Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert für das Revisionsverfahren bei angestrebter Steuervergünstigung

 

Leitsatz (NV)

1. Die für die Bestimmung des Streitwerts im Revisionsverfahren maßgebende Beschwer ist durch einen Vergleich der in den Verfahren vor dem FG gestellten Anträge und der daraufhin ergangenen Entscheidung des FG zu ermitteln. Ist der Klageantrag in vollem Umfang ohne Erfolg geblieben, entspricht die Beschwer dem Wert des Streitgegenstands der Vorinstanz.

2. Die für die Bestimmung des Streitwerts in Verfahren vor dem FG maßgebende Bedeutung der Sache ist in der Regel nach den wirtschaftlichen oder finanziellen Auswirkungen der angestrebten Entscheidung auf die Lage des Beteiligten zu bestimmen, der die Entscheidung begehrt hat.

3. Wird mit der Klage eine Steuervergünstigung angestrebt, ist für die Bestimmung des Streitwerts der sich aus der angestrebten Steuervergünstigung ergebende wirtschaftliche oder finanzielle Nutzen maßgebend. Wird die Steuervergünstigung für einen unbestimmten Zeitraum angestrebt, ist der Streitwert in der Regel nach dem wirtschaftlichen Vorteil in dem Zeitraum eines Jahres zu bestimmen.

 

Normenkette

GKG § 11 Abs. 2, § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) forderte mit Kostenrechnung vom Juli 1988 für das Revisionsverfahren (Verfahren im allgemeinen, Nr. 1310 des Kostenverzeichnisses in der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz - GKG -) von der Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Erinnerungsführerin) in deren Rechtsstreit gegen das Hauptzollamt (HZA) B wegen Abgabenfreiheit für Luftfahrtbetriebsstoffe unter Berücksichtigung eines Streitwerts in Höhe von . . . DM einen Gebührenbetrag in Höhe von . . . DM an, nachdem die Kosten des Revisionsverfahrens durch Beschluß des Senats der Erinnerungsführerin auferlegt worden waren.

Mit der Erinnerung wendet die Erinnerungsführerin sich gegen die Höhe des Streitwerts, der dem Gebührenansatz zugrunde gelegt worden ist.

 

Entscheidungsgründe

Die Erinnerung hat Erfolg. Die für das Revisionsverfahren nach Nr. 1310 des Kostenverzeichnisses angesetzte Gebühr ist aufgrund des § 11 Abs. 2 GKG i. V. m. § 14 GKG sowie der Gebührentabelle in der Anlage 2 zum GKG auf . . . DM (2 x . . . DM) herabzusetzen. Dem Gebührenansatz ist ein Streitwert in Höhe von nur . . . DM zugrunde zu legen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren ist, da im Streitfall Revisionsanträge nicht eingereicht worden sind, nach der Beschwer zu bestimmen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 GKG). Die Beschwer ergibt sich aus einem Vergleich der von der Erinnerungsführerin in der Vorinstanz gestellten Anträge und der Entscheidung des Finanzgerichts - FG - (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 20. Aufl., § 14 GKG Anm. 1). Da die Erinnerungsführerin als Klägerin der Vorinstanz mit ihrem Klageantrag in vollem Umfang ohne Erfolg geblieben ist, entspricht die Beschwer dem Wert des Streitgegenstandes der ersten Instanz. Dieser ist aufgrund § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG nach der Bedeutung der Sache zu bestimmen, wie sie sich aus dem Antrag des Klägers für diesen selbst ergibt.

Der Auffassung der Erinnerungsführerin, der Streitwert sei im Streitfall in Anwendung des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG zu bestimmen, kann nicht gefolgt werden. Diese Vorschrift findet nur dann Anwendung, wenn der bisherige Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte zur Bestimmung des Streitwerts nach der Bedeutung der Sache i. S. des § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG bietet. Derartige Anhaltspunkte ergeben sich im Streitfall aber aus einer Äußerung des HZA in dem Verfahren über die Beschwerde der Erinnerungsführerin gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Ablehnung einer einstweiligen Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand des Revisionsverfahrens. In diesem Verfahren hat das HZA ausgeführt, daß die von der Erinnerungsführerin angestrebte Steuervergünstigung für eine abgabenfreie Verwendung von Luftfahrtbetriebsstoffen in der Zeit von November 1981 bis Oktober 1982 einem Steuerbetrag von . . . DM entspreche. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß die Bemessung der angestrebten Steuervergünstigung für den genannten Zeitraum mit diesem Betrag unzutreffend ist.

Danach erscheint es gerechtfertigt, diesen Betrag zur Beurteilung der Bedeutung der Sache i. S. des § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG heranzuziehen und den Streitwert nach diesem Betrag zu bestimmen. Die Bedeutung der Sache im vorgenannten Sinne ist in der Regel nach den wirtschaftlichen oder finanziellen Auswirkungen der angestrebten Entscheidung auf die Lage des Beteiligten zu bestimmen, der die Entscheidung begehrt hat (vgl. Hartmann, a.a.O., § 13 Anm. 3 B). Die Erinnerungsführerin hat mit ihrem Klageantrag eine Entscheidung angestrebt, durch die sie die Feststellung der Befugnis zur abgabenfreien Verwendung von Luftfahrtbetriebsstoffen in der Zeit nach dem 1. November 1981 erreichen wollte. Hätte die Erinnerungsführerin mit diesem Antrag Erfolg gehabt, so hätte sich die angestrebte Entscheidung für sie wirtschaftlich oder finanziell dahin ausgewirkt, daß sie durch die abgabenfreie Verwendung des Luftfahrtbetriebsstoffes Kostenvorteile bei dem Betrieb der Luftfahrzeuge gehabt hätte, deren Höhe dem Steuerbetrag entsprochen hätte, der für die Luftfahrtbetriebsstoffe ohne Gewährung der Steuervergünstigung zu zahlen gewesen wäre. Dieser sich aus der angestrebten Steuervergünstigung ergebende wirtschaftliche oder finanzielle Nutzen ist deshalb für die Bestimmung des Streitwerts maßgebend (vgl. Beschluß des Senats vom 10. Dezember 1980 VII S 16/80, BFHE 132, 206, BStBl II 1981, 276).

Da die Erinnerungsführerin die Steuervergünstigung für einen unbegrenzten Zeitraum angestrebt hat, ist der Streitwert nach dem wirtschaftlichen Vorteil zu bemessen, den die Erinnerungsführerin durch den Einsatz von steuerbegünstigtem Mineralöl in dem Zeitraum eines Jahres erlangt hätte (vgl. BFHE 132, 206, 210). Der den Angaben des HZA entnommene und der Bestimmung des Streitwerts zugrunde gelegte Steuerbetrag entspricht dieser Anforderung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416305

BFH/NV 1989, 654

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