Entscheidungsstichwort (Thema)
1%-Regelung bei Nutzungsverbot; grundsätzliche Bedeutung; Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
Leitsatz (NV)
Die bloße Behauptung, das betriebliche Fahrzeug nicht für Privatfahrten genutzt zu haben, schließt die Anwendung der 1%-Regelung nicht aus.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 8 Abs. 2 S. 2, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Im finanzgerichtlichen Verfahren war streitig, ob ein Vorteil aus der privaten Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs nach der so genannten 1 %-Regelung einkommensteuerrechtlich als Vorteil i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzusetzen ist.
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wandte sich mit der Klage im Ergebnis erfolglos dagegen, dass bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ein Vorteil für die private Benutzung eines Firmenfahrzeugs nach der 1 %-Regelung angesetzt worden war. Das Finanzgericht (FG) gelangte im Streitfall zu der Würdigung, dass der Anscheinsbeweis dafür, dass der Dienstwagen auch privat genutzt worden sei, durch das Vorbringen des Klägers nicht erschüttert worden sei. Die vom Kläger geführten Aufzeichnungen über die Fahrten mit dem Dienstwagen gäben keinen lückenlosen Aufschluss über Anlass und Entfernung aller durchgeführten Fahrten und ermöglichten keine Verprobung auf ihre sachliche Richtigkeit. Der Nachweis einer ausschließlich beruflichen Nutzung sei im Streitfall auch nicht etwa durch ein arbeitsvertragliches Verbot der privaten Nutzung des Dienstwagens geführt. Schließlich entkräfte auch der Umstand, dass ein gleichwertiges privates Kraftfahrzeug zur Verfügung gestanden habe, im Streitfall nicht den Anscheinsbeweis der privaten Mitbenutzung des Dienstwagens, zumal die räumliche Nähe der Privatwohnung zum Abstellplatz des Dienstwagens den Zugriff darauf ermöglichte. Da ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht vorgelegt worden sei, sei der Vorteil nach der 1 %-Regelung zu erfassen.
Gegen die vom FG nicht zugelassene Revision wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde und macht als Zulassungsgründe grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) und Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind ungeachtet der Frage ihrer hinreichenden Darlegung jedenfalls nicht gegeben.
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. Mai 2007 VI B 143/06, BFH/NV 2007, 1658, m.w.N.).
Solche Rechtsfragen hat der Kläger nicht dargelegt. Denn die insoweit aufgeworfenen Fragen, ob die Annahme eines arbeitsvertraglichen Nutzungsverbots ein ausdrückliches schriftliches Verbot der Privatnutzung erfordere, ob sich das Privatnutzungsverbot auch aus anderen Umständen ergeben könne und ob der Vorgesetzte, mit dem ein Verbot mündlich vereinbart worden sei, den Arbeitsvertrag tatsächlich unterzeichnen müsse, sind im Streitfall nicht grundsätzlich bedeutsam. Denn mit diesem Vorbringen wendet sich der Kläger im Ergebnis lediglich gegen die tatrichterliche Überzeugungsbildung des FG, die jedoch nur insoweit revisibel ist, als Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorliegen. Solche Verstöße sind vorliegend nicht erkennbar. Das FG hat seine Überzeugung, dass ein arbeitsvertragliches Privatnutzungsverbot nicht vereinbart worden sei, insbesondere aus der Auslegung des Arbeitsvertrags, der weiteren zusätzlich abgeschlossenen Vereinbarungen und der Zeugenaussagen dazu, ob ein Privatnutzungsverbot bestanden habe, gewonnen und dabei insbesondere der zusätzlich zum Arbeitsvertrag abgeschlossenen Vereinbarung über die Überlassung des Kraftfahrzeugs auch eine eigenständige Bedeutung beigemessen. Es hat weiter die Zeugenaussagen zu der Frage, inwieweit ein Privatnutzungsverbot bestanden habe, gewürdigt. Dabei hat es einerseits berücksichtigt, dass zwar der unmittelbare Dienstvorgesetzte des Klägers auf der rein dienstlichen Benutzung des Dienstfahrzeugs bestanden habe, aber andererseits auch gewürdigt, dass die Vereinbarungen zur Nutzung des Kraftfahrzeugs vom kaufmännischen Leiter des Arbeitgebers unterzeichnet worden waren. Das FG konnte es daher als unerheblich ansehen, ob der unmittelbare Dienstvorgesetzte die nur dienstliche Benutzung des Fahrzeugs gewollt habe oder nicht. Diese Würdigung ist auf Grundlage der festgestellten Tatsachen möglich.
Soweit der Kläger schließlich die Fragen aufwirft, ob die Trennung des Wohnorts des Arbeitnehmers vom Sitz des Arbeitgebers eine Kontrolle durch den Arbeitgeber ausschließe, ob und inwieweit das Privatnutzungsverbot durch den Arbeitgeber zu kontrollieren sei, ob das Fahrtenbuch die gleichen Anforderungen erfüllen müsse, wie das nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG geführte, sowie, ob ein Fahrtenbuch aus sich heraus ohne weitere Unterlagen und Kenntnisse einer sachlichen Verprobung zugänglich sein müsse, sind diese Fragen im Streitfall nicht entscheidungserheblich. Denn die Frage, inwieweit ein Privatnutzungsverbot zu kontrollieren sei, stellt sich erst, nachdem ein solches Verbot festgestellt worden war. Dies ist indessen vorliegend nicht der Fall. Das FG hat, wie vorstehend dargelegt, in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Überzeugung gewonnen, dass ein Privatnutzungsverbot gerade nicht bestanden habe.
Schließlich sind auch die Fragen zu den Anforderungen an das Fahrtenbuch im Streitfall unerheblich. Denn das FG hat ausdrücklich offen gelassen, ob zur Erschütterung des Anscheinsbeweises ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG zu fordern sei. Auch die Frage, ob das Fahrtenbuch aus sich heraus verständlich und einer Verprobung zugänglich sein müsse, stellt sich im Streitfall nicht als grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage. Denn das FG gelangte insoweit zu der Auffassung, dass auch durch sonstige Unterlagen sich die festgestellten Abweichungen der aufgezeichneten Fahrten und Strecken nicht immer erklären ließen, zumal auch die Reiseberichte keine Beschreibungen der tatsächlich zurückgelegten Strecken enthielten und deshalb auch mit diesen Aufzeichnungen der Anscheinsbeweis nicht zu erschüttern sei.
2. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert. In diesem Sinne ist eine Entscheidung des BFH u.a. dann erforderlich, wenn im Falle der sog. Divergenz das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 6. November 2007 VI B 70/07, BFH/NV 2008, 216; vom 12. Oktober 2006 VI B 154/05, BFH/NV 2007, 51; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 53; jeweils m.w.N.). Solche divergierenden Rechtssätze ergeben sich weder aus der vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung des FG Hamburg vom 16. Mai 2002 V 146/01 noch aus der des FG Baden-Württemberg vom 25. April 2006 3 K 266/02 (juris).
Wenn der Kläger insoweit ausführt, dass das FG Hamburg entschieden habe, das Führen von Fahrtenbüchern sei generell nicht vorgeschrieben, so ist damit schon kein von der hier angegriffenen Entscheidung divergierender Rechtssatz benannt. Denn auch hier geht das FG nicht davon aus, dass das Führen von Fahrtenbüchern generell vorgeschrieben sei.
Soweit der Kläger auf die Entscheidung des FG Baden-Württemberg Bezug nimmt und danach der bloße Vortrag, der betriebliche PKW werde nicht für private Fahrten benutzt, nicht ausreiche, ist damit ebenfalls kein divergierender Rechtssatz benannt. Denn dieser Rechtssatz liegt sowohl der hier streitigen Entscheidung des FG als auch der Rechtsprechung des BFH zugrunde. Danach genügt die bloße Behauptung des Steuerpflichtigen, das betriebliche Fahrzeug nicht für Privatfahrten genutzt oder Privatfahrten ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt zu haben, nicht, um die Anwendung der 1 %-Regelung auszuschließen (BFH-Urteile vom 24. Februar 2000 III R 59/98, BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273; vom 13. Februar 2003 X R 23/01, BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472; vom 7. November 2006 VI R 19/05, BFHE 215, 256, BStBl II 2007, 116; BFH-Beschlüsse vom 11. Februar 2009 VI B 93/08, juris; vom 13. April 2005 VI B 59/04, BFH/NV 2005, 1300; vom 11. Juli 2005 X B 11/05, BFH/NV 2005, 1801).
3. Wenn schließlich der Kläger rügt, dass das FG unzutreffenderweise eine Abweichung zwischen den im Fahrtenbuch dokumentierten und den tatsächlich gefahrenen Kilometern zugrunde gelegt habe, ohne zu berücksichtigen, dass hierbei einzelne Umweg-, Abhol- und Mehrfachfahrten enthalten seien, bei deren Berücksichtigung die Kilometerangaben im Ergebnis doch zuträfen, ist damit schon kein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dargelegt. Denn auch insoweit richtet sich das Vorbringen vielmehr gegen die nach Auffassung des Klägers unzutreffende Sachverhalts- und Beweiswürdigung des FG, die indessen nach ständiger Rechtsprechung des BFH revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen ist (z.B. BFH-Beschluss vom 22. Februar 2007 VI B 29/06, BFH/NV 2007, 969).
Fundstellen
Haufe-Index 2191013 |
BFH/NV 2009, 1434 |