Leitsatz (amtlich)
Ist der Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft A zugleich Gesellschafter einer weiteren Personenhandelsgesellschaft B, so sind Aufwendungen dieses Gesellschafters, die ihre Wurzel in seiner Gesellschafterstellung bei A haben und dem Betrieb dieser Gesellschaft dienen, dem Sonderbetriebsvermögen I bei A zuzuordnen. Sie können nicht im Rahmen der Gewinnfeststellung der Gesellschaft B berücksichtigt werden. Dies gilt unabhängig davon, ob die Aufwendungen geeignet sind, mittelbar die Beteiligung des Gesellschafters bei B zu stärken und somit auch Sonderbetriebsausgaben II bei B sein könnten.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; AO 1977 §§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, §§ 182, 180 Abs. 1 Nr. 2a
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 1 (Klägerin), eine KG (jetzt GmbH & Co. KG), betreibt eine Polstermöbelfabrik. Der Kläger und Revisionskläger zu 2 (Kläger) war ihr Komplementär, als er sich an der Firma Möbelhaus Z GmbH & Co. KG (Z) seit deren Gründungsjahr 1971 bis zu deren Konkurs --nach ständiger Erwirtschaftung von Verlusten-- in 1975 als Kommanditist beteiligte. Der Kläger übernahm von Anfang an Bürgschaften für Verbindlichkeiten der Z.
Das Betriebsstätten-Finanzamt der Z wies dem Kläger in dem einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid für das Jahr 1975 Einkünfte in Höhe von null DM zu.
Wegen der Bürgschaftszahlungen des Klägers minderte die Klägerin ihren Gewinn in ihren Steuererklärungen für 1975.
Aufgrund einer Betriebsprüfung gelangte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) bei der Änderung der Gewinnfeststellung 1975 für die Klägerin zu der Auffassung, daß die Verluste aus der Bürgschaftsübernahme den Gewinn der Klägerin nicht beeinträchtigen dürften. Die Beteiligung des Klägers an der Z stelle kein der Klägerin gewidmetes Betriebsvermögen dar. Die Klägerin habe die Beteiligung an der Z erst dann in den Bilanzen ausgewiesen, als festgestanden habe, daß sie nur Verluste bringen werde.
Einspruch und Klage vor dem Finanzgericht (FG) blieben erfolglos.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger eine unrichtige Anwendung der §§ 4, 5 und 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie eine mangelnde Sachverhaltsaufklärung i.S. von § 76 der Finanzgerichtsordnung (FGO) seitens des FG. Die Beteiligung an der Z habe einer bedeutenden Ausweitung der Absatzbeziehungen der Klägerin und deren Anschluß an einen großen Möbeleinkaufsverband gedient. Aufgrund dieser engen objektiven Beziehung zum Betrieb der Klägerin sei die Beteiligung an der Z als notwendiges Betriebsvermögen der Klägerin anzusehen. Die Bürgschaftsübernahme stehe nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Beteiligung an der Z, sondern mit der Erhaltung der laufenden Kundenbeziehungen zur Z als größtem Abnehmer für Polstermöbel. Gemäß (schriftsätzlich näher ausgeführten) Beweisangeboten hätte das FG hierüber Beweis erheben müssen.
Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und einen Verlust aus Bürgschaftsinanspruchnahme in Höhe von 330 015,75 DM bei der Gewinnfeststellung 1975 der Klägerin zu berücksichtigen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Die Klage ist zulässig, und zwar auch hinsichtlich des Klägers in seiner Eigenschaft als Gesellschafter gemäß § 48 Abs.1 Nr.2 FGO im Hinblick auf die Geltendmachung von Sonderbetriebsvermögen und Sonderbetriebsausgaben für ihn bei der Klägerin.
Zu Recht hat das FG die Klage jedoch als unbegründet abgewiesen und bei der Gewinnfeststellung 1975 der Klägerin eine Berücksichtigung von Verlusten aus der Inanspruchnahme des Klägers aus der Bürgschaft für die Z in der beantragten Höhe abgelehnt, weil der Ausfall der Ausgleichsforderung nur im Rahmen der vorrangigen steuerlichen Gewinnfeststellung für die Z geprüft und ggf. berücksichtigt werden könnte, worüber im vorliegenden Verfahren jedoch nicht zu entscheiden ist.
Aufwendungen, die einem Gesellschafter im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an einer Personenhandelsgesellschaft entstehen, können in der Sonderbilanz dieses Gesellschafters ihren Niederschlag finden (vgl. insbesondere Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18.Juli 1979 I R 199/75, BFHE 128, 516, 523, BStBl II 1979, 750; vom 8.Dezember 1982 I R 9/79, BFHE 138, 184, 186, BStBl II 1983, 570, sowie vom 24.Januar 1985 IV R 123/82, BFH/NV 1986, 15). Stehen solche Aufwendungen im Zusammenhang mit Vermögensteilen des Gesellschafters, die dem Betrieb der Gesellschaft dienen, gehören sie zum Sonderbetriebsvermögen I, stehen sie im Zusammenhang mit der Stärkung der Beteiligung, gehören sie zum Sonderbetriebsvermögen II.
Ist der Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft A zugleich Gesellschafter einer weiteren Personenhandelsgesellschaft B, so sind Aufwendungen dieses Gesellschafters, die ihre Wurzel in seiner Gesellschafterstellung bei A haben und dem Betrieb dieser Gesellschaft dienen, dem Sonderbetriebsvermögen I bei A zuzuordnen. Sie können nicht im Rahmen der Gewinnfeststellung der Gesellschaft B berücksichtigt werden. Dies gilt unabhängig davon, ob die Aufwendungen geeignet sind, mittelbar die Beteiligung des Gesellschafters bei B zu stärken und somit auch Sonderbetriebsausgaben II bei B sein könnten.
Die Vorrangigkeit der Zuordnung zum Sonderbetriebsvermögen I bei A ergibt sich notwendigerweise aus der Fortentwicklung der von der Rechtsprechung des BFH erarbeiteten Grundsätze zum Verhältnis der Personenhandelsgesellschaft und einem eigenen Gewerbebetrieb des Gesellschafters. Danach ist die Bilanzierungskonkurrenz zwischen einer Personenhandelsgesellschaft einerseits und ihren gewerblich tätigen Gesellschaftern (Einzelkaufleute, Kapitalgesellschaften) andererseits im Sinne des Vorrangs der Gewinnermittlung bei der Personenhandelsgesellschaft zu lösen (vgl. insbesondere Urteile des BFH in BFHE 128, 516, BStBl II 1979, 750; vom 22.Januar 1981 IV R 160/76, BFHE 132, 538, 542, BStBl II 1981, 427, s. ferner Urteile des BFH vom 11.Dezember 1986 IV R 222/84, BFHE 149, 149, 154, BStBl II 1987, 553; vom 23.Oktober 1986 IV R 352/84, BFHE 148, 49, 53, und vom 6.August 1985 VIII R 280/81, BFHE 144, 386, 393, BStBl II 1986, 17).
Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise, wenn ein Wirtschaftsgut, das zum Sonderbetriebsvermögen I eines Gesellschafters einer Personenhandelsgesellschaft A gehört, gleichzeitig dessen Beteiligung an einer anderen Personenhandelsgesellschaft B stärkt und damit Sonderbetriebsvermögen II bei dieser Gesellschaft darstellt. Sie gelten ebenso bei Aufwendungen des Gesellschafters, die ihre Wurzel im Gesellschaftsverhältnis zur Personengesellschaft A haben (vgl.Urteil des BFH vom 19.Juli 1984 IV R 207/83, BFHE 142, 42, 45, BStBl II 1985, 6), mittelbar aber auch die Beteiligung des Gesellschafters bei der Personenhandelsgesellschaft B stärken. Denn es kann keinen Unterschied machen, ob ein Geschäftsvorgang, der dem Sonderbetriebsvermögen I eines Gesellschafters bei einer Personenhandelsgesellschaft zuzuordnen ist, gleichzeitig einem Einzelunternehmen desselben Gesellschafters förderlich ist oder aber dessen Beteiligung an einer anderen Personenhandelsgesellschaft stärkt.
Bei Anwendung dieser Grundsätze kann über das Vorhandensein und die Höhe eines allenfalls entstandenen Verlusts aus den Bürgschaften nur im Verfahren betreffend die Gewinnfeststellung der Z entschieden werden. Denn nach den vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen waren die Bürgschaftsübernahmen des Klägers für die Z wesentlich von seiner Gesellschafterstellung bei dieser Gesellschaft beeinflußt. Der Kläger hat durch die Bürgschaftsübernahmen in gleicher Weise wie durch die Leistung seiner Kommanditeinlage das Ziel verfolgt, der Z die zu ihrer Existenz notwendigen Mittel zu verschaffen. Damit haben die vom Kläger behaupteten Verluste aus den Bürgschaften ihre Wurzel in der Gesellschafterstellung des Klägers bei der Z (vgl. BFHE 142, 42, 45, BStBl II 1985, 6) und sind mithin grundsätzlich vorrangig geeignet, das Sonderbetriebsvermögen I des Klägers bei dieser Gesellschaft zu mindern. Damit entfällt die Möglichkeit, dieselben Verluste im Rahmen der Ermittlung des Sonderbetriebsvermögens II bei der Klägerin zu berücksichtigen.
Die gegen die vom FG vorgenommene Sachverhaltsermittlung erhobenen Revisionsrügen greifen nicht durch. Insbesondere ist eine Verletzung der Aufklärungspflicht des FG gemäß § 76 FGO --ungeachtet der Frage der unterlassenen Rüge der Kläger vor dem FG-- nicht ersichtlich. Weder haben die Kläger konkrete Beweisbehauptungen aufgestellt, noch drängten sich mangels Anhaltspunkten Beweiserhebungen zu Tatsachen auf, die dem Zusammenhang zwischen der Bürgschaftsübernahme und der Beteiligung an der Z entgegenstehen könnten. Die von den Klägern angeführten Geschäftsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Z aus Warenlieferungen konnten vom FG unterstellt werden, da sie den Zusammenhang mit der Gesellschaftsbeteiligung der Z nicht ausschließen und somit für sich allein unerheblich sind. Aus diesem Grunde durfte das FG auch von der Vernehmung des angebotenen Zeugen A absehen.
Fundstellen
Haufe-Index 61731 |
BStBl II 1988, 679 |
BFHE 152, 446 |
BFHE 1988, 446 |
HFR 1988, 392 (LT1) |