Entscheidungsstichwort (Thema)
Anteilsübergang durch Gesellschaftsvertrag beim Ausscheiden aus Personengesellschaft in Form der Anwachsung - Abweichungen vom Gesellschaftsvertrag hinsichtlich der Abfindung - gesetzliches Tatbestandsmerkmal des § 7 Abs. 7 ErbStG 1974
Leitsatz (amtlich)
1. Das subjektive Merkmal des Bewußtseins der Unentgeltlichkeit gehört nicht zum gesetzlichen Tatbestand des § 7 Abs.7 ErbStG.
2. Wächst der Anteil des Gesellschafters einer Personengesellschaft bei dessen Ausscheiden gemäß § 738 Abs.1 Satz 1 BGB den übrigen --die Gesellschaft fortsetzenden-- Gesellschaftern an, so unterliegt der damit verbundene Übergang des Anteils des Ausscheidenden am Gesellschaftsvermögen auf diese nach § 7 Abs.7 ErbStG der Schenkungsteuer. Das gilt auch, wenn bei einer aus zwei Personen bestehenden Personengesellschaft die Übernahme des Gesellschaftsvermögens durch einen Gesellschafter vereinbart ist.
3. Abweichungen vom Gesellschaftsvertrag hinsichtlich Höhe und Auszahlung des Abfindungsguthabens des ausscheidenden Gesellschafters stehen der Anwendung des § 7 Abs.7 ErbStG nicht entgegen.
Normenkette
ErbStG 1974 § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 7; BGB §§ 736-737, 738 Abs. 1 Sätze 1-2, § 740; HGB § 105 Abs. 2, § 142
Verfahrensgang
FG Münster (Entscheidung vom 28.11.1989; Aktenzeichen III 7541/86 Erb) |
Nachgehend
Tatbestand
I. Streitig ist die Anwendung des § 7 Abs.7 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1974.
Gesellschafter der KG waren der Kläger als persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) und seine Schwester, Frau P, als Kommanditistin. Die Gesellschaft war im Jahr 1956 gegründet worden. Der Gesellschaftsvertrag war auf unbestimmte Zeit geschlossen, die Kündigungsfrist betrug ein Jahr. Im Fall der Kündigung sollte der kündigende Gesellschafter ausscheiden. Der verbleibende Gesellschafter hatte das Recht, das Unternehmen mit allen Aktiven und Passiven fortzuführen. Nach § 4 Abs.2 des Gesellschaftsvertrags war das Auseinandersetzungsguthaben des Ausscheidenden gemäß § 11 des Vertrages zu errechnen. Nach dieser Vertragsbestimmung war das Abfindungsguthaben gleich dem Nominalbetrag des Kapitalkontos und etwaiger sonstiger Konten des ausscheidenden Gesellschafters gemäß der letzten, dem Ausscheiden vorangegangenen, vom Finanzamt (FA) genehmigten oder noch zu genehmigenden Bilanz. Am Gewinn des laufenden Geschäftsjahres nahm der Ausscheidende nicht mehr teil. Das Guthaben sollte vom Stichtag der maßgebenden Bilanz an mit 5 v.H. jährlich verzinst und die Zinsen halbjährlich nachträglich ausgezahlt werden. Das Abfindungsguthaben selbst war in zehn gleichen Jahresraten auszuzahlen, von denen die erste im Jahr nach dem Ausscheidungstag fällig werden sollte. Der verbleibende Gesellschafter hatte das Recht, das Abfindungsguthaben jederzeit ganz oder teilweise früher auszuzahlen. Die Auflösung stiller Reserven und der Ansatz von ideellen Werten, insbesondere des Firmenwerts waren ausgeschlossen.
Mit Schreiben vom 18.Dezember 1982 kündigte Frau P die Gesellschaft gemäß § 3 des Gesellschaftsvertrags ordentlich zum Ablauf des 31.Dezember 1983.
In einer Vereinbarung vom 14./30.März 1984 wurde festgehalten, daß Frau P die Gesellschaft zum 31.Dezember 1983 gekündigt habe und somit nach §§ 4, 11 des Gesellschaftsvertrags einen Abfindungsanspruch gegen den Kläger habe. Das Abfindungsguthaben von Frau P nach § 11 des Gesellschaftsvertrages wurde auf ... DM festgestellt, entsprechend der Summe der Nominalbeträge ihres Kapitalkontos und ihrer Sonderkonten (Darlehenskonten) zum 31.Dezember 1982. Am Gewinn und Verlust des Jahres 1983 sowie aus den bei ihrem Ausscheiden noch schwebenden Geschäften sollte Frau P nicht mehr teilnehmen. Das Abfindungsguthaben sollte ab 31.Dezember 1982 mit jährlich 5 v.H. verzinst werden; die Zinsen waren jeweils halbjährlich nachträglich zahlbar. Ein Teilbetrag sollte am 30.Juni 1984 zur Zahlung fällig sein. Das restliche Abfindungsguthaben sollte in zehn gleichen Jahresraten, beginnend ab 31.Dezember 1984 ausbezahlt werden; es konnte jederzeit ganz oder teilweise früher ausgezahlt werden.
Das FA nahm eine Schenkung gemäß § 7 Abs.7 ErbStG 1974 an und setzte, zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, gegen den Kläger Schenkungsteuer fest. Nach Klageerhebung erließ das FA unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung am 1.September 1987 einen geänderten Schenkungsteuerbescheid, den der Kläger gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens machte. Als Bemessungsgrundlage setzte das FA die Differenz zwischen dem Buchwert und dem Steuerwert des Gesellschaftsanteils gemäß § 12 ErbStG 1974 an und setzte die Schenkungsteuer fest.
Das Finanzgericht (FG) hob den Schenkungsteuerbescheid vom 1.September 1987 sowie die Einspruchsentscheidung vom 15.Oktober 1986 --ersatzlos-- auf. Es ließ offen, ob der Übergang des Anteils von Frau P auf den Kläger entsprechend der Formulierung des § 7 Abs.7 ErbStG 1974 "auf einem Gesellschaftsvertrag" beruhte und ob die genannte Vorschrift schon deshalb nicht anzuwenden sei, weil es sich im Streitfall um eine zweigliedrige Gesellschaft gehandelt habe, aus der niemand ausscheiden könne, ohne den Gesellschaftsverband aufzulösen. Die Aufhebung des Schenkungsteuerbescheides sei, so führte das FG aus, schon deshalb gerechtfertigt, weil der Anwendung des § 7 Abs.7 ErbStG 1974 im Streitfall entgegenstehe, daß ein Wille zur unentgeltlichen Zuwendung nicht festgestellt werden könne. Wie bei jeder freigebigen Zuwendung setze die Steuerpflicht auch in den Fällen des § 7 Abs.7 ErbStG 1974 voraus, daß ein Bereicherungswille vorliege. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15.Mai 1953 III 65/51 S (BFHE 57, 518, BStBl III 1953, 199) sei der Wille zur Unentgeltlichkeit bei den einzelnen Gesellschaftern für den Fall in der Regel zu verneinen, daß der Gesellschaftsvertrag wechselseitige Abfindungsklauseln vorsehe, weil die entsprechende Absprache mit dem jeweils anderen Gesellschafter ein Äquivalent seiner eigenen Beschränkung auf den Buchwert sei und weil jeder Gesellschafter im Verhältnis zu den anderen ein Wagnis übernehme, das alle treffe. Die Gesetzesänderung im ErbStG 1974 habe bezweckt, die Bereicherung trotz dieser Rechtsprechung der Schenkungsteuer zu unterwerfen. Die gesellschaftsvertragliche Einbettung der Vermögensumschichtung sollte also kein Argument mehr gegen die Steuerpflicht sein. Da der Gesetzgeber aber nicht eine entgeltlich erlangte Bereicherung für steuerpflichtig habe erklären wollen, müsse der Wille zur unentgeltlichen Zuwendung auch in diesem Zusammenhang überprüft werden. Da es zwischen den Gesellschaftern zu schweren Meinungsverschiedenheiten gekommen sei, lasse sich nicht feststellen, daß Frau P den Kläger hinsichtlich der ihm überlassenen stillen Reserven an ihrem Gesellschaftsanteil habe bereichern wollen.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 7 Abs.7 ErbStG 1974. Für die Anwendung dieser Vorschrift bedürfe es nur des Vorliegens einer objektiven Bereicherung, ohne daß es auf den Bereicherungswillen ankomme.
Das FA beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist begründet.
1. Die Vorentscheidung ist aufzuheben.
a) Unzutreffend hat das FG --auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung-- entschieden, daß die Rechtsfolge des § 7 Abs.7 ErbStG 1974 deshalb nicht eintrete, weil nach den besonderen Umständen des Streitfalls nicht festgestellt werden könne, daß Frau P den Kläger hinsichtlich der ihm überlassenen stillen Reserven an ihrem Gesellschaftsanteil habe bereichern wollen. Auf einen derartigen Willen von Frau P würde es jedoch nicht ankommen, auch wenn man der Auffassung des FG folgen würde, daß die Steuerpflicht nach § 7 Abs.7 ErbStG 1974 die Erfüllung eines dem Tatbestand des § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974 entsprechenden subjektiven Tatbestandsmerkmals voraussetze. Nach gesicherter Rechtsprechung des Senats zielt das subjektive Tatbestandsmerkmal der freigebigen Zuwendung (§ 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974) nicht auf die Bereicherung des Bedachten ab, sondern bezieht sich auf die Unentgeltlichkeit der Zuwendung, nämlich darauf, ob die Zuwendung in rechtlichem Zusammenhang mit einer Gegenleistung (oder einem Gemeinschaftszweck) steht oder zur Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit (und sei es auch einer Naturalobligation) erfolgt (BFH-Urteile vom 12.Juli 1979 II R 26/78, BFHE 128, 266, BStBl II 1979, 631, und vom 5.Dezember 1990 II R 109/86, BFHE 163, 223, BStBl II 1991, 181; vgl. auch Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 14.Juli 1971 III ZR 91/70, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht --WM-- 1971, 1338 zu B II. der Gründe, sowie Kollhosser in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2.Aufl., § 516 Rdnr.10). Auch danach wäre zwar nach der vom FG angenommenen Abwicklung --Übertragung des Gesellschaftsanteils durch die Vereinbarung vom 14./30.März 1984-- die Beschränkung des Abfindungsanspruchs auf den Buchwert nicht unentgeltlich, denn Frau P war hierzu aufgrund des Gesellschaftsvertrags --rechtlich-- verpflichtet. Hiermit wäre die Untersuchung jedoch nicht abgeschlossen; denn entscheidend wäre, ob die den künftigen Abfindungsanspruch aus § 142 des Handelsgesetzbuches (HGB), § 738 Abs.1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) beschränkende Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag unentgeltlich, d.h. weder in rechtlichem Zusammenhang mit einer Gegenleistung noch zur Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit eingegangen worden ist.
b) Für die Entscheidung des Streitfalls ist hierauf nicht weiter einzugehen, denn der erkennende Senat teilt nicht die Auffassung des FG und eines Teils der erbschaftsteuerrechtlichen Literatur, daß das subjektive Merkmal des Bewußtseins der Unentgeltlichkeit des ausscheidenden Gesellschafters zum gesetzlichen Tatbestand des § 7 Abs.7 ErbStG 1974 gehöre (in diesem Sinne aber u.a. Meincke/Michel, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 9.Aufl. 1992, § 7 Anm.151; Troll, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, Stand September 1991, § 7 Tz.67; verneinend Kapp, Kommentar zum Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 10.Aufl., Stand Februar 1992, § 7 Rz.193).
aa) Nach der genannten Vorschrift gilt u.a. als Schenkung der auf einem Gesellschaftsvertrag beruhende Übergang des Anteils eines Gesellschafters bei dessen Ausscheiden auf die anderen Gesellschafter, soweit der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit des Ausscheidens nach § 12 ErbStG 1974 ergibt, den Abfindungsanspruch übersteigt. Weder knüpft diese Vorschrift, wie § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974, an den bürgerlich-rechtlichen Begriff der freigebigen Zuwendung als Oberbegriff der Schenkung an, aus dem Rechtsprechung und Schrifttum die Maßgeblichkeit des subjektiven Tatbestandsmerkmals auch für das Schenkungsteuerrecht ableiten (statt aller Schulze-Osterloh, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 1977, 122 zu B. I.), noch verweist § 7 Abs.7 ErbStG 1974 auf § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974, noch läßt sich dem Wortlaut der Vorschrift entnehmen, daß ein subjektives Merkmal Bestandteil des gesetzlichen Tatbestandes sei, an den das Gesetz die Rechtsfolge der Besteuerung knüpfe. Vielmehr wird angeordnet, daß die Rechtsfolge der Schenkung (unter Lebenden, § 1 Abs.1 Nr.2 ErbStG 1974) auch für den Tatbestand des § 7 Abs.7 ErbStG 1974 gilt. Es handelt sich, wie durch die Verwendung des Wortes "gilt" verdeutlicht wird, um eine gesetzliche Fiktion, denn es wird für die Zwecke der Besteuerung der unter den gesetzlichen Tatbestand des § 7 Abs.7 ErbStG 1974 zu subsumierende Sachverhalt der Erfüllung eines davon abweichenden Sachverhalts, nämlich der Schenkung, gleichgesetzt. Diese Beurteilung wird durch die Entstehungsgeschichte bestätigt (Begründung des Gesetzesentwurfs der Regierung vom 4.Mai 1972, BTDrucks VI/3418). Danach sollte als Reaktion auf die Entscheidung des BFH in BStBl III 1953, 199 die objektive Bereicherung, die ein Gesellschafter beim Ausscheiden eines Mitgesellschafters aufgrund entsprechender gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen auf Kosten des ausscheidenden Gesellschafters erfährt, der Schenkungsteuer unterworfen werden.
bb) Grundsätzliche Bedenken gegen die Zulässigkeit dieser Gleichsetzung bestehen nicht. Insbesondere steht ihr nicht der durch den Sinnzusammenhang der schenkungsteuerrechtlichen Regelung des ErbStG 1974 ausgedrückte Gesetzeszweck in einer Weise entgegen, daß die Gleichsetzung mit dem vom Gesetz als Grundtatbestand erfaßten Sachverhalt der Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs.1 Nr.2 ErbStG 1974) nicht vertretbar wäre oder, anders ausgedrückt, daß die Regelungsabsicht und der Zweck des Gesetzes die Berücksichtigung eines ungeschriebenen subjektiven Tatbestandsmerkmals auch für § 7 Abs.7 ErbStG 1974 erforderten, weil der dort erfaßte Sachverhalt andernfalls außerhalb des Regelungszwecks des Schenkungsteuerrechts liege und diesem sogar widerspreche.
Die Gegenmeinung, der auch das FG beigetreten ist, verengt ihre Argumentation zu sehr auf die Aussage des BFH-Urteils in BStBl III 1953, 199, wonach eine alle Gesellschafter gleichmäßig treffende Bestimmung des Gesellschaftsvertrages über das Verbleiben des Anteils eines ausscheidenden Gesellschafters an den stillen und offenen Reserven der Gesellschaft bei den fortführenden Gesellschaftern (teilweiser oder völliger Ausschluß des Abfindungsanspruchs) grundsätzlich die Übernahme eines Wagnisses bedeute, das den Willen zur Unentgeltlichkeit ausschließe. Unberücksichtigt bleibt dabei, daß der BFH in dieser Entscheidung ausdrücklich Ausnahmen anerkannt hat und daß in der neueren zivilrechtlichen Literatur mit beachtlichen Argumenten gegen die Auffassung Stellung bezogen wird, daß die in einem Gesellschaftsvertrag gleichmäßig vereinbarte Abfindungsklausel die Annahme einer unentgeltlichen Zuwendung ausschließe (insbesondere Heckelmann, Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen, S.68 f.; Kollhosser, a.a.O., § 516 Rdnr.55). Dabei ist es für den vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung, daß sich diese Argumentation auf die objektiven Voraussetzungen der Unentgeltlichkeit bezieht, denn ein entsprechender Wille kommt dann von vornherein nicht in Betracht. Der erkennende Senat braucht zu dieser Frage nicht endgültig Stellung zu nehmen; denn jedenfalls rechtfertigen die aufgezeigte Unsicherheit in der rechtlichen Qualifizierung von Abfindungsklauseln einerseits und der mit ihnen verfolgte Zweck andererseits, unter Beschränkung des Auseinandersetzungsanspruchs des ausscheidenden Gesellschafters aus § 142 BGB, § 738 Abs.2 Satz 2 BGB in der Gesellschaft erwirtschaftete Vermögenswerte auf die verbleibenden Gesellschafter zu übertragen (vgl. Heckelmann, a.a.O., S.37 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2.Aufl. 1991, § 50 IV 2 b), die Schenkungsteuer unter näher bezeichneten Voraussetzungen an den bloßen Eintritt der Bereicherung bei den verbleibenden Gesellschaftern zu knüpfen.
2. Die Sache ist spruchreif; die Klage des Klägers wird abgewiesen. Der Tatbestand des § 7 Abs.7 ErbStG 1974 ist erfüllt.
Der Übergang des Gesellschaftsanteils von Frau P auf den Kläger "beruht" im Sinn dieser Vorschrift auf dem Gesellschaftsvertrag, denn er ist dem Kläger als Folge der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Übernahme des Gesellschaftsvermögens durch den verbleibenden Gesellschafter beim Ausscheiden der Frau P durch Kündigung im Sinne des § 738 Abs.1 Satz 1 BGB angewachsen.
a) aa) Soll eine Personengesellschaft durch Kündigung (§ 723 Abs.1 Satz 1 BGB, durch Tod (§ 727 Abs.1 BGB) oder durch den Konkurs eines Gesellschafters nicht aufgelöst und gemäß §§ 730 bis 735 BGB liquidiert werden, so kann der Gesellschaftsvertrag bestimmen, daß die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll (Fortsetzungsklausel, § 736 BGB). In diesem Fall scheidet beim Eintritt eines der genannten Ereignisse der Gesellschafter, in dessen Person es eintritt, aus der Gesellschaft aus (§ 736); unter den Voraussetzungen des § 737 BGB kann der Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Mit dem Ausscheiden gemäß §§ 736, 737 BGB ist der Verlust der Mitgliedschaft an der Gesellschaft verbunden. Die vermögensrechtlichen Folgen des Ausscheidens sind in §§ 738 ff. BGB geregelt. Der Anteil des Ausscheidenden am Gesellschaftsvermögen wächst den übrigen Gesellschaftern zu (§ 738 Abs.1 Satz 1 BGB). Dies gilt über § 105 Abs.2 und § 161 Abs.2 HGB auch für die OHG und die KG. Dem Ausscheidenden gebührt, wenn nicht das Gesellschaftsvermögen durch Verluste verbraucht ist, nach Maßgabe der §§ 738 Abs.1 Satz 2, 740 BGB eine Abfindung. Dieser Abfindungsanspruch entsteht mit dem Zeitpunkt des Ausscheidens (statt aller K. Schmidt, a.a.O., 2.Aufl. 1991, § 19 II 2, § 45 II 2, § 50 I, IV 1 jeweils mit Nachweisen).
Der Übergang des Gesellschaftsanteils auf die anderen Gesellschafter in Form der Anwachsung beruht danach stets i.S. des § 7 Abs.7 ErbStG 1974 auf dem Gesellschaftsvertrag, denn er tritt nur dann ein, wenn im Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzungsklausel (ggf. eine Übernahmeklausel) vereinbart ist. Übersteigt der Wert des Anteils des ausscheidenden Gesellschafters (nach Maßgabe des § 12 ErbStG 1974) den Abfindungsanspruch, wie dies bei im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Abfindungsklauseln (zu diesen insbesondere Heckelmann, a.a.O.) eintreten kann, so ist der Besteuerungstatbestand erfüllt.
Dieser Beurteilung entspricht es, daß in der Vereinbarung vom 14./30.März 1984 ausdrücklich von dem Abfindungsanspruch nach §§ 4, 11 des Gesellschaftsvertrages gesprochen wird.
bb) Der erkennende Senat folgt nicht der vom Kläger vertretenen Auffassung, § 7 Abs.7 ErbStG 1974 könne auf den Fall des Ausscheidens aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft nicht angewendet werden, weil diese Vorschrift von dem Fortbestehen der Gesellschaft nach dem Ausscheiden eines der Gesellschafter ausgehe (vgl. Meincke/Michel, a.a.O., § 7 Anm.143). Dem Wortlaut der Vorschrift ist diese Einschränkung nicht zu entnehmen, vielmehr läßt er es zu, auch diese Gestaltung zu erfassen. Richtig ist allerdings, daß § 7 Abs.7 ErbStG 1974 --jedenfalls in erster Linie-- auf den Fall der Anwachsung nach § 738 Abs.1 Satz 1 BGB als Folge des Ausscheidens eines Gesellschafters abzielt und daß die zuletzt genannte Bestimmung vom Regelfall des Fortbestehens der Gesellschaft und nicht von deren Beendigung und Auflösung ausgeht, die bei der Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in einer Hand zwingend ist (Ulmer in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2.Aufl., vor § 723 Rdnr.9). Die Gesellschafter einer zweigliedrigen Personengesellschaft können aber --wie dies im Streitfall geschehen ist-- die Übernahme des Gesellschaftsvermögens durch einen Gesellschafter vereinbaren, der dann ohne Übertragungsakt sein Alleininhaber wird (Übernahmeklausel; BGH-Urteil vom 19.Mai 1960 II ZR 72/59, BGHZ 32, 307; Ulmer, a.a.O., § 718 Rdnr.21). In diesem Fall erfolgt der Übergang des Anteils des ausscheidenden auf den anderen Gesellschafter nach den gleichen Regeln wie bei der mehrgliedrigen Personengesellschaft analog § 142 HGB, § 138 Abs.1 Satz 1 BGB. Eine Differenzierung zwischen mehr- und zweigliedrigen Personengesellschaften ist danach nicht gerechtfertigt.
cc) Keine Bedeutung kommt der Behauptung des Klägers zu, die Parteien hätten sich erst nach der Einschaltung von Rechtsanwälten und der Einleitung des im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Schiedsverfahrens geeinigt. Der Streit über die tatsächliche Höhe der Abfindung, für dessen Beilegung das Schiedsverfahren vorgesehen war, ändert nichts an dem für die Einordnung unter § 7 Abs.7 ErbStG 1974 maßgebenden Rechtsgrund des Übergangs des Gesellschaftsanteils auf den Kläger. Denn der Übergang des Anteils des ausscheidenden Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen auf den (die) übrigen Gesellschafter durch Anwachsung ist die Folge der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Fortsetzungs- bzw. Übernahmeklausel bei Kündigung durch einen Gesellschafter, im Streitfall der Kündigung durch Frau P. Ohne Belang ist im Streitfall auch, ob die vereinbarte Abfindungsklausel nach der Rechtsprechung des BGH zulässig war (vgl. BGH-Urteil vom 24.September 1984 II ZR 256/83, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1985, 192, und vom 9.Januar 1989 II ZR 83/88, NJW 1989, 2685), denn die Parteien haben das Ergebnis ihrer Vereinbarung eintreten lassen (vgl. § 41 Abs.1 Satz 1 der Abgabenordnung --AO 1977--). Ob die Unwirksamkeit einer Abfindungsklausel der Anwendung des § 7 Abs.7 ErbStG 1974 entgegenstehen könnte, braucht für den vorliegenden Fall nicht erörtert zu werden. Der Senat ist allerdings der Auffassung, daß die bloße Ersetzung der nach § 738 Abs.1 Satz 2 BGB zu bemessenden Abfindung durch eine "angemessene" Abfindung (BGH-Urteil in NJW 1985, 192; K. Schmidt, a.a.O., § 50 IV, 2 c dd) der Anwendung des § 7 Abs.7 ErbStG ebensowenig entgegensteht wie sonst Abweichungen vom Gesellschaftsvertrag über die Höhe und die Auszahlung des Abfindungsguthabens, weil hierdurch der Rechtsgrund (§§ 736 ff. BGB) des Abfindungsanspruchs nicht in entscheidender Weise berührt wird.
b) Zutreffend hat das FA den Wert des auf den Kläger übergegangenen Gesellschaftsanteils zum 31.Dezember 1983/1.Januar 1984 ermittelt und nicht, wie vom Kläger begehrt, auf den 31.Dezember 1982/1.Januar 1983. Gemäß § 7 Abs.7 ErbStG 1974 ist der Wert maßgebend, der sich (nach § 12 ErbStG 1974) zur Zeit des Ausscheidens des Gesellschafters ergibt. Ausgeschieden ist Frau P mit Ablauf des 31.Dezember 1983. Sachverhaltsrügen zur Höhe des Wertes hat der Kläger nicht erhoben.
Fundstellen
Haufe-Index 64120 |
BFH/NV 1992, 70 |
BStBl II 1992, 925 |
BFHE 168, 390 |
BFHE 1993, 390 |
BB 1992, 1781 |
BB 1992, 1781-1783 (LT) |
DB 1992, 2534 (L) |
DStR 1992, 1319 (KT) |
HFR 1992, 709 (LT) |
StE 1992, 501 (K) |