Leitsatz (amtlich)
1. Der An- und Verkauf von Aktien kann eine gewerbliche Tätigkeit begründen, wenn die Aktien in Verkaufsabsicht für eigene Rechnung mit Kredit und untrennbar verbunden damit für fremde Rechnung bei Vereinbarung von Optionen und Wiederkaufsverpflichtungen sowie unter Kreditvermittlung erworben werden.
2. Die Gewerblichkeit darf allerdings nicht allein deshalb bejaht werden, weil mit der Beteiligung eine Einflußnahme auf die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft erstrebt wird.
Normenkette
EStG § 15 Nr. 1, § 17 Abs. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind die Alleinerben des während des Revisionsverfahrens verstorbenen Steuerpflichtigen (Steuerpflichtiger). Der Steuerpflichtige war in den Streitjahren Gesellschafter bei gewerblich tätigen Personengesellschaften, Berater einer GmbH und Vorstandsvorsitzender der X-AG. Er unterhielt ein Büro, das aus der Zentralverwaltung seiner früheren Unternehmen hervorgegangen war.
1963 erwarb der Steuerpflichtige von dem Alleingesellschafter der X-AG, X, 25 v. H. des Aktienkapitals der X-AG auf eigene und weitere Anteile auf fremde Rechnung; im selben Jahr und später veräußerte er Aktien der X-AG. Dies geschah im wesentlichen wie folgt:
Am 3. Januar 1963 bot X dem Steuerpflichtigen von dem ... DM betragenden Grundkapital der X-AG Inhaberaktien im Nennwert von ... DM = rd. 95 v. H. des Grundkapitals einschließlich der Dividendenscheine für 1962 zum Preis von ... DM für eigene oder fremde Rechnung an. Der Steuerpflichtige nahm das Angebot für Aktien im Nennwert von ... DM = rd. 76 v. H. des Grundkapitals an; hiervon übernahm er Aktien im Nennwert von ... DM = 25 v. H. des Grundkapitals persönlich und die übrigen Aktien im Nennwert von ... DM für fremde Rechnung. Der Steuerpflichtige verpflichtete sich außerdem, für eigene oder fremde Rechnung weitere Aktien im Nennwert von ... DM zum Preis von ... DM bis spätestens zum 30. Juni 1963 zu erwerben.
Hinsichtlich der für fremde Rechnung erworbenen Aktien im Nennwert von ... DM traf der Steuerpflichtige in der Zeit vom 1. bis zum 4. Januar 1963 folgende Vereinbarungen:
An die I-Bank veräußerte er Aktien im Nennwert von ... DM zum Kurs von 317 v. H. Dabei garantierte er der Bank eine Dividende von 7 v. H. für fünf Jahre und verpflichtete sich für den gleichen Zeitraum, auf Verlangen der Bank die Aktien ganz oder zum Teil zum Kurs von 317 v. H. zurückzukaufen. Er selbst behielt sich ein Wiederkaufsrecht für fünf Jahre zum Kurs von 317 v. H. plus 18 v. H. für jedes Jahr vor. Der Steuerpflichtige verpflichtete sich, die I-Bank als Hauptbankverbindung der X-AG zu benutzen und der Bank einen Sitz im Aufsichtsrat der X-AG zu besorgen.
An die I-GmbH wurden Aktien im Nennwert von ... DM zum Kurs von 317 v. H. veräußert und Abmachungen über eine Dividendengarantie, Kaufverpflichtung und Kaufberechtigung mit ähnlichen Inhalten wie bei der I-Bank getroffen.
An die F-GmbH wurden Aktien im Nennwert von ... DM zu einem bar zu regulierenden Kaufpreis von ... DM veräußert.
Die langjährige Geschäftspartnerin Y bot dem Steuerpflichtigen bindend bis zum 31. Dezember 1970 ihre Aktien der X-AG im Nennwert von ... DM zum Preis von 320 v. H. des Nennwerts, ab 1964 pro Jahr um 10 v. H. mehr, an, räumte ein Vorkaufsrecht ein und verpflichtete sich, über die Aktien nur gemeinschaftlich mit dem Steuerpflichtigen zu verfügen. Y verpflichtete sich außerdem als Alleingesellschafterin der F-GmbH dafür zu sorgen, daß die F-GmbH dem Steuerpflichtigen für deren Aktien an der X-AG die gleichen Rechte zusicherte. Der Steuerpflichtige garantierte der F-GmbH und Y für alle von ihnen erworbenen Aktien der X-AG von 1963-bis einschließlich 1967 eine jährliche Mindestrendite von 6,5 v. H. des Kaufpreises.
Der Steuerpflichtige, Y und die F-GmbH finanzierten ihre Käufe mit Bankkrediten.
Am 27. Juli 1963 veräußerte der Steuerpflichtige für eigene und für fremde Rechnung Aktien der X-AG im Nennwert von ... DM zum Kurs von 425 v. H. an die M-Bank. Zu diesem Paket gehörten die von ihm selbst gehaltenen Aktien im Nennwert von ... DM, die Aktien der F-GmbH über ... DM und Aktien der Y im Nennwert von ... DM.
Danach erfüllte der Steuerpflichtige seine im Vertrag vom 3. Januar 1963 mit X eingegangene Verpflichtung zur weiteren Übernahme von Aktien im Nennwert von ... DM dadurch, daß ein Teil dieser Aktien im Nennwert von ... DM von der I-Bank und ein weiterer Teil im Nennwert von ... DM von der S-Bank übernommen wurden. Bei der I-Bank geschah dies zu ähnlichen Bedingungen wie bei dem Aktienerwerb anfangs 1963. Der S-Bank gegenüber war der Steuerpflichtige berechtigt oder verpflichtet, die Aktien bis zum 31. Dezember 1963 zu übernehmen oder übernehmen zu lassen; die Bank erteilte Stimmrechtsvollmacht und erhielt für die Durchführung des Geschäfts eine Provision, während die Dividenden dem Steuerpflichtigen zustehen sollten.
Durch eine als Treuhandvertrag bezeichnete Vereinbarung vom 27. November 1963 zwischem dem Steuerpflichtigen und Y übertrug diese ihr Eigentum an den restlichen ihr gehörenden Aktien der X-AG im Nennwert von ... DM auf den Steuerpflichtigen als Treuhänder unter Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen die S-Bank. Y beauftragte den Steuerpflichtigen außerdem, auf seinen Namen, aber auf ihre Rechnung, als Treuhänder weitere Aktien bis zum Höchstbetrag von ... DM zu erwerben und zu verwalten. Über die Geschäfte hatte der Steuerpflichtige jährlich Rechnung zu legen und den Erlös Y zur Verfügung zu stellen. Eine Vergütung sollte er nicht erhalten. Der Vertrag konnte frühestens zum 31. Dezember 1973 gekündigt werden.
Ende 1963, Anfang 1964 erfolgten aufgrund der vom Steuerpflichtigen vereinbarten Optionen und Rückkaufsverpflichtungen Umschichtungen der Aktien der X-AG. Dabei wurden übernommen die Aktien der S-Bank teils vom Steuerpflichtigen, teils von der F-GmbH, die Aktien der I-GmbH von Y, die Aktien der I-Bank zum Teil vom Steuerpflichtigen, teils von Y und zum Teil von einem Sohn des Steuerpflichtigen.
1964 veräußerte der Steuerpflichtige Aktien der X-AG im Nennwert von ... DM und 1966 im Nennwert von insgesamt ... DM. 1968 erzielte er bei der Veräußerung von Aktien innerhalb der Frist des § 23 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einen Gewinn von ... DM und aus Verkäufen außerhalb der Spekulationsfrist einen Gewinn von ... DM.
Nach einer Betriebsprüfung kam der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) zu der Auffassung, der Steuerpflichtige sei am 3. Januar 1963 zu mehr als 25 v. H. an der X-AG beteiligt gewesen und deshalb müßten die Gewinne aus der Veräußerung von Aktien nach § 17 EStG versteuert werden. Dementsprechend ergingen Einkommensteuerbescheide, in denen das FA für 1963 den Veräußerungsgewinn des Steuerpflichtigen unter Einbeziehung der auf die Anteile von Y und der F-GmbH entfallenden Gewinne berechnete, für 1966 einen von der Betriebsprüfung ermittelten Veräußerungsgewinn und für 1968 den erklärten Gewinn ansetzte; dabei wurde jeweils die Tarifvergünstigung des § 34 Abs. 1 EStG berücksichtigt.
Die Klage gegen diese Bescheide hatte nur insoweit Erfolg, als das Finanzgericht (FG) für 1966 statt eines Gewinns einen Verlust ansetzte. Im übrigen - für 1963 und 1968 - kam das FG zu dem Ergebnis, die Gewinne des Steuerpflichtigen aus der Veräußerung von Aktien der X-AG gehörten zu den Einkünften des Steuerpflichtigen aus einem gewerblichen Unternehmen nach § 15 Nr. 1 EStG, sie seien nach den §§ 5, 4 Abs. 1 EStG zu erfassen, eine Tarifbegünstigung nach § 34 EStG komme nicht in Betracht. Dazu wurde im wesentlichen ausgeführt:
Bei nachhaltiger Tätigkeit, wie die sich über Jahre hinziehenden An- und Verkäufe von Aktien zeigten, habe der Steuerpflichtige sich auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Er sei sowohl gegenüber den Veräußerern der Anteile an der X-AG als auch gegenüber den Erwerbern erkennbar mit der Absicht aufgetreten, auf eigene und auf fremde Rechnung nachhaltig Anteile zu erwerben und zu veräußern. Nach Art und Umfang seiner Tätigkeit sei er als Vermittler von Käufen und Verkäufen oder als Käufer von Anteilen an einer AG einem größeren Personenkreis gegenüber aufgetreten, der, abgesehen von Y, aus Gewerbetreibenden bestand. Unerheblich sei, daß der Steuerpflichtige seine Einnahmen nicht durch Provisionsabreden, sondern durch die Vereinbarung von Wiederkaufsrechten und die Realisierung der Differenz zwischen Wiederkaufspreis und Marktwert der Aktien erzielt habe. Maßgebend sei, daß er auf die Verschaffung von Eigentum gerichtete Leistungen erbracht habe. Die Tätigkeit des Steuerpflichtigen sei auch über eine Vermögensverwaltung hinausgegangen. Er habe sich nicht auf eine Fruchtziehung oder Umschichtung von Vermögenswerten beschränkt, sondern die Erzielung von Gewinnen aus der Differenz von Anschaffungsund Veräußerungsgeschäften angestrebt. Er sei erhebliche Risiken eingegangen. Alle Anschaffungen seien mit Krediten finanziert worden, wobei er nicht nur Kredite genommen, sondern auch vermittelt und Sicherheiten gestellt habe. Der Steuerpflichtige habe seine Tätigkeit zumindest bis 1971 fortgesetzt. Entgegen der Meinung des FA seien die von Y und der F-GmbH übernommenen Aktien dem Steuerpflichtigen nicht zuzurechnen.
Die gegen das Urteil des FG eingelegte Revision wurde hinsichtlich der Einkommensteuersache 1966 zurückgenommen, in der Einkommensteuersache für 1968 wurde ein geänderter Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Mit der Revision in den Einkommensteuersachen für 1963 und 1968 wird eine fehlerhafte Einordnung von Gewinnen, deren Steuerpflicht oder Steuerfreiheit sich aus § 23 EStG ergebe, unter die gewerblichen Einkünfte gemäß § 15 EStG gerügt. Dazu wird im wesentlichen vorgebracht:
Der Steuerpflichtige habe mit seinen Wertpapiergeschäften keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt. Er habe eine Dauerkapitalanlage bei der X-AG mit bestimmendem Einfluß auf die Geschäftsführung gesucht und gefunden. Dabei habe er sich nicht an den allgemeinen Markt, sondern an einen ausgewählten und dem Markt gegenüber geheimgehaltenen kleinen Personenkreis gewandt. Das Geschäft mit der M-Bank und die Börseneinführung der Aktien hätten sich unerwartet ergeben. Die später vorgenommenen Umschichtungen seien typisch für maßgeblich beteiligte Aktionäre.
Die in Rede stehenden Geschäfte könnten auch nicht nach § 17 EStG versteuert werden, weil der Steuerpflichtige zu keinem Zeitpunkt an der X-AG wesentlich beteiligt gewesen sei. Bei der Errechnung einer wesentlichen Beteiligung nach § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG dürften Anwartschaften i. S. von § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht berücksichtigt werden. Dem Steuerpflichtigen könnten auch für fremde Rechnung erworbene Anteile nicht zugerechnet werden; er sei Treuhänder gewesen, wirtschaftliches Eigentum sei auszuschließen. Eine mittelbare Beteiligung über eine natürliche Person sei ohne Rechtsgeschäft nicht möglich.
Demgegenüber hält das FA die finanzgerichtliche Entscheidung im Ergebnis für zutreffend und macht für den Fall der Verneinung einer gewerblichen Tätigkeit geltend, daß die Besteuerung aus den von ihm im einzelnen angeführten Gründen auf § 17 EStG zu stützen sei.
Die Kläger beantragen, unter Aufhebung der Vorentscheidung
1. die Einkommensteuer für 1963 auf null DM festzusetzen, hilfsweise, das vom FG für 1963 festgestellte Einkommen von ... DM dem begünstigten Tarif gemäß §§ 17 und 34 EStG zu unterwerfen,
2. unter Änderung des berichtigten Einkommensteuerbescheids für 1968 vom 17. Dezember 1976 die Einkommensteuer auf ... DM festzusetzen.
Das FA beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Die Gewinne des Steuerpflichtigen aus der Veräußerung von Aktien an der X-AG sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 Nr. 1 EStG).
1. Die Gewinne aus den Aktienverkäufen sind zwar nicht schon deshalb den Einkünften des Steuerpflichtigen aus Gewerbebetrieb zuzuordnen, weil dieser auch als Mitunternehmer an Gewerbebetrieben beteiligt war.
Bei einem Gewerbetreibenden fällt nicht jedes Erwerbs- und Veräußerungsgeschäft in den betrieblichen Bereich, zumal dann nicht, wenn es ein branchenfremdes Geschäft ist und der Gewerbetreibende es nicht betrieblich behandelt hat. Bei branchengleichen Geschäften kann es anders liegen. Indessen bestehen nach den insoweit unangefochtenen tatsächlichen Feststellungen des FG keine Anhaltspunkte dafür, daß der Steuerpflichtige seine Wertpapiergeschäfte im Rahmen der bereits anderweit ausgeübten gewerblichen Tätigkeit vornahm oder daß es branchengleiche Geschäfte waren.
2. Die Gewinne aus den Aktienverkäufen sind aber als Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzusehen, weil der Erwerb und die Veräußerung dieser Wertpapiere alle Merkmale einer gewerblichen Tätigkeit erfüllten und nicht im Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung stattfanden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (vgl. z. B. Urteil vom 29. März 1973 I R 153/71, BFHE 109, 431, BStBl II 1973, 661) liegt ein gewerbliches Unternehmen i. S. des § 15 Nr. 1 EStG vor, wenn die Voraussetzungen des Gewerbebetriebs nach § 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) erfüllt sind und die zu beurteilende Tätigkeit den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet. Was noch unter Vermögensverwaltung anzunehmen ist, kann nur nach den Verhältnissen des Einzelfalls bestimmt werden. Zur privaten Vermögensverwaltung kann auch die Anschaffung und Veräußerung von Vermögensgegenständen gehören. Entscheidend für die Zuordnung dieser Geschäfte zur privaten Vermögensverwaltung ist, ob der Ankauf und die Veräußerung lediglich den Beginn und das Ende einer in erster Linie auf Fruchtziehung gerichteten Tätigkeit darstellen oder ob die Umschichtung von Vermögenswerten und die Verwertung der Vermögenssubstanz entscheidend in den Vordergrund tritt. In Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob die Tätigkeit, wenn sie in den gewerblichen Bereich fallen soll, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist.
Diese Grundsätze sind auch maßgebend für die Abgrenzung zwischen gewerblicher Tätigkeit und Vermögensverwaltung, wenn bei Wertpapiergeschäften die in § 1 GewStDV aufgeführten Merkmale gegeben sind. Wie in den BFH-Urteilen vom 11. Juli 1968 IV 139/63 (BFHE 93, 281, BStBl II 1968, 775), vom 2. April 1971 VI R 149/67 (BFHE 102, 261, BStBl II 1971, 620) und vom 17. Januar 1973 I R 191/72 (BFHE 108, 190, BStBl II 1973, 260) - in den Gründen - ausgesprochen wurde, gehört bei der Verwaltung von Wertpapieren die Umschichtung von Wertpapieren, selbst in erheblichem Umfange, regelmäßig noch zur privaten Vermögensverwaltung. Gewerblichkeit kann erst bei Vorliegen besonderer Umstände, wie Unterhalten eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung der Geschäfte, regelmäßigen Börsenbesuch, Anbieten von Wertpapiergeschäften einer breiteren Öffentlichkeit gegenüber, Finanzierung von Wertpapiergeschäften mit Kredit, Ausnutzen eines bestimmten Marktes unter Einsatz von beruflichen Erfahrungen und andere bei einer privaten Kapitalnutzung unübliche Verhaltensweisen, begründet werden.
Zur Annahme eines die Gewerblichkeit begründenden besonderen Umstandes reicht es nach Auffassung des Senats nicht aus, wenn mit dem Ankauf von Wertpapieren eine Dauerkapitalanlage mit bestimmendem Einfluß auf die Geschäftsführung einer Kapitalgesellschaft gesucht und erreicht wird, wie das beim Erwerb einer Schachtelbeteiligung der Fall sein kann. Selbst der Erwerb und die spätere gewinnbringende Veräußerung einer Schachtelbeteiligung können im Hinblick auf die gesetzliche Regelung über die Besteuerung der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft bei wesentlicher Beteiligung in § 17 EStG für sich allein eine gewerbliche Tätigkeit nicht begründen. § 17 EStG läßt die Besteuerung von Anteilsveräußerungen erst bei einer Beteiligung an der Kapitalgesellschaft von mehr als einem Viertel eintreten. Es ist deshalb nicht gerechtfertigt, Anteilsveräußerungen bei einer Beteiligung bis zu einem Viertel allein deshalb als gewerblich zu behandeln, weil die Beteiligung Einflußmöglichkeiten auf die Kapitalgesellschaft vermittelt. Wegen des Gesetzesbefehls in § 17 EStG kann der mit einem Viertel beteiligte Gesellschafter nicht schlechter behandelt werden als der mit weniger als einem Viertel beteiligte.
Der Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung wird indessen unabhängig vom Umfang der Beteiligung überschritten, wenn die Wertpapiere nicht nur auf eigene Rechnung, sondern untrennbar damit verbunden in erheblichem Umfang auch für fremde Rechnung - zum Teil für noch erst zu suchende Käufer sowie unter Leistung oder Vermitteln von Sicherheiten - erworben und wieder veräußert werden, zur Durchführung der Geschäfte mehrere Banken eingeschaltet werden, die Wertpapiergeschäfte mit Krediten finanziert werden, aus den Geschäften für fremde Rechnung durch Vereinbarung von Kaufrechten und Rückkaufsverpflichtungen sowie durch die Realisierung von Unterschieden zwischen Wiederkaufspreis und Marktwert der Wertpapiere Gewinne erzielt werden sollen und alle Geschäfte eine umfangreiche Tätigkeit erfordern. Das für eine Vermögensverwaltung Unübliche liegt dann nicht in der einzelnen Maßnahme, sondern in dem planmäßig herbeigeführten Zusammentreffen all dieser Umstände, die für ein mit Unternehmerinitiative und Unternehmerrisiko verbundenes, auf Leistungsaustausch gerichtetes Handeln kennzeichnend sind.
Diesen Grundsätzen entspricht die Vorentscheidung, wenn sie zu dem Ergebnis gelangte, daß der Steuerpflichtige in den Streitjahren 1963 und 1968 mit den An- und Verkäufen von Aktien der X-AG alle Merkmale einer gewerblichen Tätigkeit erfüllte und nicht im Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung tätig war.
a) Daß die für eine Gewerblichkeit erforderlichen und in § 1 GewStDV aufgeführten Merkmale der selbständigen, nachhaltigen und mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenen Tätigkeit vorlagen, hat das FG zu Recht angenommen. Diese Merkmale wurden dadurch erfüllt, daß der Steuerpflichtige langfristig plante, Anteile an der X-AG auf eigene und für fremde Rechnung zu erwerben, deren Marktwert durch entsprechende Kurspflege zu erhöhen und daraus Gewinne zu erzielen sowie diese Planung durch mehrere An- und Verkäufe unter Einschaltung von Banken und anderen Unternehmern nach und nach realisierte. Dies wurde vom FG verfahrensrechtlich einwandfrei und damit für das Revisionsgericht bindend festgestellt.
Soweit die Revision Ausführungen zur Frage der Nachhaltigkeit enthält, liegt darin keine ordnungsgemäß erhobene Verfahrensrüge. Als materiell-rechtliche Rüge des Inhalts, das FG habe bei einem an einem Tag durchgeführten Geschäft kein nachhaltiges Tätigwerden annehmen dürfen, greift das Vorbringen nicht durch, weil das FG die Nachhaltigkeit nicht auf diesen einen Vorgang, sondern auf das planmäßige An- und Verkaufen gestützt hat.
Soweit die Revision das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht mit schriftlich aufgezeichneten Erinnerungen des verstorbenen Steuerpflichtigen bestreitet, ist dies nicht zu berücksichtigen, weil es sich bei dem Inhalt dieser Erinnerungen um neues tatsächliches Vorbringen handelt.
Entgegen der Meinung der Revision war auch das Merkmal einer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfüllt. Für die dazu notwendige Mitwirkung am allgemeinen Güter- und Leistungsaustausch ist nicht erforderlich, daß die Tätigkeit allgemein für das Publikum erkennbar ist; es genügt bereits eine Erkennbarkeit für die beteiligten Kreise (vgl. BFHE 102, 261, BStBl II 1971, 620). Das war hier der Fall, wobei offenbleiben kann, ob eine andere Beurteilung geboten wäre, wenn der Steuerpflichtige nur eine einzige Bank in seine Transaktionen eingeschaltet hätte. Der Steuerpflichtige war Geschäftspartner von Veräußerern und Erwerbern von Aktien der X-AG. Er stand bei seinen Wertpapiergeschäften mit mindestens vier Banken in Verbindung, wobei mit drei von ihnen - in der Art von Provisionsgeschäften - Verkaufs-, Options-, Stimmrechtsübertragungs- und Dividendengarantieverträge abgeschlossen wurden und eine Bank als Käuferin von Aktien auftrat. Ob dabei Geheimhaltung vereinbart wurde, ist unerheblich, da auch das gezielte Aussuchen von Geschäftspartnern eine Teilnahme am allgemeinen Güter- und Dienstleistungsmarkt darstellt.
b) Daß der Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschritten wurde, folgt aus den besonderen Umständen, unter denen der Steuerpflichtige seine Wertpapiergeschäfte abwickelte.
Der Steuerpflichtige erwarb von rd. 95 v. H. der Aktien der X-AG 25 v. H. auf eigene und den Rest auf fremde Rechnung. Den eigenen Erwerb finanzierte er voll mit Bankkrediten. Bei dem infolge der Kaufbedingungen notwendig mit dem Eigenerwerb verbundenen Erwerb für fremde Rechnung schloß er mit Banken Options-, Stimmrechtsvollmacht- und Dividendengarantieverträge und verpflichtete sich, Kontrahenten im Termingeschäft zu suchen; diese Geschäfte wickelte er ab. Er stellte und vermittelte Sicherheiten. Er veräußerte aus seinem eigenen Erwerb Anteile an eine Bank und andere Unternehmen und reduzierte seine eigene Beteiligung an der X-AG von zunächst 25 v. H. auf weniger als 20 v. H. Dabei spielten sich Erwerb und Verkäufe der Aktien in einem Zeitraum von 1963 bis 1971 ab.
Die gegen die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit gerichteten Einwendungen, der Steuerpflichtige habe eine Dauerkapitalanlage bei der X-AG mit bestimmendem Einfluß auf die Geschäftsführung gesucht und erreicht, in der Folgezeit für einen maßgeblich beteiligten Aktionär typische Umschichtungen vorgenommen und letztlich durch seine eigene Kapitalbeteiligung sowie die seiner Geschäftspartnerin erreicht, daß Familienangehörige Führungsaufgaben in der X-AG übernehmen konnten, führen zu keiner anderen Beurteilung. Für die hier vorzunehmende steuerrechtliche Beurteilung kommt es nicht darauf an, was der Steuerpflichtige mit seinen Einzelmaßnahmen insgesamt erreichen wollte und erreicht hat. Maßgebend ist vielmehr, unter welchen Umständen er sich betätigt hat. Nach dem sich aus diesen Umständen ergebenden Gesamtbild, bei dem das eng mit den eigenen Wertpapiergeschäften verbundene Tätigwerden für fremde Rechnung besonders ins Gewicht fällt, war der Steuerpflichtige gewerblich tätig.
c) Daß der Steuerpflichtige seine gewerbliche Tätigkeit bis zum Ablauf des letzten zur Überprüfung stehenden Streitjahres 1968 nicht aufgegeben hat, wurde vom FG ebenfalls fehlerfrei angenommen. Nachdem der Steuerpflichtige mit dem Ankauf der Aktien der X-AG eine gewerbliche Tätigkeit aufgenommen hatte, waren die erworbenen Wertpapiere Betriebsvermögen und behielten diese Eigenschaft bis zu ihrer Veräußerung oder Übernahme in das Privatvermögen. Da der Steuerpflichtige nach den tatsächlichen Feststellungen des FG in Ausführung eines langfristig angelegten Planes zum An- und Verkauf dieser Wertpapiere handelte und Entnahmen nicht festgestellt wurden, gehören auch die in den Streitjahren erzielten Einnahmen aus Verkäufen zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb.
Fundstellen
Haufe-Index 73510 |
BStBl II 1980, 389 |
BFHE 1980, 157 |