Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die "Hingabe" eines Zuschusses im Sinne des § 7c EStG 1949 ist nur dann erfolgt, wenn die Vermögensgegenstände aus dem Vermögen des Zuschußgebers ausgeschieden und in das Vermögen einer anderen Person übergegangen sind. Für unverzinsliche Darlehen gilt dies entsprechend.
Eine rechtsverbindliche Zusage auf Gewährung eines Zuschusses oder eines Darlehens reicht für die Vergünstigung des § 7c EStG 1949 nicht aus.
Normenkette
EStG §§ 7c, 11
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) - eine KG - betreibt eine Federnfabrik. Am Gesellschaftskapital sind 2 unbeschränkt haftende Gesellschafter mit je 2/5 und eine Kommanditistin mit 1/5 beteiligt. Durch privatschriftlichen Vertrag vom 3. November 1949 sagte die Bfin. ihrer Kommanditistin einen Baukostenzuschuß von 50.000 DM zum Wiederaufbau ihres kriegszerstörten Hauses zu. In der Jahresabschlußbilanz der Bfin. zum 31. Dezember 1949 wurde unter den Verbindlichkeiten ein Wiederaufbauguthaben zugunsten der Kommanditistin von 46.500 DM eingesetzt, nachdem das Guthaben zum 31. Dezember 1949 mit 3.500 DM belastet worden war. Gleichfalls zum 31. Dezember 1949 wurden in den Handelsbüchern von dem Zuschuß 10.000 DM als Entnahme der Kommanditistin (entsprechend ihrem Kapitalanteil) über Privatkonto verbucht; in Höhe von 40.000 DM (je 20.000 DM als Bauzuschuß und zinsloses Baudarlehen) behandelte die Bfin. das Guthaben als Betriebsausgabe 1949 und buchte diesen Betrag über Gewinn- und Verlustkonto aus. Die Bilanz zum 31. Dezember 1949 wurde am 30. Januar 1951 endgültig fertiggestellt. Die Buchungen auf den Konten erfolgten im Jahre 1950. Aus dem Guthaben wurden im Jahre 1950 - beginnend mit dem 2. Januar bis zum 31. Juli 1950 Baurechnungen von insgesamt 46.519,66 DM bezahlt. Das Haus wurde im September 1950 fertiggestellt; die Wohnungen darin entsprechen nach einer Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde hinsichtlich Größe, Ausstattung und Miete den Vorschriften des § 7c des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1949.
Das Finanzamt erkannte die Absetzung der gutgeschriebenen Baugelder unter Hinweis auf Abschnitt 71 Abs. I der Einkommensteuerrichtlinien II / 1948 und 1949 nicht an; die Verbuchung des Zuschusses auf ein Sonderkonto sei keine Hingabe im Sinne des § 7 c. Es erhöhte bei der Feststellung des einheitlichen Gewinnes für 1949 den erklärten Betrag um 40.000 DM.
Die Bfin. wandte sich hiergegen. Auf Grund der bindenden Zusicherung vom 3. November 1949 sei sie verpflichtet gewesen, den Bauzuschuß zu geben. Durch die Bildung eines Guthabenkontos auf den Namen der Kommanditistin in der Abschlußbilanz seien die 40.000 DM aus dem Vermögen der Bfin. abgeflossen und in das Eigentum der Kommanditistin übergegangen. Diese habe darüber allein - unter Beschränkung auf den Zweck des Zuschusses - verfügen können. Die Bfin. sei auch in der Lage gewesen, den zugesicherten Betrag jederzeit auszuzahlen, da sie über entsprechende Bankguthaben verfügt habe. Die Hingabe des Bauzuschusses (Darlehen) sei somit noch im Jahre 1949 erfolgt. Die Sprungberufung war ohne Erfolg. Das Finanzgericht war der Auffassung, daß die Zusage eines Bauzuschusses für sich allein nicht hinreiche, eine Absetzung als Betriebsausgabe zu rechtfertigen. Dies sei auch der Fall, wenn die Zusage in rechtsverbindlicher Form erfolge. Das auf Grund dieser Zusicherung in die Abschlußbilanz 1949 eingesetzte Guthaben auf den Namen der Kommanditistin sei nicht als Hingabe anzusehen. Der gutgeschriebene Betrag habe der Bfin. nach wie vor für sonstige Betriebszwecke zur Verfügung gestanden. Die Anerkennung der Gutschrift als Hingabe würde bedeuten, daß die Firma für einen Teil des im Jahre 1949 erzielten Ertrages von der Einkommensteuer befreit würde, ohne daß sie in diesem Jahre auf die Verwendung dieses Teiles zugunsten der steuerbegünstigten Zwecke verzichtet habe.
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) der Firma wiederholt das Vorbringen bei den Vorbehörden und führt außerdem folgendes aus:
Dem Finanzgericht sei hinsichtlich des Betrages von 3.500 DM ein Irrtum unterlaufen. Es führe aus, der Betrag, der im Jahre 1949 zu Lasten des Guthabens gebucht sei, müsse auf die Privatentnahme der Kommanditistin in Höhe von 10.000 DM angerechnet werden, zumal es sich hierbei offensichtlich um die rein buchmäßige Abdeckung einer in der DM-Eröffnungsbilanz aufgeführten Vorschußforderung gleicher Höhe gegen die Kommanditistin handle. Diese Ausführungen des Finanzgerichts entsprächen nicht den Tatsachen. Der Betrag habe zur Begleichung von Baurechnungen, und zwar von Fenstern gedient und sei ordnungsgemäß dem Bauzuschußkonto der Kommanditistin im Jahre 1949 belastet worden. In der DM- Eröffnungsbilanz sei nicht ein Betrag von 3.500 DM, sondern von 3.536,55 DM als Aufbauvorschuß der Kommanditistin aufgeführt. Dieser Betrag sei auf das Privatkonto der Kommanditistin übernommen worden und stehe somit in keinem Zusammenhang mit den über das Bauzuschußkonto verbuchten 3.500 DM für die in 1949 bezahlten Fensterrechnungen. Zu Lasten des Bauzuschußkontos der Kommanditistin seien folgende Beträge für den Wiederaufbau geleistet worden:
1949 ------------------------ 3.500 DM, 1950 ----------------------- 46.500 DM, insgesamt ------------------ 50.000 DM. Von dem Gesamtbetrag von 50.000 DM, wozu sich die Bfin. gemäß Vertrag vom 3. November 1949 verpflichtet habe, seien im Jahre 1950 40.000 DM als abzugsfähige Betriebsausgaben vom Gewinn abgesetzt worden, da die Kommanditistin mit 1/5 und die persönlich haftenden Gesellschafter mit je 2/5 an der Firma beteiligt seien. Das Finanzgericht hätte folgerichtig nach der von ihm vertretenen Auffassung von den 3.500 DM 4/5 = 2.800 DM für 1949 als abzugsfähig anerkennen müssen. Auf 1950 entfielen nach dieser Würdigung 4/5 von 46.500 DM = 37.200 DM.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:
Nach § 7 c EStG 1949 (ebenso EStG 1950) können unter bestimmten Voraussetzungen Zuschüsse oder unverzinsliche Darlehen im Jahre der Hingabe als Betriebsausgabe abgesetzt werden.
Die Einkommensteuerrichtlinien 1950 führen in Abschnitt 71 Absatz 1 zutreffend aus, daß die entsprechenden Vermögensgegenstände (z. B. Geld, Sachwerte, Leistungen) aus dem Vermögen des Zuschußgebers ausscheiden und in das Vermögen einer anderen Person übergehen müssen. Für unverzinsliche Darlehen gilt dies entsprechend.
Eine rechtsverbindliche Zusage auf Gewährung eines Zuschusses oder eines Darlehen reicht für die Vergünstigung des § 7 c EStG 1949 nicht aus. Für die Frage, ob im einzelnen Fall eine "Hingabe" erfolgt ist, ob also die Wirtschaftsgüter aus dem Vermögen des Zuschußgebers ausgeschieden sind, müssen gleichartige Grundsätze angewandt werden, wie sie die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs zu § 11 EStG hinsichtlich der Vereinnahmung und Verausgabung entwickelt hat. Die Frage muß nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten entschieden werden. Eine Vereinnahmung bzw. Verausgabung kann bereits vorliegen, wenn bürgerlich-rechtlich der Empfänger noch nicht das Eigentum an den Geldern durch Barzahlung oder ein uneingeschränktes Verfügungsrecht durch überweisung auf ein Bankkonto erhalten hat, aber wirtschaftlich die gleiche Lage gegeben ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Güter zwar noch beim Leistungsverpflichteten verblieben sind, die Verwirklichung des Anspruchs aber in so greifbare Nähe gerückt und so gesichert ist, daß er wirtschaftlich dem tatsächlichen Eingang der Leistung, auf die der Anspruch gerichtet ist, gleichzustellen ist (siehe Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI 155/28 vom 13. November 1928, Slg. Bd. 24 S. 272).
Diese Voraussetzungen können nur dann als erfüllt angesehen werden, wenn der Leistungsverpflichtete die zu leistenden Güter nur noch treuhänderisch für den Berechtigten aufbewahrt, also die geschuldeten Beträge jederzeit abgerufen werden können und ihre Nutzung für den Leistungsverpflichteten nicht mehr in Frage kommt. Ob dies der Fall ist, muß nach den Verhältnissen des einzelnen Falles tatbestandsmäßig gewürdigt und entschieden werden.
Im Streitfall handelt es sich um Rechtsbeziehungen zwischen einer Personengesellschaft und einer Gesellschafterin. Bei der Höhe des umstrittenen Betrages muß man davon ausgehen, daß die Kommanditistin die Gelder auch aus dem Grunde der Bfin. belassen hat, um ihr die weitere Nutzung bis zu ihrem Abruf für die Bezahlung der Baukostenrechnungen zu ermöglichen. Die Vermutung spricht dafür, daß die Bfin. die Nutzungsmöglichkeit und das Nutzungsrecht in einem wirtschaftlich beachtlichen Umfang weiterhin behalten sollte. Auch nach der Art der Verbuchung ist dies, worauf das Finanzgericht mit Recht hinweist, anzunehmen. Die Verbuchung auf den Konten erfolgte erst im Jahre 1950. Das Ausweisen der Verpflichtung in der Bilanz, die ebenfalls erst 1950 erstellt worden ist, genügt nicht, um die oben dargestellten Voraussetzungen für die Leistung einer Ausgabe zu erfüllen. Im übrigen wäre bei der Bilanzierung der Verpflichtung zur Hergabe des zinslosen Darlehens auch der Anspruch aus dem Darlehen zu berücksichtigen gewesen. Die Vorbehörden konnten jedenfalls nach Lage der Verhältnisse zu der Auffassung kommen, daß die "Hingabe" noch nicht 1949 erfolgt sei. Dies gilt in besonderem Ausmaße für das Darlehen. Weder rechtlich noch wirtschaftlich ist die Kommanditistin im Jahre 1949 aus der Zusage Schuldnerin auf Grund eines ihr gewährten Darlehen geworden.
Die Frage der bilanzmäßigen Behandlung der Vorgänge nach den Grundsätzen der ordnungsmäßigen Buchführung hat hiermit nichts zu tun. Die Steuervergünstigung hängt nicht davon ab, wann die Verpflichtung in der Bilanz auszuweisen ist, sondern wann die Gelder an die Berechtigte, wirtschaftlich betrachtet, hingegeben worden sind.
Eine Ausnahme stellt der Betrag von 3.500 DM dar. Das tatsächliche Vorbringen der Bfin. wird vom Finanzamt in der Stellungnahme zur Rb. als zutreffend anerkannt. Es entspricht auch den Ausführungen bei den Vorbehörden. Der Senat trägt keine Bedenken, dem Rechtsbeschwerdeantrag insoweit zu folgen.
Die Akten weisen eine Unklarheit insofern auf, als nach der von der Firma eingereichten Bilanz zum 31. Dezember 1949 die unbeschränkt haftenden Gesellschafter je 10 Prozent des Gewinnes vorweg erhalten. Bei der einheitlichen Feststellung der Einkünfte dieser beiden Gesellschafter durch das Finanzamt ist dem nicht Rechnung getragen. Die Sache wird deshalb an das Finanzamt zur Erledigung der Angelegenheit im Einspruchsverfahren unter Berücksichtigung der oben dargestellten Rechtsgrundsätze zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 407361 |
BStBl III 1952, 69 |
BFHE 1953, 168 |
BFHE 56, 168 |