Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassungsfreie Revision - Begründungsmangel
Leitsatz (NV)
Eine Entscheidung ist nicht schon deshalb nicht mit Gründen versehen, wenn das Gericht auf einzelne Argumente oder Gesichtspunkte des Klägers nicht eingeht.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 5
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine Ehefrau waren bis Ende 1970 alleinige Gesellschafter der Beigeladenen (GmbH). Die GmbH schloß 1967 mit den Herren K, G und N einen Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft. Das seinerzeit zuständige Finanzamt sah die stillen Gesellschafter als Mitunternehmer an und erließ für die Feststellungszeiträume ab 1967 Gewinnfeststellungsbescheide.
Später erklärte die F-GmbH sich bereit, der GmbH ein Darlehen zu gewähren, wenn die drei stillen Gesellschafter ausscheiden und abgefunden würden. Auf der Gesellschafterversammlung am 17. Mai 1971 wurde der Beschluß gefaßt, daß das Vertragsverhältnis zwischen der GmbH und den stillen Gesellschaftern per 1. Januar 1971 auf der Grundlage der Bilanz zum 31. Dezember 1970 beendet sein sollte. Die stillen Gesellschafter erhielten ihre Einlagen, erhöht um ein Aufgeld sowie den nichtentnommenen Gewinn, ausbezahlt. Für das Jahr 1971 erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) einen Gewinnfeststellungsbescheid, in dem er für die GmbH einen laufenden Verlust und für die stillen Gesellschafter einen Veräußerungsgewinn feststellte. Der Bescheid ist bestandskräftig.
Das FA lehnte es mit Bescheid vom 11. Februar 1983 ab, ab 1971 die Gewinnanteile aus einer atypisch stillen Gesellschaft, bestehend aus dem Kläger und der GmbH, festzustellen.
Dagegen wandte sich der Kläger mit der Behauptung, nach dem Ausscheiden der drei atypischen stillen Gesellschafter sei er an ihre Stelle getreten. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde eingelegt, die der Senat durch Beschluß vom heutigen Tage als unbegründet zurückgewiesen hat. Am 9. Januar 1986 hat der Kläger Revision eingelegt, mit der er Verfahrensmängel i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) rügt. Zur Begründung trägt er vor:
1. Das Finanzgericht (FG) habe festgestellt, es fehle an klaren und eindeutigen Vereinbarungen über die Fortsetzung und inhaltliche Umgestaltung einer stillen Gesellschaft zwischen der GmbH und dem Kläger. Diese Feststellung sei nicht mit Gründen versehen, weil im Betriebsprüfungsbericht vom 22. September 1980 ein Teil des Gesellschaftsvertrags zwischen Kläger und der F-GmbH wiedergegeben sei. Diese Bestimmungen seien klar und eindeutig.2. Dem Urteil fehle eine Begründung, weil nicht ausgeführt sei, wann die stille Gesellschaft zwischen der GmbH und den drei atypischen stillen Gesellschaftern beendet worden sei.
3. Eine Begründung fehle auch deshalb, weil das FG ausführe, es sei zweifelhaft, ob zwischen der GmbH und den drei ausgeschiedenen stillen Gesellschaftern eine Mitunternehmerschaft bestanden habe, und das FG sich dabei nicht mit den Feststellungen des Betriebsprüfungsberichts vom 1. Oktober 1973 auseinandersetze.
4. Das FG sei davon ausgegangen, daß die stille Gesellschaft mit dem Ausscheiden der drei Gesellschafter rückwirkend aufgelöst worden sei, obwohl in der Vereinbarung § 5 des Gesellschaftsvertrags, der die Auflösung der Gesellschaft behandle, nichts erwähnt sei. Insofern sei die Entscheidung nicht mit Gründen versehen.
5. Das FG führe aus, aus der Äußerung eines der drei stillen Gesellschafter gehe nicht hervor, daß die stille Gesellschaft mit dem Kläger fortgeführt werden solle. Demgegenüber habe diese erklärt, es sei den Gesellschaftern gleichgültig gewesen, wer ihre Rechte erwerbe (fehlende Begründung).
6. Das FG führe aus, die Vereinbarung vom 5. Mai 1971 zwischen Kläger, GmbH und F-GmbH spreche gegen die Fortsetzung der stillen Gesellschaft zwischen GmbH und dem Kläger. Diese Feststellung entbehre der Begründung, weil sie mit der Vereinbarung vom 5. Mai 1971 nicht begründet werden könne.
7. Die Feststellung des FG, die F-GmbH habe sich nicht an einer neuen atypischen Gesellschaft beteiligen wollen, enthalte keine Begründung.
8. Die Feststellung des FG, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, daß ab 1971 eine atypische stille Gesellschaft tätig geworden sei, sei falsch und entbehre der Begründung.
9. Das Gericht setze sich nicht mit dem Vortrag des Klägers auseinander, er habe die stillen Gesellschafter abgelöst und dies sei auch in der Buchführung der GmbH so behandelt worden (Begründungsmangel).
Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und das FA zu verpflichten, gesonderte Gewinnfeststellungen für die aus der Beigeladenen und dem Kläger als Mitunternehmer bestehende atypische stille Gesellschaft für die Jahre 1971 bis 1981 durchzuführen und dem Kläger dabei Gewinnanteile von jährlich mindestens 50 000 DM zuzurechnen, hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Das FA und die beigeladene GmbH beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
Nach Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) findet die Revision grundsätzlich nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen hat. Im Streitfall ist die Revision weder vom FG noch vom BFH zugelassen worden. Verfahrensmängel i. S. des § 116 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 FGO, die die Revision auch ohne Zulassung eröffnen, sind nicht in zulässiger Weise gerügt. Insbesondere fehlt es an einer schlüssigen Darlegung, daß das angegriffene Urteil des FG nicht mit Gründen versehen ist (§ 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO).
Geht das Gericht auf ein rechtliches Argument oder Einzelheiten des Sachverhalts nicht ein, kann dies im Einzelfall ein Rechtsfehler sein. Das ist aber nicht gleichbedeutend mit einem Mangel i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO. Eine Entscheidung ist i. S. dieser Vorschrift nur dann nicht mit Gründen versehen, wenn entweder jede Begründung fehlt, was hier zweifellos nicht der Fall ist, oder wenn das FG einen selbständigen Anspruch oder ein selbständiges Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat (BFH-Urteil vom 11. Juni 1969 I R 27/68, BFHE 95, 529, BStBl II 1969, 492). Im zitierten Streitfall hatte das FG einen Steueranspruch dem Grunde nach für gegeben erachtet, jedoch nicht darüber entschieden, ob ein ermäßigter Steuersatz zugrunde zu legen sei. Damit sind die vom Kläger gerügten Mängel des finanzgerichtlichen Urteils nicht vergleichbar. Der Kläger rügt lediglich, daß das FG auf einzelne Argumente (zu 3.) oder Gesichtspunkte (zu 4.) nicht eingegangen sei, daß es bestimmte Feststellungen nicht getroffen (zu 2.) und Urkunden nicht berücksichtigt habe (zu 1. und 9.) und daß es schließlich unzutreffende Schlußfolgerungen gezogen habe (zu 5., 6., 7. und 8.). Dies wären durchweg Mängel in den Einzelheiten der Begründung, nicht aber eine fehlende Begründung der Entscheidung selbst. Ob das FG in der Begründung auf alle Gesichtspunkte sowie den gesamten Akteninhalt eingegangen und zutreffende rechtliche Schlußfolgerungen gezogen hat, ist keine Frage der fehlenden Begründung i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO. Mängel in dieser Hinsicht können zwar materielles oder formelles Recht (Verfahrensmangel i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) verletzen, sie eröffnen aber keine zulassungsfreie Revision.
Fundstellen
Haufe-Index 415160 |
BFH/NV 1988, 445 |