Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zuschüsse eines Stromabnehmers an ein Elektrizitätswerk für die Errichtung der Zuleitung zum Verteilungsnetz stellen ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut dar, das im Nutzungszeitraum abzuschreiben ist.
Normenkette
EStG § 6 Ziff. 1
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) hat im Jahre 1950 (Streitjahr) ihren Betrieb von Dieselölantrieb auf elektrischen Antrieb umgestellt. Die elektrische Anlage wurde von dem Elektrizitätswerk errichtet und von der Bfin. bezahlt. Das Elektrizitätswerk behielt das Eigentum an der Anlage und übernahm die Verpflichtung, sie künftig auf eigene Kosten dauernd in einem gebrauchsfähigen Zustand zu erhalten. Die Bfin. hat die für die Anlage aufgewandten Kosten in Höhe von 4 530 DM als Betriebsausgaben abgesetzt. Das Finanzamt dagegen hat den Betrag in vollem Umfange aktiviert und eine Absetzung für Abnutzung nicht zugelassen. Einspruch und Berufung waren ohne Erfolg. Die Vorbehörden stützten sich auf das Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 487/28 vom 15. Mai 1929, Slg. Bd. 25 S. 174.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) ist begründet.
1) In der Entscheidung des Reichsfinanzhofs wird die Auffassung vertreten, daß Abnutzungsabsetzungen nicht vorgenommen werden könnten, wenn das Elektrizitätswerk die Instandhaltungspflicht des Anschlusses übernommen habe. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Wie die Steuerpflichtige mit Recht ausführt, stehen Instandhaltungskosten den Abnutzungsabsetzungen nicht entgegen. Die Instandhaltungskosten dienen dazu, das Wirtschaftsgut für die Zeit der Nutzungsmöglichkeit in gebrauchsfähigem Zustand zu erhalten, die Abnutzungsabsetzungen tragen dem Verzehr des Wirtschaftsgutes Rechnung.
Im vorliegenden Falle sind die durch den Aufwand der Bfin. errichteten Anlagen nicht in ihr Eigentum übergegangen, sondern in das Eigentum des Elektrizitätswerks. Beim Elektrizitätswerk gelten für die etwaige Aktivierung dieser Aufwendungen die Grundsätze wie sie in der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 55/53 U vom 6. Oktober 1953, Bundessteuerblatt III S. 315, im einzelnen dargestellt sind. Es ist zu unterscheiden, ob es sich um einen verlorenen Zuschuß oder um Vorauszahlungen für die Lieferung des elektrischen Stromes handelt. Bei der Bfin. muß der umstrittene Betrag aktiviert werden. Sie hat durch den Aufwand den Anschluß an das Elektrizitätsnetz erhalten. Dieser stellt, wie in der Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 487/28 ausgeführt wird, ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut dar. Das Wirtschaftsgut verbraucht sich aber in einer bestimmten Anzahl von Jahren, dem Nutzungszeitraum. Es ist ein Wirtschaftsgut, für das Abnutzungsabsetzungen anzusetzen sind. Die Verhältnisse liegen hier anders als beim Geschäftswert. Die Nutzungszeit wird bestimmt durch die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Anlage oder durch die Zeitdauer des Vertrages, für die sich das Elektrizitätswerk zur Lieferung von Strom an die Bfin. verpflichtet hat, sofern die Vertragsdauer kürzer ist, als die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Anlage. Bei der Würdigung der Vertragsdauer ist nicht der formelle Vertrag zugrunde zu legen, sondern die Schätzung der Zeitdauer, für die die vertraglichen Vereinbarungen voraussichtlich gelten.
Die Vorentscheidung wird aufgehoben und die Sache an das Finanzamt zurückverwiesen.
2) Die Bfin. hat ohne Erfolg bei den Vorbehörden den Antrag gestellt, für das Wirtschaftsgut den von ihr behaupteten niedrigeren Teilwert anzusetzen.
Im allgemeinen spricht die Vermutung dafür, daß der Teilwert eines Wirtschaftsgutes nicht unter den Kosten liegt, die der Kaufmann für die Beschaffung aufwendet. Dies gilt in besonderem Ausmaße für das Jahr der Beschaffung (Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 297/30 vom 28. März 1933, Reichssteuerblatt 1933, S. 1259; VI A 587/35 vom 16. Dezember 1936, Slg. Bd. 40 S. 310; Reichssteuerblatt 1937 S. 106). Zwingende Gründe, die die Vermutung entkräften, hat die Bfin. nicht vorgebracht. Die Vorbehörden konnten ohne Verstoß gegen § 288 der Reichsabgabenordnung (AO) zu ihrer Ansicht kommen.
Des weiteren hat die Bfin. im Rechtsbeschwerdeverfahren für die Trafostation gleichfalls den Antrag gestellt, sie auf den niedrigeren Teilwert abzuschreiben.
Das Wahlrecht, statt der Anschaffungskosten den niedrigeren Teilwert anzusetzen, kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr ausgeübt werden. Die Vorentscheidung beruht insoweit auf keinem Rechtsverstoß im Sinne des § 288 AO und ist deshalb nicht angreifbar. Es bleibt jedoch den Vorbehörden unbenommen, bei der erneuten Würdigung der Sache den Antrag der Bfin. zu prüfen, sofern er aufrechterhalten wird.
Fundstellen
Haufe-Index 407889 |
BStBl III 1954, 129 |
BFHE 1954, 573 |
BFHE 58, 573 |
BB 1954, 337 |