Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderbetriebsausgaben eines Kommanditisten
Leitsatz (NV)
1. Finanzierungskosten, die unmittelbar in einem Zusammenhang mit der Finanzierung einer eigenen Beteiligung an einer Personengesellschaft stehen (hier: KG-Anteil), sind grundsätzlich Sonderbetriebsausgaben dieses Gesellschafters, die im Feststellungsverfahren der Gesellschaft (KG) zu berücksichtigen sind.
2. Werden Sonderbetriebsausgaben, die einem bestimmten Feststellungszeitraum zuzurechnen sind, bei der Ermittlung der Höhe des Gewinns (Verlust-)Anteils eines Gesellschafters bei der KG nicht erfaßt, so ist dies für das FA, das den Grundlagenbescheid auszuwerten hat, bindend (ständige Rechtsprechung).
Normenkette
AO 1977 § 179 Abs. 2 S. 3, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) beteiligte sich im Jahre 1979 mit einem Anteil von 20 000 DM als Kommanditist an der X-KG (im folgenden KG). Mit Vertrag vom Dezember 1979 hat der Kläger die Beigeladenen A und B an diesem KG-Anteil Unterbeteiligungen in Form einer atypisch stillen Gesellschafterstellung (Innengesellschaft) von je 1/3 eingeräumt. Die Unterbeteiligten waren an den auf den KG-Anteil entfallenden Gewinnen und Verlusten zu je 1/3 beteiligt. Sie hatten außerdem die dem Kläger mit dem Erwerb des KG-Anteils entstehenden Kosten zu je 1/3 zu erstatten.
Nachdem das früher zuständige Finanzamt (FA) Z von diesem Sachverhalt im Jahre 1983 Kenntnis erlangte, wurde die atypisch stille Gesellschaft (im folgenden GdbR) steuerlich erfaßt. Das FA führte mit Bescheid vom 24. Oktober 1983 u. a. bezüglich des Streitjahres 1980 eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für die GdbR durch. Dabei wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit ./. . . . DM und ausländische Einkünfte gemäß § 2 des Auslandsinvestitionsgesetzes (AIG) mit ./. . . . DM festgestellt und jeweils zu 1/3 auf den Kläger und die Beigeladenen aufgeteilt. Alleinige Grundlage dieser Feststellung war eine Mitteiung des FA Y über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Klägers an der KG. Der Feststellungsbescheid vom 24. Oktober 1983 wurde vom Beklagten und Revisionskläger (dem nunmehr zuständigen FA X) mit Bescheid vom 7. Februar 1985 gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) geändert, nachdem das FA Y den Feststellungsbescheid für die KG geändert hatte. Nach Mitteilung des FA Y des FA Y entfielen auf den KG-Anteil des Klägers folgende Anteile:
a) laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Inland) ./. ... DM
b) Vorwegvergütungen Inland 0 DM
c) laufende Einkünfte Kanada ./. ... DM
d) Sonderbetriebsausgaben Kanada 0 DM.
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und die Einkünfte gemäß § 2 AIG betreffend die atypisch stille Gesellschaft wurden entsprechend der Mitteilung des FA Y festgestellt und nach dem bisherigen Verteilungsschlüssel auf die Gesellschafter aufgeteilt. Die Bekanntgabe der Bescheide erfolgte jeweils an den Kläger als Empfangsbevollmächtigten der GdbR.
Gegen den Feststellungsbescheid vom 7. Februar 1985 hat der Kläger Einspruch mit dem Ziel eingelegt, die ihm beim Erwerb des KG-Anteils unstreitig entstandenen Finanzierungskosten als Sonderbetriebsausgaben zum Abzug zuzulassen. Das FA hat den Einspruch als unzulässig verworfen. Es meint, der die KG betreffende Feststellungsbescheid sei für den die Innengesellschaft betreffenden Gewinnfeststellungsbescheid (GdbR) bindend. Nachdem im Feststellungsverfahren der KG für den Kläger keine Sonderbetriebsausgaben festgestellt bzw. mit 0 DM (Sonderbetriebsausgaben Kanada) festgestellt wurden, könnten die vom Kläger geltend gemachten Finanzierungskosten für den KG-Anteil auch nicht im Feststellungsverfahren für die Innengesellschaft - GdbR - berücksichtigt werden.
Mit der Klage beantragte der Kläger, den Gewinnfeststellungsbescheid der GdbR vom 7. Februar 1985 dahingehend abzuändern, daß für ihn Sonderbetriebsausgaben in Höhe von . . . DM festgestellt werden.
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte in seinem Urteil u. a. aus: Der Gewinnfeststellungsbescheid vom 7. Februar 1985 sei im Sinne des Klagebegehrens zu ändern. Im Streitfall diene die Darlehensaufnahme und die dem Kläger in diesem Zusammenhang entstandenen Finanzierungskosten der gleichzeitigen Anschaffung der Hauptbeteiligung des Klägers an der KG als auch der Unterbeteiligung. Der Erwerb des KG-Anteils erfolgte in Erfüllung des Gesellschaftszwecks der GdbR. Unter diesen Umständen fehle jegliche gesetzliche Regelung, inwieweit der Zinsaufwand als Sonderbetriebsausgabe im Feststellungsverfahren über die Hauptbeteiligung, und welcher bei der besonderen gesonderten Feststellung der Unterbeteiligung zu berücksichtigen sei. Das FG meint, zur Behebung der aufgezeigten Abgrenzungsschwierigkeiten sei es zulässig, alle nicht eindeutig zuordnungsfähigen Sonderbetriebsausgaben, wie im Streitfall die Zinsen, noch auf der Stufe des besonderen gesonderten Feststellungsverfahrens bezüglich der Unterbeteiligungsgemeinschaft zu erfassen.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das FA habe § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i. V. m. § 179 Abs. 2 Satz 3 AO 1977 verletzt. Es trägt u. a. vor, die streitigen Zinsen seien Sonderbetriebsausgaben, die nur bei der Gewinnfeststellung der KG hätten berücksichtigt werden können, weil die Zinsen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erwerb des KG-Anteils des Klägers stehen. Nachdem im Gewinnfeststellungsverfahren der KG (Grundlagenbescheid), aus welchen Gründen auch immer, insoweit keine Sonderbetriebsausgaben für den Kläger festgestellt worden seien, könnten diese auch nicht mehr bei der besonderen gesonderten Feststellung (Folgebescheid) für die atypisch stille Unterbeteiligung berücksichtigt werden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Die Entscheidung des FG, der Kläger könne unter den gegebenen Umständen die Finanzierungskosten, die ihm beim Erwerb seines KG-Anteils entstanden sind, bei der besonderen gesonderten Feststellung (§ 179 Abs. 2 Satz 3 AO 1977) für die atypisch stille Unterbeteiligung - GdbR - als Sonderbetriebsausgaben abziehen, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Finanzierungskosten, die unmittelbar in einem Zusammenhang mit der Finanzierung einer eigenen Beteiligung an einer Personengesellschaft stehen, grundsätzlich Sonderbetriebsausgaben dieses Gesellschafters (vgl. Urteil vom 30. Juni 1966 VI 273/65, BFHE 86, 576, BStBl III 1966, 582), die im Feststellungsverfahren der Gesellschaft zu berücksichtigen sind (Urteile vom 29. August 1973 I R 26/71, BFHE 110, 315, BStBl II 1974, 62; vom 23. April 1991 IX R 303/87, BFH/NV 1991, 653 m. w. N.). Werden Sonderbetriebsausgaben, die einem bestimmten Feststellungszeitraum zuzurechnen sind, bei der Ermittlung der Höhe des Gewinns (Verlust-)Anteils eines Gesellschafters bei der Hauptgesellschaft (KG) nicht erfaßt, so ist dies für das FA, das den Grundlagenbescheid im Rahmen der besonderen gesonderten Feststellung für die atypisch stille Unterbeteiligung (Innengesellschaft) auszuwerten hat, bindend (vgl. BFH-Beschluß vom 5. November 1973 GrS 3/72, BFHE 112, 1, BStBl II 1974, 414; BFH-Urteile vom 27. Oktober 1989 III R 38/88, BFH/NV 1990, 369; vom 11. September 1991 XI R 35/90, BFHE 165, 336, BStBl II 1992, 4).
b) Nach den Feststellungen des FG hat der Kläger im Streitfall ein Darlehen bei der Bank . . . zur Aufbringung der KG-Gesellschaftereinlage aufgenommen, für das die streitigen Zinsen gezahlt wurden. Die Zinsen für dieses Darlehen stehen somit ausschließlich in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erwerb der Beteiligung des Klägers an der Hauptgesellschaft (KG). Diese Zinsaufwendungen könnten daher nur im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellung der KG (Hauptgesellschaft) als Sonderbetriebsausgaben erfaßt werden. Nachdem die Zinsen unstreitig im Gewinnfeststellungsverfahren der KG - Grundlagenbescheid - als Sonderbetriebsausgaben des Klägers nicht berücksichtigt wurden, scheidet auch ein Sonderbetriebsausgabenabzug bei der Gewinnfeststellung der Unterbeteiligungsgesellschaft - Folgebescheid -, die alleiniger Gegenstand des Rechtsstreits ist, aus.
c) Das FG geht zu Unrecht davon aus, der Kläger habe unter den gegebenen Umständen grundsätzlich ein Wahlrecht dergestalt, daß er die streitigen Darlehenszinsen entweder bei der Gewinnfeststellung der KG (Hauptgesellschaft) oder bei der Gewinnfeststellung der GdbR (Untergesellschaft) als Sonderbetriebsausgabe geltend machen kann. Das hierfür vom FG herangezogene Argument, dadurch würden Abgrenzungsschwierigkeiten behoben, weil es sich bei den streitigen Finanzierungskosten um nicht mehr ,,eindeutig zuordnungsfähige Sonderbetriebsausgaben" zwischen Hauptgesellschaft (KG) und Unterbeteiligungsgesellschaft (GdbR) handle, greift nicht durch. Die vom FG behaupteten Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen tatsächlich nicht. Die streitigen Zinsen sind eindeutig zuordnungsfähige Sonderbetriebsausgaben des Klägers bei der KG.
Im Streitfall bestehen zwei Personengesellschaften, die Hauptgesellschaft (KG) und die Unterbeteiligungsgesellschaft - GdbR - (vgl. BFH-Beschluß in BFHE 112, 1, BStBl II 1974, 414). Wie oben unter 1. b) ausgeführt, wurde das Darlehen und die damit im Zusammenhang stehenden Zinsen allein zur Finanzierung der KG-Beteiligung des Klägers aufgenommen und auch verwendet (Hauptzweck der Darlehensaufnahme und der Zinszahlung), und nicht im Zusammenhang mit der Einräumung der Unterbeteiligung der Beigeladenen an diesem KG-Anteil. Bei dieser Ausgangslage steht eindeutig fest, daß die streitigen Aufwendungen nur bei der KG zu berücksichtigende Sonderbetriebsausgaben sein können. Abgrenzungsschwierigkeiten der vom FG behaupteten Art sind insoweit nicht erkennbar.
d) Daß die Rechtsauffassung des FG nicht richtig sein kann, ergibt sich im übrigen auch aus folgender Überlegung. Hätte der Kläger im Streitfall den Beigeladenen keine Unterbeteiligung an seinem KG-Anteil eingeräumt und wären die Zinsen zur Finanzierung seines KG-Anteils auch nicht als Sonderbetriebsausgaben bei der Gewinnfeststellung der KG festgestellt worden (Grundlagenbescheid), hätten die Zinsen zweifelsfrei bei der Veranlagung des Klägers zur Einkommensteuer (Folgebescheid) nicht mehr berücksichtigt werden können (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile in BFHE 110, 315, BStBl II 1974, 62; in BFH/NV 1990, 369; in BFH/NV 1991, 653; in BFHE 165, 336, BStBl II 1992, 4). Denn das Ergebnis des Feststellungsverfahrens wäre für das Wohnsitz-FA bindend (§ 182 Abs. 1 AO 1977). Allein die Tatsache, daß der Kläger die Beigeladenen an seinem KG-Anteil unterbeteiligt hat, rechtfertigt keine grundsätzlich andere Sachbehandlung der streitigen Sonderbetriebsausgaben. Denn auch im Verhältnis Hauptgesellschaft-Untergesellschaft gilt der allgemeine Grundsatz, daß gesondert festzustellende Einkünfte nebst Sonderbetriebsausgaben im Folgebescheid - Feststellungsbescheid der Untergesellschaft - nur insoweit anzusetzen sind, als sie im Grundlagenbescheid - Feststellungsbescheid der KG - festgestellt sind.
Sind, wie im Streitfall, die strittigen Zinsen bei der Gewinnfeststellung der KG nicht erfaßt, können sich die Aufwendungen auch nicht mehr bei der besonderen gesonderten Gewinnfeststellung gemäß § 179 Abs. 2 Satz 3 AO 1977 der Untergesellschaft - GdbR - auswirken.
Fundstellen
Haufe-Index 418157 |
BFH/NV 1992, 515 |