Entscheidungsstichwort (Thema)
Erklärung nach §68 Satz 1 FGO
Leitsatz (NV)
Für die Rechtsfrage, ob innerhalb eines rechtshängigen Klageverfahrens eine Erklärung nach §68 Satz 1 FGO bereits vor Erlaß eines geänderten Steuerbescheids wirksam ist, besteht kein grundsätzlicher Klärungsbedarf. §68 Satz 2 FGO regelt die Voraussetzungen des Antrags hinreichend deutlich.
Normenkette
FGO §§ 68, 115 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) schätzte die Besteuerungsgrundlagen des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) für 1992, weil dieser keine Umsatzsteuererklärung abgegeben hatte.
Seinen Einspruch begründete der Kläger nicht. Der Einspruch wurde zurückgewiesen.
Während des Klageverfahrens erließ das FA am 24. Oktober 1996 einen Umsatzsteuer- Änderungsbescheid für 1992. Dagegen legte der Kläger weder Einspruch ein noch stellte er einen ausdrücklichen Antrag nach §68 der Finanzgerichtsordnung (FGO), obwohl das FA im Änderungsbescheid darauf hingewiesen hatte.
Das Finanzgericht (FG) verwarf die Klage. Es begründete die Unzulässigkeit der Klage damit, daß entgegen dem Vortrag des Klägers dessen Schreiben vom 14. Oktober 1996 nicht als konkludenter Antrag nach §68 FGO ausgelegt werden könne. Es handle sich auch um kein Rechtsmittel gegen den vom FA angekündigten Bescheid.
Selbst wenn man zur Auslegung als Antrag käme, bliebe das Ergebnis gleich. Nach der Rechtsprechung sei ein vor Bekanntgabe eines Bescheids eingelegtes Rechtsmittel unzulässig (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 8. April 1983 VI R 209/79, BFHE 138, 154, BStBl II 1983, 551). Entsprechendes gelte seit der Neuregelung des §68 FGO für den nach der Vorschrift innerhalb der Monatsfrist zu stellenden Antrag.
Mit der Beschwerde beantragt der Kläger Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.
In erster Linie geht es nach seiner Begründung um die Rechtsfrage, ob innerhalb eines rechtshängigen Klageverfahrens eine Erklärung nach §68 Satz 1 FGO bereits vor Erlaß eines geänderten Steuerbescheids wirksam sei.
Diese Frage sei höchstrichterlich noch nicht entschieden. Dazu seien beim BFH zwei Verfahren anhängig (Az. X R 37/95, Vorinstanz FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21. Dezember 1993 IV 45/90, und X R 125/94, Vorinstanz FG Köln, Urteil vom 12. August 1994 3 K 2737/93).
Weiterhin sei in einer Revision die Rechtsfrage klärbar, ob innerhalb einer rechtshängigen Klage ein Einspruch bereits vor Erlaß eines Steuerbescheids eingelegt werden könne. Dazu vertrete die herrschende Meinung die Auffassung, ein Einspruch vor Bekanntgabe eines Bescheids sei unzulässig (so BFHE 138, 154, BStBl II 1983, 551). Dabei sei allerdings die neue Rechtslage seit Änderung des §68 FGO noch nicht berücksichtigt.
Grundsätzlich bedeutsam erscheine auch die Klärung der besonderen prozessualen Situation eines Klägers nach Rechtshängigkeit der Klage gegen einen Steuerbescheid bei teilweiser Änderung dieses Bescheids. Denn es stehe eine Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör und eines fairen Verfahrens im Raume, wenn ein Kläger eindeutig und unzweifelhaft vor Erlaß des geänderten Bescheids erkläre, er werde nach Erlaß des geänderten Bescheids die noch strittigen Fragen gerichtlich weiterverfolgen. Folge man dem FG, werde das vom Gesetzgeber mit der Änderung des §68 FGO verfolgte Ziel ins Gegenteil verkehrt, ein Nebeneinander von außergerichtlichem Einspruchsverfahren und geändertem Streitgegenstand zu vermeiden und insoweit eine Vereinfachung und damit mehr Rechtssicherheit für den Steuerpflichtigen, aber auch für die Finanzgerichte zu schaffen. Es sei für die Finanzverwaltung und den Steuerpflichtigen eine unzumutbare Erhöhung der Arbeitsbelastung, wenn er nach seiner bereits abgegebenen Erklärung, sein Klageziel gerichtlich weiterverfolgen zu wollen, wenn der Bescheid nicht geändert werde, nochmals einen Antrag stellen müßte.
Das FA tritt der Nichtzulassungsbeschwerde entgegen. Es hält die Fragen für grundsätzlich geklärt.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Es ist schon nicht ersichtlich, daß die vom Kläger dargelegten Fragen in einer Revisionsentscheidung klärbar sind. Denn das FG verneinte bereits das Vorliegen des Antrags nach §68 FGO, also der vorgreiflichen Voraussetzung der Frage, ob ein solcher Antrag auch vor Bekanntgabe des Änderungsbescheids gestellt werden kann. Zu dem Ergebnis, daß ein solcher Antrag nicht erkennbar sei, kam das FG aufgrund der Würdigung des festgestellten Sachverhalts. Hängt aber die angestrebte Revisionsentscheidung maßgeblich von der Würdigung von Tatsachen ab, ist eine Zulassung grundsätzlich nicht gerechtfertigt (vgl. u. a. auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, §115 Rz. 10). Darauf geht der Kläger nicht ein, soweit er geltend macht, das beim BFH noch anhängige Revisionsverfahren X R 125/94 betreffe die von ihm dargelegte Rechtsfrage. Ein ggf. vorhandener "abstrakter" Klärungsbedarf rechtfertigt aber keine Revisionszulassung.
Darüber hinaus ist die Voraussetzung, daß der Antrag "nach Bekanntgabe des neuen Verwaltungsaktes zu stellen" ist, in §68 Satz 2 FGO so deutlich formuliert, daß ein weiterer grundsätzlicher Klärungsbedarf nicht ersichtlich ist. Der Senat verweist auf die -- von den Beteiligten erörterte -- Rechtsprechung des BFH zur vergleichbaren Frage der "vorzeitigen" Anfechtung eines Steuerbescheids (BFHE 138, 154, BStBl II 1983, 551). Das BFH-Verfahren X R 37/95, das der Kläger als Beleg für noch bestehenden Klärungsbedarf anführt, wurde inzwischen durch Urteil vom 29. Oktober 1997 (BFHE 184, 232) abgeschlossen. Es betrifft die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage nicht.
Fundstellen