Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer Sonstiges Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Ausstattung einer Molkereigenossenschaft mit technischen Apparaten modernster Art und die Ausgestaltung des Betriebes nach den Grundsätzen neuzeitlich organisierter Industrieunternehmen führen nicht dazu, daß eine Genossenschaft die Grenzen des § 33 Buchstabe b KStDV überschreitet.
Ebenso ist es unschädlich, wenn eine Genossenschaft als Folge der großen Zahl ihrer Mitglieder und der in ihrem Besitz befindlichen landwirtschaftlichen Produktionsmittel über ein großes Anlagevermögen verfügt.
Verwendet eine Genossenschaft ihre überschüsse in erheblichem Umfange dazu, ihre betrieblichen Anlagen zu erweitern und die überschüsse auf diese Weise dauernd dem Anlagevermögen zu widmen, statt sie in Form von Warenrückvergütungen oder Gewinnausschüttungen den Genossen zuzuführen, so kann ein Mißbrauch im Sinne des § 6 StAnpG vorliegen, der bewirkt, daß die Körperschaft nicht mehr steuerbegünstigt im Sinne des § 33 Buchstabe b KStDV ist.
Die Frage, ob eine Ware ein landwirtschaftliches Erzeugnis im Sinne des § 33 Buchstabe b KStDV darstellt, ist nach der Verkehrsauffassung zu beantworten. Die Tatsache allein, daß sie mit umfangreichem personellen oder kapitalmäßigen Aufwand hergestellt wird, ist nicht entscheidend.
Markenbutter ist ein landwirtschaftliches Erzeugnis im Sinne des § 33 Buchstabe b KStDV. KStG § 23;
Normenkette
KStG § 23; KStDV § 33; StAnpG § 6
Tatbestand
Der Bundesminister der Finanzen (BdF) hat den Bundesfinanzhof um Erstattung eines Gutachtens gebeten, das die Abgrenzung der steuerbefreiten landwirtschaftlichen Genossenschaften nach § 33 Buchstabe b der Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes (KStDV) von den steuerpflichtigen Genossenschaften zum Gegenstand hat.
Der mit der Erstattung des Gutachtens beauftragte 1. Senat des Bundesfinanzhofs hat in der Sitzung vom 8. September 1953 wie folgt Stellung genommen.
Die Ausstattung einer Molkereigenossenschaft mit technischen Apparaten modernster Art und die Ausgestaltung des Betriebes nach den Grundsätzen neuzeitlich organisierter Industrieunternehmen führen nicht dazu, daß eine Genossenschaft die Grenzen des § 33 Buchstabe b KStDV überschreitet.
Ebenso ist es unschädlich, wenn eine Genossenschaft als Folge der großen Zahl ihrer Mitglieder und der in ihrem Besitz befindlichen landwirtschaftlichen Produktionsmittel über ein großes Anlagevermögen verfügt.
Verwendet eine Genossenschaft ihre überschüsse in erheblichem Umfange dazu, ihre betrieblichen Anlagen zu erweitern und die überschüsse auf diese Weise dauernd dem Anlagevermögen zu widmen, statt sie in Form von Warenrückvergütungen oder Gewinnausschüttungen den Genossen zuzuführen, so kann ein Mißbrauch im Sinne des § 6 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) vorliegen, der bewirkt, daß die Körperschaft nicht mehr steuerbegünstigt im Sinne des § 33 Buchstabe b KStDV ist.
Die Frage, ob eine Ware ein landwirtschaftliches Erzeugnis im Sinne des § 33 Buchstabe b KStDV darstellt, ist nach der Verkehrsauffassung zu beantworten. Die Tatsache allein, daß sie mit umfangreichem personellen oder kapitalmäßigen Aufwand hergestellt wird, ist nicht entscheidend.
Markenbutter ist ein landwirtschaftliches Erzeugnis im Sinne des § 33 Buchstabe b KStDV.
Entscheidungsgründe
Die Anfrage des BdF gliedert sich in zwei Teile. Der erste Teil enthält Fragen allgemeiner Natur, der zweite Teil Fragen zu besonderen Produktionsvorgängen. In einem späteren Schreiben hat der BdF auf Wunsch des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Anfrage auch auf die Herstellung von Magermilchpulver im Werklohnverfahren erstreckt. Der Anfrage des BdF gingen Verhandlungen mit dem Zentralverband der deutschen Privatmolkerei- und Käsereivereinigungen e. V. und dem deutschen Raiffeisenverband e. V. voraus, bei denen die beiden Verbände gegensätzliche Auffassungen in den angeschnittenen Fragen vertreten haben.
Der Senat hat vor Erstattung des Gutachtens Besprechungen mit den beiden Verbänden abgehalten und zusammen mit einem Vertreter des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Vertretern der beiden Verbände fünf Molkereien (drei genossenschaftliche Molkereien und zwei nicht genossenschaftliche Molkereien) in der Umgebung von München besichtigt.
I. Erste Frage: Nach welchen Merkmalen bestimmt sich der Begriff der Bearbeitung oder Verwertung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 33 Buchstabe b KStDV? Ist es für diesen Begriff entscheidend, daß nur das Endprodukt als noch im Bereich der Land- und Forstwirtschaft liegend anzusehen ist, oder ist es erforderlich, daß, selbst wenn das Endprodukt dieser Bedingung genügt, auch der vorangegangene Bearbeitungs- oder Verwertungsprozeß als im Bereich der Land- und Forstwirtschaft liegend anzusehen ist?
In den Verhandlungen mit den beiden Verbänden beim Bundesfinanzhof wurde diese Frage noch weiter wie folgt aufgeteilt:
Kann durch die Ausstattung einer Molkerei mit einem umfangreichen technischen Apparat und mit einer organisatorischen Einrichtung des Betriebes nach den Grundsätzen neuzeitlich eingerichteter Industriebetriebe der Kreis der Landwirtschaft überschritten werden?
Wird bei einer Genossenschaft, die mit einem großen Kapital und damit auch mit einem großen Anlagevermögen ausgestattet ist, so daß die Einwirkungsmöglichkeit des einzelnen Genossen zurücktritt, der Bereich der Landwirtschaft überschritten?
Haben umfangreiche personelle und kapitalmäßige Aufwendungen für die Erzeugung eines Produktes, wie z. B. für die Erzeugung von Markenbutter, einen Einfluß auf die Beurteilung, ob dieses Produkt noch als landwirtschaftliches Produkt oder bereits als gewerbliches Produkt anzusehen ist?
Zu Frage a): Unter den besichtigten Molkereien befand sich eine genossenschaftliche Molkerei, die mit den modernsten technischen Gerätschaften ausgestattet und in vollendeter Weise durchorganisiert war. Der Vertreter der nichtgenossenschaftlichen Molkereien war der Auffassung, daß derartige Molkereien nach ihrem äußeren Bild gewerbliche industrielle Unternehmen darstellten und nicht mehr als im Rahmen der Landwirtschaft befindlich angesprochen werden könnten.
In der Technisierung und Modernisierung kann kein dem Genossenschaftszweck fremder Zweck erblickt werden. Eine bedeutsame Aufgabe der Genossenschaft besteht gerade darin, den kleineren landwirtschaftlichen und gewerblichen Betrieben durch den Zusammenschluß die technischen Möglichkeiten zu vermitteln, über die die Großbetriebe verfügen. In § 1 Ziff. 6 des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften wird ausdrücklich die Vereinigung zur Beschaffung von Gegenständen des landwirtschaftlichen oder gewerblichen Betriebes und zu ihrer Benutzung auf gemeinschaftliche Rechnung als ein Zweck für die Bildung einer Genossenschaft bezeichnet. Dies wird auch vom Verband der nichtgenossenschaftlichen Molkereien nicht verkannt. Er ist jedoch der Ansicht, daß hier Grenzen gegeben sind, deren überschreitung dazu führe, daß eine Genossenschaft sich nicht mehr im Bereiche der Landwirtschaft bewege. Da der Begriff Landwirtschaft aus der Verkehrsanschauung entwickelt werden müsse, erfülle eine Genossenschaft nicht mehr diese Voraussetzungen, wenn sie das äußere Bild eines Industrieunternehmens abgebe.
Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Der technische Apparat einer Genossenschaft ist in hohem Masse von der Zahl der angeschlossenen landwirtschaftlichen Betriebe und der von ihnen genutzten landwirtschaftlichen Fläche abhängig. Dort, wo eine große Zahl von Landwirten vereinigt ist, besteht die Möglichkeit einer weitgehenden Technisierung und Modernisierung, die zu einer rationelleren Betriebsform führt. Die Technisierung hat mit der Frage, ob der Vorgang zur Landwirtschaft gehört oder nicht, nichts zu tun. Sie ist ein Ausdruck der Rationalisierung, des Strebens nach wirtschaftlicher Ausgestaltung der Betriebe. Der Betrieb einer derartigen Genossenschaft mag, isoliert für sich betrachtet, nicht mehr das Bild der Landwirtschaft zeigen, es darf aber nicht vergessen werden, daß hinter der Genossenschaft eine große Zahl von Genossen mit einer großen landwirtschaftlichen Nutzfläche steht. Man muß den Betrieb der Genossenschaft in Verbindung mit der hinter ihr stehenden Landwirtschaft betrachten. Hierdurch wird sich das Bild häufig verändern.
Es trifft wohl zu, daß eine Genossenschaft keine andere Einrichtung hat wie eine nichtgenossenschaftliche Molkerei, die als Gewerbe angesehen wird. Sie mag vielleicht sogar diese Molkerei in ihrer technischen und organisatorischen Ausgestaltung weit übertreffen. Die unterschiedliche steuerliche Behandlung beruht jedoch auf dem Gesetz. § 13 Abs. 2 Ziff. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) rechnet zu den landwirtschaftlichen Einkünften auch die Einkünfte aus Nebenbetrieben. Brennereien, Zuckerfabriken, Sägewerke sind im allgemeinen gewerbliche Betriebe, sind sie aber landwirtschaftliche Nebenbetriebe, so zählen die Einkünfte hieraus zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft.
Die notwendige Grenze gegenüber steuerpflichtigen Genossenschaften ist vom Gesetzgeber in der Weise gezogen worden, daß steuerbegünstigt lediglich Genossenschaften sind, die von den Mitgliedern selbst gewonnene land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse bearbeiten oder verwerten.
Das Wesen der landwirtschaftlichen Genossenschaft besteht in weitem Umfange darin, daß kleinere Betriebe sich vereinigen, um ihre Hilfs- und Nebenbetriebe entsprechend ausgestalten zu können. Der Bereich der Landwirtschaft wird nicht dadurch überschritten, daß sich eine sehr große Zahl von Landwirten zu einer Genossenschaft zusammenschließen. Es kann deshalb auch nicht dadurch überschritten werden, daß diese Genossenschaft einen technischen Apparat einrichtet, der der wirtschaftlichen Kraft der Gesamtheit der Genossen entspricht. Die Grundlage der Technisierung ist somit die große Zahl der Genossen, die in der Genossenschaft vereinigt sind. Da die Zahl der Genossen kein Maßstab für die Frage ist, ob Vorgänge sich im Rahmen der Landwirtschaft bewegen, kann auch die Technisierung kein entscheidender Gesichtspunkt für die Abgrenzung einer steuerbefreiten und einer steuerpflichtigen Genossenschaft sein.
Des weiteren wird die Technisierung und Modernisierung auch eine Folge der Fähigkeiten des Leiters der Genossenschaft sein. Auch auf diese Weise kann bewirkt werden, daß Genossenschaften äußerlich ein verschiedenartiges Bild abgeben. Aber auch die Tüchtigkeit bzw. Untüchtigkeit des Betriebsleiters ist kein Maßstab für die Abgrenzung steuerbefreiter und steuerpflichtiger Genossenschaften.
Eine andersartige Ansicht müßte dazu führen, dem technischen Fortschritt entgegenzuwirken. Die Steuerbegünstigung soll aber gerade den technischen Fortschritt der bäuerlichen Betriebe fördern. Er kann deshalb nicht dazu führen, die Steuervergünstigung zu verneinen. Die Frage a) ist deshalb zu verneinen.
Zu Frage b). In den Besprechungen mit den Verbänden beim Bundesfinanzhof wurde auch die Frage angeschnitten, ob nicht die Ausstattung einer Genossenschaft mit einem großen Kapital und damit auch mit einem großen Anlagevermögen eine überschreitung des Bereichs der Landwirtschaft darstellt. Diese Auffassung geht davon aus, daß eine genossenschaftlich betriebene Molkerei sich dann nicht mehr im Bereiche der Landwirtschaft bewege, wenn ihr Betrieb ein Bild zeige, wie es Hilfs- und Nebenbetriebe auch bei landwirtschaftlichen Großbetrieben nicht zeigen könnten. Eine von einem landwirtschaftlichen Großbetrieb eingerichtete Molkerei müsse in ihren Produktionsgrundlagen beschränkt sein. übersteige eine genossenschaftlich betriebene Molkerei diesen Rahmen, so bewege sie sich nach der oben mitgeteilten Ansicht nicht mehr im Bereich der Landwirtschaft.
Dem kann jedoch nicht beigetreten werden. Die Frage berührt teilweise die bereits unter a) behandelten Gesichtspunkte. Es mag zutreffen, daß durch die Zusammenfassung von landwirtschaftlichen Produktionsmitteln im Verband einer Genossenschaft eine Zusammenfassung der landwirtschaftlichen Produktion in einem Ausmaße eintritt, wie sie auch bei sehr großen landwirtschaftlichen Betrieben nicht gegeben sein kann. Der Gesetzgeber hat aber hinsichtlich der Größe einer Genossenschaft keine Grenzen in dieser Richtung aufgestellt und wollte auch keine Grenzen ziehen. Es ist im übrigen auch denkbar, daß sich landwirtschaftliche Großbetriebe für bestimmte Aufgaben genossenschaftlich zusammenschließen und hierdurch eine Zusammenfassung landwirtschaftlicher Produktionsmittel erreichen, die auch bei außergewöhnlich großen landwirtschaftlichen Betrieben nicht in Frage kommt. Ein nach der Verkehrsauffassung landwirtschaftliches Produkt wie z. B. die Milch wird nicht dadurch zum gewerblichen Erzeugnis, weil es von einem Unternehmen geliefert wird, das die landwirtschaftlichen Unternehmensformen, wie sie beim Einzelbesitz gegeben sind, wesentlich übersteigt.
Die moderne Volkswirtschaft neigt bei bestimmten Wirtschaftszweigen zu einer Konzentration der Betriebe. Die genossenschaftliche Form sollte das Mittel dazu abgeben, dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, ohne daß der Kleinbetrieb seine Existenzgrundlage verliert. Man wird auch in derartigen großen Genossenschaften keine Körperschaften erblicken können, die dem genossenschaftlichen Zweck zuwiderlaufen, und man wird deshalb auch von diesen Genossenschaften, wie teilweise bereits unter a) dargestellt, nicht sagen können, daß ihre Tätigkeit den Bereich der Landwirtschaft überschreitet. Aus den gleichen Erwägungen heraus hat bereits das Gutachten I D 3/50 S vom 2. Dezember 1950, Bundessteuerblatt (BStBl.) 1951 III S. 26, ausgesprochen, daß in die Form von Genossenschaften gekleidete Zentralen landwirtschaftlicher Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften steuerfrei sind, wenn die angeschlossenen Genossenschaften lediglich Erzeugnisse ihrer Genossen bearbeiten oder verwerten.
Im übrigen wurde von den Vertretern des Raiffeisenverbandes bei den Besichtigungen ausgeführt, daß landwirtschaftliche Genossenschaften von sehr großem Umfange sich meist nicht auf den Kreis ihrer Mitglieder beschränken und deshalb schon aus diesem Grunde körperschaftsteuerpflichtig sind.
Schwieriger ist die Rechtslage bei der Frage, welche Bedeutung der Ansammlung eines starken Reservekapitals zukommt. Die Steuervergünstigung des § 33 Buchstabe b KStDV hat den volkswirtschaftlichen Zweck, die kleinbäuerlichen Betriebe mit den landwirtschaftlichen Großbetrieben konkurrenzfähig zu machen. Sie soll sie aber nicht volkswirtschaftlich günstiger stellen. Die doppelte Besteuerung, wie sie bei Kapitalgesellschaften gegeben ist, soll durch die Vorschrift beseitigt werden. Ein bei der Genossenschaft erzielter Gewinn soll nicht sowohl bei der Genossenschaft, wie bei den Genossen versteuert werden. Er soll aber auch nicht vollkommen steuerfrei bleiben. Dieses volkswirtschaftliche Ziel wird nur dann erreicht, wenn die Genossenschaft im wesentlichen ihre Gewinne den Genossen in Form von Gewinnausschüttungen und Warenrückvergütungen zukommen läßt. Die Genossenschaft darf also bei dieser Betrachtungsweise ihre überschüsse einschließlich der Warenrückvergütungen nicht in erheblichem Umfange zurückhalten und für den Ausbau des eigenen Betriebes verwenden. Geschieht dies, so wird der von den nichtgenossenschaftlich betriebenen Molkereien bekämpfte Zustand herbeigeführt, daß die Genossenschaften mit steuerfreien Geldern ihre Anlagen ausgestalten können, während die nichtgenossenschaftlichen Molkereien gezwungen sind, die gleichen Beträge zu versteuern, und deshalb nur in wesentlich geringerem Umfange in der Lage sind, ihre Betriebe auszubauen.
Zur Frage der Warenrückvergütungen wird in der Schrift von Paulick "Warenrückvergütung, ihr Wesen und ihre steuerliche Behandlung" (Quellen und Studien des Instituts für Genossenschaftswesen an der Universität Münster, Verlag der Raiffeisendruckerei GmbH, Neuwied am Rhein), wie folgt Stellung genommen:
"Was in der kapitalistischen Wirtschaft Gewinn des Unternehmers ist, fließt in der genossenschaftlichen Wirtschaft als Ersparnis in Form der Warenrückvergütung an die Genossen zurück". (S 18). "Unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten bezeichnete Reinhold Henzler als Warenrückvergütung "die von einer Genossenschaft im Laufe einer Geschäftsperiode durch den gesamten Geschäftsbetrieb erzielte, um die Summe der Verzinsung der Geschäftsanteile und die Zuweisung an Reserve- und andere Konten verminderte und auf die Mitglieder im Verhältnis ihrer im Laufe der Geschäftsperiode mit der Genossenschaft getätigten Umsätze verteilte Nettoerübrigung". So gesehen, stellt sich die Rückvergütung wirtschaftlich als die Rückgewähr des mit Einverständnis und Zustimmung der Mitglieder zunächst zu hoch kalkulierten Kaufpreises an sie in ihrer doppelten Eigenschaft als Kunden und Träger des genossenschaftlichen Unternehmens dar". (S. 20).
Gleichartige Auffassungen kommen auch in der Rechtsprechung, so z. B. in der Entscheidung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts vom 24. April 1906 J. N. II. 895 - Rep. II. C. 185/05, Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Band 49 S. 61, und in der Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 50/27 vom 8. November 1927, Slg. Bd. 22 S. 146, sowie in den Erläuterungsbüchern zum Genossenschaftsgesetz zum Ausdruck. So führt der Kommentar von Parisius-Crüger (Walter de Gruyter & Co. 12. Aufl.) in Anm. 7 zu § 19 aus: Aufgabe der Konsumvereine sei es nicht, Gewinne zu erzielen, sondern ihren Mitgliedern gute Ware zu billigen Preisen zu verschaffen. Die Rückgewähr stelle wirtschaftlich daher keinen Reingewinn dar, sondern habe den Charakter des zu hoch kalkulierten Kaufpreises. Siehe auch die Ausführungen in der zur Veröffentlichung freigegebenen Entscheidung I 38/53 U vom 25. August 1953. (BStBl. 1954 III S. 36).
Diesen auch von genossenschaftlicher Seite vertretenen volkswirtschaftlichen Aufgaben der Genossenschaft entspricht es nicht, wenn eine Genossenschaft ihre überschüsse in erheblichem Umfange dazu verwendet, Betriebskapital anzusammeln. Eine derartige Zielsetzung ist Ausdruck einer Kapitalgesellschaft. Hieraus ergibt sich folgendes:
Gegen die Ansammlung von Reserven aus Gewinnen (überschüssen) einer Genossenschaft können dort keine Bedenken geltend gemacht werden, wo eine Genossenschaft ihre gesetzlichen und statutarischen Reserven bildet (§ 7 Ziff. 4 des Genossenschaftsgesetzes). Jede Genossenschaft muß schon mit Rücksicht auf mögliche Verluste Reserven haben. Der Umfang dieser Reserven ist eine betriebswirtschaftliche Frage, die im Rahmen dieses Gutachtens nicht erschöpfend beantwortet werden kann. Des weiteren wird man auch gegen die Ansammlung von Reserven, die über diesen Rahmen hinausgehen, dann keine Bedenken geltend machen können, wenn es sich nur um einen vorübergehenden Zustand handelt. Auch eine derartige betriebswirtschaftliche Maßnahme ist mit dem Wesen einer Genossenschaft durchaus vereinbar.
Bedenken wird man aber dort haben müssen, wo eine Genossenschaft in erheblichem Umfange ein gegenüber den Genossenschaftsanteilen stark überhöhtes Reservekapital besitzt, das in Daueranlagen investiert wird. Theoretisch wäre eine Genossenschaft auf diesem Wege in der Lage, ihre Betriebsanlagen in wesentlichem Umfange steuerfrei zu schaffen. Meist werden allerdings die Genossen auf Rückzahlung der überschüsse (Warenrückvergütungen, bzw. zusätzliche Vergütungen für Lieferungen) drängen. Es könnte sich aber eine kleine Zahl von Personen zu einer Genossenschaft zusammenschließen, um auf diesem Wege dasselbe Ziel zu erreichen, dem sonst steuerpflichtige Körperschaften (AGen. Gesellschaften mbH) dienen. Dieser Weg wäre ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts nach § 6 StAnpG. Eine Genossenschaft muß im wesentlichen die Erweiterung ihrer Anlagen in der Weise bewerkstelligen, daß sie ggf. neue Genossenschaftsanteile schafft oder, soweit es wirtschaftlich vernünftigen Erwägungen entspricht, Schulden aufnimmt. So kann sie die zur Ausschüttung bestimmten Beträge zu Einzahlungen auf Geschäftsanteile verwenden oder in Darlehen umwandeln. Soweit sie einen Weg wählt, der mit dem Wesen des genossenschaftlichen Gedankens nicht mehr in Einklang zu bringen ist, wird man eine Genossenschaft nicht mehr als steuerbefreite Genossenschaft im Sinne des § 33 Buchstabe b KStDV ansehen können.
Von dem Verband der nichtgenossenschaftlichen Molkereien wurde auch die Frage angeschnitten, ob das überschreiten einer bestimmten Umsatzgrenze nicht dazu führe, das Vorliegen einer steuerbegünstigten Genossenschaft zu verneinen. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Höhe des Umsatzes wird entscheidend durch die Zahl der Genossen und ihre landwirtschaftlichen Produktionsmittel bestimmt. Der Umsatz bietet keinen geeigneten Abgrenzungsmaßstab.
Zu Frage c). Der Verband der nichtgenossenschaftlichen Molkereien ist des weiteren der Ansicht, daß umfangreiche personelle oder kapitalmäßige Aufwendungen für die Erzeugung einer Ware einen Einfluß auf die Beurteilung haben, ob dieses Erzeugnis noch als landwirtschaftliches oder als gewerbliches Erzeugnis anzusehen ist. Er verweist hierbei insbesondere auf die Markenbutter.
Wie der Reichsfinanzhof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, so zuletzt in den Entscheidungen I 22/41 vom 30. April 1941, Reichssteuerblatt (RStBl.) 1941 S. 765, und I 172/43 vom 7. Dezember 1943, RStBl. 1944 S. 173, (siehe auch Entscheidung des Bundesfinanzhofs III 97/51 vom 30. August 1951, BStBl. 1951 III S. 185), ist die Frage, ob eine Ware als landwirtschaftliches Erzeugnis anzusehen ist, nach der Verkehrsauffassung zu beantworten. Bedarf eine Ware für ihre Herstellung eines technischen Apparates, wie es selbst in großen landwirtschaftlichen Betrieben allgemein nicht gegeben ist, so wird die Verkehrsauffassung ein derartiges Erzeugnis nicht als landwirtschaftliches Erzeugnis ansehen. Die Frage muß stets unter Berücksichtigung der Verhältnisse des einzelnen Falles entschieden werden.
Bei den Besichtigungen war insbesondere das Problem der Markenbutter Gegenstand von Erörterungen. Sie haben ergeben, daß Markenbutter auch in landwirtschaftlichen Großbetrieben ohne Zukauf von Milch aus fremden Betrieben hergestellt werden kann. Nach der Auskunft der Sachverständigen genügt zur Herstellung von Markenbutter eine Milchanlieferung von rund 1000 Liter täglich, zu deren Erzeugung ein Milchviehbestand von rund 150 Kühen ausreicht. Sehr viele landwirtschaftliche Großbetriebe werden größere Viehbestände unterhalten. Auf Grund des bei den Besichtigungen gewonnenen Eindrucks hat der Senat keine Bedenken dagegen, daß Markenbutter, wie dies in den Körperschaftsteuer - Richtlinien (KStR 1951) unter Abschn. 73 Abs. 5 Buchstabe a Ziff. 5 geschieht, als landwirtschaftliches Erzeugnis im Sinne des § 33 Buchstabe b KStDV angesehen wird.
II. Der BdF hat weiterhin folgende Fragen gestellt: 2. Sind die in Abschn. 73 Abs. 4 unter a Ziff. 1 bis 6 KStR 1950 bezeichneten Bearbeitungs- oder Verwertungsvorgänge noch als im Bereich der Landwirtschaft liegend anzusehen? 3. Fallen in den Bereich der Landwirtschaft auch die folgenden Vorgänge: a) Vitaminieren der Milch mittels ultravioletter Bestrahlung, b) Herstellung von Joghurt, c) Eindampfung der Molke und Verwertung der eingedampften Molke z. B. zu Molkensirup, d) Herstellung von Magermilchpulver im Werklohnverfahren?
In übereinstimmung mit dem Zentralverband der deutschen Privatmolkerei- und Käsereivereinigungen e. V., dem deutschen Raiffeisenverband e. V. und dem Vertreter des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sieht der Senat mit Ausnahme der Markenbutter (s. o.) von der Beantwortung dieser Fragen zunächst ab. Sie liegen in erheblichem Umfange auf dem Gebiete der landwirtschaftlichen Betriebswirtschaft. Zweckentsprechend werden sie an den Bundesfinanzhof auf Grund von Rechtsmittelverfahren herangetragen. Die Probleme sind dann bereits eingehend im Einspruchs- und Berufungsverfahren durch die Beteiligten erörtert worden, so daß der Bundesfinanzhof seine Entscheidung auf diesen Unterlagen aufbauen kann.
Fundstellen
Haufe-Index 407753 |
BStBl III 1954, 38 |
BFHE 1954, 329 |
BFHE 58, 329 |
BB 1954, 53 |
DB 1953, 288 |