Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Objektverbrauch i. S. von § 7 b EStG bei Eheleuten
Leitsatz (NV)
1. Solange Eheleute die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllen, ist der Anteil eines jeden von ihnen an einem ihnen gemeinsam gehörenden Einfamilienhaus kein selbständiges Objekt i. S. von § 7 b EStG.
2. Erwirbt währenddessen einer der Eheleute den Anteil des anderen hinzu, so kann er mangels Objektverbrauch die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG für das gesamte Einfamilienhaus beanspruchen, selbst wenn die Eheleute z. Z. der Anteilsübertragung schon getrennt lebten.
Normenkette
EStG 1977 § 7b Abs. 5-6, § 26 Abs. 1
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches FG |
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) und ihr damaliger Ehemann erwarben aufgrund notariellen Kaufvertrags im April 1977 ein Erbbaurecht mit einem Einfamilienhaus zu je 1/2. Die Anschaffungskosten betrugen 145 000 DM. Das Grundstück wurde den Eheleuten im Juni 1977 übergeben. Die Klägerin erhielt von ihrem Ehemann aufgrund Vertrages vom 29. Dezember 1977 dessen Anteil gegen Übernahme sämtlicher damit zusammenhängender Schulden übertragen. In diesem Zeitpunkt lebten die Eheleute bereits dauernd getrennt. Ihre Ehe wurde am 5. Oktober 1979 geschieden.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) veranlagte die Eheleute zur Einkommensteuer für das Jahr 1977 noch zusammen. Dabei gewährte das FA erhöhte Absetzungen nach § 7 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) von 7 180 DM nach einer Bemessungsgrundlage von 143 594 DM. Hingegen bemaß es bei seiner Veranlagung der Klägerin für die Streitjahre 1978 und 1979 die erhöhten Absetzungen lediglich mit 3 590 DM, da bei ihr Objektverbrauch schon mit ihrem Anteil eingetreten sei.
Ihre Klage, mit der die Klägerin erhöhte Absetzungen nach Maßgabe der gesamten Anschaffungskosten für das Einfamilienhaus begehrte, blieb erfolglos.
Mit ihrer vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 7 b EStG.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Das angefochtene Urteil war aufzuheben, weil das FG der Klägerin erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG rechtsfehlerhaft unter Berufung auf den Objektverbrauch nach § 7 b Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG nur für ihren Anteil zugesprochen hat.
a) Nach § 7 b Abs. 5 Satz 2 EStG können Eheleute, bei denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, die erhöhten Absetzungen für insgesamt zwei der in § 7 b Abs. 5 Satz 1 EStG bezeichneten Bauwerke in Anspruch nehmen. Die Vergünstigung für zwei Objekte gilt in den Jahren, in denen die Ehegatten beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben. Ein den Ehegatten gemeinsam gehörendes Bauwerk gilt nach § 7 b Abs. 6 Satz 2 EStG als ein einziges Objekt.
Entfällt eine der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG, so ist ab dem Veranlagungszeitraum nach dem Wegfall der Voraussetzungen der § 7 b Abs. 6 Satz 2 EStG nicht mehr anwendbar mit der Folge, daß Anteile der Eheleute an einem Bauwerk jetzt als selbständige Objekte gemäß § 7 b Abs. 6 Satz 1 EStG zu behandeln sind. Bei jedem Ehegatten tritt hinsichtlich seines Anteils am Bauwerk Objektverbrauch i. S. von § 7 b Abs. 5 Satz 1 EStG ein. Erwirbt nunmehr ein Ehegatte den Anteil des anderen am Bauwerk hinzu, so kann der Erwerber für dieses, sein zweites Objekt (Anteil) keine Steuervergünstigung mehr in Anspruch nehmen (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. September 1982 VIII R 225/81, BFHE 137, 414, BStBl II 1983, 293, und vom 22. Oktober 1985 IX R 145/83, BFHE 145, 518, BStBl II 1986, 387).
b) Nach den vorstehenden Grundsätzen war es bei der Klägerin noch nicht zum Objektverbrauch nach § 7 b Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG gekommen, bevor sie mit Vertrag vom 29. Dezember 1977 den Anteil ihres Ehemannes zu dem ihr gehörenden Anteil hinzuerwarb. In dem Veranlagungszeitraum 1977 war der Anteil eines jeden der beiden Ehegatten noch nicht als ein selbständiges Objekt zu behandeln. Denn in diesem Veranlagungszeitraum konnten die beiden Eheleute noch gemäß § 26 Abs. 1 EStG zusammenveranlagt werden und wurden vom FA auch tatsächlich zusammenveranlagt. Das FA und das FG sind übereinstimmend davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG für diesen Veranlagungszeitraum noch vorgelegen hatten.
Der Hinzuerwerb des Anteils von ihrem Ehemann kann schon deswegen nicht unter den die erhöhten Absetzungen nach § 7 b Abs. 1 EStG ausschließenden Tatbestand des Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 fallen, weil es sich hierbei nach den vorstehenden Ausführungen nicht um die Anschaffung eines selbständigen Objekts handelte.
Hatten sich somit schon im Jahre 1977 die Anteile bei der Klägerin zu ihrem Alleineigentum an dem Einfamilienhaus vereinigt, als sie noch mit ihrem Ehemann zusammen zu veranlagen war, so blieb das Einfamilienhaus ihr begünstigtes Objekt auch nach Wegfall der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG in den Streitjahren 1978 und 1979.
2. Die Sache ist spruchreif.
Der Klage ist antragsgemäß stattzugeben. Der Klägerin stehen erhöhte Absetzungen von 5 v. H. nach der Bemessungsgrundlage der beiden Eheleute von 143 594 DM = 7 180 DM zu.
Das Anschaffungsgeschäft der Eheleute vom 5. April 1977 ist auch für die Bemessung der der Klägerin in den Streitjahren 1978 und 1979 zu gewährenden erhöhten Absetzungen maßgeblich. Der Hinzuerwerb des Anteils des Ehemanns aufgrund Vertrags vom 29. Dezember 1977 war nach den obigen Ausführungen keine Anschaffung eines selbständigen Objekts, die die Bemessungsgrundlage hätte verändern können. Infolgedessen brauchte der Senat nicht auf die Frage einzugehen, ob die Klägerin von ihrem Ehemann dessen Anteil entgeltlich oder unentgeltlich erwarb.
Fundstellen
Haufe-Index 414781 |
BFH/NV 1987, 236 |