Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Es stellt keinen Fehlgebrauch des Ermessens des Finanzamts dar, wenn Provisionen, die ein Nachtlokalinhaber an Taxifahrer für die Zuführung von Gästen zahlt, deshalb nicht zum Abzug als Betriebsausgaben zugelassen werden, weil der Nachtlokalinhaber nur die Ordnungsnummern der Taxis, nicht aber die Namen und Anschriften der Taxifahrer aufzeichnete.
Normenkette
AO § 205a Abs. 2-3; EStG § 4 Abs. 4
Tatbestand
Streitig ist bei den gesonderten Gewinnfeststellungen 1959 bis 1961, ob die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige - Stpfl. -) Provisionszahlungen als Betriebsausgabe abziehen darf.
Die Stpfl. war Inhaberin eines großstädtischen Nachtkabaretts. Bei einer Betriebsprüfung im Jahre 1962 wurde festgestellt, daß sie an Taxifahrer Provisionen zahlte, wenn diese Gäste zu ihrem Lokal brachten. Die Provisionen betrugen anfangs 1 bis 2 DM, später 3 DM und im Zeitpunkt der Betriebsprüfung 4 DM für jeden Gast. Die Provisionszahlungen betrugen für 1959 6056, für 1960 9270 und für 1961 18 519 DM.
Der Portier, der die Beträge auszahlte, vermerkte in einem sogenannten Taxibuch den Tag der Zahlung, die Ordnungsnummer (nicht Kennzeichen) des Taxis und den gezahlten Geldbetrag. In einer weiteren Spalte des Taxibuchs quittierte der Taxifahrer mit seiner Unterschrift.
Weil die Unterschriften der Taxifahrer meist unleserlich und nicht die genauen Anschriften der Zahlungsempfänger im Taxibuch enthalten waren, lehnte das Finanzamt (FA) unter Hinweis auf § 205 a Abs. 2 und 3 AO den Abzug dieser Beträge als Betriebsausgabe ab.
Nach erfolglosem Einspruch gegen die zum Teil berichtigten, zum Teil erstmaligen Gewinnfeststellungsbescheide hatte die Stpfl. mit ihrer Berufung zum Teil Erfolg. Im Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) waren drei Taxibücher mit Aufzeichnungen vom 12. Oktober 1959 bis 26. April 1960, vom 26. April bis 2. Oktober 1960 und vom 9. November 1961 ab vorgelegt worden. Für die übrige Zeit konnten die Taxibücher nicht vorgelegt werden. Anhand einer Zusammenstellung der Stpfl. darüber, welche der in den drei vorgelegten Taxibüchern verzeichneten Beträge jeweils auf die einzelnen Ordnungsnummern der Taxis entfielen, wurden 4 Taxis herausgesucht, auf die die höchsten Geldbeträge entfielen. Das Straßenverkehrsamt der Stadt teilte auf Anfrage des FG die Anschriften der Personen mit, die für die genannten vier Taxis während der Streitjahre eine Fahrgenehmigung besaßen.
Das FG begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt. Bei der Entscheidung, ob von § 205 a AO Gebrauch gemacht werden solle, seien die Grundsätze von Recht und Billigkeit und die Grenzen zu beachten, die das Gesetz dem behördlichen Ermessen ziehe (§ 171 Abs. 1 AO, § 2 Abs. 1 und 2 StAnpG).
Die Aufzeichnungen könnten noch den von Gesetz und Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen über die Benennung der Zahlungsempfänger genügen. Sie hätten im wesentlichen den Inhalt wie Quittungen, die von Taxifahrern nach Beendigung einer Fahrt ausgestellt würden. Mit Hilfe der in den Taxibüchern festgehaltenen Ordnungsnummern könne jedes einzelne Taxiunternehmen leicht und einwandfrei festgestellt werden.
Nicht zum Abzug zugelassen werden könnten die Beträge, die in den nicht vorgelegten und nicht auffindbaren Taxibüchern enthalten seien. Die Versagung des Abzugs hänge nicht davon ab, daß das Gericht die überzeugung erlangt habe, diese Beträge seien nicht gezahlt worden. Entscheidend sei, daß wegen Fehlens dieser Aufzeichnungen es nicht mehr möglich sei, die Beträge bei den Empfängern zu erfassen, wozu der § 205 a Abs. 2 und 3 AO ausdrücklich geschaffen sei (vgl. Urteil des BFH IV 376-378/60 U, BFH 77, 70, BStBl III 1963, 342).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Stpfl. ist unbegründet. Die Anschlußrevision des Vorstehers des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage der Stpfl.
Die von der Stpfl. in den Taxibüchern geführten Aufzeichnungen erfüllen nicht den Begriff der genauen Empfängerbezeichnung im Sinne des § 205 a Abs. 2 AO. Die Empfängerbezeichnung muß so sein, daß die Steuerverwaltungsbehörde ohne besondere Schwierigkeiten und ohne Zeitaufwand in der Lage ist, den Empfänger zu ermitteln, um auf diese Weise die Beträge bei ihm zu erfassen. Das ist bei den in den Taxibüchern gemachten Aufzeichnungen nicht möglich. Das FG selbst geht davon aus, daß die Ermittlung der Empfänger auf Grund dieser Aufzeichnungen für das FA mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden war. Es mutet dem FA diese Schwierigkeiten aber zu, weil es sich nur um verhältnismäßig geringfügige Beträge handle und weil eine genauere Empfängerangabe der Stpfl. nicht zumutbar sei. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Gesichtspunkt der Geringfügigkeit der Ausgaben hat allerdings im Urteil des Senats IV 376-378/60 U eine gewisse Bedeutung. Die dort entwickelten Grundsätze sind aber hier nicht anwendbar, weil davon ausgegangen werden muß, daß die Taxifahrer Provisionen nicht nur von der Stpfl., sondern auch von anderen Nachtlokalen erhielten und damit die Wahrscheinlichkeit besteht, daß diese Beträge, auch wenn die Taxifahrer sonst nur für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zur Einkommensteuer herangezogen wurden, doch steuerpflichtig waren. Eine genaue Empfängerangabe war der Stpfl. ohne weiteres möglich bei Verwendung von Namensstempeln der Taxifahrer oder vorgestempelten Quittungen, die Namen und Anschrift der Taxifahrer enthalten. Verzichtete sie bei den ihr durch die Verhältnisse nicht aufgezwungenen Provisionszahlungen hierauf, so muß sie in Kauf nehmen, diese Beträge steuerlich aus ihrem Gewinn zu decken.
Bei dieser Beurteilung ist auch zu berücksichtigen, daß es sich bei den Provisionen um Zahlungen handelte, die ganz allgemein schwer nachprüfbar sind und bei nicht hinreichender Empfängerbezeichnung nicht nur bei Versteuerung beim Empfänger erhebliche Schwierigkeiten machen, sondern auch dem die Provision Zahlenden im großen Umfang die Möglichkeit eröffnen, Betriebsausgaben zu fingieren. Die Sache liegt insoweit anders als bei den vom FG angeführten Fahrtenquittungen, bei denen insbesondere die letztgenannte Möglichkeit weniger ins Gewicht fällt. Eine Ertragsgefährdung der Stpfl. für den Fall, daß sie die Provisionen nicht ohne genauere Empfängerangabe bezahlte, bestand nicht. Es stellte somit keinen Fehlgebrauch des Ermessens des FA dar, daß dieses den Abzug der Provisionen ablehnte.
Fundstellen
Haufe-Index 412501 |
BStBl III 1967, 396 |
BFHE 1967, 287 |
BFHE 88, 287 |
DB 1968, 154 |