Entscheidungsstichwort (Thema)
AdV wegen behaupteter Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit
Leitsatz (NV)
Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung begegnet es keinen verfassungs- oder europarechtlichen Bedenken, dass öffentliche Spielbanken von der Gewerbesteuer befreit sind, private Spielgeräte- und Spielhallenbetreiber dagegen nicht.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; EG Art. 43 (früher Art. 52 EGVtr), Art. 49 (früher Art. 59 EGVtr); EGVtr Art. 87; GewStG § 3 Nr. 1; FGO § 69 Abs. 2 Sätze 2-3
Tatbestand
A. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) ist Automatenaufsteller mit eigenen Spielhallen in Schleswig-Holstein und Hamburg. Die Spielhallen in A und R (Schleswig-Holstein) sind dem Vorbringen des Antragstellers zufolge überwiegend mit Geldspielgeräten bestückt.
Im Anschluss an eine Außenprüfung erließ der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) geänderte Gewerbesteuermessbescheide 1992 bis 1995 sowie erstmalig den Gewerbesteuermessbescheid 1996.
Gegen diese Bescheide legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte vergeblich die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung (AdV) mit der Begründung, er sei wie die öffentlich zugelassenen Spielbanken gemäß § 3 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) aus Gründen der Gleichbehandlung von der Gewerbesteuer befreit.
Seinen daraufhin beim Finanzgericht (FG) gestellten Antrag auf AdV begründete der Antragsteller im Wesentlichen damit, dass er im Wettbewerb mit öffentlich zugelassenen Spielbanken stehe. Obwohl er der Wettbewerber mit der weitaus niedrigeren Leistungsfähigkeit sei, werde er allen laufenden Steuern unterworfen und unterliege zusätzlich der Spielgeräte- bzw. Vergnügungssteuer. Europäisches wie deutsches Recht geböten eine einheitliche steuerliche Behandlung von Automatenaufstellern und Spielbanken. Die "Sonderbelastung" der Spielbanken mit der Spielbankabgabe könne kein zulässiger Differenzierungsgrund sein. Im Übrigen sei die derzeitige steuerliche Belastung des Glücksspiels in Spielbanken die niedrigste für Glücksspieleinsätze im Bundesgebiet überhaupt, mache sie doch kaum mehr als 2 % des Einsatzes aus.
Die unbegründete steuerliche Differenzierung des Glücksspiels an Automaten, je nachdem, ob dies in Betriebsstätten von Spielbanken oder von Automatenaufstellern geschehe, verstoße gegen europäisches Recht. Hinsichtlich der Umsatzsteuer habe dies der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ―EuGH― (Urteil vom 11. Juni 1998 C-283/95, Karl-Heinz Fischer gegen FA Donaueschingen, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst ―DStRE― 1998, 490) bereits so entschieden.
Dem Antrag sei auch gemäß Art. 49 (Dienstleistungsfreiheit ―früher Art. 59―) des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) und Art. 43 (Niederlassungsfreiheit ―früher Art. 52 EGV―) stattzugeben.
Das FG hat den Antrag auf AdV abgelehnt. Bei summarischer Prüfung beständen weder verfassungsrechtliche noch europarechtliche Bedenken an § 3 Nr. 1 GewStG. Es lägen Sachverhalte unterschiedlicher Ordnungsbereiche vor. Außerdem sei kein berechtigtes Interesse des Antragstellers an der AdV ersichtlich.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner ―vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen― Beschwerde.
Das Gericht begründe seine Entscheidung mit Ausführungen, die das FA nicht vorgetragen habe und zu denen er nicht gehört worden sei. Insoweit rüge er Verfahrensfehler (fehlendes rechtliches Gehör, Verstoß gegen das Willkürverbot und § 76 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Ein berechtigtes Interesse an der Aussetzung sei deshalb gegeben, weil das FA inzwischen die Zwangsvollstreckung in sein selbstgenutztes Einfamilienhaus betreibe, und zwar wegen eines relativ geringfügigen Betrages von 14 000 DM. Da er mittlerweile den Betrieb aufgegeben habe, vernichte die Zwangsvollstreckung ihn und seine Familie in ihrer wirtschaftlichen Existenz.
Das FG habe seinen Vortrag zum Teil überhaupt nicht geprüft. So fehle z.B. jegliches Eingehen auf die "Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung" vom 11. November 1998 (BStBl I 1999, 205), die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), auf die er in seinem Schriftsatz vom 13. Januar 2000 auf S. 9 1. Absatz hingewiesen habe und die Entscheidung des EuGH vom 28. Januar 1986 Rs. C-270/83, avoir fiscal (EuGHE 1986, 273, 285).
Die vom FG aufgeführten Unterschiede der Sachverhalte seien nicht geeignet, die unterschiedliche steuerliche Belastung von Spielhallen und Spielbanken zu rechtfertigen. Der Betrieb einer Spielbank sei wirtschaftliche Betätigung. Die Ausführungen des BVerfG in dem Beschluss vom 18. März 1970 2 BvO 1/65 (BVerfGE 28, 119), die das FG zitiere, seien nicht Bestandteil des Tenors und für eine Abgrenzung zu Spielhallenbetreibern auch nicht geeignet. Auch der Gesetzgeber erkenne offenbar an, dass eine Spielbank ein gewerblicher Betrieb im Sinne des GewStG sei. Es entspreche bereits dem Gesetz der Logik, dass in einem Steuergesetz wie in § 3 Nr. 1 GewStG eine Steuerbefreiung nur ausgesprochen werden könne, wenn zuvor ein belastender Tatbestand erfüllt sei.
Nach Auffassung des EuGH verbiete der Grundsatz der steuerlichen Wettbewerbsneutralität eine allgemeine Differenzierung zwischen erlaubten und unerlaubten Umsätzen ebenso wie zwischen erlaubten und unerlaubten Dienstleistungen. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe diese Grundsätze in seinem Vorlagebeschluss vom 24. Februar 1999 X R 171/96 (BFHE 188, 69, BStBl II 1999, 450) aufgegriffen. Hiernach habe die Besteuerung in einem Einzelsteuergesetz systemgerecht und sachgerecht zu erfolgen; eine Steuerlast bzw. eine Steuerbefreiung könne nicht mit einer Steuerlast oder -befreiung in einem anderen Einzelsteuergesetz begründet werden.
Auch der Hinweis des FG auf die angeblich gemeinnützige Verwendung des Spielbankabgabeaufkommens halte einer Überprüfung auf eine verfassungsmäßige Besteuerung nicht stand. Flössen die Mittel der Spielbankabgabe nicht in den allgemeinen Haushalt, verliere die Spielbankabgabe ihren Charakter als Steuer und werde damit unzulässig. Die Spielbankabgabe fließe offenbar doch wenigstens zum Teil in den Landeshaushalt, denn das Land Schleswig-Holstein gebe hiervon (von 80 %) durchschnittlich 20 % in die Gemeindehaushalte und 5 % in die Kreishaushalte, obwohl eine Umverteilung dem Grundgedanken des § 3 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes des Landes Schleswig-Holstein ―KAG-SH― (Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein ―GVBl SH― 1970, 44) widerspreche.
Den 80 %igen Steuersatz auf die Bruttoerlöse anzuführen, sei ebenso irreführend wie falsch. Irreführend sei, dass die sog. Troncabgabe ebenso wie die Nebeneinnahmen stets unterschlagen würden. Treffe es hingegen zu, dass der Tronc zuzüglich Eintritts- und Garderobegeldern rd. 50 % des Bruttoerlöses und die Troncabgabe 4 bis 8 % des Troncaufkommens ausmachten, so betrage die Steuerbelastung rd. 85 Punkte von rd. 150 Punkten Bruttoerlös, das seien rd. 57 %. Er, der Antragsteller, habe aber unter Einberechnung der Spielgerätesteuer eine höhere Grenzsteuerbelastung.
Der Antragsteller beantragt, unter Aufhebung des Beschlusses des Schleswig-Holsteinischen FG vom 29. Juni 2000 die Vollziehung der Gewerbesteuermessbescheide für 1992 in Höhe von … DM, für 1993 in Höhe von … DM, für 1994 in Höhe von … DM und für 1995 in Höhe von … DM, jeweils vom 9. September 1999, aufzuheben sowie die Vollziehung der Gewerbesteuermessbescheide, jeweils vom 9. September 1999, für 1992 in Höhe von … DM, für 1993 in Höhe von … DM, für 1994 in Höhe von … DM, für 1995 in Höhe von … DM und für 1996 in Höhe von … DM auszusetzen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat die begehrte AdV zu Recht abgelehnt. An der Rechtmäßigkeit der mit dem Einspruch angefochtenen Bescheide bestehen keine ernstlichen Zweifel i.S. des § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO.
I. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll das FG die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts u.a. dann ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel sind zu bejahen, wenn bei überschlägiger Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Diese Grundsätze sind auch dann anzuwenden, wenn die Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts mit Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem Bescheid zugrunde liegenden Norm begründet werden (vgl. Beschlüsse des BFH vom 2. August 1988 III B 12/88, BFHE 154, 123, m.w.N., und vom 6. November 1987 III B 101/86 BFHE 151, 428, BStBl II 1988, 134).
1. Werden die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts mit der behaupteten Verfassungswidrigkeit einer Norm begründet, kommt eine AdV nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur in Betracht, wenn ein berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegeben ist (BFH-Beschlüsse in BFHE 154, 123, und vom 21. Mai 1992 X B 106/91, BFH/NV 1992, 721, jeweils m.w.N.). Dieser Rechtsprechung liegt die Erwägung zugrunde, dass jedenfalls im Verfahren wegen vorläufigen Rechtsschutzes nur bei Vorliegen dieser zusätzlichen Voraussetzung der Geltungsanspruch, den jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommene Gesetz erheben kann, beseitigt ist.
Im Streitfall kann offen bleiben, ob der Antragsteller im Beschwerdeverfahren sein berechtigtes Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hinreichend dargelegt hat. Denn bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung bewirkt § 3 Nr. 1 GewStG bei summarischer Prüfung keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung des Antragstellers.
2. Er wird aufgrund dieser Vorschrift zwar anders behandelt als Spielbanken. Die Ungleichbehandlung stellt bei einem überschlägigen Vergleich der abgabenrechtlichen Gesamtlage aber keine Benachteiligung des Antragstellers dar.
a) Die Frage der Vereinbarkeit von § 3 Nr. 1 GewStG mit dem Grundgesetz (GG) kann in vorliegendem Verfahren nur insoweit eine Rolle spielen, als der Anspruch des Antragstellers auf Gleichbehandlung berührt ist. Ein Gleichheitsverstoß, der nicht ihm, sondern Dritten zum Nachteil gereicht, wäre ohne Relevanz für seine subjektive Rechtsposition. Es bedarf daher keiner Prüfung, ob etwa die Belastung der Spielbanken mit der Spielbankabgabe diese, verglichen mit den Betreibern von Spielhallen, in verfassungswidriger Weise benachteiligt.
b) Ob eine abgabenrechtlich ungleiche Behandlung eine Benachteiligung darstellt, kann sich nicht aus einem isolierten Normvergleich, sondern nur aus einer steuerrechtlichen Gesamtbetrachtung ergeben.
Der Gleichheitssatz verlangt für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch die Steuergesetze rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden. Der mit jeder Besteuerung verbundene Eingriff in die Vermögens- und Rechtssphäre des Steuerpflichtigen gewinnt seine Rechtfertigung aus der Gleichheit der Lastenzuteilung. Im Steuerrecht müssen daher steuerbegründende Vorschriften dem Prinzip einer möglichst gleichmäßigen Belastung der Steuerpflichtigen besonders sorgfältig Rechnung tragen (BVerfG-Urteil vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 268 f., BStBl II 1991, 654). Steuerbefreiungen einzelner Steuerpflichtiger bedürfen der Rechtfertigung. Das gilt insbesondere dann, wenn andere Steuerpflichtige hierdurch in ihrer Wettbewerbsgleichheit beeinträchtigt werden (vgl. BVerfG-Beschluss vom 26. Oktober 1976 1 BvR 191/74, BVerfGE 43, 58, 70). Ein dem Art. 3 Abs. 1 GG genügender Vergleich darf sich aber nicht auf die Prüfung der unterschiedlichen Belastung innerhalb eines Steuergesetzes beschränken. Gleichheitserheblich ist insoweit der durch die Gesamtregelung hergestellte Belastungserfolg (BVerfG-Beschluss vom 10. April 1997 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1, 8, BStBl II 1997, 518). Demgemäß sind nicht nur Regelungen einzubeziehen, die innerhalb einer Steuerart Normadressaten mit unterschiedlichen Rechtsfolgen belegen, sondern auch Vergünstigungen und Belastungen durch andere Steuergesetze. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein Normadressat mit einer Steuer belegt wird, die ein Äquivalent darstellen soll für Steuern, denen andere Normadressaten unterworfen werden.
c) Der Antragsteller wird bei summarischer Prüfung durch § 3 Nr. 1 GewStG nicht benachteiligt, denn die Spielbankbetreiber unterliegen regelmäßig einer höheren steuerlichen Belastung als die Betreiber von Geldspielgeräten oder Spielhallen. Zwar sind die zugelassenen öffentlichen Spielbanken mit ihren der Spielbankabgabe unterliegenden Tätigkeiten, wozu auch das Betreiben von Geldspielgeräten gehört, gemäß § 3 Nr. 1 GewStG von der Gewerbesteuer befreit, der mit Wirkung vom Erhebungszeitraum 1996 gilt. Auch davor wurde im Hinblick auf die Ermächtigung in § 6 Abs. 2 der Verordnung über öffentliche Spielbanken ―Spielbanken-VO― vom 27. Juli 1938 (RGBl I 1938, 955; vgl. BTDrucks 13/3084, S. 25) keine Gewerbesteuer erhoben. Demgegenüber unterliegt der Antragsteller mit seinen Spielhallen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer. Die Spielbanken haben aber statt der Gewerbesteuer die Spielbankabgabe zu entrichten, die zu einer wesentlich höheren steuerlichen Belastung führt.
Es ist bei überschlägiger Prüfung auch kein Grund ersichtlich, der es verböte, die Spielbankabgabe in den Belastungsvergleich einzubeziehen.
Die Spielbankabgabe ist eine Steuer i.S. des § 3 Abs. 1 der Abgabenordnung ―AO 1977― (vgl. Art. 106 Abs. 2 Nr. 6 GG; BFH-Urteil vom 8. März 1995 II R 10/93, BFHE 177, 276, BStBl II 1995, 432). Sie ist eine Geldleistung, die von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt wird, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Sie stellt auch keine Gegenleistung für eine besondere Leistung dar (vgl. BFH in BFHE 177, 276, BStBl II 1995, 432). Hiervon geht offensichtlich auch der Verfassungsgesetzgeber aus, der in Art. 106 Abs. 2 Nr. 6 GG die Spielbankabgabe als Steuer ausweist.
Nach dem Willen des Gesetzgebers stellt die Spielbankabgabe das Äquivalent für die Befreiung von der Gewerbesteuer und anderen Steuerarten dar (Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 1 GewStG, BTDrucks 13/3084, S. 25). Sie soll zu einer der Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuerbelastung entsprechenden Besteuerung führen und zielt darüber hinaus darauf ab, die durch den Betrieb der Spielbank erzielten Gewinne möglichst weitgehend, wenn auch unter Belassung eines angemessenen Gewinns für den Unternehmer, zugunsten des Staates abzuschöpfen (BFH in BFHE 177, 276, BStBl II 1995, 432). Die Regelungen der Spielbankgesetze enthalten ein repressives Verbot mit Dispensierungsvorbehalt (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 28, 119, 148). Der Betrieb einer Spielbank bleibt als an sich unerwünschte Tätigkeit generell verboten und wird nur aus besonderen Gründen im Einzelfall zugelassen. Durch die Konzessionierung einer Spielbank soll nicht eine Gelegenheit zur wirtschaftlichen Betätigung eröffnet werden. Sie wird vielmehr wesentlich und entscheidend bestimmt durch die öffentliche Aufgabe, das illegale Glücksspiel um Geld einzudämmen und dem nicht zu unterdrückenden Spieltrieb des Menschen staatlich überwachte Betätigungsmöglichkeiten zu verschaffen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 28, 119).
Mit der Konzession zum Betrieb einer Spielbank wird regelmäßig die Möglichkeit zur Erzielung sehr hoher Gewinne eröffnet. Die weitgehende Abschöpfung dieser Gewinne wird einerseits durch den ―gemessen an den herkömmlichen Steuern― exorbitant hohen Steuersatz erreicht, und ferner dadurch, dass die Spielbankabgabe nicht nach dem Gewinn, sondern nach dem Bruttoertrag bemessen wird, d.h. die betrieblich veranlassten Kosten des Spielbankunternehmers sich nicht abgabemindernd auswirken. Auf der anderen Seite wird diese Regelung der Spielbankabgabe nur dadurch praktikabel, dass ihr eine umfassende Befreiung von den übrigen Steuern gegenübersteht (BFH in BFHE 177, 276, BStBl II 1995, 432). So sieht § 6 Spielbanken-VO, der gemäß Art. 123 Abs. 1, 125 GG fortgilt, eine umfassende Steuerbefreiung vor.
Die Spielbankabgabe in Hamburg betrug in den Streitjahren 80 % des Bruttospielertrags (§ 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank ―SpielbG― vom 24. Mai 1976, Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt ―GVBl HA― Teil I 1976, 139) und in Schleswig-Holstein je nach Höhe des Bruttospielertrages 73 bis 88 % des Bruttospielertrages (§ 2 SpielbG vom 14. Juni 1982, GVBl SH 1982, 161). Bruttospielerträge sind für den Fall, dass die Spielbank das Spielrisiko trägt, die Beträge, um die die Spieleinsätze die Gewinne der Spieler übersteigen, die diesen nach den Spielregeln zustehen (Bruttogewinn) abzüglich der Verluste vorangegangener Spieltage desselben Wirtschaftsjahres. Unterläge der Antragsteller mit seinen Bruttospielerträgen der Spielbankabgabe, so wäre er insgesamt steuerlich weitaus höher belastet als durch die Regelbesteuerung.
Hieran ändert auch die geringere steuerliche Belastung nichts, denen der Tronc bei den Spielbanken unterliegt (§ 4 Abs. 1 des Spielbankgesetzes des Landes Schleswig-Holstein ―SpielbG SH― vom 29. Dezember 1995, GVBl SH 1996, 78). Im Tronc werden die Zuwendungen der Besucher an die Spielbank oder das spieltechnische Personal gesammelt und nach Abzug der Troncabgabe (zwischen 1 und 10 % der Tronceinnahmen) für das Personal verwendet. Selbst wenn diejenigen Bruttospielerträge, die der Antragsteller für sein Personal verwendet, keiner Abgabe unterlägen, wäre der Antragsteller durch die Spielbankabgabe steuerlich höher belastet. Der Antragsteller hat in allen Streitjahren ―nach Abzug seiner Personalkosten― Bruttoerlöse von über … DM erzielt. Unterläge er damit der Spielbankabgabe, hätte er jährlich mehr als … DM an Steuern zu entrichten gehabt. Demgegenüber erreicht die steuerliche Belastung des Antragstellers mit Einkommen-, Gewerbe-, Umsatz- und Spielgerätesteuer in keinem Jahr … DM.
Ein in der unterschiedlichen steuerlichen Belastung begründeter Eingriff in die Wettbewerbsgleichheit ist daher allenfalls zum Nachteil der Spielbanken gegeben.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers steht der Vorlagebeschluss des BFH in BFHE 188, 69, BStBl II 1999, 450 steht dem nicht entgegen. Der X. Senat hat in dieser Entscheidung eine Einbeziehung der Gewerbesteuerbelastung bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Tarifvorschrift des § 32c des Einkommensteuergesetzes (EStG) deshalb verneint, weil Einkommensteuer und Gewerbesteuer nach unterschiedlichen Grundsätzen erhoben würden. Während sich die Einkommensteuer nach der individuellen Leistungsfähigkeit richte, folge die Gewerbesteuer im Wesentlichen dem Objektsteuerprinzip. Auf dieser Unterschiedlichkeit im Charakter beider Steuerarten beruhe insbesondere die Annahme, dass es sich bei der Erfassung des Gewerbeertrags sowohl bei der Einkommensteuer als auch bei der Gewerbesteuer nicht um eine Doppelerfassung handle; darum sei es nicht zulässig, diese Belastungsentscheidung in einem anderen Steuergesetz wieder rückgängig zu machen.
Der erkennende Senat kann offen lassen, ob er sich diesen Ausführungen des X. Senats in vollem Umfang anschließen könnte. Denn die jetzt zu beurteilende Frage betrifft nicht die systemwidrige Vermengung von Elementen der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer. Vielmehr tritt die Spielbankabgabe nach dem Willen des Gesetzgebers in ihrem Bereich an die Stelle beider Steuern. Fallgestaltungen dieser Art betrifft der vorerwähnte Vorlagebeschluss nicht.
3. Das FG hat bei der gebotenen summarischen Prüfung auch zutreffend die Europarechtswidrigkeit der Gewerbesteuerbefreiung der öffentlich zugelassenen Spielbankunternehmen verneint.
a) Ein Verstoß gegen Art. 43 EGV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 49 EGV (Dienstleistungsfreiheit) ist nicht ersichtlich. Die Gewerbesteuerbefreiung der Spielbanken in § 3 Nr. 1 GewStG bewirkt keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Dienstleistenden. Ebenso wenig ist erkennbar, weswegen hierdurch Unternehmer aus anderen Mitgliedsländern, die eine Spielhalle in Deutschland betreiben wollen, in ihrer Niederlassungsfreiheit beeinträchtigt sein sollen. Sie unterliegen im Bundesgebiet derselben Besteuerung wie inländische Gewerbetreibende. Ein den Urteilen des EuGH in EuGHE 1986, 273 (avoir fiscal) und vom 26. Oktober 1999 Rs. C-294/97, Eurowings (Der Betrieb ―DB― 1999, 2246) vergleichbarer Sachverhalt ist nicht gegeben, da in diesen Fällen Mitbewerber aus anderen Mitgliedstaaten durch die beanstandeten steuerlichen Regelungen gegenüber den inländischen Dienstleistenden benachteiligt wurden.
b) Auch eine Verletzung des Art. 87 EGV ist bei überschlägiger Prüfung nicht erkennbar. Nach dieser Vorschrift sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen und Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, grundsätzlich mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Bei der Gewerbesteuerbefreiung der Spielbanken handelt es sich bei gegenwärtiger Sach- und Rechtslage nicht um eine Beihilfe im Sinne dieser Vorschrift, da Spielbanken ―wie ausgeführt― einer höheren Belastung durch die Spielbankabgabe unterliegen und Spielhallen oder Spielgerätebetreiber daher nicht in ihrer Wettbewerbsgleichheit beeinträchtigen.
c) Das vom Antragsteller angeführte Urteil des EuGH in DStRE 1998, 490 betrifft die Umsatzsteuer, und zwar den Anwendungsbereich der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Eine Europarechtswidrigkeit der Gewerbesteuerbefreiung von Spielbanken ist hieraus bei summarischer Prüfung nicht abzuleiten. Der Streitfall betrifft die Gewerbesteuer, für die es eine der Richtlinie 77/388/EWG entsprechende vergleichbare Regelung innerhalb der EG nicht gibt. Die vom EuGH angeführten Grundsätze, wonach die Belastung mit Spielbankabgabe eine unterschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung nicht rechtfertigen kann, können Gültigkeit nur für harmonisierte Steuern beanspruchen.
II. Auch eine AdV wegen unbilliger Härte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz FGO) kommt nicht in Betracht.
Die Anerkennung einer unbilligen Härte setzt voraus, dass der Betroffene seine wirtschaftliche Lage im Einzelnen vorträgt und glaubhaft macht (BFH-Beschluss vom 9. Mai 1969 III B 4/67, BFHE 96, 117, 120, BStBl II 1969, 547). Hieran mangelt es. Der Antragsteller trägt zwar nunmehr vor, das FA vollstrecke wegen einer Forderung von 14 000 DM in sein Einfamilienhaus, wodurch seine und seiner Familie wirtschaftliche Existenz vernichtet werde. Nähere Angaben des Antragstellers zu seiner finanziellen Lage sind aber nicht vorgetragen und aus den vorliegenden Akten auch nicht ersichtlich. Hierzu hätte aber bereits deshalb Anlass bestanden, weil angesichts jährlicher Gewinne zwischen … DM und … DM in den Streitjahren nicht ersichtlich ist, weswegen der Antragsteller nicht in der Lage sein soll, die genannte Steuernachforderung, notfalls mit Hilfe von Krediten, zu begleichen.
Fundstellen
Haufe-Index 604597 |
BFH/NV 2001, 1294 |