Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Vermietet eine Kapitalgesellschaft (Wohnhausgesellschaft) an ihre Gesellschafter Wohnungen gegen jährliche Mieten, die nach den jährlichen Unkosten der Gesellschaft berechnet werden und deshalb von Jahr zu Jahr schwanken, so müssen für die Beurteilung der Frage der verdeckten Gewinnausschüttung die gesamten Leistungen der Gesellschafter auf Grund des Mietverhältnisses berücksichtigt werden. Ohne Bedeutung ist es hierbei, ob die Leistungen im Wirtschaftsjahr, das der Veranlagung zugrunde liegt, getätigt sind.
Baukostenzuschüsse, die eine Kapitalgesellschaft von ihren Gesellschaftern, an die sie Wohnungen vermietet hat, in Verbindung mit dem Mietverhältnis fordert, stellen nur insoweit verdeckte Stammeinlagen dar, als zwingende Gründe für die Notwendigkeit einer Verstärkung des Kapitals in Höhe der Zuschüsse sprechen. Diese sind nicht gegeben, wenn die Gesellschaft von - Mietern, die keine Gesellschafter sind, die gleichen Baukostenzuschüsse erhalten würde. - KörpStG 1934 § 6;
Normenkette
KStG § 6/1/2; StAnpG § 6
Tatbestand
Die beschwerdeführende GmbH wurde im Jahre 1925 errichtet. Gegenstand des Unternehmens ist der Bau und die Verwaltung zweier Großwohnhäuser. Das Stammkapital beträgt 12.500 RM und besteht aus 25 Geschäftsanteilen zu je 500 RM. Mit jedem Anteil ist vom 1. Juli 1930 ab das Recht auf Benutzung einer im Gesellschaftsvertrag näher bestimmten Wohnung in den Großwohnhäusern der Gesellschaft verbunden. Von den Gesellschaftern werden nach dem Gesellschaftsvertrag keine festen Mieten erhoben. Die von ihnen für die überlassung der Wohnungen zu zahlenden Beträge bestehen in einem jährlichen Beitrag zu den Gesamtaufwendungen der Gesellschaft für das Grundstück, die nach Maßgabe des Wertes der Wohnungen aufgeteilt werden. Von den Gesellschaftern sind insbesondere zu tragen die Zinsen und Amortisation der auf dem Gesellschaftsgrundstück ruhenden Hypotheken und der eingetragenen jährlichen Rente, die Grundsteuer, das Wassergeld, die Prämien für Versicherungen, die Vergütungen für den Hauswart, die Aufwendungen für Reparaturen und die überholung der Heizungsanlagen, die Unkosten der Treppenbeleuchtung, die Heizungskosten.
Die auf die Mieter verteilte Gesamtumlage hat in den Jahren 1926: 29.851,54 RM (1/2 Jahr) 1927: 52.831,59 RM 1928: 53.141,11 RM 1929: 54.659,79 RM 1930: 55.579,89 RM 1931: 42.519,03 RM 1932: 41.744,55 RM 1933: 30.094,75 RM 1934: 34.880,12 RM 1935: 32.642,45 RM 1936: 33.657,98 RM 1937: 34.220,83 RM 1938: 33.697,69 RM 1939: 33.859,71 RM 1940: 34.183,15 RM 1941: 34.629,00 RM 1942: 34.419,00 RM .... 666.612,18 RM,im Durchschnitt also jährlich 39.212 RM betragen. Das Wirtschaftsjahr der Beschwerdeführerin (Bfin.) läuft vom 1. Juli bis 30. Juni. Strittig ist die Veranlagung 1942.
Im Wirtschaftsjahr 1942/43 betrug die Umlage der Gesellschafter laut Körperschaftsteuer-Erklärung 1943 36.448 RM, wovon 549 RM auf Umlagen für die Garagen entfielen.
Die Gesellschafter haben im Jahre 1925 einmalige Baukostenzuschüsse im Gesamtbetrage von 100.650 RM geleistet. Die Baukostenzuschüsse wurden in voller Höhe zu Abschreibungen auf den Grund und Boden und auf die Gebäude verwandt.
Auf Grund einer 1941 durchgeführten Buch- und Betriebsprüfung stellte sich der Prüfer auf den Standpunkt, daß die als Miete auf die Gesellschafter umgelegten Gesamtaufwendungen für die einzelnen Jahre erheblich unter dem wirklichen (ortsüblichen) Mietwert der Wohnungen zurückblieben. Unter Anlehnung an ein Gutachten ging der Prüfer von einem Preis von 14 RM pro qm aus und gelangte so zu einem Mietwert von 38.920 RM (Jahresrohmiete einschließlich Heizung, Warmwasser und Fahrstuhl). In Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Mietwert von 38.920 RM und dem in Form der Umlagen gezahlten Mieten nahm er verdeckte Gewinnausschüttung an. Das Finanzamt schloß sich grundsätzlich der Auffassung des Prüfers an, legte aber nach verschiedenen Vorstellungen der Bfin. nur noch einen Mietwert von 35.000 RM zugrunde.
Für das Jahr 1942, das Streitjahr, kam das Finanzamt zu einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 1.064 RM. Sie ergab sich aus dem Unterschied von 35.000 RM (ortsübliche Miete) und der in Form der Umlagen gezahlten Miete für die Wohnungen von 33.936 RM. In dem oben mitgeteilten Betrag von 34.419 RM für 1942 sind 483 RM Umlage für Garagen enthalten. Die Rechtsmittel der Steuerpflichtigen waren ohne Erfolg. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
Die Bfin. vertrat bereits bei den Vorbehörden die Auffassung, daß bei der Prüfung der Frage, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung gegeben sei, nicht die Leistungen der Gesellschafter in Form von Umlagen eines einzelnen Jahres, sondern in der Gesamtheit der Jahre zu berücksichtigen seien. Des weiteren müsse auch das auf den Gesellschaftern ruhende Risiko hinsichtlich des Aufwandes zur Beseitigung außergewöhnlicher Schäden, die bei den Gebäuden auftreten, beachtet werden.
Das Finanzgericht lehnte die Anträge der Bfin. ab. Nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) seien lediglich die Verhältnisse des der Veranlagung unterliegenden Wirtschaftsjahres maßgebend. Es würde in Willkür ausarten, wenn man die Zahlen einer Zeit von 17 Jahren einer Berechnung für einen bestimmten Steuerabschnitt zugrunde legen wollte Ein solches Verfahren müsse notwendig erheblichen Fehlerquellen ausgesetzt sein, weil die Verhältnisse sich normalerweise stark verändert hätten. Die Gesamtunkosten der Bfin. seien in den ersten Jahren nach der Gründung wegen der ungewöhnlichen Geld- und Wirtschaftsverhältnisse außergewöhnlich hoch gewesen. Es habe deshalb die ortsübliche Miete in den Jahren 1926 bis 1934 erheblich höher gelegen. Das Finanzamt habe mit der von ihm festgelegten ortsüblichen Miete von 35.000 RM allen möglichen Wünschen der Bfin. bereits Rechnung getragen. Nach Ansicht des Gerichtes könnten nur die jeweiligen Jahresumlagen einerseits und der zwischen den Parteien nicht strittige ortsübliche Mietwert von 35.000 RM zum Vergleich herangezogen werden. Der Bfin. könne auch darin nicht gefolgt werden, daß zu den Beträgen der jährlichen Umlagen das von den Gesellschaftern zu tragende Risiko zahlenmäßig hinzugerechnet werden müsse. Die Risikoschäden würden jeweils im Jahre ihres Anfalls durch Umlage auf die Gesellschafter hereingeholt und würden somit nur die einzelnen Steuerabschnitte belasten. Eine allgemeine Berücksichtigung durch Hinzurechnung zu den Gesellschafterumlagen jedes Jahres sei nicht angängig, zumal derartige Risikoschäden nur sehr selten auftreten würden und aufgetreten seien.
Entscheidungsgründe
Der Rechtsbeschwerde muß darin beigepflichtet werden, daß es für die Beurteilung der Frage der verdeckten Gewinnausschüttung nicht zulässig ist, lediglich die Leistungen der Gesellschafter im Wirtschaftsjahr 1941/42 zu berücksichtigen. Wie der Reichsfinanzhof in dem Urteil I A a 479/29 vom 13. September 1929, Slg. Bd. 26 S. 69, ausgesprochen hat, kann die Frage, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, nicht immer nach den Verhältnissen nur eines Wirtschaftsjahres entschieden werden, häufig sind die Ziffern mehrerer Jahre heranzuziehen, um ein Urteil darüber zu gewinnen, ob eine verdeckte Verteilung von Gewinn beabsichtigt war; siehe auch Entsch. des RFHofs I A a 124/29 vom 5. Juli 1929, Mrozeks Kartei, Körperschaftsteuergesetz (KörpStG) 1925 § 10 Absatz 2, Rechtsspruch 33, und I 219/37 vom 16. November 1937, Slg. Bd. 42 S. 261, Reichssteuerbl. 1938 S. 22. Der Besteuerung sind wohl nur die Verhältnisse des Wirtschaftsjahres zugrunde zu legen, das in den Veranlagungszeitraum fällt. Dem steht aber nicht entgegen, daß für die Beurteilung dieser Verhältnisse auch die Verhältnisse weiterer Wirtschaftsjahre mit herangezogen werden müssen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung setzt voraus, daß die Leistungen der Gesellschaft und die Gegenleistungen der Gesellschafter im Rahmen eines bestimmten Schuldverhältnisses in einem Mißverhältnis stehen (Entsch. des RFHofs I A 284/30 vom 10. Mai 1932, Reichssteuerbl. 1932 S. 631). Um dies zu beurteilen, müssen deshalb die gesamten Leistungen der Gesellschafter, die den Leistungen der Gesellschaft gegenüberstehen, berücksichtigt werden. Es ist zu untersuchen, "wie hoch die Verpflichtung auf die Dauer der vereinbarten Pachtzeit zu veranschlagen ist und wie hoch sich danach die gesamten Leistungen der Pächterin für ein Jahr durchschnittlich etwa stellen" (Entsch. des RFHofs I A 40/31 vom 8. Oktober 1931, Reichssteuerbl. 1932 S. 20). Als eine zusätzliche Last muß es angesehen werden, daß die Gesellschafter als Mieter hinsichtlich der Höhe der von ihnen zu tragenden Umlagen nicht beschränkt sind. Es wird also ein Risiko, das sonst der Vermieter trägt, dem Mieter aufgelastet. Die Bedeutung dieses Risikos ergibt sich aus den hohen Umlagebeträgen der ersten Jahre. Vermehrt wird dieses Risiko noch dadurch, daß die Mieter nicht nur den normalen Aufwand zu tragen haben, sondern sogar noch die sog. Risikoschäden. Im übrigen liegt es nahe anzunehmen, daß die Kriegsverhältnisse zu einer Zurückstellung notwendiger Reparaturen und damit zu einer Verschiebung von Ausgaben für Reparaturen geführt haben.
Die Steuerpflichtige hat auch geltend gemacht, daß die verlorenen Baukostenzuschüsse von 100.650 RM bei Bemessung der vergleichbaren Miete zu berücksichtigen seien.
Das Finanzgericht hat den Antrag abgelehnt. Wie der Reichsfinanzhof in dem Urteil VI A 28/31 vom 23. Juni 1933, Reichssteuerbl. 1933 S. 1143 entschieden habe, müsse den Bauunternehmern ein Wahlrecht zugestanden werden, ob sie als Herstellungskosten der Gebäude die Baukosten ohne oder mit Abzug der Mieterzuschüsse ansehen wollten. Es sei möglich, daß sie die Zuschüsse lediglich als Mietvorauszahlungen verlangt hätten. Ebensogut aber sei es möglich, daß sie angenommen hätten, die Baukosten würden sich nicht rentieren. Die Rentabilität des Baues würde dann lediglich den um die Mieterzuschüsse verminderten Baukosten entsprechen, und nur der Umstand, daß der von ihnen geschätzte Minderwert des Gebäudes gegenüber den Baukosten von anderen Personen bezahlt würde, hätte veranlaßt, den Bau herzustellen. Die Auffassung des Bauunternehmers, der die Sache selbst am besten zu beurteilen vermöge, müsse maßgebend sein, und es könne seine bilanzmäßige Behandlung höchstens dann beanstandet werden, wenn sie offenbar den Verhältnissen nicht entspreche. Die Bfin. habe die von den Gesellschaftern geleisteten Baukostenzuschüsse zur Abschreibung auf Grund und Boden und das Gebäude verwandt. Sie habe damit zum Ausdruck gebracht, daß sie die Baukostenzuschüsse zum Ausgleich des Minderwertes des überteuert hergestellten Wohnhauses habe verwenden wollen. Mit dieser klar feststellbaren Willensrichtung sei aber die Annahme von Mietvorauszahlungen ausgeschlossen.
Die Anfechtungsentscheidung des Oberfinanzpräsidenten, die der finanzgerichtlichen Entscheidung vorausging, lehnte ohne weitere Begründung die Berücksichtigung der Baukostenzuschüsse ab, da es sich hier um verdecktes Stammkapital handle.
Auch hier kann den Vorbehörden nicht gefolgt werden. Die vom Finanzgericht vertretene Auffassung entspricht der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Vorschüsse bei den Vermietern (siehe hierzu auch die Entsch. des RFHofs VI A 1949/32 vom 14. Februar 1934, Slg. Bd. 35 S. 245, Reichssteuerbl. 1934 S. 606, und des OFHofs IV 61/49 vom 25. November 1949, Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen 1950 S. 31, Steuerblatt der Hansestadt Hamburg 1950 S. 66, sowie Abschnitt 173 der Verwaltungsanordnung vom 5. Juli 1950 betreffend Einkommensteuer-Richtlinien für die Zeit vom 21. Juni 1948 bis 31. Dezember 1948 und für das Kalenderjahr 1949, Ministerialblatt des Bundesministeriums der Finanzen 1949/50 S. 349, 399). Dies bedeutet aber nicht ohne weiteres eine gleichartige Verbuchung der Beträge bei den Mietern. So ist die Verwaltungsanordnung der Bundesregierung der Auffassung, daß die Mieterzuschüsse beim buchführenden Kaufmann auf die voraussichtliche Laufzeit der Miete zu verteilen sind. Aber die Rechtsauffassung, wann steuerlich die Beträge Aufwand und Ertrag beim Vermieter und Mieter darstellen, ist für die hier zu entscheidende Frage nicht ausschlaggebend. Hier kommt es darauf an, ob wirtschaftlich betrachtet es für die Höhe der Miete von Bedeutung ist, ob ein Baukostenzuschuß geleistet wurde oder nicht. Die Frage muß bejaht werden. Auch wenn der Baukostenzuschuß nicht auf die vereinbarte spätere Miete angerechnet wird, wird er die Höhe der Miete beeinflussen. Es entspricht den Erfahrungen des Lebens, daß die Miete um so niedriger festgelegt wird, je höher der Baukostenzuschuß bemessen wird. Auch ein sog. verlorener Baukostenzuschuß ist mit der Miete eng verbunden. Er ist eine zusätzliche Leistung des Mieters. Wie bereits oben dargestellt, müssen für den Ansatz der angemessenen Miete die gesamten Leistungen des Mieters, auch soweit sie in der Vergangenheit liegen, und damit auch ein Baukostenzuschuß, berücksichtigt werden.
Der Anfechtungsentscheidung des Oberfinanzpräsidenten ist darin beizupflichten, daß im Streitfalle für die Beurteilung der Baukostenzuschüsse es aber des weiteren von entscheidender Bedeutung ist, ob sie nicht als verdecktes Stammkapital anzusehen sind. Der Reichsfinanzhof hat sich mit der Frage des verdeckten Stammkapitals bei der Körperschaftsteuer und bei der Einheitsbewertung wiederholt befaßt.
Der Körperschaftsteuer-Senat hat in einer Reihe von Entscheidungen bei Gesellschafterdarlehen ausgesprochen, daß sie verdecktes Stammkapital darstellen können. Er hat jedoch hierbei stets darauf hingewiesen, daß bei Beurteilung dieser Frage von besonders strengen Voraussetzungen auszugehen sei. In der Entscheidung I A 272/31 vom 19. September 1933, Slg. Bd. 34 S. 194, Reichssteuerbl. 1933 S. 1220, hat er dargelegt, daß die Steuerpflichtigen grundsätzlich in der Wahl der Mittel, mit denen sie den Betrieb führen, nicht beschränkt sind. Es sei der Wirtschaft freigestellt, welche Rechtsform sie gerade auch im Hinblick auf die Wirkung der Besteuerung wählen wolle. Die Finanzbehörden hätten daher grundsätzlich die körperschaftsteuerlichen Gebilde so hinzunehmen, wie sie aus der Hand ihres Schöpfers hervorgegangen seien, ohne Rücksicht darauf, ob sie vom wirtschaftlichen Standpunkt aus zweckmäßig geschaffen seien. Es sei den Gesellschaftern durchaus erlaubt, ihrer Gesellschaft Kapital in Form von Darlehen an Stelle von Einlagen zur Verfügung zu stellen. Lediglich wenn nach rechtlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten die gewählte Rechtsform nicht die gegebene, sondern eine andere "zwingend" sei, seien die Steuerbehörden berechtigt, die gewählte Form zu beanstanden; ebenso Entsch. des RFHofs I 271/38 vom 30. August 1938, Slg. Bd. 44 S. 340, Reichssteuerbl. 1938 S. 901, und I 272/38 vom 30. August 1938, Slg. Bd. 44 S. 343, Reichssteuerbl. 1938 S. 902. An diesen Grundsätzen hat der Körperschaftsteuer-Senat auch noch in der Entsch. I 129/42 vom 29. September 1942, Reichssteuerbl. 1942 S. 1075, festgehalten.
Des weiteren hat der Reichsfinanzhof in der Entsch. I A 272/31 und in der vorhergehenden Entscheidung I A 31, 32, 33/30 vom 27. Mai 1930, Mrozeks Kartei, EStG 1925 § 13, Rechtsspruch 268, ausgesprochen, daß nicht der Steuerpflichtige der Steuerbehörde den Nachweis zu liefern hat, daß die von ihm gewählten Mittel in seiner Lage zwingend waren, sondern, daß vielmehr die Steuerbehörde gegebenenfalls darzutun hat, daß in der Lage des Steuerpflichtigen nach rechtlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht die angewandten, sondern andere Mittel zwingend gewesen wären.
In der Entscheidung I 77/37 vom 31. Oktober 1939, Slg. Bd. 48 S. 13, Reichssteuerbl. 1940 S. 35, hat der Reichsfinanzhof die Möglichkeit verdeckten Stammkapitals bei Teilschuldverschreibungen, die eine Aktiengesellschaft an Stelle eingezogener Aktien ausgibt, dann als gegeben angesehen, wenn sie mit Vorteilen ausgestattet sind, die dem Aktienrecht entnommen sind.
Der Bewertungs-Senat hat in der Entsch. III 34/43 vom 24. Juni 1943, Reichssteuerbl. 1943 S. 765, den wirtschaftlichen Gesichtspunkten große Bedeutung zugemessen, jedoch für die Annahme verdeckten Stammkapitals eine ausdrückliche tatbestandsmäßige Feststellung verlangt, daß die Kapitaleinlage an Stelle der Darlehenshingabe das wirtschaftlich gebotene und allein mögliche sei.
Hieraus ergibt sich, daß tatbestandsmäßig festgestellt werden muß, ob die Baukostenzuschüsse wirtschaftlich betrachtet in der Eigenschaft der Personen, die sie gezahlt haben, als Gesellschafter oder in ihrer davon unabhängigen Eigenschaft als Mieter begründet waren. Um verdecktes Stammkapital anzurechnen, mußten zwingende Gründe für die Notwendigkeit weiterer Einlagen neben den Zahlungen auf die Geschäftsanteile festgestellt werden. Die Entscheidung des Oberfinanzpräsidenten enthält keine derartige Würdigung. Nach den vorliegenden aktenmäßigen Unterlagen ergibt sich folgendes:
Es ist denkbar, daß die Baukostenzuschüsse notwendig waren, um das verhältnismäßig geringe Stammkapital der Bfin. aus Kreditgründen zu verstärken. Es ist aber auch möglich, daß es sich hier um Leistungen handelt, die ausschließlich in den seinerzeitigen allgemeinen Wohnungsbau- und Mietverhältnissen begründet waren.
Die Bfin. ist nach ihrem Vorbringen als Selbsthilfe-Organisation gestaltet, die keine Gewinne haben könne und solle. Das Hauptinteresse der Gesellschafter bestand in dem Erwerb einer Wohnung, nicht in der Gründung einer Erwerbsgesellschaft. Lediglich soweit die Gewinnung einer Wohnung es notwendig machte, wollten die Gesellschafter den Weg der Kapitalgesellschaft gehen. Das Interesse der Gesellschafter an einer Kapitalgesellschaft tritt gegenüber ihren privatwirtschaftlichen Interessen an der Wohnung vollkommen zurück. Hieraus wird man folgern müssen, daß bei den Gesellschaftern der entscheidende Beweggrund für die Hingabe der Baukostenzuschüsse nicht die Stärkung des Kapitals einer Erwerbsgesellschaft war, sondern das Streben zum Erwerb einer Wohnung.
Diese Erwägungen allein könnten aber nicht dazu führen, die Möglichkeit verdeckter Stammeinlagen abzulehnen. Es wäre denkbar, daß die Stärkung des Stammkapitals die Voraussetzung dafür war, daß der einzelne Gesellschafter zu einer Wohnung kam. Traf das zu, bestanden zwingende Gründe, das Stammkapital durch Gesellschaftereinlagen zu ergänzen, und geschah dies in Form von Baukostenzuschüssen, so handelt es sich bei den Zuschüssen um verdeckte Einlagen. Es ist deshalb zu prüfen, ob die Bfin. derartige Baukostenzuschüsse auch von dritten Personen (Nichtgesellschaftern) verlangt und erhalten hätte, sofern sie ihre Wohnungen an sie vermietet hätte. War das der Fall, bestand also die Möglichkeit, ganz allgemein durch Baukostenzuschüsse die erforderlichen noch fehlenden Mittel für den Bau der Wohnhäuser zu beschaffen und damit die Gelder der Bfin. ausreichend zu verstärken, so lag kein zwingender Grund vor, die Zuschüsse in die Form von Gesellschaftereinlagen und nicht in die Form von Mieterzuschüssen zu kleiden. Es müssen somit hier für die Beantwortung der Frage verdeckter Stammeinlagen ähnliche Grundsätze angewandt werden, wie sie der Reichsfinanzhof für verdeckte Gewinnausschüttungen allgemein hinsichtlich des Verhältnisses von Entgelten der Gesellschaften an ihre Gesellschafter und an gesellschaftsfremde Personen bei gleichartigen Leistungen ausgesprochen hat; siehe Entsch. des RFHofs I A 493/31 vom 9. Dezember 1931, Reichssteuerbl. 1932 S. 299; I A 315/31 vom 12. April 1932, Reichssteuerbl. 1932 S. 521; I A 72/30 vom 21. Juni 1932, Reichssteuerbl. 1932 S. 1065, und I A 424/31 vom 12. September 1933, Reichssteuerbl. 1933 S. 1201. Es ist anzunehmen, daß seinerzeit, wie sich aus den Entscheidungen des Reichsfinanzhofs zur Frage der bilanzmäßigen Behandlung der Baukostenzuschüsse ergibt, häufig derartige Baukostenzuschüsse verlangt wurden.
Da Feststellungen für eine zwingende Notwendigkeit von Gesellschaftereinlagen in Höhe der Baukostenzuschüsse von den Vorbehörden nicht getroffen worden sind, mußten sie davon ausgehen, daß es sich um Mieterzuschüsse gehandelt hat, die bei der Bemessung der Miete zu berücksichtigen sind.
Die gleichen Grundsätze gelten für die von den Gesellschaftern gezahlten Umlagen für die Jahre, in denen ihnen die Bfin. die Wohnungen noch nicht zur Verfügung stellen konnte.
Die Vorentscheidung ist von Rechtsirrtum beeinflußt. Sie muß deshalb aufgehoben werden. Die Frage der angemessenen Miete und die Frage, inwieweit die Leistungen der Gesellschafter unter der angemessenen Miete liegen, gehören in erheblichem Umfang in das Gebiet der Tatsachenwürdigung. Bei den geringen umstrittenen Beträgen sieht jedoch der Senat von einer Zurückverweisung ab und nimmt an, daß im Streitjahr eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht vorliegt. Hierfür können auch die im Wirtschaftsjahr 1942/43 gezahlten, oben mitgeteilten Umlagen sprechen, die über der von den Vorbehörden angenommenen angemessenen Miete liegen. Das Einkommen der Bfin. ist somit für das Streitjahr um 1.064 RM zu kürzen.
Fundstellen
Haufe-Index 407147 |
BStBl III 1951, 12 |
BFHE 1952, 27 |
BFHE 55, 27 |
BB 1951, 77 |
DB 1951, 107 |