Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestellung eines sog. Notanwalts
Leitsatz (NV)
Die Bestellung eines sog. Notanwalts durch den BFH setzt voraus, daß der Rechtsstreit beim BFH anhängig ist oder anhängig gemacht werden soll.
Normenkette
FGO § 155; ZPO § 78b
Tatbestand
In dem Rechtsstreit des Antragstellers gegen den Antragsgegner (Finanzamt) wegen Abrechnungsbescheids 1979 hat das Finanzgericht (FG) durch Vorbescheid vom 19. Juni 1985 die Klage abgewiesen. Mit Schreiben vom 4. August 1985 an das FG machte der Antragsteller u. a. geltend, ihm sei der Inhalt des Vorbescheids nicht bekannt und ihm liege auch keine Rechtsmittelbelehrung vor. Vorsorglich werde ,,das zulässige Rechtsmittel eingelegt bzw. Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt". Außerdem stellte der Antragsteller in dem genannten Schriftsatz ebenfalls vorsorglich ,,Antrag auf Wiedereinsetzung".
Mit Schriftsatz vom 28. August 1985 an den Bundesfinanzhof (BFH) beantragte er in dem vorbezeichneten Rechtsstreit die Beiordnung eines Rechtsanwalts oder ,,einer zugelassenen Person" zur Wahrnehmung seiner Rechte, ,,um gegen die Entscheidung . . . des . . . Finanzgerichts rechtzeitig das notwendige Rechtsmittel mit Begründungen einzulegen".
Entscheidungsgründe
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Den Ausführungen des Antragstellers ist zu entnehmen, daß er in sinngemäßer Anwendung des § 78b der Zivilprozeßordnung die Beiordnung eines sog. Notanwalts für ein Verfahren vor dem BFH begehrt.
Da nach dem bisherigen Sachstand der Rechtsstreit noch nicht beim BFH anhängig ist, erfordert die Beiordnung eines sog. Notanwalts durch den BFH als Prozeßgericht zumindest, daß der Rechtsstreit vor dem BFH anhängig gemacht werden soll. Auch davon kann im Streitfall jedoch nicht ausgegangen werden.
Den Ausführungen des Antragstellers kann nicht entnommen werden, daß gegen den Vorbescheid das Rechtsmittel der Revision eingelegt werden soll, was erforderlich wäre, um eine Anhängigkeit des Rechtsstreits vor dem BFH zu bewirken. Vielmehr sprechen die Ausführungen des Antragstellers dafür, daß er gegen den Vorbescheid des FG Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat.
Trifft das zu und ist der Antrag rechtzeitig gestellt worden oder wird dem Antragsteller bei Versäumung der Frist für den Antrag auf mündliche Verhandlung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, so gilt der Vorbescheid als nicht ergangen (§ 90 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung) mit der Folge, daß der Rechtsstreit weiterhin vor dem FG anhängig ist.
Ob gegen den Vorbescheid des FG Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt worden ist und ob die dafür vorgesehene Frist gewahrt oder Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, hat in erster Linie das FG zu entscheiden.
Fundstellen
Haufe-Index 422955 |
BFH/NV 1987, 95 |