Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache im Verfahren über eine wegen der Verfassungswidrigkeit der Kinderfreibeträge eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde
Leitsatz (NV)
1. Dem Finanzamt sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, wenn es wegen der Verfassungswidrigkeit der Kinderfreibeträge, deretwegen der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat, den angefochtenen Bescheid für vorläufig erklärt und beide Beteiligten den Rechtsstreit daraufhin in der Hauptsache für erledigt erklären.
2. Bei der Entscheidung über die Kosten des Klageverfahrens ist das finanzielle Interesse des Klägers an dem späteren Herabsetzen der Steuer bei der endgültigen Veranlagung des Streitjahres unter Anlehnung an § 13 Abs. 1 S. 2 GKG mit 6000 DM anzusetzen.
Normenkette
FGO § 138 Abs. 1, 2 S. 1; GKG § 13 Abs. 1 S. 2
Gründe
Aufgrund der übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten hat sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Die Erledigungserklärungen der Beteiligten beziehen sich auf den gesamten Rechtsstreit. Das angefochtene Urteil ist damit wirkungslos geworden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15. Juni 1988 II R 224/84, BFHE 153, 431, BStBl II 1988, 761).
Der Senat hatte mithin nur noch über die Kosten des gesamten Verfahrens einschließlich der Kosten des Klageverfahrens zu entscheiden.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 138 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Danach waren dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA -) die Kosten aufzuerlegen; denn das FA hat dem Begehren der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) im Hinblick auf die Verfassungswidrigkeit des aus Kindergeld und Kinderfreibeträgen bestehenden gesetzlichen Kinderlastenausgleichs für die Streitjahre - 1984 und 1985 - (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 12. Juni 1990 1 BvL 72/86, BStBl II 1990, 664) und wegen der verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Höhe des Grundfreibetrages (vgl. Vorlagebeschluß des Finanzgerichts - FG - Münster vom 1. Februar 1991 16 K 936/90 E, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1991, 253; anderer Auffassung aber BFH-Beschluß vom 20. Juli 1990 III B 144/89, BFHE 162, 542, BStBl II 1991, 104), dessentwegen sie Beschwerde eingelegt hatten, dadurch entsprochen, daß es die Einkommensteuerbescheide 1984 und 1985 hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge und des Grundfreibetrages gemäß § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) für vorläufig erklärt hat (vgl. BFH-Urteil vom 8. August 1990 X R 167/87, BFHE 162, 247, BStBl II 1991, 16; Schreiben des Bundesministers der Finanzen - BMF - vom 24. September 1990 IV B 5 - S 2282 a - 58/90, BStBl I 1990, 624 - betreffend Kinderfreibeträge -, und vom 18. April 1991 IV A 5 - S 0338 - 19/91, IV A 6 - S 0622 - 41/91, BStBl I 1991, 494 - betreffend Grundfreibetrag -).
Die Entscheidung über die Kosten des Klageverfahrens folgt aus § 138 Abs. 1 i. V. m. § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO. Sie entspricht bereits deshalb nicht der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, weil die Kläger im Klageverfahren einen weitergehenden Antrag als im Beschwerdeverfahren verfolgt haben.
Die Kosten sind danach gemäß § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO dem FA insoweit aufzuerlegen, als sich der Rechtsstreit dadurch erledigt hat, daß dem Antrag der Kläger durch Änderung der angefochtenen Verwaltungsakte stattgegeben wurde.
Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze hielt es der Senat für angemessen, die Kosten des Klageverfahrens den Klägern in Höhe von 85 v. H. und dem FA in Höhe von 15 v. H. aufzuerlegen. Mit ihrer Klage erstrebten die Kläger, die Einkommensteuer 1984 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 32 317 DM und die Einkommensteuer 1985 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 40 672 DM festzusetzen. Erreicht haben sie, daß die angefochtenen Einkommensteuerbescheide hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge und der Grundfreibeträge gemäß § 165 AO 1977 für vorläufig erklärt wurden. Der Erfolg der Kläger richtet sich nach ihrem finanziellen Interesse an dem späteren Herabsetzen der Steuer bei den endgültigen Veranlagungen der Streitjahre (vgl. BFH-Beschluß vom 9. Oktober 1968 I B 8/68, BFHE 93, 413, BStBl II 1968, 827). Dieses ist mangels anderer Anhaltspunkte unter Anlehnung an § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes mit 6000 DM anzusetzen, so daß die Änderungsbescheide des FA zu einem Erfolg der Kläger von rd. 15 v. H. geführt haben.
Fundstellen
Haufe-Index 417823 |
BFH/NV 1991, 763 |