Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiladung des Sonderrechtsnachfolgers in den Gesellschaftsanteil des Erblassers
Leitsatz (NV)
- Scheidet ein Kommanditist durch Tod aus einer KG aus, ist der Rechtsnachfolger Kraft Sondererbfolge in den Gesellschaftsanteil notwendig zum Klageverfahren beizuladen.
- Der Gesellschafter einer Personengesellschaft ist stets beizuladen, wenn streitig ist, ob ein anderer an seinem Gesellschaftsanteil als typischer oder als atypischer stiller Untergesellschafter beteiligt ist.
Normenkette
FGO § 60 Abs. 3
Tatbestand
I. Die Klägerin zu 1 ist eine GmbH & Co. KG, der Kläger zu 2 der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Kommanditisten waren X, Y und der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller).
1993 übertrug Y einen Teil ihres Kommanditanteils auf den Kläger zu 2 mit der zusätzlichen Vereinbarung, dass der Zweck der Veräußerung möglichst weitgehend erreicht werden solle, wenn die Anteilsübertragung unwirksam sein sollte. Um dies zu sichern, übertrug Y "die festgestellten und entnahmefähigen künftigen Gewinnanteile" auf den Kläger zu 2. Die Anteilsübertragung wurde später für unwirksam erklärt.
Y ist 1997 verstorben. Erbe wurde X, der Kommanditanteil ging jedoch im Wege der Sondererbfolge zur Hälfte auf den Antragsteller über.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) vertrat in den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheiden für die Jahre 1993 bis 1996 die Ansicht, der Kläger zu 2 sei jedenfalls aufgrund der zusätzlichen Vereinbarung atypisch still Unterbeteiligter und damit Mitunternehmer in der KG geworden. Die von ihm bezogenen Geschäftsführervergütungen seien deshalb als Sonderbetriebseinnahmen zu erfassen. Demgegenüber waren die Kläger der Auffassung, dass der Kläger zu 2 nur typisch still unterbeteiligt gewesen sei und deshalb die Gewinnanteile bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und das Geschäftsführergehalt bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen seien. Die Einsprüche blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) hat es mit Beschluss vom 11. Januar 2002 abgelehnt, den Antragsteller zum Verfahren beizuladen.
Der Antragsteller beantragt, den Beschluss aufzuheben, ihn beizuladen und ihm Akteneinsicht zu gewähren.
Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist begründet. Der Beschluss ist aufzuheben.
Das FG hätte den Antragsteller beiladen müssen (§ 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das ergibt sich bereits daraus, dass der Kommanditanteil der Y im Wege der Sondererbfolge zur Hälfte auf ihn übergegangen ist. Scheidet ein Gesellschafter durch Tod aus der Gesellschaft aus, treten an seine Stelle die Erben. Das gilt auch für die Klagebefugnis des verstorbenen Gesellschafters (vgl. u.a. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 30. Juli 1987 IV R 44/85, BFH/NV 1989, 502, unter 2.c der Gründe, m.w.N.). Erbe ist auch, wer im Wege der Sondererbfolge ―hier: aufgrund einer qualifizierten Nachfolgeklausel― Rechtsnachfolger in den Gesellschaftsanteil des Erblassers wird (Urteil des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 10. Februar 1977 II ZR 120/75, BGHZ 68, 225, 236 f.; BFH-Urteil vom 27. Juli 1993 VIII R 72/90, BFHE 173, 515, BStBl II 1994, 625, m.w.N.) und zwar als Einzelperson mit der auf ihn entfallenden Hälfte des Gesellschaftsanteils (vgl. dazu Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 1338, 1340 f., m.w.N., ebenso für Teilerbauseinandersetzung bei Erbengemeinschaft BFH-Urteil vom 1. März 1994 VIII R 35/92, BFHE 175, 231, BStBl II 1994, 241, unter II.2.a und III.3.a der Gründe, m.w.N.). Der Antragsteller war als Erbe der Y klagebefugt und ―wie es diese gewesen wäre― notwendig beizuladen.
Eine Beiladung müsste zwar unterbleiben, wenn Y vom Ausgang des Klageverfahrens unter keinem denkbaren Gesichtspunkt betroffen gewesen wäre (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 4. Mai 1999 VIII B 94/98, BFH/NV 1999, 1483; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 60 Rz. 65 "Rechtsnachfolge", m.w.N.). So lag der Fall hier aber nicht. Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger zu 2 lediglich typisch stiller Unterbeteiligter und Arbeitnehmer oder aber atypisch stiller Unterbeteiligter neben Y als Hauptbeteiligter und damit neben dieser Mitunternehmer war. Ist aber die Mitunternehmerstellung des Unterbeteiligten streitig, ist der Hauptbeteiligte beizuladen, wenn er nicht selbst Klage erhoben hat (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 17. Dezember 1996 IX R 30/94, BFHE 182, 170, BStBl II 1997, 406, unter 1. der Gründe, m.w.N., und ―allgemein zur Beiladung bei streitiger Mitunternehmerstellung― BFH-Urteil vom 25. Juli 2000 VIII R 32/99, BFH/NV 2001, 178, unter II.1.b der Gründe; Gräber/von Groll, a.a.O., § 48 Rz. 9, und Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 48 FGO Tz. 29). Als Rechtsnachfolger der Y nimmt der Antragsteller im vorliegenden Verfahren seine Interessen als Hauptbeteiligter wahr.
Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen, da die Entscheidung über die Beiladung in einem unselbständigen Zwischenverfahren ergeht (§ 143 Abs. 1 FGO) und die Kosten dieses Nebenverfahrens mit den Kosten des Klageverfahrens eine Einheit bilden (BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 1483 a.E.).
Fundstellen
Haufe-Index 939127 |
BFH/NV 2003, 927 |
DStRE 2003, 956 |