Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung des Verfahrens bei Entlassung des amtlichen Betreuers
Leitsatz (NV)
Beim Wegfall des gesetzlichen Vertreters (Betreuers) eines Beteiligten tritt eine Unterbrechung des Verfahrens nicht ein, wenn der Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist. Das Prozessgericht hat jedoch auf Antrag des Prozessbevollmächtigten die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen. Das gilt auch dann, wenn für den Beteiligten bereits ein neuer gesetzlicher Vertreter (Betreuer) mit gleichem Wirkungskreis bestellt worden ist.
Normenkette
BGB § 1902; FGO § 155; ZPO § 246 Abs. 1 Hs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Mit Beschluss des Amtsgerichts (AG) vom … 2003 war A zum Betreuer für den Kläger für alle Angelegenheiten bestellt worden. Mit Beschluss des AG vom … 2005 war der bisherige Betreuer entlassen und an seiner Stelle B zur Betreuerin mit gleichem Wirkungskreis bestellt worden.
Unter dem … 2006 teilten die Prozessbevollmächtigten des Klägers den Wechsel in der Betreuung mit. Sie beantragen, das Verfahren auszusetzen.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens ist begründet.
Das Verfahren ist gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 246 Abs. 1 Halbsatz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) auszusetzen. Zwar tritt beim Wegfall des gesetzlichen Vertreters eines Beteiligten eine Unterbrechung des Verfahrens nicht ein, wenn der Beteiligte --wie hier-- durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist. Das Prozessgericht hat jedoch auf Antrag des Bevollmächtigten die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. Dezember 2004 IV B 130/04, BFH/NV 2005, 574). Da der Aufgabenkreis des bisherigen Betreuers alle Angelegenheiten und damit auch die Führung des anhängigen Verfahrens umfasste, vertrat er den Kläger gerichtlich und außergerichtlich (§ 1902 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Insoweit hatte er die Stellung eines gesetzlichen Vertreters, sodass dem Antrag stattzugeben war (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 574).
Dem steht nicht entgegen, dass für den Kläger bereits eine Betreuerin mit gleichem Wirkungskreis bestellt worden ist. Denn mit dem Wechsel des Betreuers tritt gegenüber dem Prozessbevollmächtigten eine andere Person auf, mit der er sich hinsichtlich der Prozessführung abstimmen können muss (vgl. Musielak/Stadler, ZPO, 4. Aufl., § 246 Rz. 1; Feiber in Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., § 246 Rz. 2).
Fundstellen