzuweisen, da er eine Ausgabe sei, die erst in den folgenden Jahren aufgewandt werde (BFH-Urteil I 33/53 U vom 8. September 1953, BFH 58, 70, BStBl III 1953, 318).
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des FA mit dem Antrag, die als abzugsfähig anerkannten 19 999 DM als unzulässige Teilwertabschreibung dem Gewinn der Steuerpflichtigen hinzuzurechnen (BFH-Urteil IV 158/65 vom 14. Juli 1966, BFH 87, 67, BStBl III 1967, 20).
Die Steuerpflichtige hat sich der Revision des FA angeschlossen mit dem Antrag, die Abschreibung in vollem Umfang (49 499 DM) zuzulassen und die Revision des FA zurückzuweisen. Dem BFH-Urteil IV 158/65 (a. a. O.) könne nicht gefolgt werden, da sie, die Steuerpflichtige, im Falle der Auflösung der Unterstützungskasse nach der Satzung nur mit Zustimmung des FA über das Vermögen der Kasse verfügen könne.
III. Begründung des Vorlagebeschlusses
Der I. Senat hält die Abschreibung der Beteiligung auf einen Erinnerungsposten von 1 DM für zulässig. Er ist entgegen dem FG aber der Auffassung, daß die Übernahme der Stammeinlagen auch hinsichtlich des Mindeststammkapitals eine Zuwendung im Sinne des ZuwG ist und daß deshalb noch geprüft werden muß, bis zu welcher Höhe die Zuwendung im Rahmen des ZuwG lag. Er beabsichtigt dementsprechend, auf die Revision des FA und die Anschlußrevision der Steuerpflichtigen die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Hieran sieht er sich jedoch durch die genannte Entscheidung IV 158/65 und das Urteil IV R 140/70 vom 14. Januar 1971 (BFH 101, 95, BStBl II 1971, 180) gehindert. In diesen Urteilen hat der IV. Senat die Zulässigkeit der Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert verneint; im Urteil IV R 140/70 hat er darüber hinaus entschieden, daß die Übernahme der Stammeinlagen keine Zuwendung im Sinne des ZuwG ist.
Der I. Senat führt aus, die Vermutung, daß der Teilwert eines Wirtschaftsguts im Zeitpunkt seiner Anschaffung in der Regel den Anschaffungskosten entspricht und daß ein gedachter Erwerber in der Regel die gleichen Aufwendungen gemacht haben würde, könne auf den Vorgang der Errichtung einer Unterstützungskasse angesichts des die Errichtung bestimmenden Sozialgedankens nicht ohne weiteres übertragen werden. Außerdem könnten die die Wertigkeit der Beteiligung alsbald nach erfolgter Übernahme der Stammanteile negativ beeinflussenden Umstände nicht unberücksichtigt bleiben. Ein trotzdem noch verbleibender Vorteil schließe die Abschreibung nicht aus, da dieser wirtschaftlich nicht mit der Beteiligung verbunden sei, sondern im allgemeinen Geschäftswert seinen Ausdruck finde (vgl. BFH-Urteile I R 180/66 vom 5. August 1970, BFH 100, 89, BStBl II 1970, 804; I R 52/71 vom 14. Oktober 1971, BFH 103, 187, BStBl II 1972, 34).
Der I. Senat betrachtet darüber hinaus die Vorschriften des ZuwG für den Vorgang der Errichtung einer Unterstützungskasse als leges speciales gegenüber den Vorschriften des allgemeinen Steuerrechts. Die Vorschriften dieses Gesetzes könnten nicht dadurch umgangen werden, daß für die erste Zuwendung zur Schaffung eines Deckungskapitals durch Übernahme von Stammeinlagen auf das Stammkapital der Unterstützungskasse auf die Vorschriften des Handels- und des allgemeinen Steuerrechts abgestellt werde, die - was das Problem der Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert betreffe - dem Vorgang in seiner Komplexheit nicht gerecht werden könnten.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
IV. Entscheidung des Großen Senats
Die Rechtsfragen betreffen die Beteiligung an einer rechtsfähigen Unterstützungskassen-GmbH, die zur Erlangung der persönlichen Befreiung von der Körperschaftsteuer (§ 4 Abs. 1 Nr. 7 KStG) u. a. durch die Satzung sichergestellt hat, daß für den Fall der Liquidation der GmbH Rückzahlungen auf die Stammeinlagen ausgeschlossen sind (§ 11 Nr. 1 KStDV).
Der Große Senat ist der Auffassung, daß die Vorschriften des ZuwG auf die Bewertung der Beteiligung keinen Einfluß haben und daß die Beteiligung nach den allgemeinen Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu bewerten ist.
1. Übernahme der Stammeinlagen und Zuwendung im Sinne des ZuwG
In § 2 ZuwG sind die Voraussetzungen aufgeführt, unter denen "Zuwendungen an rechtsfähige Unterstützungskassen und sonstige rechtsfähige Hilfskassen... als Betriebsausgaben abzugsfähig" sind. Der Begriff der Zuwendung ist im Gesetz im einzelnen nicht geregelt. Es erscheint dem Großen Senat jedoch offensichtlich, daß er nicht schlechthin jede Art von Leistung an die GmbH umfassen kann. Hat etwa eine GmbH, wie es das ZuwG ausdrücklich zuläßt, Deckungskapital für die von ihr laufend zu erbringenden Leistungen in Form von Kassenvermögen angesammelt, so muß die GmbH das Vermögen ertragbringend anlegen. Gibt sie nun etwa Darlehen an den Anteilsinhaber oder errichtet sie Gebäude, die sie an den Anteilsinhaber vermietet, so würde es abwegig erscheinen, etwa auch die vertraglich seitens des Anteilsinhabers zu erbringenden Entgelte als Zuwendungen im Sinne des ZuwG zu beurteilen und sie den dort vorgesehenen Beschränkungen zu unterwerfen. Insoweit liegen vielmehr gegenseitige Leistungsaustauschgeschäfte vor, die im Verhältnis zwischen der GmbH und dem Anteilsinhaber nicht anders zu beurteilen sind als im Verhältnis zwischen der GmbH und einem Dritten. Von einer Zuwendung im Sinne des ZuwG kann nur gesprochen werden, wenn sich die Leistung an die GmbH in der Vermögensverlagerung erschöpft, wenn also der Vermögensübergang die GmbH einseitig bereichert.
Der Große Senat stimmt dem IV. Senat (Urteil IV R 140/70, a. a. O.) darin zu, daß die im Zusammenhang mit der Gründung der GmbH vom zukünftigen Anteilsinhaber zu erbringende Stammeinlage keine Zuwendung im Sinne des ZuwG ist. Es mag dahinstehen, ob dies, wie der IV. Senat meint, schon deshalb nicht möglich ist, weil man nur einem vorhandenen Rechtsträger etwas zuwenden könne, die Leistung der Stammeinlagen sich aber vor dem Entstehen der GmbH vollziehe. Denn jedenfalls erschöpft sich die Hingabe der Stammeinlage nicht in der dadurch bewirkten Vermögensverlagerung. Die Hingabe erfolgt vielmehr auf Grund einer im Gründungsvertrag enthaltenen gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung und erzeugt weitere Rechtswirkungen, nämlich letzlich die Gründung der GmbH. Nur in diesem Zusammenhang kann die Leistung der Stammeinlagen rechtlich und wirtschaftlich zutreffend beurteilt werden. Die Gründung einer GmbH kann auch schon vom Wortsinn her nicht unter den Begriff der Zuwendung eingeordnet werden.
Die vom I. Senat angeführte Vorschrift des § 11 Nr. 2 KStDV macht die Befreiung rechtsfähiger Unterstützungskassen von der Körperschaftsteuer u. a. davon abhängig, daß die Zugehörigen des Betriebs oder die Zugehörigen der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege usw. zu laufenden Beiträgen oder zu sonstigen Zuschüssen nicht verpflichtet sein dürfen. Diese Vorschrift schließt es aber keinswegs aus, daß ein Kassenvermögen der Unterstützungskasse außer durch Zuwendungen des Trägerunternehmens im Sinne des ZuwG und spätere eigene Vermögensmehrung auch durch die vom Anteilseigner geleisteten Stammeinlagen gebildet wird.
Die Auffassung des I. Senats, daß die Vorschriften des Handels- und des allgemeinen Steuerrechts dem Problem der Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert nicht gerecht werden könnten, teilt der Große Senat nicht. Er vermag auch die Gefahr einer Umgehung der Vorschriften des ZuwG nicht zu erkennen, wenn die Stammeinlagen als nicht unter dieses Gesetz fallend beurteilt werden. Er ist im Gegenteil der Auffassung, daß ein sachgemäßes, wirtschaftlich vernünftiges Ergebnis bei Gründung einer Unterstützungskassen-GmbH nur dann zu erzielen ist, wenn die Entscheidung des Unternehmers über die Höhe des Stammkapitals nicht durch sich aus dem ZuwG ergebende Überlegungen beeinflußt wird. Dabei ist davon auszugehen, daß keineswegs immer die Gründung einer GmbH mit dem Mindeststammkapital von derzeit 20 000 DM wirtschaftlich vernünftig ist. Im Gegenteil kann bei Unterstützungskassen in der Rechtsform der GmbH, die viele Arbeitnehmer zu betreuen haben und die voraussichtlich ein erhebliches Vermögen ansammeln werden, oft deren Ausstattung mit einem höheren Stammkapital als dem Mindestkapital wirtschaftlich geboten sein. Die Gefahr eines Mißbrauchs bei Zugrundelegung der allgemeinen Vorschriften des Steuerrechts über Teilwertabschreibungen besteht, wie noch darzulegen sein wird, nicht.
2. Abschreibung der Beteiligung auf den niedrigeren Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG)
Die Bewertung der Wirtschaftsgüter ist in § 6 EStG geregelt. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nicht der Abnutzung unterliegen, (u. a. auch Beteiligungen) mit den Anschaffungsoder Herstellungskosten anzusetzen. Statt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten kann der niedrigere Teilwert angesetzt werden. Diese Vorschriften gehen den Bewertungsvorschriften des Handelsrechts vor und schließen diese daher aus.
Der RFH und die Ertragsteuersenate des BFH habe die vorbezeichneten Vorschriften in ständiger Rechtsprechung dahin ausgelegt, daß eine Vermutung dafür besteht, daß der Teilwert eines Wirtschaftsgutes im Zeitpunkt seiner Anschaffung oder Herstellung sich mit seinen tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten deckt (z. B. Urteile I 99/63 vom 11. Januar 1966, BFH 85, 275, BStBl III 1966, 310; IV 138/63 vom 13. Juli 1967, BFH 90, 125, BStBl II 1968, 11; Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl. 1971, § 6 Anm. 12; Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 6 EStG Anm. 72a mit weiteren Nachweisen). Die dem Großen Senat zur Entscheidung vorliegende Rechtsfrage betrifft nur die Bewertung der Beteiligung "alsbald nach Übernahme der Stammeinlagen". Der Große Senat nimmt deshalb Stellung nur zu der Bewertung auf einen Zeitpunkt, der unmittelbar nach Leistung der Aufwendungen auf die Stammeinlagen liegt. Unter diesen Voraussetzungen hat die Rechtsprechung angenommen, daß die Vermutung (Anschaffungs- oder Herstellungskosten = Teilwert) nur durch den Nachweis widerlegt werden kann, daß eine Fehlmaßnahme oder eine Fehlkalkulation vorliegt. Diese Annahme geht davon aus, daß auch ein Erwerber des Betriebs in der Lage des Steuerpflichtigen ebenso hohe Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das Wirtschaftsgut aufgewendet haben würde wie der Steuerpflichtige selbst, sofern dem Steuerpflichtigen bei seinen Überlegungen nicht ein Irrtum unterlaufen, er also nicht von unrichtigen Voraussetzungen ausgegangen ist, und sofern - so wird man ergänzen müssen - nicht betriebsfremde, rein persönliche Überlegungen der Lebensführung seine Entscheidung bestimmt haben (z. B. im Falle des RFH-Urteils VI A 1085/28 vom 25. September 1929, StuW II 1929 Nr. 977).
Von dieser Auslegung der Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG, der der Große Senat beitritt, ist auch bei der Beantwortung der vorgelegten Frage zu 1. auszugehen. Zwar dient die Errichtung einer Unterstützungskassen-GmbH nicht unmittelbar den Zielen eines Unternehmens, wie dies etwa in einem Industriebetrieb bei den der Fertigung dienenden Maschinen der Fall ist. Sie dient den Zielen des Unternehmens aber jedenfalls mittelbar. Dabei kann es dahingestellt bleiben, welche Beweggründe im einzelnen einen Unternehmer zur Gründung einer Unterstützungskassen-GmbH bewogen haben und welche Ziele er tatsächlich damit erreicht. Es ist daher für die Entscheidung auch unerheblich, ob die Errichtung der GmbH durch Sozial- oder Arbeitnehmerfürsorgegedanken bestimmt worden ist oder ob damit lediglich eine bessere Organisationsform für die der Unterstützungskasse übertragenen Aufgaben gefunden werden sollte. Wenn also, wie der vorlegende Senat meint, die Errichtung vom Sozialgedanken bestimmt worden sei, so kann hierin kein Grund gesehen werden, nun etwa die allgemeinen steuerrechtlichen Vorschriften über die Bewertung von Wirtschaftsgütern und die dazu erarbeiteten Auslegungsgrundsätze nicht anzuwenden.
Die Vermutung, daß alsbald nach der Anschaffung eines Wirtschaftsgutes dessen Teilwert gleich den Anschaffungskosten ist, kann hiernach auch für die Bewertung von Stammanteilen an einer Unterstützungskassen-GmbH nur durch den Nachweis widerlegt werden, daß die Gründung eine Fehlmaßnahme war. Diese Voraussetzung mag in einzelnen Fällen erfüllt sein. Es erscheint aber nicht vertretbar oder gerechtfertigt, jede Gründung einer Unterstützungskassen-GmbH von vornherein grundsätzlich wie eine Fehlmaßnahme zu bewerten. Die hierfür vorgebrachten Begründungen überzeugen nicht. Sie sind insbesondere nicht geeignet darzutun, daß die Beteiligung, jedenfalls solange die bei der Gründung der GmbH gegebenen Verhältnisse bestehen bleiben, für den Unternehmer etwa weniger Wert habe als die dafür aufgewendeten Anschaffungskosten. Dies ergeben die folgenden Überlegungen:
a) Die Aufwendungen für die Stammeinlage sind für den Unternehmer keineswegs von vornherein verloren. Zwar ist mit dem vorlegenden Senat davon auszugehen, daß dem Unternehmer in aller Regel im Falle der Auflösung der Unterstützungskassen-GmbH wegen der satzungsmäßig abzusichernden Vermögensbindung eine Liquidationsquote nicht zufallen wird. Die Zwecke der Unterstützungskasse, zu deren Erfüllung das Vermögen satzungsgemäß gebunden werden muß, sind andererseits aber Aufgaben des Unternehmens, die diesem nur dadurch erspart bleiben, daß es sie der Unterstützungskasse übertragen hat. Es ist also davon auszugehen, daß das Unternehmen selbst die von der Unterstützungskasse übernommenen Leistungen zu erbringen haben würde, wenn die Unterstützungskasse nicht bestehen würde. Die Satzungsklausel wirkt im wirtschaftlichen Ergebnis hinsichtlich der Stammeinlage also lediglich dahin, daß der Unternehmer schon im Zeitpunkt der Gründung Aufwendungen erbringt, die sich auf eine zukünftige Zeit beziehen und sich dann auswirken werden.
b) Der Ertraglosigkeit der Beteiligung stehen Vorteile, die mit der Gründung einer Unterstützungskassen-GmbH verbunden sind, gegenüber. Die Ausgründung der GmbH bietet dem Unternehmen im Rahmen des ZuwG wirtschaftlich betrachtet in erheblichem Umfange die Möglichkeit, Aufwendungen für erst in der Zukunft anfallende Unterstützungsleistungen an Arbeitnehmer sofort als Betriebsausgaben abzusetzen. Wären die Unterstützungskassenleistungen von dem Unternehmen selbst zu erbringen, so könnte dieses sie erst im Jahr der Zahlung als Betriebsausgaben absetzen, da anders als bei Pensionszusagen Rückstellungen hierfür nicht zulässig wären. Die hierdurch erzielbare Ersparnis an Ertragsteuern ist angesichts der Tatsache, daß die Unterstützungskassen ihr Vermögen dem Unternehmer in aller Regel darlehnsweise wieder zur Verfügung stellen, größer als der dadurch ebenfalls zusätzlich anfallende Zinsaufwand für das Darlehen. Als weiterer Vorteil kommt hinzu, daß die Unternehmen in wesentlichem Umfange frei bestimmen können, in welchem Jahr sie Zuwendungen an die Unterstützungskassen-GmbH erbringen wollen. Sie können sich dabei diejenigen Jahre aussuchen, die für sie nach der jeweiligen Gewinnlage die größten Vorteile bringen. Die Vorteile der Beteiligung sind hiernach mit Rücksicht auf die bestehenden steuerlichen Gestaltungs- und Steuerersparnismöglichkeiten erheblich und wiegen in aller Regel die Tatsache, daß die GmbH Gewinne nicht ausschüttet, auf.
c) Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die für die Gründung einer Unterstützungskassen-GmbH bestimmenden Motive bei den einzelnen Unternehmen sehr verschieden sein können. Die dadurch erzielten Vorteile für den Betrieb, welcher Art sie auch immer sein mögen, sind aber jedenfalls an die Beteiligung gebunden. Dies zeigt sich schon durch die einfache Überlegung, daß diese Vorteile bei Auflösung der GmbH wieder entfallen würden. Eine Betrachtung, die die erworbene Beteiligung mit der Begründung als wertlos ansehen will, daß der dadurch erreichte Vorteil nicht mit der Beteiligung verbunden, sondern dem Geschäftswert zuzurechnen sei, erscheint dem Großen Senat nicht verständlich und nicht überzeugend. Die Streitfrage kann nicht mit dem Sachverhalt verglichen werden, der dem Urteil des vorlegenden Senats I R 52/71 (a. a. O.) zugrunde lag. In jenem Falle hatte ein Unternehmer zur Ablösung einer Erbbaurechtsverpflichtung eine Abstandszahlung geleistet. Der Große Senat nimmt nicht dazu Stellung, ob er der Entscheidung des vorlegenden Senats, der eine Aktivierungspflicht verneinte, folgen würde; er weist lediglich darauf hin, daß in dem oben bezeichneten Falle des vorlegenden Senats die Frage der Aktivierungs fähigkeit im Vordergrund stand, die im Falle eines Beteiligungserwerbs aber ohne Zweifel gegeben ist. In dem vom vorlegenden Senat weiter angeführten Urteil I R 180/66 (a. a. O.) hat er selbst dargelegt, daß Geschäftswert der Ausdruck für die Gewinnchancen eines Unternehmens ist, soweit sie nicht in einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind.
d) Der Große Senat vermag der Auffassung nicht beizupflichten, daß allgemein der gedachte Erwerber eine Unterstützungskasse durch den Aufwand des Mindeststammkapitals von 20 000 DM - im Gegensatz zu der Aufwendung der Steuerpflichtigen in Höhe von 50 000 DM - errichten könnte. Diese Auffassung geht davon aus, daß eine Unterstützungskasse stets mit dem Mindeststammkapital arbeiten müßte oder könnte. Dem ist entgegenzuhalten, daß die Kapitalausstattung einer GmbH durch verschiedene Faktoren bestimmt wird, u. a. durch den Umfang des Geschäftsbetriebs und die Höhe der Bilanzsumme. Wenn demnach ein Unternehmer bef Gründung einer GmbH ein Stammkapital von 50 000 DM für angemessen hält, so greift auch insoweit die Vermutung Platz, daß der Teilwert gleich den Anschaffungskosten ist, soweit nicht eine Fehlmaßnahme vorliegt.
e) Nicht zu überzeugen vermag schließlich auch der Hinweis, daß in einigen Fällen Erwerber von Unternehmen die Anteile an der Unterstützungskassen-GmbH nicht übernommen hätten. Es kann dahingestellt bleiben, welche Überlegungen einer solchen Vereinbarung zugrunde liegen, insbesondere ob die Ausklammerung der Beteiligung aus dem Unternehmensverkauf auf Veranlassung des Erwerbers oder auf Veranlassung des Veräußerers geschehen ist. Für die Frage, ob für die Beteiligung ein niedrigerer Teilwert in Betracht kommt, besagen diese Überlegungen nichts. Denn in irgendeiner Weise muß der Übergang oder Nichtübergang der Unterstützungskassen-GmbH schon wegen der aus dem Unternehmen herrührenden Verpflichtungen der Überstützungskassen-GmbH gegenüber den Arbeitnehmern oder früheren Arbeitnehmern oder deren Angehörigen in dem Erwerbspreis ihren Niederschlag finden.
f) Auf Vorschriften des Bewertungsrechts (z. B. §§ 13 Abs. 2 und 66 Abs. 3 des BewG in der Fassung vor dem Gesetz zur Änderung des BewG vom 10. August 1963) und die dazu ergangene Rechtsprechung (z. B. BFH-Urteil III R 81/69 vom 30. April 1971, BFH 102, 401, BStBl II 1971, 654) kann nicht zurückgegriffen werden, da es sich um ein anderes Rechtsgebiet handelt.
Zusammenfassend stellt der Große Senat fest, daß auch Anteile an einer Unterstützungskassen-GmbH nur dann sogleich nach der Gründung abgeschrieben werden können, wenn eine Fehlmaßnahme vorliegt. Der Gründungsakt als solcher kann nicht als eine Fehlmaßnahme angesehen werden.
Der Große Senat entscheidet die vorgelegten Rechtsfragen wie folgt:
1. Die Übernahme von Stammeinlagen auf das Stammkapital einer Unterstützungskasse in der Rechtsform der GmbH ist keine Zuwendung im Sinne des ZuwG.
2. Eine Abschreibung der Beteiligung auf den niedrigeren Teilwert kann alsbald nach Übernahme der Stammeinlagen auf das Stammkapital einer Unterstützungskasse in der Rechtsform der GmbH nicht vorgenommen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 413338 |
BStBl II 1973, 79 |
BFHE 107, 296 |