Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält daran fest, daß die Kosten der Doktorprüfung (Promotion) allgemein zu den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung im Sinne von § 12 Nr. 1 EStG rechnen.
Das gilt auch für Stpfl., bei denen der Doktortitel Voraussetzung für die übernahme einer Stelle als wissenschaftlicher Assistent und für den übergang in die Laufbahn als Hochschullehrer ist.
Normenkette
EStG § 9 S. 1, § 12 Nr. 1, § 19/1
Tatbestand
Der Stpfl. war, nachdem er 1959 die zweite juristische Staatsprüfung abgelegt hatte, angestellter Verwalter einer wissenschaftlichen Assistentenstelle an der Universität A. Er promovierte 1963 und wurde 1964 zum wissenschaftlichen Assistenten an der Universität A bestellt. Der Stpfl. will Hochschullehrer werden.
Das FA versagte bei der Veranlagung für 1963 den Abzug von Promotionskosten, die der Stpfl. als Werbungskosten geltend gemacht hatte. Es betrachtete die Kosten als Kosten der allgemeinen Lebenshaltung (Berufsausbildung) im Sinne von § 12 EStG.
Das FG wies die Klage des Stpfl. ab. Es führte aus, die Promotion bilde eine Voraussetzung für das Berufsziel des Stpfl., Hochschullehrer zu werden. Die Kosten gehörten deswegen zu den Kosten der Berufsausbildung. Schon die erste Stufe auf dem Weg zur Hochschullehrerlaufbahn, nämlich die Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent, setze nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 der für das Streitjahr 1963 geltenden Reichsassistentenordnung (RAssO) - Amtsblatt des Reichsministers für Wissenschaft .. 1940 S. 70 - den vorherigen Erwerb des juristischen Doktorgrades voraus. Vor der Promotion hätte nach § 11 RAssO dem Stpfl. lediglich die Verwaltung der Dienstgeschäfte eines wissenschaftlichen Assistenten befristet übertragen werden dürfen. Die Ablegung der zweiten juristischen Staatsprüfung sei nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 RAssO für die Bestellung zum wissenschaftlichen Assistenten nicht erforderlich; es genüge eine mehrjährige praktische Fachausbildung nach Abschluß der Hochschulausbildung. Die Berufe eines Volljuristen und eines Hochschullehrers fielen hier in ihren Voraussetzungen nicht zusammen.
Mit der Revision rügt der Stpfl. die Verletzung des geltenden Bundesrechts. Er trägt besonders vor, das FG habe die neuere Rechtsprechung des Senats nicht berücksichtigt, der nunmehr - anders als der RFH - auch die Aufwendungen eines Handwerksgesellen für die Meisterprüfung zu den Werbungskosten rechne (Urteil VI 118/61 U vom 13. Oktober 1961, BFH 74, 124, BStBl III 1962, 48). Der Erwerb des Doktorgrades sei grundsätzlich dem Beruf förderlich und führe meist auch zu einem höheren Gehalt. Wenn man die Kosten für den Erwerb eines akademischen Grades anders behandele als die der handwerklichen Meisterprüfung, so sei das mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, besonders, wenn die Promotion Voraussetzung für die Zulassung oder den Verbleib in einem bestimmten Beruf sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision konnte keinen Erfolg haben. Der Senat tritt im Ergebnis dem FG darin bei, daß Promotionskosten nicht zu den nach § 9 EStG bei den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit absetzbaren Werbungskosten gehören. Das FG nimmt an, die Promotionskosten gehörten schon deshalb zu den nach § 12 Nr. 1 EStG nicht absetzbaren Aufwendungen der Berufsausbildung und damit zu den Kosten der allgemeinen Lebensführung, weil der Stpfl. Hochschullehrer werden wolle und die Promotion eine Voraussetzung dafür bilde. Dieser Erwägung tritt der Senat nicht bei. Im Urteil VI 72/65 vom 25. November 1966 (BFH 88, 162, BStBl III 1967, 340) ist ausgesprochen, daß grundsätzlich die Ausbildung des Juristen mit der Ablegung der ersten juristischen Staatsprüfung abgeschlossen ist. Mit dem Abschluß der akademischen Ausbildung werden viele Wege zur späteren Berufsausübung eröffnet (Urteil des Senats VI 94/64 vom 9. April 1965, HFR 1965, 507). Wenn ein berufstätiger Akademiker eine Professur anstrebt und ihm dadurch Kosten entstehen, so können diese Kosten Werbungskosten sein; denn der Erwerb der Professur bedeutet keinen Berufswechsel (Urteil des Senats VI 45/63 U vom 28. Juni 1963, BFH 77, 313, BStBl 1963, 435). Für den als wissenschaftlichen Universitätsassistenten tätigen Stpfl. bedeutet die Professur zweifellos einen Aufstieg im ausgeübten Beruf (vgl. Urteil VI R 25/67 vom 7. August 1967, BStBl III 1967, 778).
Trotzdem ist die Vorentscheidung im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat hält auch nach erneuter Prüfung an der Rechtsprechung fest, daß Promotionskosten grundsätzlich nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung im Sinn des § 12 Nr. 1 EStG sind, wie es bisher in dem Urteil des RFH VI A 415/36 vom 11. November 1936 (RStBl 1937, 455) und in den Urteilen des BFH IV 28/52 U vom 6. März 1952 (BFH 56, 730, BStBl III 1952, 280) und VI 7/56 U vom 20. September 1957 (BFH 65, 498, BStBl III 1957, 424) angenommen wurde.
Die Promotion, die zur Führung des Doktortitels berechtigt, weist den Inhaber als Akademiker aus und läßt das im gesellschaftlichen Leben nach außen hin erkennen. Schon diese Tatsache spricht dafür, die Promotionskosten den Kosten der Lebensführung zuzurechnen, wie der Senat in der Grundsatzentscheidung VI R 63/67 vom 7. August 1967 (BStBl III 1967, 779) in übereinstimmung mit dem IV. Senat (Urteil IV R 266/66 vom 16. März 1967, BStBl III 1967, 723) im einzelnen ausgeführt hat. Voraussetzung für die Promotion ist eine Doktorarbeit (Dissertation), d. h. eine Arbeit, die das gestellte Thema wissenschaftlich darstellt. Mit der Dissertation und der nachfolgenden Promotion soll der Doktorand den Nachweis erbringen, daß er die akademischen Studien mit Erfolg abgeschlossen hat und in seinem Fachgebiet zu einer selbständigen wissenschaftlichen Leistung befähigt ist (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - VII C 113/65 vom 26. August 1966, Juristenzeitung 1967 S. 215). Die Promotion setzt also eine längere akademische Ausbildung voraus, der der Akademiker mit dem Doktorgrad den nach außen erkennbaren Abschluß geben kann.
In aller Regel promovieren Akademiker in angemessener Zeit nach dem Abschluß des Studiums. Es kommt aber auch vor, daß sie die Promotion später, wenn sie bereits im Berufsleben stehen, nachholen, sie es, weil sie damit ihre gesellschaftliche Stellung heben wollen, sei es, weil sie sich davon bessere Berufsaussichten versprechen, sei es, daß sie eine bestimmte berufliche Stellung nur erreichen können, wenn sie den Doktorgrad besitzen. Alle diese Fälle können aber nicht verschieden behandelt werden. Die Promotion muß vielmehr allgemein als der letzte Akt der akademischen Ausbildung gesehen werden, auch wenn sie nachgeholt wird, nachdem der Stpfl. bereits in das Berufsleben getreten ist.
Dem Stpfl. ist zuzugeben, daß bei ihm, der in die Hochschullehrer-Laufbahn strebt, die Promotion eine unabdingbare Voraussetzung dazu ist. Insofern ist seine Lage anders als die vieler anderer akademischer Berufe. Aber dieser Gesichtspunkt macht die Promotionskosten auch bei ihm nicht zu Werbungskosten. Voraussetzung für eine Professur sind auch akademische Studien, ohne daß deswegen etwa alle Kosten des akademischen Studiums für Studenten, die Hochschullehrer werden wollen, ohne weiteres Werbungskosten sein würden. Die Kosten der Promotion sind, wie dargelegt, ein Teil der akademischen Ausbildungskosten.
Sie können auch bei Akademikern, die bereits im Berufsleben stehen und dann eine Professur anstreben, nicht als vorweggenommene Werbungskosten für einen bestimmten künftigen Beruf angesehen werden. Wenn sie in diesen Fällen auch in einem unverkennbaren Zusammenhang mit dem künftigen Berufsziel stehen, so gehören sie doch ihrer Natur nach zunächst in den Bereich der allgemeinen akademischen Ausbildungskosten. Die meisten promovierten Akademiker gehen nicht auf eine Professur aus, sondern betrachten die Promotion als akademischen Abschluß und als Vorgang von gesellschaftlicher Bedeutung. Für Akademiker, die eine Professur anstreben, kann nichts anderes gelten. Bis zur Ablegung der Doktorprüfung müssen eben alle Akademiker gleichbehandelt werden. Aufwendungen zur Erlangung einer Professur sind als Werbungskosten nur anzuerkennen, wenn sie den Bereich der allgemeinen Ausbildungskosten überschreiten und in eine ganz konkrete Beziehung zu dem erstrebten Beruf treten, wie der Senat es z. B. im Urteil VI R 25/67 (a. a. O.) für die Kosten der Habilitation eines wissenschaftlichen Assistenten anerkannt hat.
Auf das Handwerksmeister-Urteil des Senats VI 118/61 U (a. a. O.) kann sich der Stpfl. nicht berufen. Ein Handwerker schließt seine Ausbildung grundsätzlich mit der Gesellenprüfung ab. Die meisten Handwerker brauchen keine Meisterprüfung und legen sie darum auch nicht ab. Die Promotion steht der Meisterprüfung nicht gleich, weil sie, wie gesagt, ein Teil der akademischen Ausbildung ist. Von einer Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG kann darum keine Rede sein.
Fundstellen
Haufe-Index 412723 |
BStBl III 1967, 777 |
BFHE 1968, 26 |
BFHE 90, 26 |