Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorliegen der Vollmacht als Prozeßvoraussetzung
Leitsatz (NV)
Ist eine Blankovollmacht des Klägers auf seinen Prozeßbevollmächtigten vom Gericht zur Vervollständigung zurückgegeben und die in Aussicht gestellte neue Vollmacht nicht eingereicht worden, so fehlt es an einer ordnungsgemäßen Vollmacht und damit an einer Sachurteilsvoraussetzung.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 3 S. 1; VGFGEntlG Art. 3 § 1
Tatbestand
Die Oberfinanzdirektion (OFD) erteilte der Klägerin auf deren Antrag eine verbindliche Zolltarifauskunft. Nach erfolglosem Einspruch wegen der Tarifierung hat der Prozeßvertreter der Klägerin in deren Namen unter Beifügung einer unvollständigen Prozeßvollmacht (Blankovollmacht) Klage gegen die Einspruchsentscheidung der OFD erhoben. Die Vollmacht wurde dem Vertreter der Klägerin von der Geschäftsstelle des Senats zur Vervollständigung zurückgesandt. Mit Verfügung des Vorsitzenden des Senats wurde der Prozeßvertreter der Klägerin aufgefordert, binnen einer Ausschlußfrist die Prozeßvollmacht vorzulegen. Eine Vollmacht wurde jedoch nicht eingereicht, obwohl der Prozeßvertreter ankündigte, eine ,,weitere" Prozeßvollmacht werde nachgereicht.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig.
Eine Sachentscheidung ist nicht möglich, weil die nach § 62 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderliche schriftliche Vollmacht fehlt, für deren Vorlage gemäß Art. 3 § 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 (BGBl I 1978, 446, BStBl I 1978, 174) i. d. F. des Gesetzes vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1983, 1515, BStBl I 1984, 47) eine Ausschlußfrist gesetzt worden war. Damit mangelt es an einer Prozeßvoraussetzung, die nicht mehr nachträglich erfüllt werden kann, sofern nicht Wiedereinsetzungsgründe (§ 56 FGO) vorliegen (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. Januar 1980 VI R 11/79, BFHE 129, 305, 307 f., BStBl II 1980, 229, und vom 15. Mai 1981 VI R 212/78, BFHE 133, 344, 346 f., BStBl II 1981, 678, 680). Innerhalb der Frist ist eine ordnungsgemäße Vollmacht nicht vorgelegt worden. Daraus, daß eine unvollständige Vollmacht mit der Klageschrift eingereicht wurde, kann sich die Zulässigkeit der Klage nicht ergeben. Denn auch eine mit wesentlichen Mängeln behaftete Vollmachtsurkunde hindert das Gericht, eine Sachentscheidung zu treffen (BFH-Urteil vom 17. Juli 1984 VIII R 20/82, BFHE 141, 463, 465, BStBl II 1984, 802, 803). Dies gilt insbesondere im Hinblick auf eine Vollmachtsurkunde, die nicht die Angabe des Bevollmächtigten enthält (vgl. BFHE 141, 463, 465). Ob eine Blankovollmacht im Einzelfall im Zusammenhang mit einer unzweideutigen Erklärung des Prozeßvertreters, an deren Richtigkeit Zweifel nicht bestehen, als ordnungsgemäße Vollmacht auf diesen anerkannt werden kann, braucht nicht entschieden zu werden. Denn eine solche Erklärung des Prozeßvertreters liegt jedenfalls dann nicht - mehr - vor, wenn, wie im Streitfalle, eine Blankovollmacht vom Gericht zur Vervollständigung zurückgegeben und eine vom Prozeßvertreter darauf in Aussicht gestellte neue Vollmacht nicht eingereicht worden ist. Wegen dieses Mangels muß die Klage durch Prozeßurteil abgewiesen werden.
Die Kosten des Klageverfahrens sind dem hiernach vollmachtlosen Vertreter aufzuerlegen, weil er die erfolglose Prozeßführung veranlaßt hat (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Beschluß vom 27. Juli 1983 II B 68/82, BFHE 138, 529, 531, BStBl II 1983, 644, 645).
Fundstellen
Haufe-Index 414028 |
BFH/NV 1986, 39 |