Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Realteilung
Leitsatz (NV)
- Unter Realteilung ist ertragsteuerlich die Aufgabe einer Mitunternehmerschaft durch Aufteilung des Gesellschaftsvermögens unter den Mitunternehmern zu verstehen, bei der zumindest einer der bisherigen Mitunternehmer ihm bei der Aufteilung zugewiesene Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen überführt.
- Eine steuerneutrale Realteilung in Einzelwirtschaftsgüter war in den Jahren 1999 und 2000 nicht möglich.
- Die Frage, wie der Aufgabegewinn unter Berücksichtigung fortbestehender Verbindlichkeiten zu berechnen ist, ist geklärt.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 2, 3 S. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Hessisches FG (Urteil vom 16.05.2002; Aktenzeichen 1 K 5048/01) |
Gründe
Die Beschwerde ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen.
1. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Klägern) als klärungsbedürftig bezeichnete Rechtsfrage, inwieweit sich die Einfügung des § 16 Abs. 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/2002) vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402) auf die Berechnung des Gewinns bei einer Realteilung auswirke, ist im Streitfall nicht entscheidungserheblich. Denn eine Realteilung liegt nicht vor.
a) Unter Realteilung ist ertragsteuerlich die Aufgabe einer Mitunternehmerschaft durch Aufteilung des Gesellschaftsvermögens unter den Mitunternehmern zu verstehen, bei der zumindest einer der bisherigen Mitunternehmer ihm bei der Aufteilung zugewiesene Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen überführt. Nach allgemeinen Grundsätzen würde der Vorgang als Betriebsaufgabe der Mitunternehmerschaft anzusehen sein und damit zur Aufdeckung aller stillen Reserven im Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft führen. Von dieser Besteuerungsfolge hatte die Rechtsprechung allerdings abgesehen, soweit die Realteiler die erhaltenen Wirtschaftsgüter weiterhin betrieblich nutzten (Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 19. Januar 1982 VIII R 21/77, BFHE 135, 282, BStBl II 1982, 456, und vom 10. Dezember 1991 VIII R 69/86, BFHE 166, 476, BStBl II 1992, 385). Die betreffenden Wirtschaftsgüter konnten zum Buchwert in das andere Betriebsvermögen überführt werden.
Mit Einfügung des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG durch das StEntlG 1999/2000/2002 sollte dieser Rechtsprechung mit Wirkung ab 1999 die Grundlage in den Fällen entzogen werden, in denen Realteiler nicht Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile, sondern Einzelwirtschaftsgüter erhielten. Die Vorschrift bestimmte, dass in einem solchen Fall eine Aufgabe des betreffenden Mitunternehmeranteils vorliege, was die Aufdeckung der stillen Reserven bedeutete. Durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz ―UntStFG― vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3858) wurde § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG erneut geändert und durch die jetzigen Sätze 2 bis 4 ersetzt. Danach ist die Realteilung in Einzelwirtschaftsgüter mit Wirkung ab 2001 unter den dort genannten Voraussetzungen wieder zu Buchwerten möglich.
b) Im Streitfall liegt demzufolge keine Realteilung vor, weil keiner der Kläger die im Rahmen der Aufteilung des Vermögens der OHG erhaltenen Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen überführt hat. Vielmehr haben die Kläger nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) ausdrücklich die Betriebsaufgabe erklärt und die erhaltenen Wirtschaftsgüter ―insbesondere das bisherige Betriebsgrundstück― in ihr Privatvermögen überführt. Ungeachtet des Umstands, dass zu dem Zeitpunkt der Teilung des Vermögens der OHG (im Jahre 2000) eine steuerneutrale Realteilung in Einzelwirtschaftsgüter nach der seinerzeitigen Fassung des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG ohnehin nicht möglich gewesen wäre, kann der Vorgang danach nur als Betriebsaufgabe der Mitunternehmerschaft gewürdigt werden, die in jedem Fall eine Versteuerung der stillen Reserven nach sich zieht.
2. Soweit mit den Ausführungen der Kläger auch vorgetragen werden sollte, es sei zu klären, wie der Aufgabegewinn unter Berücksichtigung fortbestehender Verbindlichkeiten zu berechnen sei, wird auch damit keine i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) klärungsbedürftige Rechtsfrage bezeichnet. Wie der Aufgabegewinn zu berechnen ist, ist seit langem geklärt. Das gilt auch für die Aufgabe eines buchmäßig überschuldeten Betriebs (vgl. Senatsurteil vom 7. März 1996 IV R 52/93, BFHE 180, 302, BStBl II 1996, 415). Das FG hat unter Anwendung dieser Grundsätze den Gewinn im Ergebnis richtig berechnet.
Fundstellen
Haufe-Index 1200578 |
BFH/NV 2004, 1395 |