Leitsatz (amtlich)
1. Eine Erhöhung des sog. Essensfreibetrags von 1,50 DM je arbeitstäglicher Mahlzeit im Betrieb kommt nicht in Betracht.
2. Im Lohnsteuerhaftungsverfahren darf die vom Arbeitgeber nachzufordernde Lohnsteuer jedenfalls dann unter Anwendung eines durchschnittlichen Steuersatzes ermittelt werden, wenn das FA aufgrund einer fehlerhaften Unterlassung des Arbeitgebers nicht in der Lage ist, die Namen der Arbeitnehmer, die einen lohnsteuerpflichtigen Vorteil erlangt haben, und den von den einzelnen Arbeitnehmern jeweils erlangten geldwerten Vorteil festzustellen.
Normenkette
EStG 1971 § 19 Abs. 1, § 38 Abs. 4, § 8 Abs. 2; LStDV 1971 §§ 2, 3 Abs. 2, § 46 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist nur noch, ob und in welcher Höhe die Kantinenmahlzeiten, die die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ihren Arbeitnehmern in den Streitjahren 1969 bis 1974 verbilligt gewährte, als geldwerter Vorteil der Arbeitnehmer anzusetzen sind und ggf. ob die Klägerin dafür in Anspruch genommen werden darf.
Die Klägerin räumte in den Streitjahren ihren Arbeitnehmern die Möglichkeit ein, in der Werkskantine zubereitete Mittagsmahlzeiten einzunehmen. Die Arbeitnehmer zahlten für jedes Essen bis zum Februar 1972 je 0,70 DM, bis zum September 1974 je 0,90 DM und dann bis zum November 1974 je 1,40 DM. Die Auszubildenden erhielten die Mahlzeiten um 0,40 DM, 0,50 DM bzw. 0,70 DM billiger. Die Klägerin gab jährlich rd. 1 Million Essen aus. Sie berücksichtigte die Essensgewährung nicht als Arbeitslohn.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) kam aufgrund einer Lohnsteuer-Außenprüfung zu dem Ergebnis, daß die Differenz zwischen dem von den Arbeitnehmern gezahlten Preis und dem ortsüblichen Mittelpreis abzüglich 1,50 DM je Mahlzeit steuerpflichtiger Arbeitslohn sei. Den ortsüblichen Mittelpreis errechnete das FA aufgrund der Abgabepreise von Großküchen für Mittagessen in Kantinen bei sechs größeren Industriebetrieben derselben Gemeinde, in der auch die Klägerin die Mahlzeiten ausgab. Wenn der amtliche anteilige Sachbezugswert für Mittagessen niedriger war als der so errechnete Essenswert abzüglich 1,50 DM, wurde ausnahmsweise der amtliche anteilige Sachbezugswert angesetzt, dieser allerdings ohne Abzug von 1,50 DM.
Die Klägerin hat trotz Aufforderung des FA, die Pauschalierung der Lohnsteuer zu beantragen und diese zu übernehmen, einen solchen Antrag nicht gestellt. Sie hat die Lohnsteuern auch trotz entsprechender Aufforderung nicht unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalles ermittelt. Das FA hat hierauf der Besteuerung der Kantinenessen pauschale Nettosteuersätze zugrunde gelegt, und zwar für die Zeit bis 31. Dezember 1972 25 v. H. und für die Zeit ab 1. Januar 1973 28 v. H.
Da die Klägerin gegen die Höhe dieser Steuersätze keine Einwendungen erhob, nahm das FA sie dementsprechend durch Haftungsbescheid in Anspruch. Der Einspruch dagegen blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung legte das FA u. a. dar, daß es ermessensfehlerfrei sei, die Klägerin in Anspruch zu nehmen, weil die Geltendmachung der Steueransprüche gegenüber den Arbeitnehmern technisch undurchführbar sei; insbesondere könne nicht mehr festgestellt werden, welcher Arbeitnehmer wann gegessen habe.
Mit der Klage machte die Klägerin vor allem geltend, die Gewährung der Kantinenessen sei insgesamt als Annehmlichkeit zu beurteilen. Auch sei es ihr aus technischen Gründen nicht mehr möglich, die Steuern auf die Arbeitnehmer abzuwälzen, weshalb sie nicht im Haftungswege in Anspruch genommen werden dürfe. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage jedoch ab. Es führte im wesentlichen aus:
Die Gewährung der Mittagessen sei nicht lediglich eine Annehmlichkeit. Die Kantinenessen hätten für die Arbeitnehmer einen Geldeswert gehabt. Das FA habe diesen Wert zutreffend unter Beachtung von § 8 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1971 (EStG) geschätzt. Das FA habe der Schätzung die Großküchenabgabepreise und damit die ortsüblichen Preise für derartige Essen zugrunde gelegt. Diese Ermittlung sei wesentlich genauer als das von der Klägerin für anwendbar gehaltene sog. Hamburger Verfahren, das auf die Einkaufspreise einer Speisewirtschaft höchstens die mittleren Rohgewinnaufschläge anwendet. Das Hamburger Verfahren führe dazu, daß der Sachbezugswert bei kleinen Speisewirtschaften, die naturgemäß ungünstiger einkauften als große, höher sei als bei diesen.
Die Inanspruchnahme der Klägerin als Arbeitgeberin sei nicht ermessensfehlerhaft. Sie habe sich nicht darauf verlassen dürfen, daß das Hamburger Verfahren auch in Nordrhein-Westfalen angewandt werde. Ihr sei bekannt gewesen, daß der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen das Hamburger Verfahren ausdrücklich abgelehnt habe. Sie habe auch aufgrund früherer Lohnsteuer-Außenprüfungen gewußt, wie der Sachbezugswert für Mittagessen in Nordrhein-Westfalen ermittelt werde, wenn dies früher auch nicht zu einem lohnsteuerlichen Wert geführt habe. Die Inanspruchnahme der Klägerin sei nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil sie nicht mehr in der Lage sei, die auf die einzelnen Arbeitnehmer entfallende Lohnsteuer auf diese abzuwälzen. Dieser Umstand sei für die Klägerin vorhersehbar gewesen.
Mit der Revision macht die Klägerin geltend, das angefochtene Urteil verstoße gegen § 19 Abs. 1, § 38 Abs. 4 EStG, § 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV). Außerdem habe das FG seine Ermittlungspflicht verletzt (§ 76 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Im einzelnen trägt die Klägerin hierzu vor:
Die Beköstigung von Arbeitnehmern führe bei diesen nicht zu einem lohnsteuerpflichtigen Sachvorteil. Seit langem werde ein Essensfreibetrag von 1,50 DM anerkannt. Dadurch sei früher ein Kantinenessen im Ergebnis steuerfrei gewesen. Wenn Arbeitnehmer heute - wegen der Inflation - einen höheren Nominalbetrag für ein Kantinenessen aufwenden müßten, so bekämen sie dafür die gleiche einfache Mahlzeit wie früher. Es dürfe deshalb nicht auf dem alten Höchstfreibetrag von 1,50 DM beharrt werden.
Nur etwa 25 bis 30 v. H. ihrer Arbeitnehmer hätten von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Kantinenessen einzunehmen, und diese Arbeitnehmer auch wiederum nicht regelmäßig. Es wäre lebensfremd zu unterstellen, diese Arbeitnehmer seien besser entlohnt als die übrige Belegschaft.
Die Gewährung der Mahlzeiten habe in ihrem, der Klägerin, ureigensten und überwiegenden Interesse gelegen, weil sonst erhebliche Störungen des Arbeitsablaufes eingetreten wären. Auch sei an dem Grundsatz festzuhalten, daß eine einzige Zuwendung des Arbeitgebers - wegen ihrer Unteilbarkeit - nur eine einzige Eigenschaft haben könne; sie müsse deshalb in vollem Umfang als Annehmlichkeit steuerfrei sein.
Wenn der Essenswert gleichwohl anzusetzen wäre, so müsse er geschätzt werden. Es sei unzulässig, daß die Finanzverwaltung hierfür in einzelnen Bundesländern unterschiedliche Schätzungsmethoden anwende. In Hamburg würden die ortsüblichen Mittelpreise in der Regel unter Anwendung der in der jeweils geltenden Richtsatzsammlung ausgewiesenen Rohgewinnaufschläge geschätzt. Hingegen werde dasselbe Verfahren in Nordrhein-Westfalen nicht gebilligt. Es sei ermessensfehlerhaft, sie gleichwohl in der Höhe - wie geschehen - in Anspruch zu nehmen. Ihr dürfe nicht das volle Risiko auferlegt werden, das sich aus der Auslegung unklarer und zweifelhafter Normen ergeben könne. Sie, die Klägerin, habe eine Bewertungsmethode angewendet, die sinnvoll und vernünftig sei. Es sei nicht zulässig, diese Methode aus fiskalischen Gründen zu verwerfen.
Das FG-Urteil nenne nicht die "niedrigsten" Rohgewinnaufschläge. Diese lägen knapp über 70 v. H. des Wareneinsatzes. Insoweit liege ein Verstoß gegen die Ermittlungspflicht des FG vor. Bei Anwendung dieser Aufschläge hätte sich ein niedrigerer geldwerter Vorteil aus der Essensgewährung ergeben. Diese Aufschlagsätze wären hier gerechtfertigt, weil die Arbeitnehmer das Essen auf einem Tablett selbst hätten abholen müssen, weil auf den Tischen keine Tischdecken gewesen seien und weil schließlich die Arbeitnehmer ihr eigenes Besteck hätten verwenden und abwaschen müssen.
Problematisch sei, daß das FA bei Anwendung der Sachbezugswerte nach § 3 Abs. 2 LStDV den Freibetrag von 1,50 DM nicht berücksichtigt habe. Auch sei es ihr nicht zuzumuten, Vorrichtungen zu schaffen, die eine Erhebung der Lohnsteuern bei den einzelnen Arbeitnehmern ermöglichten. Sie dürfe nicht im Wege der Haftung zum Kollektivschuldner für die unbekannten gesetzmäßigen Steuerschuldner (Arbeitnehmer) gemacht werden. Eine Lohnsteuerpauschalierung sei hier nicht zulässig gewesen. Das FA habe zu Unrecht verlangt, daß sie, die Klägerin, sich über eine Lohnsteuerpauschalierung freiwillig zum Steuerschuldner mache. Schließlich sei es nicht zulässig, daß das FA die pauschalierten Lohnsteuernachforderungsbeträge wiederum der Lohnsteuer unterworfen habe.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Lohnsteuerhaftungsbetrag herabzusetzen, hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Auf Aufforderung des Senats hat sich der Bundesminister der Finanzen (BMF) an dem Verfahren beteiligt. Er vertritt die Auffassung, daß Essensgeldzuschüsse bis zur Höhe von 1,50 DM arbeitstäglich steuerfreie Annehmlichkeiten seien. Eine Erhöhung dieses Freibetrags komme indessen nicht in Betracht.
Die Inanspruchnahme des Arbeitgebers im Haftungswege sei im Streitfall ermessensfehlerfrei. Die insgesamt nachzufordernde Lohnsteuer dürfe auch im Haftungsverfahren mit Durchschnittssteuersätzen ermittelt werden. Die Ermittlung (Schätzung) der nachzufordernden Lohnsteuer mit Durchschnittssteuersätzen sei zulässig und geboten, wenn der Arbeitgeber selbst auf die nachzuversteuernden Bezüge bei verständiger Würdigung der Umstände im Steuerabzugsverfahren durchschnittliche Steuersätze anwenden mußte, also insbesondere nach § 40 Abs. 1 EStG pauschaliert hätte, weil die Ermittlung der individuellen Lohnsteuer schwierig ist oder einen unverhältnismäßigen Arbeitsaufwand erfordern würde. Bei der Schätzung der im Haftungswege nachzufordernden Lohnsteuern seien alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung seien. Ein solcher Umstand sei auch die Tatsache, daß Arbeitgeber im Steuerabzugsverfahren regelmäßig pauschalieren könnten und müßten, wenn die individuelle Berechnung der Lohnsteuer schwierig ist oder einen unverhältnismäßigen Arbeitsaufwand erfordern würde. Davon sei bei Millionen von Kantinenessen und Tausenden von Arbeitnehmern mit ihrer unterschiedlichen Inanspruchnahme dieser Sozialleistung wegen der aufwendigen individuellen Erfassung auszugehen. Dies berechtige den Arbeitgeber indessen nicht, die zutreffende Besteuerung des zugeflossenen Arbeitslohns im Steuerabzugsverfahren zu unterlassen. Der vom Gesetz hierfür vorgesehene Weg sei die Besteuerung mit einem durchschnittlichen Steuersatz auf Antrag des Arbeitgebers (Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Da die Klägerin den Arbeitsaufwand für die individuelle Ermittlung der Lohnsteuer im Steuerabzugsverfahren für unzumutbar halte, sei die pauschalierte Lohnsteuer die zutreffende Lohnsteuer. Sie bestimme die Höhe der zu schätzenden Lohnsteuer.
Die Klägerin erwiderte hierauf, ihre Inanspruchnahme im Haftungswege sei ermessensfehlerhaft. Die von ihr gewählte Handhabung (Ermittlung der Essenswerte) sei vom FA durch die vorangegangene Lohnsteuer-Außenprüfung in eindeutiger Weise gebilligt worden. Sie habe deshalb nicht damit rechnen können, daß die Gewährung der Mittagessen an ihre Arbeitnehmer lohnsteuerrechtlich einmal streitig werden würde. Im übrigen dürfe die Lohnsteuer im Haftungsverfahren nicht pauschaliert werden. Wenn sie schon im Haftungswege für Lohnsteuernachzahlungen in Anspruch genommen werde, so möchte sie sich die Möglichkeit erhalten, die von ihr gezahlten Beträge den eigentlichen Steuerschuldnern - den Arbeitnehmern - in Rechnung zu stellen. Deshalb müßten die individuellen steuerlichen Merkmale der einzelnen Arbeitnehmer auch bei Ermittlung des von ihr nachgeforderten Lohnsteuerbetrags berücksichtigt werden. Da in dem gegen sie ergangenen Haftungsbescheid die einzelnen betroffenen Arbeitnehmer nicht angegeben seien, sei er nicht ausreichend begründet.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Der Vorteil der Arbeitnehmer, der in der Gewährung von verbilligten Kantinenmahlzeiten besteht, ist nach den ortsüblichen Mittelpreisen zu ermitteln; er ist nicht insgesamt als sog. Annehmlichkeit steuerfrei.
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (= Arbeitslohn) unter anderem "andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im ... privaten Dienst gewährt werden". Diese Bezüge und Vorteile müssen in Geld oder Geldeswert bestehen (§ 8 Abs. 1 EStG), wodurch der Arbeitnehmer objektiv bereichert sein muß (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. September 1982 VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39 ). Davon ist hier auszugehen.
a) Wie sich aus § 8 Abs. 2 EStG ergibt, rechnet zu den geldeswerten Einnahmen unter anderem "Kost", demnach auch die Gewährung von Kantinenmahlzeiten. Dementsprechend bestanden in der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs - RFH - (vgl. Urteil vom 12. Oktober 1927 VI A 518/27, RStBl 1928, 89) und des BFH (vgl. z. B. die Urteile vom 20. November 1979 VI R 112/79, BFHE 129, 158, BStBl II 1980, 122 ; vom 7. November 1975 VI R 174/73, BFHE 117, 172, BStBl II 1976, 50 ) nie Zweifel, daß der Vorteil der Arbeitnehmer, der in der Gewährung von unentgeltlichen oder verbilligten Mahlzeiten besteht, dem Grunde nach lohnsteuerpflichtig ist.
b) Der Klägerin ist zuzugeben, daß die verbilligte Essensgewährung lohnsteuerfrei wäre, wenn sie in ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers erfolgte (Urteil in BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39 ). Dies ist jedoch nicht der Fall.
Zwar hat der Senat in seinen Urteilen vom 21. März 1975 VI R 94/72 (BFHE 115, 268, BStBl II 1975, 486 und in BFHE 117, 172, BStBl II 1976, 50 ausgeführt, es liege wesentlich im Interesse des Arbeitgebers, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Arbeitnehmer die Möglichkeit bekämen, Mahlzeiten im Betrieb zu sich zu nehmen. Auch sei es in seinem Interesse, die Einnahme der Mahlzeiten so zu gestalten, daß dadurch die Arbeitsleistung für den Betrieb möglichst wenig beeinträchtigt werde. Dies besagt indessen nichts darüber, ob auch die verbilligte Gewährung von Mahlzeiten selbst im ganz überwiegenden Arbeitgeberinteresse liegt. Dies ist zu verneinen, weil der Vorteil eines verbilligten Essens in jedem Fall auch im Interesse desjenigen liegt, der in den Genuß dieses Vorteils gelangt.
c) Soweit die Klägerin meint, in der Gewährung der verbilligten Mahlzeiten sei keine "Entlohnung" zu sehen, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden.
Der V. Senat des BFH hat zwar zur Umsatzbesteuerung von gegenüber Arbeitnehmern erbrachten Leistungen entschieden, daß eine Umsatzsteuerpflicht nur dann gegeben sei, wenn das Entgelt des Arbeitgebers für eine bestimmte, objektiv meßbare Leistung des Arbeitnehmers erbracht werde (vgl. Entscheidungen vom 6. Juni 1984 V R 33/83, BFHE 141, 355, BStBl II 1984, 686 ; vom 7. Mai 1981 V R 47/76, BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495 ; vom 17. September 1981 V B 43/80, BFHE 134, 65, BStBl II 1981, 775 ). Er hat indessen zu Recht darauf hingewiesen, daß insoweit ein unterschiedlicher systematischer Ausgangspunkt von Umsatzsteuer und Lohnsteuer bestehe. Denn für die Lohnbesteuerung ist es - anders als für die Umsatzbesteuerung - nicht entscheidend, daß die Leistung des Arbeitgebers für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers erbracht wird, wie die Lohnsteuerpflicht z. B. von Weihnachtsgratifikationen sowie von Heirats- und Geburtsbeihilfen (soweit sie die gesetzlichen Freibeträge übersteigen, § 3 Nr. 15 EStG) verdeutlicht. Insoweit kommt es vielmehr darauf an, daß die Einnahme des Arbeitnehmers durch das Dienstverhältnis veranlaßt und deshalb Arbeitslohn ist. Dies ist nach dem Urteil in BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39 (vgl. dort unter 4.) dann der Fall, wenn sich die Einnahme des Arbeitnehmers im weitesten Sinn als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist.
Das verbilligte Essen wird den Arbeitnehmern in diesem Sinn als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung ihrer individuellen Arbeitskraft gewährt. Denn nur Arbeitnehmer, nicht aber auch dem Unternehmen fremde Personen können diesen Vorteil erlangen. Daß nicht alle Arbeitnehmer von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, widerspricht dieser Beurteilung nicht. Denn es steht auch außer Frage, daß eine Geburtsbeihilfe von 1 000 DM in Höhe von 500 DM lohnsteuerpflichtig ist, selbst wenn andere, z. B. kinderlose Arbeitnehmer entsprechende Beihilfen nicht erhalten.
d) Der Essensfreibetrag von 1,50 DM kann nicht angehoben werden.
Dieser Freibetrag wird in der bisherigen Rechtsprechung als sog. Annehmlichkeit beurteilt (BFHE 115, 268, BStBl II 1975, 486 ; BFHE 117, 172, BStBl II 1976, 50 ). Was unter diesem Begriff zu verstehen ist, hat der BFH vor allem im Urteil vom 22. Oktober 1976 VI R 26/74 (BFHE 120, 379, BStBl II 1977, 99 ) erläutert. Seitdem ist die Rechtsprechung zu den Annehmlichkeiten jedoch zunehmend auf Kritik gestoßen (vgl. die Zusammenstellung der Auffassungen in Betriebs-Berater - BB - 1982, 1067 ff.). Insbesondere ist auch die Steuerfreiheit des Essensfreibetrags als unzutreffend beurteilt worden (vgl. Stolterfoht, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Einkommensteuergesetz, Anmerkungen zu § 19 Abs. 1 Ziff. 1, Rechtsspruch 550; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 3. Aufl., § 19 Anm. 7c S. 1175, unten). Der Senat braucht hierauf im einzelnen nicht einzugehen. Denn aus folgenden Erwägungen kommt jedenfalls eine Erhöhung des Essensfreibetrags nicht in Betracht:
aa) Die Argumente, die in den Urteilen in BFHE 115, 268, BStBl II 1975, 486 und in BFHE 117, 172, BStBl II 1976, 50 für den Freibetrag von 1,50 DM angeführt worden sind (vgl. hierzu oben 1. b), sprechen zwar für die Lohnsteuerfreiheit der Überlassung der Kantinenräume, nicht aber dafür, daß auch die verbilligte oder unentgeltliche Überlassung des Essens selbst lohnsteuerfrei sein darf.
bb) Es diente zwar der Vereinfachung, wenn der gesamte Vorteil, der in der Essensgewährung besteht, steuerfrei bliebe. Für eine Erhöhung des Freibetrags aus Vereinfachungsgründen fehlt es jedoch an einer Rechtsgrundlage (vgl. schon BFH-Urteil vom 5. Februar 1965 VI 46/64 U, BFHE 82, 155, BStBl III 1965, 302 ; vgl. auch Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19. Aufl., § 19 EStG Anm. 166).
cc) Für eine generelle Billigkeitsregelung, die zur erhöhten Freistellung der Essensgewährung führte, fehlt es ebenfalls an einer Rechtsgrundlage (BFHE 82, 155, BStBl III 1965, 302 ).
dd) Durch den Essensfreibetrag von 1,50 DM erlangen in der Regel nur Arbeitnehmer in Betrieben, deren Arbeitgeber Kantinen unterhalten oder in anderer Weise für die Essensgewährung ihrer Arbeitnehmer sorgen, einen steuerlichen Vorteil. Viele Arbeitnehmer in anderen Betrieben müssen hingegen ihre Mahlzeiten voll aus ihrem versteuerten Arbeitslohn bestreiten. Eine Anhebung des Freibetrags würde diese steuerliche Ungleichbehandlung noch verstärken (vgl. Uelner, BB 1980, 1203).
ee) Der Klägerin ist zwar zuzugeben, daß der Essensfreibetrag von 1,50 DM früher z. T. ausreichte, die gesamte Essensgewährung steuerfrei zu belassen, während das nunmehr nur wegen der gestiegenen Essenspreise nicht mehr der Fall ist. Dies allein kann indessen nicht die Anhebung des Freibetrags, dessen steuerrechtliche Berechtigung ohnedies zweifelhaft ist, rechtfertigen.
ff) Auch soziale Erwägungen, die insbesondere in den Urteilen in BFHE 115, 268, BStBl II 1975, 486 und BFHE 117, 172, BStBl II 1976, 50 sowie in den Ausführungen des BMF zum Ausdruck kommen, gestatten keine Erhöhung des Freibetrags. Denn Steuerbefreiungen aus sozialen Gründen kommen, was durch § 3 Nr. 52 EStG hinreichend deutlich wird, nur aufgrund Gesetzes oder einer Rechtsverordnung in Betracht. Gerade aus der letztgenannten Vorschrift muß gefolgert werden, daß eine Steuerbefreiung aus sozialen Gründen dem Gesetz- oder Verordnungsgeber vorbehalten ist.
gg) Der Einwand der Klägerin, eine Zuwendung könne nicht z. T. als Annehmlichkeit steuerfrei und z. T. als Sachzuwendung lohnsteuerpflichtig sein (ebenso Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O.), ist gewichtig. Denn der Charakter einer Zuwendung erscheint nicht teilbar. Dementsprechend geht der BFH auch bei der "Annehmlichkeit" von 50 DM bei Betriebsveranstaltungen davon aus, daß es sich um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag handelt (vgl. z. B. Urteil vom 20. Mai 1980 VI R 54/77, BFHE 130, 516, BStBl II 1980, 580 ), weil der Vorteil einer einheitlichen Betrachtung zu unterziehen ist. Dasselbe ergibt sich aus dem Urteil des Senats vom 19. April 1974 VI R 107/70 (BFHE 115, 98, BStBl II 1975, 383 ). In diesem Urteil hat der Senat zum Ausdruck gebracht, daß ein Preisnachlaß nur dann kein Arbeitslohn ist, wenn er unter Berücksichtigung aller Umstände des Arbeitsverhältnisses nicht ins Gewicht fällt. Fällt er indessen ins Gewicht, ist er in vollem Umfang steuerpflichtiger Arbeitslohn und nicht bis zu einem weniger gewichtigen Betrag noch steuerfrei.
Wenn indessen ein Vorteil insoweit nur eine einzige Eigenschaft haben kann, so spricht nach allen vorstehenden Erwägungen unter d) mehr dafür, den gesamten Vorteil der verbilligten Essensgewährung uneingeschränkt der Besteuerung zu unterwerfen. Darauf braucht der Senat im einzelnen aber nicht einzugehen, weil dies im Streitfall zu einer unzulässigen Änderung zum Nachteil der Klägerin führen würde.
2. Ist demnach die verbilligte Essensgewährung dem Grunde nach lohnsteuerpflichtig, so bestimmt sich der steuerpflichtige Vorteil im einzelnen nach den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsorts (§ 8 Abs. 2 EStG). Diese Preise sind zu schätzen. Die vom FG bestätigte Schätzung des FA ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Der Senat hat im Urteil in BFHE 129, 158, BStBl II 1980, 122 entschieden, daß der Essenswert entweder mit den Sachbezugswerten nach § 3 Abs. 2 LStDV anzusetzen ist, wobei ein Abzug des Essensfreibetrags von 1,50 DM nicht in Betracht kommt, oder daß er mit den ortsüblichen Mittelpreisen zu veranschlagen ist, von denen der Freibetrag von 1,50 DM abgezogen werden könne. Diese Rechtsprechung hält er im Ergebnis nach wie vor für zutreffend.
b) Die Schätzung des FA auf der Grundlage von Großküchenpreisen ist revisionsrechtlich zweifelsfrei.
Der BFH darf im Revisionsverfahren nur nachprüfen, ob die Schätzung des FG als Tatsacheninstanz zulässig war (was vorstehend bereits bejaht wurde), ob sie möglich war, ob sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat und ob das FG-Urteil auf Verfahrensfehlern, insbesondere auf mangelnder Sachaufklärung, beruht (vgl. BFH-Urteil vom 1. Dezember 1967 III 19/65, BFHE 91, 254, BStBl II 1968, 332 ; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11. Aufl., § 162 AO 1977 Tz. 10). Im übrigen ist der BFH an die Schätzung des FG als Tatsachenfeststellung gebunden.
Die Schätzung des FG geht im vorliegenden Fall in Übereinstimmung mit dem FA von den Abgabepreisen von Großküchen für Mittagessen in Kantinen aus. Dies ist nicht zu beanstanden. Die von Großküchen ausgegebenen Essen sind regelmäßig von der Art und Güte, wie sie in Kantinen und ähnlichen Einrichtungen von Betrieben angeboten werden. Es erscheint deshalb sachgerecht, gerade die Preise für Essen aus kostengünstig arbeitenden Großküchen der Ermittlung der Werte von Mahlzeiten, die die Klägerin ihren Arbeitnehmern überlassen hat, zugrunde zu legen. Die vom FA hinsichtlich dieser Preise vorgenommenen geringfügigen Korrekturen sind von der Klägerin dem Grunde nach nicht angegriffen worden und auch revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang vorträgt, bei der Essenswertermittlung müsse auch berücksichtigt werden, daß die Arbeitnehmer das Essen selbst hätten jeweils abholen und eigene Bestecke hätten verwenden müssen, führt dies zu keinem anderen Ergebnis; denn es handelt sich insoweit um neues tatsächliches Vorbringen, das in der Revisionsinstanz nicht beachtet werden darf (§ 118 Abs. 2 FGO).
Der Einwand der Klägerin, der Essenswert müsse nach dem sog. Hamburger Verfahren festgestellt werden, zumal die Finanzverwaltung dieses Verfahren vielfach angewendet habe, kann keinen Erfolg haben. Dieses Verfahren mag in Einzelfällen zu vertretbaren Ergebnissen führen. Es dürfte jedoch, wie das FG zu Recht ausgeführt hat, regelmäßig ungenauer sein als der Vergleich des Kantinenessens der Klägerin mit Preisen von Großküchen aus der näheren Umgebung der Klägerin. Es bedarf deshalb auch keiner Auseinandersetzung mehr mit den Erwägungen der Klägerin, daß das FG unzutreffende Rohgewinnaufschlagsätze hinsichtlich des Hamburger Verfahrens angewendet habe. Denn die Berechnung nach diesem Verfahren und der Vergleich der Ergebnisse nach diesem Verfahren mit dem vom FA für zutreffend erachteten Verfahren waren für die Entscheidung des FG nicht ausschlaggebend. Es handelte sich insoweit lediglich um eine zusätzliche Erwägung des FG ("außerdem"). Das FG lehnte dieses Verfahren indessen schon dem Grunde nach ab, weil sich die Essenswertermittlung auf der Grundlage der Großküchenabgabepreise "an tatsächlichen, ortsüblichen Preisen" orientiere und deshalb "um vieles genauer als das sogenannte Hamburger Verfahren" sei.
Daß die Finanzverwaltung in Hamburg und möglicherweise auch in anderen Bereichen das Hamburger Verfahren der Essenswertermittlung zugrunde legte, rechtfertigt es nicht, dieses Verfahren auch im vorliegenden Fall anzuwenden. Zum einen erscheint dieses Verfahren, wie ausgeführt, weniger genau. Zum anderen hat kein Verfahrensbeteiligter einen Rechtsanspruch darauf, daß eine Schätzung nach einem bestimmten Verfahren durchgeführt wird. Anders wäre die Rechtslage allenfalls dann, wenn das Hamburger Verfahren zutreffendere Ergebnisse lieferte, wenn das FA der Klägerin zugesagt hätte, daß die Essenswerte nach diesem Verfahren ermittelt würden oder wenn die Klägerin dieses Verfahren bisher - vom FA unbeanstandet - angewandt hätte. Alle diese Gestaltungen liegen hier indessen nicht vor. Die Klägerin hat die Essenswerte vielmehr überhaupt nicht errechnet, weil sie von der völligen Steuerfreiheit der verbilligten Essensgewährung ausgegangen ist. Sie hat auch nicht schlüssig dargelegt, daß das vom FA angewandte Verfahren sachlich unzutreffend sei. Vielmehr hat sie lediglich deshalb das Hamburger Verfahren für maßgeblich erachtet, weil es in anderen Fällen angewandt worden sei und weil es bei ihr zu günstigeren Ergebnissen führen würde. Dies ist jedoch kein entscheidendes Schätzungskriterium, weil Schätzungsergebnisse regelmäßig voneinander abweichen und das Ergebnis einer Schätzung selbst im allgemeinen nichts darüber aussagt, ob die angewandte Schätzungsmethode zutreffend war oder nicht.
Mit Wirkung vom 1. Januar 1978 wurde § 8 Abs. 2 EStG ein neuer Satz 2 hinzugefügt, insbesondere weil bis zu diesem Zeitpunkt gerade die Ermittlung der ortsüblichen Mittelpreise für Kantinenessen immer wieder schwierige und häufig streitige Schätzungen mit sich brachte. Dies sollte fortan vermieden werden. Für Fälle jedoch, die - wie hier - Streitjahre vor dem 1. Januar 1978 zum Gegenstand haben, muß der Essenswert noch aufgrund einer Schätzung - mit allen Unwägbarkeiten und Ungenauigkeiten, die jeder Schätzung innewohnen - ermittelt werden. Dies führt nicht, wie die Klägerin meint, zu willkürlichen Steuerfestsetzungen. Dies ist vielmehr der Versuch einer möglichst zutreffenden, den individuellen Verhältnissen des Einzelfalles entsprechenden Besteuerung.
3. Nach der Rechtsprechung des Senats muß das FA, wenn es einen Arbeitgeber als Haftungsschuldner für nicht einbehaltene Lohnsteuern in Anspruch nehmen will, im Haftungsbescheid oder spätestens in der Entscheidung über den Einspruch gegen den Haftungsbescheid seine Ermessenserwägungen darlegen, weshalb es den Arbeitgeber als Haftungsschuldner und nicht den Arbeitnehmer als Steuerschuldner in Anspruch nimmt (Urteil vom 18. September 1981 VI R 44/77, BFHE 134, 149, BStBl II 1981, 801 ). Diesem Formalerfordernis ist das FA in der Einspruchsentscheidung nachgekommen. Es hat sein Ermessen insoweit auch nicht fehlerhaft ausgeübt; denn die Inanspruchnahme der einzelnen Arbeitnehmer war dem FA nicht möglich, weil es die Klägerin selbst versäumt hatte festzuhalten, welche Arbeitnehmer in welchem Umfang an den einzelnen Mahlzeiten teilgenommen und also Arbeitslohn erlangt haben. Dem FA blieb bei dieser Gestaltung zur Realisierung der Lohnsteuer deshalb nur der Weg, die Lohnsteuern der Arbeitnehmer im Wege der Arbeitgeberhaftung von der Klägerin nachzufordern.
4. Allerdings ist die Inanspruchnahme des Arbeitgebers im Haftungswege ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber durch wiederholte Prüfung und Erörterung einer Rechtsfrage in einer unrichtigen Rechtsauslegung bestärkt wurde (vgl. BFH-Urteil vom 5. März 1965 VI 259/63 U, BFHE 82, 301, BStBl III 1965, 355 ). Ein Haftungsausschluß insoweit ist hier jedoch nicht gegeben.
Die Klägerin trägt nun erstmals vor, daß das FA bereits bei einer früheren Lohnsteuer-Außenprüfung von ihrer Handhabungsweise Kenntnis genommen und diese gleichwohl nicht beanstandet habe. Dieser Vortrag kann jedoch schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil es sich insoweit um neues tatsächliches Vorbringen handelt.
5. Es ist im Streitfall nicht zu beanstanden, daß das FA die Lohnsteuern der einzelnen Arbeitnehmer nicht individuell ermittelt hat.
Nach § 38 Abs. 4 EStG, § 46 Abs. 1 LStDV sind die Arbeitnehmer beim Lohnsteuerabzug Steuerschuldner. Der Arbeitgeber haftet für die Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer. Die Haftungsschuld des Arbeitgebers ist akzessorisch. Deshalb müssen grundsätzlich der einzelne Steuerschuldner und die einzelne Steuerschuld im Haftungsbescheid genannt werden (vgl. BFH-Urteil vom 16. März 1962 VI 85/61 U, BFHE 75, 36, BStBl III 1962, 282 ). Der Senat braucht im vorliegenden Fall nicht die Grundsatzfrage (vgl. hierzu Beschluß des Senats vom 29. April 1983 VI S 10/82, BFHE 138, 379, BStBl II 1983, 517 ) zu entscheiden, ob deshalb im Haftungsverfahren auch die Möglichkeit ausscheidet, die angeforderte Lohnsteuer mehrerer oder vieler Arbeitnehmer mit Durchschnittssteuersätzen zu ermitteln. Selbst wenn es einen solchen Grundsatz gäbe, könnte er nämlich nicht ausnahmslos angewendet werden.
Wenn - wie es hier der Fall ist - der Arbeitgeber keine Aufzeichnungen darüber führt, welchem Arbeitnehmer er lohnsteuerpflichtige Vorteile zugewendet hat und wenn - wie es hier ebenfalls zutrifft - auch nachträglich nicht ermittelt werden kann, welche Arbeitnehmer wie häufig Essen verbilligt erhalten haben, ginge die gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Lohnsteuereinbehaltung und -abführung ins Leere, falls er nicht in Anspruch genommen werden könnte. In einem solchen Fall, in dem die Arbeitnehmer aus tatsächlichen Gründen nicht als Schuldner der Steuer herangezogen werden können und in dem eine Lohnsteuerpauschalierung, bei der der Arbeitgeber zum Steuerschuldner wird, wegen fehlenden Antrags des Arbeitgebers ausscheidet, darf die Inanspruchnahme des Arbeitgebers im Haftungswege nicht an der Unmöglichkeit der individuellen Ermittlung des zutreffenden Steuersatzes scheitern.
Deshalb ist die Ermittlung der Lohnsteuer mit einem Durchschnittssteuersatz auch im Haftungsverfahren jedenfalls dann zulässig, wenn das FA aufgrund der fehlerhaften Unterlassung des Arbeitgebers die Namen der Arbeitnehmer, die einen lohnsteuerpflichtigen Vorteil erlangt haben, und den von den einzelnen Arbeitnehmern jeweils erlangten geldwerten Vorteil nicht ermitteln kann.
Da die Klägerin gegen die Höhe der Durchschnittssteuersätze für die einzelnen Jahre keine Einwendungen erhoben hat, besteht auch keine Veranlassung, die Höhe der Pauschsteuersätze im einzelnen zu überprüfen. Allerdings hat die Klägerin geltend gemacht, die pauschalen Lohnsteuernachforderungsbeträge dürften nicht wiederum der Lohnsteuer unterworfen werden. Dieser Einwand ist für den Streitfall jedoch unberechtigt.
Der Senat hat im Urteil vom 5. November 1982 VI R 219/80 (BFHE 137, 46, BStBl II 1983, 91 ) zwar entschieden, daß die pauschale Lohnsteuer nach § 40 Abs. 1 EStG 1975 eine Unternehmenssteuer eigener Art ist und daß der zu ermittelnde Pauschsteuersatz nicht auf einen (höheren) Nettosteuersatz hochzurechnen ist. Diese Überlegungen gelten jedoch nicht für Haftungsverfahren, in denen - wie hier - die Lohnsteuer mit Durchschnittssteuersätzen ermittelt wird, wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer von den Arbeitnehmern nicht im Rückgriff (Regreß) zurückverlangt und nicht zurückverlangen kann.
Wenn nämlich der Arbeitgeber auf den ihm an sich möglichen Regreß gegen den Arbeitnehmer verzichtet, liegt darin die Zuwendung eines Vorteils, weshalb auf diesen Vorteil - zum Zeitpunkt des Regreßverzichts - Lohnsteuer zu erheben ist (BFH-Urteil vom 24. April 1961 VI 219/60 U, BFHE 73, 45, BStBl III 1961, 285 ). Verzichtet der Arbeitgeber schon vor Erlaß des Haftungsbescheides auf diesen Regreß, ist schon im Haftungsbescheid vom (höheren) Nettosteuersatz auszugehen, also (Lohn-)Steuer auf die (Lohn-)Steuer zu erheben.
Im Streitfall hat die Klägerin die Ermittlung der Empfänger und des Umfangs der jeweiligen Vorteile unmöglich gemacht. Sie hat auch selbst erklärt, daß es ihr deshalb ("aus technischen Gründen") unmöglich sei, die Lohnsteuern auf die Arbeitnehmer abzuwälzen. Dadurch hat die Klägerin von vornherein auf die Möglichkeit verzichtet, von ihr nachgeforderte Lohnsteuern im Regreßweg von den Arbeitnehmern zurückzuholen. Somit hat sie den jeweils in Betracht kommenden Arbeitnehmern einen weiteren Vorteil zugewendet, der wiederum der Lohnsteuer unterliegt. Deshalb ist es gerechtfertigt, die Lohnsteuersätze im Streitfall unter Berücksichtigung von "Steuer auf Steuer" zu ermitteln.
Soweit die Klägerin in ihrem letzten Schriftsatz zum Ausdruck bringt, daß sie die Möglichkeit erhalten möchte, die von ihr gezahlten Beträge den eigentlichen Steuerschuldnern in Rechnung zu stellen, ist dies zum einen ein neues Vorbringen, zum anderen steht es im Widerspruch zu dem eigenen früheren Vortrag der Klägerin, daß ihr ein Rückgriff unmöglich sei. Der Senat braucht deshalb hierauf im einzelnen nicht mehr einzugehen.
Fundstellen
Haufe-Index 426087 |
BStBl II 1985, 164 |
BFHE 1985, 483 |