Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel gegen unanfechtbaren Beschluß des FG
Leitsatz (NV)
Die im Ausnahmefall in Betracht zu ziehende Statthaftigkeit eines Rechtsmittels gegen einen unanfechtbaren Beschluß des FG setzt jedenfalls voraus, daß der Rechtsmittelführer durch die Entscheidung beschwert ist. Daran fehlt es, wenn dieser den Rechtsstreit für in der Hauptsache als erledigt betrachtet.
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 3; GG Art. 19 Abs. 4
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) beantragte gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beim Finanzgericht (FG), die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids 1987 vom 12. Juni 1989 in Höhe von weiteren . . . DM auszusetzen bzw. aufzuheben, hilfsweise Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung der Umsatzsteuervoranmeldung 1989 in Höhe von . . . DM. Das FG lehnte den Antrag mit Beschluß ab. Die Beschwerde gegen seine Entscheidung ließ es nicht zu und führte in der Rechtsmittelbelehrung aus, der Beschluß sei unanfechtbar.
Der Antragsteller legte Beschwerde ein und beantragte sinngemäß, den Beschluß aufzuheben und die begehrte Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung anzuordnen, hilfsweise die Sache an das FG zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. Zur Zulässigkeit der Beschwerde führte der Antragsteller aus, unanfechtbare Beschlüsse der FG seien durch den Bundesfinanzhof (BFH) zu überprüfen, wenn das FG gegen Verfahrensgrundrechte bzw. Verfassungsrechte verstoßen habe.
Während des Beschwerdeverfahrens änderte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) den Umsatzsteuerbescheid 1987 und ermäßigte die festgesetzte Umsatzsteuer um einen Betrag, der höher als der vom Antragsteller begehrte Aussetzungsbetrag war. Der Antragsteller erklärte daraufhin (mit Schriftsatz vom 14. November 1990), das Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung sei in der Hauptsache erledigt; die Kosten des Verfahrens seien dem FA aufzuerlegen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Die Beschwerde richtet sich gegen einen Beschluß, der im Sinne des § 69 Abs. 3 FGO die Aussetzung der Vollziehung betrifft. Sie wäre gemäß Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 (BFHEntlG) nur statthaft, wenn sie in dem angefochtenen Beschluß zugelassen worden wäre. Diese Voraussetzung der Zulässigkeit ist hier nicht erfüllt.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß unanfechtbare Entscheidungen in Ausnahmefällen mit einem Rechtsmittel angegriffen werden können, wenn die Entscheidung mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbart ist (BFH-Beschluß vom 26. Mai 1977 V B 7/77, BFHE 122, 256, BStBl II 1977, 628; Beschluß des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 23. März 1990 I ZB 14/89, NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht - NJW-RR - 1990, 893 m. w. N.; zur Selbstkorrektur des Instanzgerichts nach Gegenvorstellung vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 8. Juli 1986 2 BvR 152/83, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1987, 1319; kritisch Gräber / Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 128 Rz. 3, Vor § 115 Rz. 26). Ob eine solche Ausnahme im Streitfall vorliegt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn keinesfalls kann eine unanfechtbare Entscheidung des FG vom BFH überprüft werden, wenn die Entscheidung den Beschwerdeführer nicht mehr beschwert. Da der Antragsteller den Rechtsstreit infolge der Änderung des Steuerbescheids als erledigt beurteilt, ist das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers entfallen. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den unanfechtbaren Beschluß des FG bleibt somit - wie vom Gesetz vorgesehen - unzulässig.
Damit kommt auch eine nunmehr vom Antragsteller angestrebte Entscheidung über die Kosten gemäß § 138 FGO (Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache) nicht in Betracht. Die Kosten des Verfahrens waren vielmehr gemäß § 135 Abs. 2 FGO dem Antragsteller aufzuerlegen.
Fundstellen
Haufe-Index 417462 |
BFH/NV 1991, 611 |